Keine Chance für „Ambiente Trendlife“

28. April 2010
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Eigener Leitsatz:

Die Wort- und Bildmarke "Ambiente Trendlife" kann nicht für Waren wie Möbel, Spiegel und Vorhänge eingetragen werden. Denn laut dem Bundespatentgericht (BPatG) fehlt ihr die erforderliche Unterscheidungskraft. Den  Begriffsbestandteilen "Ambiente", "Trend" und "Life" komme lediglich ein beschreibender Charakter in Hinsicht auf die angegebenen Waren zu und beschränke sich auf werbeübliche Hervorhebungen. Ein abgrenzungsfähiger Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen fehle der Marke daher.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 03.02.2010

Az.: 26 W (pat) 57/09

BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 57/09
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 70 072.0
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 3. Februar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gr ü n d e

I

Die Eintragung der für die Waren

„Möbel, Spiegel, Rahmen; Waren, soweit in dieser Klasse enthalten, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffen oder aus Kunststoffen; Kissen mit einer Füllung aus Federn und Daunen, synthetischen oder natürlichen Fasern sowie Mischungen daraus, Nackenrollen; Matratzen; Betten; Webstoffe und Textilwaren, soweit in dieser Klasse enthalten; Bett- und Tischdecken; Frottierwaren für Haushalt, Bad und Küche; Haushalts-, Tisch- und Bettwäsche; fertigkonfektionierte Zudecken; Bettwaren, nämlich konfektionierte Bettdecken, Bettlaken, ungefüllte Kissen- und Bettbezüge; Spannbetttücher; Betthimmel; Tagesdecken; Matratzenschoner, -auflagen; Kissen; Schlaufenschals, Raffrolos; Vorhänge; Schiebevorhänge; Frottierwäsche“

angemeldeten Wort- Bildmarke 307 70 072

ist von der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts
wegen mangelnder Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
zurückgewiesen worden. Der Begriff „Ambiente“ habe in der Vergangenheit Eingang in die Werbesprache gefunden und werde häufig als Synonym für „Atmosphäre, Flair oder Umgebung“ verwendet. Der weitere Zeichenbestandteil „Trendlife“, bestehend aus den Wörtern „Trend“, gleichbedeutend mit „modern, aktuell“, und „Life“ – zu übersetzen mit „Leben“ – stelle einen allgemein verständlichen Hinweis auf ein „modernes oder aktuelles Leben“ dar. Der angesprochene Verkehr verbinde daher mit dem Begriff „Ambiente Trendlife“ im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren in beschreibender Weise ein modernes Leben in entsprechender Atmosphäre. Auch die grafische Gestaltung verleihe dem Prüfzeichen keine für die Eintragungsfähigkeit erforderliche hinreichende Unterscheidungskraft, nachdem sie sich auf werbeübliche Gestaltungsmittel zur Hervorhebung von Sachangaben beschränke.
Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Ihrer Auffassung nach habe die Markenstelle verkannt, dass bereits eine geringe Unterscheidungskraft die Eintragungsfähigkeit begründe. Es sei nicht davon auszugehen, dass der fremdsprachige Begriff „Ambiente Trendlife“ dem angesprochenen Verkehr in seiner Bedeutung ohne weiteres geläufig sei. Bei der Kombination der Begriffe „Ambiente“ und „Trendlife“ handle es sich um einen Sprachenmix aus der italienischen bzw. lateinischen und der englischen Sprache. Ihrer Beurteilung habe die Markenstelle rechtsfehlerhaft eine zergliedernde Betrachtungsweise zugrunde gelegt. Nur im Wege einer analysierenden Betrachtungsweise, die der Verkehr im Allgemeinen nicht anstelle, sei dem Markenbestandteil „Trendlife“ die Bedeutung „modernes oder aktuelles Leben“ zu entnehmen. Zudem sei der dem Englischen entlehnte Begriff „Trendlife“ sprachunüblich gebildet und lexikalisch nicht nachweisbar.
Im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren rufe „Ambiente Trendlife“
allenfalls diffuse Assoziationen beim angesprochenen Verkehr hervor. Das Prüfzeichen sei nicht geeignet, konkrete Merkmale der solchermaßen gekennzeichneten Waren zu beschreiben. Eine herkunftshinweisende Funktion sei ihm nicht abzusprechen. Die grafische Ausgestaltung der Marke unterstütze deren Individualisierungsfunktion und führe in Verbindung mit den Wortbestandteilen zur Eintragungsfähigkeit.
Es bestehe auch kein Freihaltebedürfnis, nachdem keine Anhaltspunkte vorlägen, dass Mitbewerber der Anmelderin die in Frage stehende Wortkombination in absehbarer Zeit beschreibend verwendeten.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angegriffenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. September 2008 aufzuheben und die Eintragung der Marke in beantragtem Umfang anzuordnen.

II

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet. Der angegriffene Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die hiergegen erhobenen Einwände verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke
innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren/Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Waren- oder Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2002, 804, 809 – Philips; GRUR 2003, 604, 607 – Libertel). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (vgl. EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 – BRAVO). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 – Postkantoor; GRUR Int. 2004, 631, 633 – Dreidimensionale Tablettenform I). Keine Unterscheidungskraft weisen vor allem solche Marken auf, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder  Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; GRUR 2004, 778, 779 – URLAUB DIREKT).
Ausgehend von diesen Grundsätzen wird der angesprochene Durchschnittsverbraucher in den Wortbestandteilen des Prüfzeichens „Ambiente Trendlife“ keinen Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, sondern lediglich eine Sachbeschreibung für die angemeldeten Waren der Klassen 20 und 22 ansehen.
Den aus dem Lateinischen (Partizipform „ambiens, ambientis“ des Verbs „ambire“ = herumgehen) bzw. aus der italienischen Sprache stammenden Begriff „Ambiente“, der – wie die Markenstelle im angegriffenen Beschluss nachgewiesen hat – umfangreich Eingang in die Werbesprache gefunden hat, versteht der Verkehr in seiner lexikalisch nachweisbaren Bedeutung von „Umwelt; Atmosphäre; Milieu, das eine Persönlichkeit bzw. einen Raum umgibt“ (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006, S. 130). Bezogen auf die angemeldeten Waren steht „Ambiente“ in beschreibender Weise für „Einrichtungsstil, (Raum-) Ausstattung“ (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 8. Aufl. 2006, S. 137). Der weitere Wortbestandteil „Trendlife“ setzt sich aus den Wörtern „Trend“ (engl. „trend“ = „Tendenz, Richtung, Mode“, vgl. Collins, Globalwörterbuch Englisch, 2001, Band 1, Englisch- Deutsch, S. 1407) und dem zum Grundwortschatz der englischen Sprache zählenden, dem Endverbraucher ohne weiteres vor allem aufgrund vielfacher Verwendung in der Werbung (z. B. life style) geläufigen Begriff „life“ im Sinne von „Leben“ zusammen. „Trend“ steht für „eine über einen bestimmten Zeitraum bereits zu beobachtende Entwicklung“ (vgl. Duden a. a. O., S. 1703) bzw. für die „Richtung einer neuen, modischen Entwicklung“ (Wahrig a. a. O., S. 1494). Über den reinen Wortsinn hinaus haben in der Vergangenheit Slogans wie „Der Trend geht hin zu …“, „Der Trend setzt sich fort“ oder „Damit liegt er voll im Trend“ Eingang in die Umgangssprache gefunden. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei den einzelnen Wortbestandteilen der angemeldeten Marke gerade auch im
Hinblick auf das angemeldete Warenverzeichnis durchgängig um werbeübliche
Sachaussagen ohne herkunftshinweisenden Charakter.
Da sich die Verbindung der Wortelemente in ihrer Summenwirkung erschöpft und nicht über die Zusammenfügung der beschreibenden Elemente „Ambiente“,
„Trend“ und „life“ hinausgeht, fehlt dem Prüfzeichen auch in der Kombination ihrer Einzelbestandteile (was, wie nachfolgend auszuführen sein wird, auch unter Einbeziehung der Bildbestandteile gilt) die Eignung zur betrieblichen Herkunftsangabe (vgl. EuGH a. a. O. – Postkantoor, S. 678; EuGH GRUR 2004, 680, 681 – BIOMILD; GRUR 2006, 229, 231 – BioID). Der Einwand der Anmelderin, die Beurteilung der Eintragungsfähigkeit einer Marke sei – was die Markenstelle unterlassen habe – anhand der Anmeldemarke in seiner Gesamtheit festzustellen und habe sich nicht auf eine zergliedernde Betrachtungsweise der einzelnen Markenbestandteile zu beschränken, führt demnach nicht zum Erfolg. Das Zeichen „Ambiente Trendlife“ ist in Ansehung des angemeldeten Warenverzeichnisses aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs auch nicht mehrdeutig oder interpretationsbedürftig. „Ambiente Trendlife“ ist vielmehr als Beschreibung dafür geeignet, ein „trendiges“ und lebendiges Ambiente vorzugsweise in Wohnräumen hervorzurufen.
Dass „Ambiente Trendlife“ sprachunüblich gebildet und in seiner Kombination
lexikalisch nicht nachweisbar ist, führt für sich genommen nicht zur Eintragungsfähigkeit, da der Verkehr daran gewöhnt ist, in der Werbesprache mit sprachlichen Neubildungen konfrontiert zu werden, die sich nicht an grammatikalischen Regeln oder einem korrekten Sprachstil orientieren (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl. 2009, § 8 Rn. 89 m. w. N.).
Ein betrieblicher Herkunftshinweis kann auch nicht aus der graphischen Ausgestaltung der für sich genommen und auch in ihrer Kombination nicht schutzfähigen Wortbestandteile hergeleitet werden (vgl. BPatG GRUR 2002, 889/890 – Fantastic; GRUR 2000, 805, 806 – Immo-Börse; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 99 m. w. N.). An diese Ausgestaltung sind umso größere Anforderungen zu stellen, je kennzeichnungsschwächer die fragliche Angabe ist (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 – antiKALK; BPatG GRUR 1998, 401, 402 – Jeans etc…; GRUR 1996, 410, 411 – Color COLLECTION). In jedem Fall muss eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck der Marke eintreten, die von dem maßgeblichen Durchschnittsverbraucher auch ohne analysierende Betrachtungsweise ohne weiteres festgestellt werden kann (vgl. BPatG BlPMZ 2000, 423, 425 – COOL-MINT). Diese Voraussetzungen erfüllt die graphische Ausgestaltung des Prüfzeichens entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht. Sie ist zwar phantasievoll, führt jedoch nicht zu einer den beschreibenden Sinngehalt der Wortelemente verfremdenden Wirkung aufgrund der im Zeichen enthaltenen Bildelemente.

Ohne Erfolg beruft sich die Anmelderin darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an die Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ein großzügiger Maßstab anzulegen sei und jede noch so geringe Unterscheidungskraft ausreiche, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2004, 502, 504 – Gabelstapler II; BGH a. a. O. – Bonus II, S. 817; BGH GRUR 2001, 56, 57 – Likörflasche; BGH GRUR 2000, 502, 503 – St. Pauli Girl; Ströbele/Hacker a. a. O., § 8 Rn. 100). Hierbei ist allerdings auch das Allgemeininteresse, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren, angemessen zu berücksichtigen (vgl. EuGH a. a. O. – Dreidimensionale Tablettenform I, S. 634; EuGH GRUR 1999, 723, 725 f. – Chiemsee; Hacker GRUR 2001, 630, 632). Insoweit darf der für die Feststellung der  Unterscheidungskraft entscheidende Maßstab nicht zu weit abgesenkt werden (vgl. Ströbele/ Hacker a. a. O., § 8 Rn. 100; s. auch EuGH GRUR 2004, 1027, 1030 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Dies gilt auch für Wortneuschöpfungen (vgl. die Nachweise bei Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 117). Überspannte Anforderungen an die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke lässt der angegriffene Beschluss nach diesen Grundsätzen nicht erkennen.
Die Frage, ob einer Eintragung auch ein entgegenstehendes Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstünde, bedarf bei dieser Sachlage keiner Entscheidung.

Dr. Fuchs-Wissemann Reker Lehner

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