deutsche-anwalthotline.de – Domainumleitung ist wettbewerbswidrig

21. Oktober 2004
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Urteil des LG Erfurt vom 21.10.2004, Az.: 2 HK O /77/04

1. Eine aus Branchen- oder Gattungsbegriffen in Verbindung mit einer Herkunftsangabe zusammengesetzte Internetadresse genießt keinen kennzeichenrechtlichen Schutz.

2. Es liegt ein Behinderungswettbewerb vor, wenn ein Domainname verwendet wird, der dem eines Mitbewerbers außerordentlich ähnlich ist und eine automatisch Weiterverlinkung von diesem Domainnamen auf das eigene Angebot erfolgt.

Der Fall:

Die Klägerin bietet seit 2002 unter dem Namen Deutsche Anwaltshotline telefonische Rechtsberatung an und bewarb ihre Leistungen unter der Domain deutsche-anwaltshotline.de. Der Beklagte betrieb unter anwalthotline.org ebenfalls eine telefonische Rechtsberatung. Dieser hatte die Domain deutsche-anwalthotline.de (ohne „s“) registriert und auf dessen Domain anwalthotline.org umgeleitet.

Am 26.03.2004 hatte die Klägerin beim LG Erfurt eine einstweilige Verfügung gegen den Beklagten erwirkt, wonach diesem untersagt wurde im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken die Domain deutsche-anwalthotline.de zu verwenden. Hiergegen hat der Beklagte Widerspruch eingelegt.

Urteil:

Das Landgericht Erfurt hat auf den Widerspruch des Beklagten die einstweilige Verfügung bestätigt.

Zwar könne sich die Klägerin nicht auf Kennzeichenschutz hinsichtlich der Bezeichnung deutsche-anwaltshotline.de berufen, da diese sich einer generischen Domain, einer rein beschreibenden Gattungs- und Branchenbezeichnung, bediene. Auch in der Zusammensetzung der Begriffe liege keine eigene Wortbildung, noch eine besondere Hervorhebung vor, die eine Unterscheidungskraft besitze.

Jedoch sei die Nutzung der Domain deutsche-anwalthotline.de unter dem Aspekt des Behinderungswettbewerbs wettbewerbswidrig i.S.d. § 1 UWG a.F.. Danach ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann wettbewerbswidrig, wenn gezielt der Zweck verfolgt ist, den Mitbewerber an seiner Entfaltung zu hindern und ihn dadurch zu verdrängen. „Behinderungswettbewerb liegt etwa vor, wenn ein Domainname verwendet wird, der dem des Mitbewerbers außerordentlich ähnlich ist und automatisch Weiterverlinkung von diesem Domainnamen auf das eigene Angebot erfolgt.“, so das Gericht. Davon sei im vorliegenden Fall auszugehen. Die von den Parteien verwendeten Domains seien klanggleich, in ihrer Schreibweise nahezu identisch und unterschieden sich nur durch das fehlende „s“ zwischen den Wörtern „anwalt“ und „hotline“.

Der Beklagte nutze die Domain, um „Interessenten bei der Suche im Internet auf das eigene Angebot umzuleiten, falls die Interessenten durch einen Tippfehler den Buchstaben „s“ nicht eingegeben haben.“ Zwar sei die Nachahmung fremder Werbung grundsätzlich zulässig. Wenn das Nachahmen aber systematisch geschehe, um der Werbung des Mitbewerbers die Wirkung zu nehmen, liegt eine wettbewerbswidrige Behinderung vor. Ein solcher Fall der systematischen Nachahmung liege hier vor. Die Wettbewerbswidrigkeit ergebe sich insbesondere aus der Tatsache, dass der Beklagte sein Unternehmen nicht so nenne wie die von ihm genutzte Domain. Die vom Verfügungsbeklagten angebotenen Dienste würden vielmehr unter der Bezeichnung „Teleanwalt“, „anwalthotline.org“ oder „EDV Beratung & Service & Dienstleistungen & sonstige Datenverarbeitungsdienste YMT“ angeboten. Damit versuche der Beklagte, den Namen der Klägerin zu seinem eigenen Vorteil für sich zu verwenden.

Kommentar:

Das LG Erfurt hat einerseits einen Kennzeichenschutz für die Bezeichnung „Deutsche Anwaltshotline“ verneint, da es sich hierbei um eine generische Domain handelt, andererseits aber einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch bejaht.

Das Urteil des LG Erfurt ist aus mehreren Gründen kritisch zu hinterfragen.

1. Das Gericht hat ohne besondere Begründung den Kennzeichenschutz für die Bezeichnung „Deutsche Anwaltshotline“ verneint. Das Landgericht Erfurt begründete dies damit, dass sich die Klägerin einer rein generischen Domain bediene, einer rein beschreibenden Gattungs- oder Branchenbezeichnung. Tatsächlich ist die Bezeichnung „Deutsche Anwaltshotline“ nicht als Marke eintragungsfähig. Entsprechend wurde auch eine Markeinanmeldung der Klägerin vom Deutschen Patent- und Markenamt zurückgewiesen.

Dies bedeutet aber nicht automatisch, dass die Klägerin sich nicht auf ihr Unternehmenskennzeichen gemäß §§ 5 Abs. 1, Abs. 2 MarkenG berufen kann. Tatsächlich geht die Rechtsprechung von nicht sehr hohen Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Unternehmenskennzeichen aus (vgl. Ingerl /Rohnke, Kommentar zum MarkenG, § 15 Rn. 52).

So hat das OLG München mit Urteil vom 13.02.2003, Az. 29 U 4541/02, im Fall der „Flüssiggas Bayern GmbH“ einen Kennzeichenschutz hinsichtlich der Domain fluessiggas-bayern.de bejaht. Nach dem OLG München sind die Begriffe „Flüssiggas“ und der geografische Begriff „Bayern“ für sich allein jeweils nicht unterscheidungsfähig, jedoch besitze die Verbindung dieser an sich „farblosen“ Begriffe eine gewisse, wenn auch schwache Unterscheidungskraft. Der Gesamtbegriff „Flüssiggas-Bayern“ wahrt einen hinreichenden Abstand sowohl gegenüber der beschreibenden Angabe „Flüssiggas“ als auch gegenüber der geografischen Angabe „Bayern“ (vgl. BGH BlMPZ 2001, 210, 211 – Windsurfing Chiemsee).

Die Beurteilung von kombinierten Gattungs- oder Branchenbegriffen in Verbindung mit einem herkunftsweisenden Bestandteil erfordert daher eine eingehende Betrachtung. Insbesondere bei Internetdomains kommt es darauf an wie der durchschnittliche Internetnutzer diese Adresse auffasst. Hier könnte man auch zum Ergebnis kommen, dass der Internetnutzer unter der Domain ein Unternehmen mit der Bezeichnung „Deutsche Anwaltshotline“ erwartet.

Weiter hat das Landgericht keine Ausführungen dazu gemacht, ob sich die Beklagte aufgrund deren Website auf sogenannten Werktitelschutz gem. §§ 5 Abs. 1, Abs. 3 MarkenG berufen kann. Für eine titelmäßige Unterscheidungskraft werden sogar nur geringste Anforderungen an die Unterscheidungskraft gestellt. Wenn man von einem Werktitel ausginge, wäre daher die Unterscheidungskraft in jedem Fall gegeben.

2. Im Ergebnis ist dem Urteil des Landgerichts anzumerken, dass eine Verurteilung des Beklagten gewollt war. Das Landgericht hat die Verurteilung über den Weg des Wettbewerbsrechts zu lösen versucht.

Allerdings hat das Landgericht hierbei verkannt, dass es sich beim Markenrecht grundsätzlich um eine abschließende Regelung handelt. Ist daher der Anwendungsbereich des Markenrechts eröffnet, so bleibt für die Anwendung des Wettbewerbsrechts nach dem UWG kein Raum.

3. Auch die Begründung des wettbewerbsrechtlichen Anspruchs vermag nicht zu überzeugen.

Das Gericht führt selbst auf, dass es sich bei der Domain um eine generische Domain handle. Nach der Rechtsprechung ist jedoch die Registrierung von Gattungsdomains grundsätzlich zulässig (BGH Urteil vom 17.01.2001, Az. i ZR 266/99 – mitwohnzentrale.de). Hier gilt das Prioritätsprinzip „first come, first serve“, d.h. wer einen Gattungsbegriff als erster registriert ist Berechtigter.

Soweit man der Argumentation des Gerichts folgt und in der Domain deutsche-anwalthotline.de eine generische Domain sieht, kann es daher auch wettbewerbsrechtlich nicht anstößig sein, wenn Internetnutzer durch die Direkteingabe des Begriffs in die URL oder der Eingabe in Suchmaschinen auf dessen Webseite gelangen. Tatsächlich kann eine generische Domain von jedem registriert werden, da es hierbei keinen Berechtigten gibt, sondern allein das Prioritätsprinzip der Registrierung zählt. Entsprechend kann auch eine Abwandlung einer generischen Domain nicht die Rechte des Inhabers der generischen Domain verletzen. Diese Argumentation ist nur möglich, wenn ein Kennzeichenschutz bejaht wird.

Schließlich überzeugt auch nicht die Argumentation des LG Erfurt das Verhalten des Beklagten sei deshalb wettbewerbswidrig, da dieser die Domain deutsche-anwalthotline.de nur auf seine eigentliche Webseite umgelenkt habe. Handelt es sich bei der Domain wie oben aufgeführt um eine generische Domain darf der Beklagte diese registrieren. Die Besonderheit der Gattungsdomains besteht gerade darin, dass Nutzer diese durch die direkte Eingabe in den Browser aufrufen. Dies liegt zum einen darin, dass Gattungsdomains leicht zu merken sind, zum anderen daran, dass der Nutzer davon ausgeht schnell die gesuchten Informationen zu finden.

Eine solche Ausnutzung der Suchgewohnheiten ist jedoch nicht wettbewerbswidrig.

Ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch ist daher nicht gegeben.

Tipp:

Das Gericht hat zwar einen Kennzeichenschutz abgelehnt, jedoch einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch angenommen. Auch wenn dem nicht zuzustimmen ist, zeigt dies die Gefahr bei zusammengesetzten beschreibenden Gattungsbegriffen als Domains. Um von vornherein Prozesse zu vermeiden ist zu empfehlen reine generische Domains zu registrieren. Besondere Vorsicht ist bei der Registrierung von Domains angebracht, wo es bereits Webseiten mit abgewandelten oder zusammengesetzten Gattungsdomains gibt.

Anwaltskanzlei Hild & Kollegen, Rechtsanwalt Hagen Hild

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