„Gesponserte“ redaktionelle Berichterstattung?

01. Juli 2016
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Sponsored by Urteil des LG München I vom 31.07.2015, Az.: 4 HK O 21172/14

Verschleierte Werbung im Rahmen vermeintlich redaktioneller Berichterstattung ist wettbewerbswidrig. Verkaufsförderungsmaßnahmen müssen dem Verbraucher vielmehr hinreichend deutlich kenntlich gemacht werden, andernfalls sind sie unzulässig. Die Verlinkung im Rahmen einer eigentlich rein redaktionellen Webseite auf die Webseite eines werbenden Unternehmens mit der Überschrift „mehr aus dem Web“ und dem Wort „Sponsored“ genügt diesen Anforderungen hingegen nicht.

Landgericht München I

Urteil vom 31.07.2015

Az.: 4 HK O 21172/14

 

In dem Rechtsstreit (…)

wegen Unterlassung

erlässt das Landgericht München I – 4. Kammer für Handelssachen – durch die Richter … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.05.2015 am 31.07.2015 folgendes

Endurteil:

I.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung ein für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu € 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr

auf der Internetseite … einen Link zu setzen, der aus einem redaktionellen Zusammenhang auf eine Werbeseite führt, ohne dass es für den Nutzer deutlich und unmissverständlich erkennbar ist, dass er auf eine Werbeseite verwiesen wird, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 4.

II.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 246,10 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.12.2014 zu bezahlen.

III.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV.

Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 10.000,00, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Unterlassung des Setzens eines Links auf ihrer Website mit redaktionellen Inhalten, wenn dieser Link zu einer Werbeseite führt, ohne dass für den Nutzer deutlich und unmissverständlich erkennbar ist, dass er auf eine Werbeseite verwiesen wird.

Die Beklagte bietet unter der Adresse … einen Internetauftritt an, der sich aus dem als Anlage K 1 vorgelegten Ausdruck ergibt.

Ausweislich des als Anlage K 2 vorgelegten Internetausdrucks bietet die Beklagte dort redaktionelle Beiträge zur kostenfreien Einsichtnahme an, die sich u. a. mit den Themen „Krankheiten“, „Symptome“, „Diagnose“, „Medikamente“, „Gesundheit“ sowie „Services“ befassen.

Klickt der Nutzer auf der vorgezeichneten Startseite auf die Rubrik „Symptome“, so gelangt er zu einer nachgeschalteten Internetseite. Auf dieser nachgeschaltenden Internetseite befindet sich ausweislich des als Anlage K 3 vorgelegten Internetausdrucks Folgendes:

(Screenshot)

Klickt der Internetnutzer auf diesen Anleser „Haarausfall – was dahinter steckt“ so wird er auf eine weitere, nachgeschaltete Internetseite weitergeleitet. Scrollt der Internetnutzer sodann auf diese weiteren, nachgeschaltenen Internetseite nach unten, so findet er Folgendes:

(Screenshot)

Hier ist er nachfolgend wiedergegebene Text zu lesen:

„Akne – Narben als Folgeerscheinung („Sponsored – Akne-Ratgeber)“.

Ausweislich des als Anlage K 5 vorgelegten Internetausdrucks gelangt der Leser sodann, wenn er auf „Akne-Narben als Folgeerscheinung“ klickt, auf eine weitere, nachgeschaltete Internetseite, die von der B. AG betrieben wird. Auf dieser Internetseite wird unter anderem die Produktreihe „…“ der B. AG beworben.

Der Kläger, die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, sieht hierein einen Verstoß gegen den Grundsatz, wonach Werbung und redaktionelle Berichterstattung voneinander getrennt sein müssen.

Mit dem als Anlage K 6 vorgelegten Schreiben vom 11.09.2014 forderte er die Abgabe einer Unterlassungserklärung, die von der Beklagten mit dem als Anlage K 7 vorgelegten Schreiben vom 24.09.2014 verweigert wurde.

Der Kläger stellt folgende Anträge:

Die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu € 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr auf der Internetseite … einen Link zu setzen, der aus einem redaktionellen Zusammenhang auf eine Werbeseite führt, ohne dass für den Nutzer deutlich und unmissverständlich erkennbar ist, dass er auf eine Werbeseite verwiesen wird, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 4;

2. an den Kläger € 246,10 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Sie trägt vor, sie verfolge mit … den Anspruch, den Nutzern laienverständliche Informationen zu bieten, die zugleich wissenschaftlich fundiert, unabhängig und neutral seien. Das Angebot von N…de sei für den Nutzer kostenlos. Die Mittel zur Finanzierung generiere die Beklagte über drei Finanzierungsmodelle, nämlich über Kontentlizensierung, die Vermietung von Werbeplätzen und das Verlinken von Websiten sogenannter Sponsoren.

Auf N…de würden gegen Bezahlung Links auf redaktionelle Texte auf externen Websiten von Drittanbietern, sogenannten „Sponsoren“ eingebunden. Hierzu würden auf Internetseiten von N…de die vom Kläger sogenannten „Anleser“ verwendet.

Die Inhaltliche Gestaltung und Ausfall der Anleser werde nicht von der Beklagten selbst, sondern auf einem Werbe-Dienstleister vorgenommen. Um für die Nutzer deutlich zu machen, dass sich die Anleser auf externe Websiten von Dritten beziehen, befänden sich die Anleser im von den redaktionellen Teilen abgesetzten Bereichen, die mit der Überschrift „Mehr aus dem Web“ versehen seien. Um deutlich zu machen, dass die Anleser gegen Bezahlung eingebunden seien, finde sich im Text eines jeden Anlesers außerdem stets ein entsprechender Hinweis auf dem Titel der Website, dessen Inhalt verlinkt sei. Der Sponsorenhinweis sei in der gleicher Schriftart und – größe wie der übrige, im Anleser enthalten kurze Text gestaltet und könne vom durchschnittlich aufmerksamen Nutzer nicht übersehen werden.

Auf diese Weise könne der Nutzer ohne weiteres erkennen, dass er mit einem klick auf einen Anleser dass Angebot der Beklagten verlasse und dass ein Dritter für das verlinkte „externe“ Angebot verantwortlich zeichne.

Es handele sich daher nicht um unzulässige redaktionelle Werbung im Sinne von § 4 Nr. 3 UWG.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.05.2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Klage war im vollem Umfang stattzugeben, da dem Kläger der Unterlassungsanspruch aus § 8 I UWG i. V. m. § 4 Nr. 3 UWG zusteht. Indem bei die Verlinkung auf die Seite der B. AG nicht hinreichend deutlich gemacht wird, dass es sich bei dem Beitrag auf der Seite der B. AG nicht um einen redaktionellen Text sondern um Werbung handelt, täuscht die Beklagte eine objektive Berichterstattung vor und verstößt gegen den Grundsatz der Trennung von Werbung und redaktioneller Berichterstattung. Im Einzelnen gilt folgendes:

1. Unlauter im Sinne von § 4 Nr. 3 UWG ist es, den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen zu verschleiern. Entsprechendes ergibt sich auch aus § 3 III UWG i. V. m. mit Anhang Nr. 11, wonach der von einem Unternehmer finanzierte Einsatz redaktioneller Inhalte zu Zwecken der Verkaufsförderung, ohne dass sich dieser Zusammenhang aus dem Inhalt oder der Art der optischen oder akustischen Darstellung eindeutig ergibt, unzulässig ist.

Grundlage des im § 4 Nr. 3 UWG und des in Nr. 11 des Anhangs zu § 3 III UWG enthaltenen Verbots redaktioneller Werbung ist die damit regelmäßig einhergehende Irreführung des Lesers, der den Beitrag aufgrund seines redaktionellen Charakters unkritischer gegenübertritt und ihm auch größere Bedeutung und Beachtung bemisst (BGH WRP 2013, 764 – Preisrätselgewinnauslobung V).

2. Die Website, auf die von der Beklagten verlinkt wurde, enthält keinen redaktionellen Beitrag sondern Werbung. Sie wird nicht von der Beklagten sondern von der B. AG betrieben. Darüber hinaus wird der gesamte Beitrag blickfangmäßig durch Werbung für die Produktreihe „…“ der B. AG eingerahmt. Die Verlinkung gemäß Anlage K 4 führt deshalb auf eine Zielwebsite, die einen werblichen Inhalt hat.

Eine solche Verlinkung wäre nur zulässig, wenn die Beklagte deutlich und unmissverständlich zum Ausdruck bringen würde, dass es sich hierbei nicht mehr um einen redaktionellen Beitrag sondern um im Wege des sogenannten „Sponsoring“ bezahlte Werbung handelt.

Dies ist nach Auffassung der Kammer jedoch nicht der Fall.

Zum einen ist der Sponsorenhinweis in der Anlage K 4 nicht – wie die Beklagte meint – in der gleichen Schriftart wie der übrige Anleser gestaltet. Der sich unmittelbar unter dem Vorschaubild befindliche kurze Text, welcher knapp und sachlich das Thema des verlinkten Textes beschreibt, ist in fettgedruckten Buchstaben gehalten. Der sich darunter befindliche Klammerhinweis, welcher seinerseits den Sponsorenhinweis enthält, ist dem gegenüber in dünnen Buchstaben gedruckt.

Hinzu kommt, dass der Hinweis „Sponsored“ für den durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, dass es sich nunmehr nicht mehr um einen redaktionellen Beitrag sondern um Werbung handelt.

Wie der BGH in seiner Entscheidung „Good-News“ 2 (BGH GRUR 2014, 879) bestätigt hat, ist der Hinweis „Sponsored by“ zur Kenntlichmachung des Anzeigencharakters der redaktionell aufgemachten Beiträge nicht ausreichend, weil der Hinweis nicht in deutscher Sprache erfolgt ist, so dass ihn diejenigen Leser, die die englische Sprache nicht beherrschen, nicht verstehen können. Zudem kann aus dem Zusatz „Sponsored by“ nicht zwingend verstanden werden, dass es sich um eine Anzeige im Sinne des Pressegesetzes handelt, da dass Sponsoring in der Presse – im Gegensatz zu Rundfunk und Fernsehen – bisher keine oder allenfalls eine nur untergeordnete Rolle spielt. Dem Durchschnittsleser drängt sich damit nicht auf, dass für die Veröffentlichung des Betrags ein Entgelt bezahlt worden ist.

Diese Ausführung des BGH könne ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Aus der Kennzeichnung mit „Sponsored“ wird der durchschnittlich aufmerksame Nutzer nicht zwingend den Schluss ziehen, dass der streitgegenständliche Anleser einer Verlinkung zu einer Anzeige im Sinne des Artikel 9 Bayerisches Pressegesetz darstellt.

Hinzu kommt, dass die Überschrift des streitbefangenen Anlesers „mehr aus dem Web“ keine ausreichende Kennzeichnung enthält und für den Leser daraufhin weist, dass es sich wiederum um einen redaktionellen Beitrag handelt.

Gleiches gilt für den Absatz, der sich in der Anlage K 4 nach dem „Sponsored“ Akneratgeber anschließt.

Dort werden unter der Überschrift „Empfehlungen der N…-Redaktion“ weitere redaktionelle Inhalte wiedergegeben.

Die Verlinkung auf die Website der B. AG wird daher dergestalt in den redaktionellen Inhalt der Website der Beklagten eingebunden, dass der Werbecharakter der Website der B. AG verschleiert wird.

3. Da der Klägerin der geltend gemacht Unterlassungsanspruch zusteht, hat der Kläger auch einen Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten aus § 12 I Satz 2 UWG.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1 ZPO.

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