„wiederbefüllt“

06. Oktober 2008
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Eigener Leitsatz:

Es liegt eine wettbewerblich relevante Irreführung vor, wenn ein Produkt (Druckpatrone) als „wiederbefüllt“ beworben, aber ein tatsächlich neu hergestelltes Produkt vertrieben wird. Die bewusste Entscheidung für ein wieder verwendetes Produkt bedeutet, dass der Verbraucher auf diesen umweltschonenden Aspekt einen besonderen Wert legt.

Lg Köln

Urteil vom 01.07.2008

Az.: 81 O 167/07

Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu € 250.000,- zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken

wie nachstehend beispielhaft wiedergegeben für neu herge-stellte Druckpatronen zu werben und/oder werben zu lassen:

(Es folgt eine 4-seitige Werbedarstellung)

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
 
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar; diese beträgt für die Verurteilungen zu Nr.A.I. € 100.000,- und hinsichtlich der Kosten 120% desjenigen Betrages, dessentwegen vollstreckt wird.

Tatbestand:

Die Parteien sind Wettbewerber beim Vertrieb von Druckpatronen für Tintenstrahldrucker. Die Beklagte vertreibt Patronen, die sie als wiederbefüllt wie im Tenor wiedergegeben kennzeichnet und bewirbt, die jedoch – zumindest zum Teil – tatsächlich neu hergestellte Produkte gewesen sind; konkret betroffen sind Patronen mit den Bezeichnungen XX1 und XX2 .
 
Die Klägerin greift dies als irreführend an, weil die Eigenschaft der Wiederverwertung anstelle der bei Originalherstellern wie ihr – der Klägerin – üblichen Neuherstellung als Umweltfreundlichkeit positiv vermarktet und vom Verbraucher auch so verstanden wird.
 
Sie hat zunächst beantragt,
 
wie erkannt
 
sowie darüber hinaus
 
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über den Umfang der Wettbewerbshandlungen zu erteilen, dies unter anderem unter Angabe der Publikationen, Medien , Produktverpackungen sowie sonstiger Werbeträger, in denen die beanstandeten Angaben gemacht wurden, deren Adressaten, der Auflage bzw. Anzahl, des Verbreitungsgebiets sowie des Verbreitungszeitpunkts;
 
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer 1. bezeichneten Wettbewerbshandlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
 
Die Beklagte hat zunächst beantragt,
 
die Klage insgesamt abzuweisen.
 
Im Haupttermin haben die Parteien die Klageanträge, die die Auskunft und die Schadensersatzfeststellung betroffen haben, übereinstimmend für erledigt erklärt und insoweit
 
widerstreitende Kostenanträge
 
gestellt.
 
Sie bestreitet nicht, dass es infolge eines Irrtums zu einem Vertrieb wie von der Klägerin gerügt gekommen ist, leugnet aber eine Wiederholungsgefahr, weil sie mittlerweile ihre diesbezügliche Geschäftstätigkeit aufgegeben habe. Auch handele es sich wettbewerbsrechtlich um eine Bagatelle, denn eine neue Patrone sei qualitativ besser als eine gebrauchte.
 
Schließlich weist sie darauf hin, dass die Klägerin gegen sie ein Patentverletzungsverfahren geführt habe, das sich auf genau dieselben Patronen bezogen habe, die auch Gegenstand der hier angegriffenen unzutreffenden Werbung seien; in dieser Angelegenheit habe man sich verglichen – auch hinsichtlich Auskunft und Schadensersatz -, sodass die Klägerin insgesamt kein Rechtsschutzbedürfnis habe für einen Titel der hier erstrebten Art; in Bezug auf die Folgeansprüche hat sie im Haupttermin ausdrücklich erklärt, dass andere Patronen als diejenigen, die Gegenstand des Patentrechtsstreits gewesen seien, nicht in der hier streitgegenständlichen Art beworben worden seien, mit der Folge, dass die Parteien insoweit die Erledigung erklärt haben.
 
Die Klägerin hält ihr Rechtsschutzinteresse an der begehrten Unterlassung (und bis zur Erteilung der Auskunft auch der Auskunft sowie der Schadensersatzfeststellung) nach wie vor für gegeben, weil es ohne weiteres möglich sei, funktionierende Patronen neu herzustellen, die die Patente zwar nicht verletzen, wohl aber irreführend als wiederbefüllt beworben werden können; unabhängig von der Tatsache, dass das Patentverfahren einen anderen Streitgegenstand habe als der vorliegende Wettbewerbsstreit, könnten deshalb Rechtsverstöße vorgekommen sein und in Zukunft vorkommen, die vom patentgerichtlichen Titel bzw. von dem dort geschlossenen Vergleich nicht erfasst sind.
 
Beide Parteien haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden einverstanden erklärt.
 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist – soweit über sie noch streitig zu entscheiden ist – begründet.
 
Die Klägerin kann von der Beklagten Unterlassung nach Maßgabe des Tenors verlangen, weil zum Einen falsche Angabe, die Patronen seien wiederbefüllt, irreführend ist und zum Anderen diese Irreführung wettbewerblich relevant ist: es geht nicht abstrakt um die Frage, ob es „besser“ ist, ein neu hergestelltes Produkt zu erwerben, sondern darum, ob das Produkt in seinen zugesicherten Eigenschaften dem entspricht, was der Verbraucher als wesentlich erwartet. Die bewusste Entscheidung für ein wieder verwendetes Produkt bedeutet, dass der Verbraucher auf diesen umweltschonenden Aspekt einen besonderen Wert legt; er wird grob und damit wettbewerblich relevant getäuscht, wenn es sich in Wahrheit um ein Erzeugnis mit neuen Rohstoffen handelt.
 
Der Umstand, dass die Beklagte derzeit nicht (mehr) Vertreiberin ist, ist unerheblich, denn sie ist ohne die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht gehindert, den Vertrieb jederzeit wieder aufzunehmen.
 
Auch das Rechtsschutzbedürfnis schließlich ist nach wie vor gegeben, weil der wettbewerbliche Anspruch anders als der Anspruch, der auf ein Patent gestützt ist, nicht nur zeitlich unbegrenzt ist, sondern es entsprechend den Darlegungen der Klägerin, denen die Beklagte nicht entgegen getreten ist und die deshalb als sachlich zutreffend der Entscheidung zu Grunde zu legen sind, technisch ohne weiteres möglich ist, fast jedes Patent zu umgehen und insbesondere die sechs Patente, die Gegenstand des Düsseldorfer Verfahrens gewesen sind. Vor diesem Hintergrund ist es das gute Recht der Klägerin, sich durch den insoweit umfassenderen wettbewerbsrechtlichen Titel zu schützen, zumal von der unzutreffenden Werbung auch ganz andere Patronenmodelle betroffen sein können; erst durch die Auskunft im Haupttermin ist klargestellt worden, dass dies tatsächlich nicht der Fall gewesen ist, mit der zwangsläufigen Folge für die Kostentragungspflicht bezüglich des erledigten Teil des Verfahrens, § 91a ZPO.
 
Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.
 
Streitwert: € 250.000,-.

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