Führt die Chatkontrolle zur Massenüberwachung?
Hintergrund
Seit Monaten herrscht eine hitzige Debatte über ein weitereichendes Gesetz für Chatkontrollen. Dieses soll die Berechtigung, im Internet versendete Daten zu durchleuchten, erheblich verschärfen. All dies geschieht unter dem Deckmantel des Kinder- und Jugendschutzes, betrifft jedoch alle Nutzer von Chatportalen gleichermaßen.
Frankreich hatte sich bereits bzgl. eines Vetos gegen dieses umstrittene Gesetz geäußert. Auch Deutschland möchte gegen das Gesetz stimmen.
Problematik
Ein stärkerer Kinder- und Jugendschutz scheint auf den ersten Blick ein löbliches Ziel zu sein. Schaut man jedoch genauer hin, so würde das Gesetz faktisch das Ende der Ende-zu-Ende Verschlüsselung bedeuten. Zwar ist der versendete Inhalt nach wie vor nach dem Versenden nur für den Empfänger ersichtlich – vorher kann dieser Inhalt jedoch durch die jeweiligen Portale (mit Berechtigung der Weitergabe an den jeweiligen Staat) eingesehen werden.
Stellt man sich das Ganze als körperlichen Briefverkehr vor, so wird die Problematik deutlicher. Demnach wäre bei dem Versenden eines Briefes der jeweilige Inhalt vor dem Befüllen des Briefes einsehbar – der Staat schaut uns also bei dem verpacken des Inhalts sprichwörtlich über die Schulter. Der Einwand der Befürworter, dass der Brief nach dem Verpacken weiterhin nicht einsehbar sei, erscheint aus diesem Blickwinkel mehr als unsinnig.
Das Gesetz filtert die Befugnis einer Überwachung nicht danach, ob die Person schon einmal mit Bezug auf Kinderpornographie oder ähnliches straffällig geworden ist. Es können also theoretisch alle Chats in Echtzeit mitgelesen werden.
Fazit
Einige EU-Staaten könnten dieses Gesetz beinahe als Einladung für eine Totalüberwachung verstehen. Die EU gilt als Vorreiter in Sachen Datenschutz, auch die Signalwirkung eines solchen Gesetzes sollte also nicht unterschätzt werden.
Die Abstimmung im EU-Rat ist am letzten Donnerstag erstmal vertagt worden. Wie es jetzt weitergeht, bleibt abzuwarten.