Aktuelle Entwicklungen und Rechtsprechung des eCommerce-Rechts im Jahr 2011 – Teil 1/3

10. April 2012
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Betreibt ein Unternehmer in Deutschland einen eigenen Online-Shop, so hat er nicht nur die Vorschriften des Fernabsatzrechts, sondern neben vielen anderen Regelungen insbesondere auch die Normen des Wettbewerbsrechts zu beachten, um die Verfolgung von Rechtsverstößen durch die Konkurrenz zu verhindern. Die stetig steigenden Anforderungen an einen rechtskonformen Internet-Shop durch den Gesetzgeber und die Rechtsprechung sind dabei jedoch nicht nur wesentlich strenger als im „klassischen“ Ladenhandel, sondern für Internethändler kaum noch zu überblicken. Der folgende Artikel möchte daher anhand der im Jahr 2011 ergangenen Rechtsprechung im Bereich des eCommerce aufzeigen, welche aktuellen Entwicklungen Betreiber von Webshops beachten müssen, um sich rechtskonform zu verhalten.

Der erste Teil unserer dreiteiligen Artikelserie beschäftigt sich mit der Werbung mit Produktbildern, Statt-Preisen, Garantien und dem Ort der Nacherfüllung sowie der sogenannten doppelten 40-Euro-Klausel.

Betreibt ein Unternehmer in Deutschland einen eigenen Online-Shop, so hat er nicht nur die Vorschriften des Fernabsatzrechts, sondern neben vielen anderen Regelungen insbesondere auch die Normen des Wettbewerbsrechts zu beachten, um die Verfolgung von Rechtsverstößen durch die Konkurrenz zu verhindern. Die stetig steigenden Anforderungen an einen rechtskonformen Internet-Shop durch den Gesetzgeber und die Rechtsprechung sind dabei jedoch nicht nur wesentlich strenger als im „klassischen“ Ladenhandel, sondern für Internethändler kaum noch zu überblicken. Der folgende Artikel möchte daher anhand der im Jahr 2011 ergangenen Rechtsprechung im Bereich des eCommerce aufzeigen, welche aktuellen Entwicklungen Betreiber von Webshops beachten müssen, um sich rechtskonform zu verhalten.

Der erste Teil unserer dreiteiligen Artikelserie beschäftigt sich mit der Werbung mit Produktbildern, Statt-Preisen, Garantien und dem Ort der Nacherfüllung sowie der sogenannten doppelten 40-Euro-Klausel.

Produktbilder in Online-Shops

Um den Nachteil auszugleichen, dass Verbraucher im Bereich des Fernabsatzes das Produkt vor dem Kauf nicht mit eigenen Augen sehen können, bieten Händler oftmals mehrere Produktfotos zur Veranschaulichung der Ware an. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Januar 2011 (Urteil vom 12.01.2011 – Az.: VIII ZR 346/09) ist jedoch zu beachten, dass das zu verkaufende Produkt tatsächlich auch dem Produktbild entsprechen muss, da derartige Produktbilder für den Verkäufer bindend sein können. Im streitgegenständlichen Fall bot ein Händler ein Auto zum Verkauf an, wobei auf dem Produktbild zu sehen war, dass in dem Kfz eine Standheizung eingebaut war. Nach Vertragsschluss und vor Abholung des Kfz wurde diese Heizung jedoch ausgebaut und das Kfz ohne Heizung übergeben. Die Karlsruher gingen bei dem Produktbild in einem Online-Shop jedoch von einer „vereinbarten Beschaffenheit“ i.S.d. § 434 BGB aus, mit der Folge, dass bei Abweichungen zwischen der verkauften und der angebotenen Ware ein Sachmangel vorliegt und entsprechende Gewährleistungsansprüche ausgelöst werden. Zudem liege hierin eine Irreführung über die Produkteigenschaften vor, so die Richter.

» zum Urteil des BGH vom 12.01.2011 – Az.: VIII ZR 346/09

„regelmäßige“ Kosten der Rücksendung

In einem Fall vor dem Oberlandesgericht Brandenburg hatte ein Händler die doppelte 40-Euro-Klausel verwendet und dabei im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgelegt, dass der Verbraucher beim Widerruf die „Kosten der Rücksendung“ zu tragen habe. Die Richter des OLG Brandenburg sahen hier in ihrer Entscheidung vom Februar 2011 (Urteil vom 22.02.2011 – Az.: 6 U 80/11) einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß. Für die vertragliche Vereinbarung sei ein Inhalt zu verlangen, der sich auf die nach dem Gesetz abwälzbaren „regelmäßigen Kosten der Rücksendung“ beschränke. Dem Unternehmer sei es danach verwehrt, „außergewöhnliche“ oder sonstige „besondere Kosten“ dem Verbraucher aufzuerlegen. Fehlt der Begriff „regelmäßige“ in der Kostentragungsvereinbarung, sei die Klausel unwirksam, so die Richter.

» zum Urteil des OLG Brandenburg vom 22.02.2011 – Az.: 6 U 80/11

Durchgestrichene Preise beim Eröffnungsangebot

Der Bundesgerichtshof hatte sich in seiner Entscheidung vom März 2011 mit der Frage zu befassen, inwiefern durchgestrichene Preise als Eröffnungsangebot zulässig sein können. Im streitgegenständlichen Fall hatte ein Teppichhändler in einer Zeitungsanzeige mit Einführungspreisen geworben, denen jedoch höhere, durchgestrichene Preise gegenübergestellt waren. Die Karlsruher Richter gingen in ihrer Entscheidung (Urteil vom 17.03.2011 – Az.: I ZR 81/09) von einem Wettbewerbsverstoß aus. Sie begründeten ihre Entscheidung damit, dass in der Werbeanzeige zunächst klargestellt werden müsse, auf was sich der durchgestrichene Preis beziehe. Handle es sich dabei um den späteren regulären Preis, so sei eine derartige Werbung mit Einführungspreisen nur dann zulässig, sofern sich aus der Werbung selbst ergebe, wann das Angebot mit den Einführungspreisen ende und ab welchem Zeitpunkt die durchgestrichenen, höheren Preise vom Händler verlangt würden. Zudem müsse klargestellt werden, worauf sich der durchgestrichene Preis beziehe, da sonst ein Verstoß gegen das Irreführungsgebot bejaht werden könne, so die Karlsruher Richter.

» zum Urteil des BGH vom 17.03.2011 – Az.: I ZR 81/09

Durchgestrichenen Preise

In einem sehr ähnlichen Fall warb ein Schuhhändler im Internet für Markenschuhe mit einem durchgestrichenen „Statt-Preis“, ohne einen weiteren Hinweis darauf zu geben, dass es sich dabei um einen früher verlangten Preis handle. Das Landgericht Düsseldorf entschied im September (Urteil vom 20.09.2011 – Az.: 38 O 58/09), dass stets ein Hinweis darauf erfolgen, um was für einen Preis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handle. Es müsse dem Verbraucher gegenüber klargestellt sein, ob es sich beim Preis um eine Preisempfehlung des Herstellers oder den allgemein üblichen Preis für den Artikel handle.

» zum Urteil des LG Düsseldorf vom 20.09.2011 – Az.: 38 O 58/09

Hinweis: a.A. OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.06.2010 – Az.: I-20 U 28/10

» zum Urteil des OLG Düsseldorf vom 29.06.2010 – Az.: I-20 U 28/10

Erwähnenswert ist, dass wir die gegenläufige Entscheidung des OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.06.2010 – Az.: I-20 U 28/10, erstritten. Bedauerlicherweise hat sich das LG Düsseldorf, Urteil vom 17.03.2011 – Az.: I ZR 81/09, nicht mit der gegenteiligen Rspr. des OLG Düsseldorf auseinandergesetzt, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass das OLG Düsseldorf für Berufungen gegen Urteile des LG Düsseldorf zuständig ist. Außerdem hat sich das LG Düsseldorf – soweit ersichtlich – nicht mit BGH, Urteil vom 17.03.2011 – Az.: I ZR 81/09, beschäftigt.

Es spricht viel dafür, dass der durchgestrichene Preis nicht in jedem Fall näher erläutert werden muss. Allerdings ist es aufgrund der divergierenden Rspr. ratsam, eine nähere Erläuterung des durchgestrichenen Preises vorzunehmen.

BGH zur Zulässigkeit der Werbung mit Garantieversprechen

Wirbt ein Internethändler auf seiner Webseite mit einem Garantieversprechen von drei Jahren, ohne hierbei die genauen Voraussetzungen für den Eintritt des Garantiefalls und die Inanspruchnahme der Garantie anzugeben, kann dies nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus April 2011 aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zulässig sein (Urteil vom 14.04.2011 – Az.: I ZR 133/09). Die Karlsruher Richter stellten klar, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Garantie nicht bereits in der Werbung selbst aufgeführt werden müssen, da der Gesetzgeber selbst nur inhaltliche Anforderungen an eine ordnungsgemäße Garantieerklärung aufstelle, welche allerdings nicht bereits bei der Werbung mit der Garantie vorliegen müssten. Die Werbung erfülle lediglich den Zweck, den Verbraucher zur Bestellung aufzufordern und ihm eine Garantieerklärung anzukündigen. Eine Garantieerklärung sei vielmehr erst die Willenserklärung, die zum Abschluss des Kaufvertrags oder des eigenständigen Garantievertrags führe. Allerdings dürfe die Werbung nicht irreführend sein.

Praxistipp: Es kann hierbei zwischen dem „klassischen Online-Shops“ und Angeboten wie bei eBay unterschieden werden. Bei klassischen Online-Shops stellt die Produktpräsentation i.d.R. noch kein verbindliches Angebot dar, sodass die inhaltlichen Anforderungen eines Garanteversprechens erst später zum Zeitpunkt einer verbindlichen Willenserklärung, die zum Abschluss des Kaufvertrags oder des eigenständigen Garantievertrags führt, erfüllt sein müssen. Die rechtliche Beurteilung ändert sich, wenn bei Angeboten, wie bei eBay, bereits die Produktpräsentation ein verbindliches Angebot darstellt. In diesem Fall ist es möglich (Einzelfallentscheidung), dass die Angabe einer Garantie als Garantieerklärung einzustufen ist, sodass bereits jetzt alle erforderlichen Garantieangaben vollständig in der Artikelbeschreibung darzustellen wären.

» zum Urteil des BGH vom 14.04.2011 – Az.: I ZR 133/09

Gewährleistungsrecht: Ort der Nacherfüllung eine Frage des Einzelfalls!

Wird eine Sache im Internet gekauft, so stellt sich für den Verkäufer im Fall des Mangels der Sache und der folgenden Geltendmachung von Gewährleistungsrechten die Frage, an welchem Ort er die Gewährleistungsverpflichtungen zu erfüllen hat: am Sitz des Käufers oder am Sitz des Verkäufers. Diese Frage war bislang umstritten. Vielfach wurde die (verbraucherfreundliche) Ansicht vertreten, dass der Nacherfüllungsanspruch am bestimmungsgemäßen aktuellen Belegungsort der Sache zu erfolgen habe (in der Regel Wohnort des Käufers). Der VIII. Senat des BGH hatte sich im April 2011 (Urteil vom 13.04.2011 – Az.: VIII ZR 220/10) mit dieser Frage zu befassen und entschied, dass – mangels einer speziellen Regelung zum Erfüllungsort im Kaufrecht – sich der Erfüllungsort nach der allgemeinen Vorschrift des § 269 BGB richtet. Danach sind in erster Linie die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen entscheidend. Fehlen vertragliche Abreden über den Erfüllungsort, ist auf die jeweiligen Umstände, insbesondere die Natur des Schuldverhältnisses, abzustellen. Lassen sich auch hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen, ist der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln, an welchem der Verkäufer zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hatte.

Im streitgegenständlichen Verfahren hatte ein in Frankreich lebender Käufer einen Faltanhänger bei einem Online-Händler aus Deutschland erworben. Nachdem Mängel an dem Anhänger auftraten, forderte der Käufer in der Folge Abholung und Nacherfüllung in Form der Mängelbeseitigung an seinem Wohnsitz in Frankreich. Nachdem sich der Verkäufer weigerte, die Nacherfüllung durchzuführen, beschritt der Verbraucher den Rechtsweg, wo schließlich der BGH letztinstanzlich zu entscheiden hatte. Die im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zu stellende Frage, ob die Durchführung des Transports oder dessen Organisation erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher mit sich bringe, sei im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung bei der Anwendung des § 269 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen. Entsprechend Art. 3 Abs. 3 der europäischen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie müsse die Nacherfüllung zwar grundsätzlich ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen. Dies sahen die Karlsruher Richter im vorliegenden Fall jedoch nicht für gegeben an, weswegen als Nacherfüllungsort im konkreten Fall der Firmensitz des Verkäufers angesehen wurde. Begründet haben die Richter ihre Entscheidung damit, dass der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung geschultes Personal und entsprechende Werkstattausrüstung benötige, die er eben nur an seinem Firmensitz habe. Demgegenüber sei der Anhängertransport für den Käufer als keine unzumutbare Benachteiligung anzusehen, da sein Wohnsitz nicht allzu weit entfernt sei.

» zum Urteil des BGH vom 13.04.2011 – Az.: VIII ZR 220/10

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