public-com.de – Die Internetnutzer werden klüger

18. Oktober 2002
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Eigener Leitsatz

Die Internetznutzer wussten es schon lange. Bereits kleinste Änderungen eines Zeichens in einer Webadresse führen zu einer anderen Webseite. Deshalb achteten diese bei der Eingabe der Webadresse in den Browser peinlich genau auf die Schreibweise, insbesondere Bindestriche. Jetzt hat das LG Hamburg im Fall public-com.de entscheiden, dass die Internetnutzer sehr genau zwischen den einzelnen Schreibweisen der Adressaten zu differenzieren wissen, und die Klage abgewiesen. Zahlreiche Gerichte hatten dies in der Vergangenheit anders beurteilt.

Landgericht Hamburg

Urteil vom 18.10.2002

Az.: 416 O 75/02

In der Sache (…)

erkennt das Landgericht Hamburg, KfH 16, durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht * als Vorsitzende und die Handelsrichter * und * auf Grund der am 6. September 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für R e c h t:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung von EUR 3500,00.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein bundesweit tätiges Beratungs- und Serviceleistungsunternehmen im Bereich der Kommunikation und Information für Unternehmen, Institutionen und Produkte. Sie entwickelt insbesondere Kommunikationskonzepte für eine Außendarstellung der Unternehmen sowie Informationsdienstleistungen wie das Abfassen von Mitteilungen, Meldungen und Artikel für Kunden, Marktforschungs- und Mediaanalysen, klassische Pressearbeit und Public Relationsmaßnahmen.

Die Klägerin ist seit 1991 im Handelsregister Hamburg zur Nummer HRB 47000 AG unter ihrer jetzigen Firma eingetragen (Anlage K 1). Zu ihrem Kundenstamm gehören insbesondere Unternehmen aus den Branchen Medien, Verlage, Telekommunikation, Technologie, Banken, Versicherungen, Tourismus, Computer und Spirituosen (vgl. Agenturportreh Anlage K 2 und K 3). Hierbei bedient sich die Klägerin seit Gründung ihres Firmenschlagwortes PubliKom.

Die Klägerin ist Inhaberin der deutschen Marke 30016683, die am 3. März 2000 angemeldet und am 5. Oktober 2000 für das Wortzeichen PubliKom eingetragen ist (Anlage K 7).

Der Beklagte betreibt unter dem Domännamen www.public-com.de eine Website, über die er Dienstleistungen im Werbebereich anbietet (Anlage K 8). Seine E-Mail-Adresse lautet *@public-com.de.

Die Klägerin stützt ihre Klage auf ihre eingetragene Marke und ihre Firma. Die Bezeichnung PubliKom sei eine nach § 15 Abs. 2 Markengesetz schutzfähige Bezeichnung. Die angegriffene Internetdomän www.public-com.de des Beklagten sei geeignet, Verwechslungen mit der geschäftlichen Bezeichnung PubliKom der Klägerin hervorzurufen. Der Beklagte benutze die Internetdomän kennzeichenmäßig. Durch sie werde eine unmittelbare klangliche und begriffliche Verwechslungsgefahr mit dem Firmenschlagwort der Klägerin begründet. Im Hinblick auf die teilweise Identität und teilweise große Nähe der Branchen genüge der geringe Unterschied der sich gegenüberstehenden Bezeichnungen nicht, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Die Klägerin könne auch Unterlassen der Verwendung der E-Mail-Adresse *@public-com.de verlangen, da der Bezeichnungsteil Public-Com innerhalb der E-Mail-Adresse eigenständig kennzeichenmäßig hervortrete. Ebenso habe sie einen Anspruch auf Verzicht und Einwilligung der Löschung des Domännamens public-com.de des Beklagten gegenüber der Registrierungsstelle Denic. Sie könne auch Verzicht auf Benutzung der E-Mail-Adresse verlangen, da nur aufgrund des Unterlassungsanspruches nicht eindeutig sei, inwieweit auch die passive Beibehaltung der E-Mail-Adresse daraus hergeleitet werden könne.

Die Behauptung des Beklagten, das Zeichen public-com.de sei bereits im Dezember 1999 als geschäftliche Bezeichnung verwendet worden, werde mit Nichtwissen bestritten. Der Vortrag sei nicht hinreichend substantiiert. Aus den genannten Drittfirmen mit ähnlichen Kennzeichen könne der Beklagte nichts zu seinen Gunsten herleiten. Soweit auf die Firma PubliKom Z abgestellt werde, sei die geschäftliche Aktivität seitens der Klägerin bereits angegriffen worden. Im übrigen werde sie dies auch weiterhin veranlassen. Sie verteidige ihre Marke und Geschäftsbezeichnung PubliKom umfangreich.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, die Bezeichnung public-com und/oder public.com – und/oder im Zusammenhang hiermit die Bezeichnung PublicCommunication- gleich in welcher Schreibweise, insbesondere als Domännamen www.public-com.de und/oder als E-Mail-Adresse …@public.com.de, insbesondere als *@public.com.de im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit Dienstleistungen der Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und/oder Kommunikation einschließlich des Entwurfs von Texten für Dritte zu benutzen;

2. den Beklagten zu verurteilen, auf den Domännamen www.public-com.de zu verzichten und gegenüber der Registrierungsstelle Denic EG in Frankfurt am Main in die Löschung des Domännamens www.public-com.de einzuwilligen;

3. den Beklagten zu verurteilen, auf die E-Mail-Adresse *@public-com.de zu verzichten;

4. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen entsprechend Ziffer 1. entstanden ist oder entstehen wird;

5. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die in Ziffer 1. in Bezug genommenen Bezeichnungen im geschäftlichen Verkehr benutzt worden sind unter Einbeziehung der Anzahl Aufrufe der in Ziffer 1. erwähnten Website sowie unter Angabe der Anzahl der zu der in Ziffer 1. genannten E-Mail-Anschrift eingegangenen E-Mails unter gleichzeitiger Auskunft über den Umfang der aufgrund entsprechender E-Mails und Internetaufrufe angebahnter Geschäftskontakte einschließlich des Umfangs der hierauf erbrachten Dienstleistungen.

Der Beklagte beantragt,

Klagabweisung.

Da der Beklagte das Zeichen public-com.de bereits am 22. Dezember 1999 vor Anmeldung des Zeichens PubliKom als geschäftliche Bezeichnung verwendet habe, stehe dem Klaganspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 Markengesetz schon § 6 Markengesetz entgegen. Eine Verwechslungsgefahr zwischen den Bezeichnungen der Parteien sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gegeben. Das Klagzeichen sei allenfalls schwach unterscheidungskräftig. Der Wortbestandteil Public sei gleichbedeutend mit öffentlich, der Bestandteil Com sei eindeutig dem Begriff Kommunikation zuzuordnen (vgl. Sachverständigengutachten/demoskopisches Gutachten/Lebenserfahrung).

Die Bedeutung der Klägerin auf dem Werbemarkt habe angesichts ihres Umsatzes von „mehr als 3.000.000 jährlich“ nicht zu einer Steigerung ihrer Bekanntheit beitragen können.

Es lasse sich eine praktisch unüberschaubar große Anzahl von Drittbenutzungen diagnostizieren. Im einzelnen wird hierzu auf die S. 6 bis 17 des Schriftsatzes der Beklagten vom 18. Juni 2002 verwiesen.

Eine Ähnlichkeit der von den Parteien benutzten Zeichen sei nicht festzustellen. Unter Berücksichtigung der Branchengepflogenheiten gebe es keine relevanten Ähnlichkeiten. Der Verkehr sei es gewohnt, im Bereich der Kommunikationsberatung bei der Identifikation von Unternehmen auf besondere Details zu achten, dies gerade bei der vielfältigen Benutzung des Begriffes Publi bzw. Public. Es bestehe zwischen den gegnerischen Zeichen allenfalls eine geringe akustische Ähnlichkeit. Das klägerische Zeichen werde deutsch und dreisilbig ausgesprochen werden, das des Beklagten jedoch als Anglizismus aufgefaßt und dementsprechend ausgesprochen werden. Sinnbildlich bestehe überhaupt keine Zeichenähnlichkeit. Es stünden sich eine Wortkombination und eine Abkürzung für einen branchenüblichen Begriff gegenüber. Auch eine Branchennähe sei nicht zu verzeichnen, die Tätigkeit der Klägerin scheine in erster Linie und hauptsächlich im Organisieren von Events und unter Erstellung von Marktstudien zu liegen. Der Beklagte befasse sich demgegenüber mehr mit Fragen des Briefbogenlayouts.

Zusammenfassend sei zu sagen, daß der angesprochene Verkehrskreis, soweit er sich bei der Betätigung der Parteien überhaupt überschneidet, in der Kennung www.public-com.de ohne weiteres eine Internetadresse erkenne. Bei diesen sei der Verkehr es gewohnt, auf Einzelheiten zu achten, insbesondere dann, wenn es sich um gängige Wortbestandteile handle, wie im vorliegenden Fall.

Für den Parteivortrag im übrigen wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze und die eingereichten Anlagen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die verfolgten Unterlassungsansprüche gegenüber dem Beklagten bezüglich der Internetadresse www.public-com.de und der E-Mail-Adresse …@public-com.de bzw. *@public.com.de nicht zu. Im einzelnen:

Richtig ist zunächst, daß die Klägerin sowohl für ihre Firma PubliKom als auch für ihre Marke mit dem Wortzeichen PubliKom den Schutz des Markengesetzes geltend machen kann. Der Bezeichnung PubliKom kommt im Bereich der Werbe- und Marketingbranche eine normale Kennzeichnungskraft zu. Auch wenn der Sinngehalt der Bestandteile zu erkennen ist, so ist doch die Schreibweise und die Kombination der beiden Wortbestandteile Public und Kommunikation durchaus als originell und über eine reine Beschreibung der Tätigkeit hinausgehend. Diese normale Kennzeichnungskraft wird auch nicht durch die seitens der Beklagten vorgetragenen Drittzeichen geschwächt. Die Antragstellerin geht, soweit es sich um Dritte in einer identischen oder ähnlichen Branche handelt, unstreitig gerichtlich und außergerichtlich vor. In der Fülle der von der Beklagtenseite vorgetragenen Bezeichnungen ist darüber hinaus keine ausreichende Nähe der Bezeichnungen bzw. der Branchen festzustellen. Insbesondere die Suche nach dem puren Bestandteil „Publi“ ist nicht weiterführend, weil diesem allein keine Kennzeichungskraft zukommt und jeweils die weiteren Merkmale einzubeziehen sind.

Indes besteht zwischen der Firma und der Marke der Klägerin einerseits und der Internetadresse und der E-Mailanschrift des Beklagten andererseits keine Verwechslungsgefahr. Hierbei ist zwar zu berücksichtigen, daß beide Parteien bundesweit tätig sind und deswegen eine geographische Überschneidung in jedem Fall anzunehmen ist und daß zudem beide in derselben Branche, nämlich der werblichen Beratung der Kunden tätig sind. Unterschiedliche Schwerpunke innerhalb dieser Branche, die den Parteien offensichtlich eigen sind, sind nicht hinreichend, um für den werbliche Dienstleistungen suchenden Verkehr Unterschiede in ausreichendem Maße zu begründen.

Allerdings sind die Bezeichnungen hinreichend und unterschiedlich um eine Verwechslung des Unternehmens der Klägerin mit der Internetadresse des Beklagten und seiner E-Mailanschrift auszuschließen. Hierbei ist vor allem zu berücksichtigen, daß die am Internetkommunikationsverkehr Beteiligten sehr genau zu differenzieren wissen zwischen den Schreibweisen der einzelnen Adressaten, dies auch im Rahmen der Frage, ob es sich um eine Schreibweise mit K oder C, also in deutscher oder angelsächsischer Manier handelt oder ob Punkte oder Bindestriche zu setzen sind oder die Bezeichnung in einem Wort geschrieben wird.

Die Eigenart des klägerischen Zeichens, die sich darin manifestiert, daß entgegen den sonstigen Gewohnheiten in der Werbebranche nicht die angelsächsische Bezeichnung Public als Ausgangspunkt des Wortspiels benutzt wird, sondern durch die Verwendung des K Anklänge an das seit langem zum deutschen Sprachschatz gehörende Publikum gewählt wurden, führt auch dazu, daß die Bezeichnung der Klägerin nicht englisch als „A“ sondern das „U“ wie ein „U“ ausgesprochen werden wird. Die Aussprache bei der Internetadresse und der E-Mailanschrift des Beklagten hingegen wird in angelsächsischer Weise erfolgen.

Eine ähnliche Unterscheidung wie bei den akustischen oder schriftbildlichen Darstellung ergibt sich bei der Frage des sinnbildlichen Verständnisses bezüglich beider Bezeichungen. Bei der Firma der Klägerin wird der Verkehr ohne weiteres das Wort Publikum Assoziieren und die Gestaltung im einzelnen sogleich als kreative Abwandlung des Wortes Publikum verstehen. Bei den Bezeichnungen des Beklagten hingegen handelt es sich um eine Wiedergabe zweier gebräuchlicher Anglizismen bzw. Abkürzungen, die rein technisch gebildet sich und einen kreativen Überschuß wie bei der Bezeichnung der Klägerin vermissen lassen. Diese rein technische Darstellung wird deswegen anders aufgenommen werden als die phantasiebvollere Form, die die Klägerin gebildet hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 ZPO.

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