BGH – Zur Haftung für Hyperlinks auf wettbewerbswidrige Inhalte auf Internetseiten Dritter

20. Januar 2016
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roter Button mit einer Kette, Symbol für Hyperlink, Link Kommentar zum Urteil des BGH vom 18. Juni 2015, Az.: I ZR 74/14

Oftmals verweisen Webseitenbetreiber im Rahmen von Artikeln auf ihrer Webseite mittels eines Links auf weitergehende Informationen, die sich auf den Internetseiten von Dritten befinden. Doch kann der Webseitenbetreiber für eine solche Linksetzung haftbar gemacht werden, wenn sich hinter dem Link rechtswidrige Inhalte (wie beispielsweise unzulässige Werbeaussagen) befinden? Der Bundesgerichtshof hatte einen solchen Fall nun zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Haftung denkbar ist.

Was ist passiert?

Ein Facharzt für Orthopädie hatte auf seiner Internetseite Informationen zur sog. „Implantat-Akupunktur“ vorgehalten, an deren Ende er mittels eines Links auf die Startseite der Webseite des Forschungsverbands Implantat Akupunktur e.V. verwies.

Auf den Unterseiten des Forschungsverbands wurden Aussagen getroffen, welche der Verband sozialer Wettbewerb e.V. für irreführend hielt. Dieser mahnte darauf den Facharzt ab, weil dieser sich die unzulässigen Werbeaussagen zu Eigen mache oder jedenfalls dafür hafte.

Der Arzt entfernte zwar daraufhin den Link auf die streitgegenständliche Webseite, verweigerte jedoch die Abgabe einer Unterlassungserklärung.

Der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. klagte daraufhin auf Zahlung der Abmahnkosten beim LG Köln, das der Klage stattgab. In der Berufung wurde dem beklagten Arzt Recht gegeben und die Klage vollumfänglich abgewiesen. Hiergegen wandte sich nun wiederrum der Verband und legte Revision beim Bundesgerichtshof ein.

Entscheidung des Gerichts

Der Bundesgerichtshof bestätigte die Vorinstanz und entschied mit Urteil vom 18. Juni 2015 (Az.: I ZR 74/14), dass der beklagte Facharzt nicht für wettbewerbswidrige Inhalte auf der verlinkten Webseite haftet. Die gegen den Arzt ergangene Abmahnung war daher unberechtigt, weswegen der Antragstellerin auch kein Anspruch auf Erstattung ihrer Abmahnkosten zustand.

Grundsätzlich haftet man nach dem BGH für verlinkte, fremde Information wie für eigene Informationen, wenn man sich diese zu Eigen macht. Darüber hinaus kommt bei der Verletzung absoluter Rechte eine Haftung als Störer und im Falle sonstiger wettbewerbsrechtlich geschützter Interessen die Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht bei Verletzung zumutbarer Prüfungspflichten in Betracht.

Danach kann der Facharzt für die wettbewerbswidrigen Inhalte nach Ansicht der Karlsruher Richter jedoch nicht verantwortlich gemacht werden, da er sich die dort vorgehaltenen, fremden Informationen gerade nicht zu Eigen gemacht habe. Die Verlinkung selbst stellt zwar nach Ansicht des Gerichts eine geschäftliche Handlung dar, da hiermit Kunden das Dienstleistungsangebot des Arztes nähergebracht werde. Allein dadurch wird aber keine Haftung für die verlinkten Inhalte begründet. Der Link ist nicht als wesentlicher Bestandteil seines Geschäftsmodells einzustufen, da die verlinkten Inhalte gerade nicht für seine eigenen Produkte werben oder gar sein Behandlungsangebot vervollständigen.

Auch führt der gesetzte Link lediglich auf die Startseite und nicht als Deeplink auf die als irreführend eingestuften Aussagen unter den URLs der Unterseiten. Eine unmittelbare Zugänglichmachung durch den Beklagten gerade dieser rechtswidrigen Inhalte ist also nicht gegeben. Nutzer verstehen diese Verlinkung damit auch nicht dahin, dass der Beklagte sich für die verlinkten Inhalten verantwortlich zeichnen möchte.

Eine Haftung als Störer musste vorliegend mangels Verletzung absolut geschützter Rechte ausscheiden. Auch im Hinblick auf die Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht kam das Karlsruher Gericht – jedenfalls im Ergebnis – zu keiner anderen Wertung:

In dem Setzen eines Links auf eine andere Webseite liegt zwar grundsätzlich ein gefahrerhöhendes Verhalten, woraus sich die Pflicht des Linksetzenden ergibt, diese Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen. Dies bedeutet jedoch nach Ansicht der Karlsruher Richter nicht, dass der Facharzt die verlinkte Seite überwachen müsse. Besteht kein deutlich erkennbarer, rechtsverletzender Inhalt auf der verlinkten Webseite, so haftet der Linksetzende erst, wenn er von der Rechtswidrigkeit der Inhalte selbst oder durch Dritte Kenntnis erlangt. Bei einem solchen Hinweis ist er dann in jedem Fall zur Prüfung verpflichtet, auch wenn die Rechtsverletzung nicht klar erkennbar ist.

Damit musste vorliegend eine Haftung des Facharztes ausscheiden, da dieser erst durch die Abmahnung Kenntnis von den rechtswidrigen Inhalten erlangt hat. Da er nach Erhalt der Abmahnung und damit nach Kenntniserlangung den Link unverzüglich entfernte, ist er seiner Prüfpflicht nach diesen Grundsätzen vollkommen nachkommen.

 

Kommentar von Rechts- und Fachanwalt Hagen Hild

Auch wenn der beklagte Arzt im Fall des Bundesgerichtshofs im Ergebnis nicht für die Linksetzung gehaftet hat, ist dieses Urteil wahrlich kein Freibrief für das Setzen von Links nach freiem Belieben eines Webseitenbetreibers. Vielmehr kommt es nach der Entscheidung des BGH auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.

Im Grundsatz kann man jedoch festhalten, dass eine wettbewerbsrechtliche Haftung für einen Link zunächst besteht, wenn man sich den dahinter stehenden Inhalt auch tatsächlich zu Eigen gemacht hat. Aber auch bei fremden, nicht zu Eigen gemachten Informationen kommt eine Haftung jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Störerhaftung oder der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht in Betracht. Eine Haftung ist spätestens dann zu bejahen, wenn der Rechtsverletzer von einem Rechtsverstoß Kenntnis erlangt, und dann keine Prüfung vornimmt, auch wenn die Rechtsverletzung nicht klar erkennbar ist.

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