Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte überprüft Identifizierungszwang beim Erwerb von Prepaid-Handykarten

20. Juli 2016
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Blaue Prepaid-Karte vor einem weißen Hintergrund.

Mit der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes im Jahr 2004 wurden die Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen dazu verpflichtet, von Käufern sogenannter Prepaid-Mobilfunkkarten persönliche Daten, wie Name, Anschrift oder Geburtsdatum zu erfassen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat nun eine Klage gegen diesen Identifizierungszwang zugelassen, da dabei ein Eingriff in die Grundrechte auf private Kommunikation und Meinungsfreiheit vorliegen könnte. Bis spätestens 10. Oktober soll eine schriftliche Stellungnahme von der Bundesregierung abgeben werden, welche mit ihrem neuen Anti-Terror-Paket den Identifizierungszwang eigentlich verschärfen will.

Paragraf 111 des Telekommunikationsgesetzes sieht seit 2004 vor, dass durch die Abfrage von Name, Anschrift und Geburtsdatum jede vorausbezahlte SIM-Karte auf ihren Käufer registriert wird. Patrick Breyer, Abgeordneter der schleswig-holsteinischen Piratenpartei, hat sich seit mehr als zehn Jahren durch alle Instanzen gekämpft und ist inzwischen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angekommen, welcher nun die Beschwerde angenommen hat, nachdem im Jahr 2012 beim Bundesverfassungsgericht kein Erfolg erzielt werden konnte. Der Kläger ist der Ansicht, dass die Zwangsidentifizierung aller Nutzer von Prepaidkarten die freie und unbefangene Kommunikation und Internetnutzung gefährde, die in unserer Gesellschaft unverzichtbar sei.

Der EGMR will nun von der Bundesregierung wissen, ob deren Ansicht nach die Identifizierungspflicht in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens, privater Kommunikation sowie der freien Meinungsäußerung eingreife, welche in Artikel 8 und Artikel 10 der Menschenrechtskonvention garantiert werden, und falls dies bejaht wird, welche Rechtfertigung es für diese Eingriffe gebe. Der Bundesregierung dürfte diese Aufforderung allerdings ungelegen kommen, da sie erst kürzlich eine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht hat, welche das Anonymitätsverbot im Rahmen des neuen Anti-Terror-Pakets sogar noch ausweiten soll. So sollen zukünftig die Daten der Prepaidkartenkäufer durch Vorlage des Ausweises überprüft werden. Bisher gab es eine solche Verifizierungspflicht der Verkäufer nicht, sodass eine Registrierung auch unter falschem Namen möglich war.

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