Bundesverfassungsgericht stellt weitgehende Verfassungswidrigkeit des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes fest
Das Verfassungsschutzgesetz des Freistaates Bayern erweiterte die Befugnisse des bayerischen Verfassungsschutzes. Wohnraumüberwachung, V-Personen, Onlinedurchsuchung und noch weitere Mittel konnten durch das Gesetz unter geringeren Bedingungen bereits genutzt werden. Nun entscheid das Bundesverfassungsgericht, dass dieses Gesetz in weiten Teilen gegen Grundrechte verstößt und deshalb weitestgehend verfassungswidrig sei. Geklagt hatten Mitglieder von Organisationen, die selbst durch die bayerische Verfassungsschutzbehörde beobachtet wurden.
Trennung Verfassungsschutzbehörde und Polizei
Das BVerfG setzt in seinem Urteil klare Linien für das Trennungsprinzip. Es wird klar zwischen den Befugnissen von Polizeibehörden und des Verfassungsschutzes differenziert sowie miteinander verglichen.
Das Gericht stellte zunächst fest, dass an Verfassungsschutzbehörden andere Anforderungen gestellt werden als an die Polizei. Das bedeutet, dass die Maßnahmen des Verfassungsschutzes nicht an eine vorliegende Gefahr im polizeilichen Sinne geknüpft ist. Allerdings ist zu beachten, dass je stärker der Eingriff, desto wichtiger muss der Grund für diesen sein. Die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben.
Wohnraumüberwachung und Online-Durchsuchung
Unter anderem wurden die akustische und optische Wohnraumüberwachung sowie die Online-Durchsuchung wie sie in dem bayerischen Gesetz geregelt sind, für verfassungswidrig erklärt. Grund dafür ist die fehlende Begrenzung. Diese Eingriffe in die Privatsphäre sowie die Unverletzlichkeit der Wohnung sollen nur zur Abwehr von Gefahr und subsidiär möglich sein, falls polizeiliche Hilfe nicht rechtzeitig eintreffen kann.
Auch für verdeckte Mitarbeiter und Vertrauensleute gilt, dass die gesetzten Anforderungen des bayerischen Gesetzes nicht genügen. Außerdem fordert das Gericht eine unabhängige Vorabkontrolle, welche bislang nicht geregelt ist.
Datenübermittlung
Auch die in dem Gesetz geregelte Informationsübermittlung wurde stark bemängelt. Es fehle hinreichende Voraussetzungen für eine Übermittlung und „das genügt den verfassungsrechtlichen Ansprüchen nicht“, so das Gericht.
Auswirkungen
Der Freistaat hat nun Zeit bis zum 31.Juli 2023, um die gerügten Verstöße zu beheben.
Dieses Grundsatzurteil des BVerfG wird wohl auch für andere Bundesländer Auswirkungen haben, denn laut dem bayerischen Innenminister Herrmann, haben die wenigsten Länder ein Verfassungsschutzgesetz, das allen Anforderungen des neuen Urteils entspricht.