Problemfeld pauschalierter Schadensersatz in AGBs

02. Juni 1999
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Oberlandesgericht Oldenburg

Urteil vom 02.06.1999

Az.: 2 U 37/99

Unwirksamkeit einer AGB-Bestimmung über pauschalierten Schadensersatz. Beschränkte Gesamtwirkung einer Erlaßvereinbarung mit einem von mehreren Gesamtschuldnern.

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Schadensersatz steht der Klägerin nicht zu, weil die Klausel Ziffer I.4. der angesprochenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen § 11 Nr. 5 b AGBG verstößt. Diese Bestimmung erfaßt nicht nur Klauseln, die den Gegenbeweis ausdrücklich verbieten; es genügt vielmehr, daß eine Klausel für den rechtsungewandten Kunden den Eindruck einer endgültigen, den Gegenbeweis ausschließenden Festlegung erweckt. So ist es bei Klauseln, die Formulierungen wie „auf jeden Fall“, „mindestens“ oder „wenigstens“ enthalten (BGH NJW 1982, 2317; BGH NJW 1985, 632; BGH NJW 1988, 1374), nach OLG Oldenburg (NJW-RR 1987, 1000) auch bei Verwendung der Formulierung „ist zu zahlen“. Damit ist die vorliegende Klausel zu vergleichen; nach der die Klägerin berechtigt sein soll, „einen sofort fälligen pauschalierten Schadensersatz zu verlangen“, der „die Hälfte der restlichen bis zum Ablauf der Vertragsdauer anfallenden Miete, höchstens aber 3 Jahresmieten“ betragen soll. Insbesondere mit der Verwendung der Worte „sofort fällig“ wird der Eindruck erweckt, daß der Kunde dagegen nichts mehr vorbringen könne.

Der neuen vertraglichen Vereinbarung zwischen der Klägerin und Dr. S kommt beschränkte Gesamtwirkung zu. Eine solche ist bei Vereinbarungen des Gläubigers mit nur einem von mehreren Gesamtschuldnern in der Regel anzunehmen, wenn der mit einem Gesamtschuldner geschlossene Erlaßvertrag oder Vergleich dessen Verpflichtung endgültig erledigen soll. Der Partner eines solchen Vertrags wird dann völlig frei, der andere Gesamtschuldner hinsichtlich des Forderungsanteils, den der am Erlaßvertrag oder Vergleich beteiligte Partner im Innenverhältnis zu tragen hat; ein Regreß gegen den begünstigten Gesamtschuldner scheidet aus (vgl. OLG Köln, NJW-RR 1994, 1307; OLG Hamm NJW-RR 1988, 1174; Palandt/Heinrichs, 58. Aufl., § 423 Rdnr. 4). So ist es hier. Schon mit Schreiben vom 14.02.1997 hatte die Klägerin dem Beklagten und dem mit ihm als Gesamtschuldner aus dem Mietvertrag verpflichteten Dr. S eine vorzeitige Entlassung aus der vertraglichen Bindung angeboten, soweit ihr ein (!) Interessent nachgewiesen werde, der bereit sei, mit allen Rechten und Pflichten in den Vertrag einzutreten. Dr. S ist dann aus der Haftung entlassen worden, weil er der Klägerin zwar keinen neuen Interessenten für die bis dahin gemietete – veraltete – Anlage nachgewiesen, wohl aber einen neuen Mietvertrag über eine andere Anlage mit ihr geschlossen hatte. Grundlage seiner Bereitschaft zum Abschluß des neuen Mietvertrags war den Umständen nach – selbstverständlich – seine auch der Klägerin deutliche Vorstellung, daß er unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr – und damit auch nicht etwa im Rahmen eines Gesamtschuldnerausgleichs vom Beklagten – aus dem alten Vertrag in Anspruch genommen werden könne. Die Klägerin kann deshalb auch den Beklagten wegen des im Innenverhältnis der beiden Mieter sonst Dr. S zur Last fallenden Anteils nicht mehr in Anspruch nehmen.

Mangels abweichender Erkenntnisse ist anzunehmen, daß im Innenverhältnis zwischen dem Beklagten und Dr. S eine Ausgleichungspflicht zu gleichen Anteilen bestanden hätte (§ 426 Abs. 1 BGB). Damit schuldet der Beklagte der Klägerin an restlichem Mietzins für die Zeit bis zum 30. September 1998 nicht mehr, als er nach teilweiser Rücknahme der Berufung noch zu zahlen bereit ist, so daß das Rechtsmittel im noch zur Entscheidung stehenden Umfang begründet ist.

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