Uneindeutige Aussagen sind zu unterlassen

14. Mai 2009
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Eigener Leitsatz:
Die Unterlassung bestimmter zukünftiger Äußerungen bietet als Sanktion die Möglichkeit, sich zukünftig eindeutig auszudrücken. Die wahrheitsgemäße Darstellung und das Informationsinteresse des Empfängers für eine wahrheitsgemäße, unmissverständliche Berichterstattung wiegen schwerer als die Pressefreiheit. Werden dabei zwei Begriffe fast wie Synonyme verwendet, können dadurch Dinge in Beziehung bzw. gleichgesetzt werden, obwohl eigentlich Verschiedenes gemeint ist, was eindeutig dargestellt werden müsste. 

Landgericht Hamburg

Urteil vom 03.04.2009

Az.: 324 O 870/08

I.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250 000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu unterlassen, durch folgende Äußerungen

„Der deutsche Steuersünder hat es dieser Tage nicht leicht. Es gibt ja eine Menge davon. Bei 42 Prozent liegt der Spitzensteuersatz, und mit steigendem Kontostand erscheint vielen die Flucht vor dem Fiskus nicht mehr als Sünde am Gemeinwohl, sondern als Akt der Notwehr. ‚Ich werde enteignet, beraubt!‘, rief der Milch-Millionär T.H., als er sich 2003 mit seinem Vermögen ins schöne am ….see aufmachte. Da zählte es auch nicht, dass er zuvor seine Firma mit Millionensubventionen aus Steuergeldern aufgebaut hatte.
(…)
Die Frage ist dann nur noch, wie man sein Geld in Sicherheit bringt. Da sind auf der einen Seite die ordinären Steuersünder. Das prominenteste Beispiel für tölpelhafte Steuerhinterziehung ist P. G.… (…) 1997 wurde P.G. zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt.
Nur wenig cleverer stellte sich B.B. an. (…) Er wurde zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt.“

den Eindruck zu erwecken, nach deren Aufbau mit Millionensubventionen aus deutschen Steuergeldern habe T.H. „seine Firma“ (die Unternehmensgruppe T.H. GmbH & Co. KG) oder Teile dieser nach (in der Schweiz) verlegt.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

III.
Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 15 000,– und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
Der Kläger, Gesellschafter der Unternehmensgruppe T.H. GmbH & Co. KG, nimmt die Beklagte als Verlegerin der Zeitschrift „D S“ auf Unterlassung einer Wortberichterstattung in Anspruch.
In der Ausgabe Nr. 8/2008 der Zeitschrift „D S“ vom 18. Februar 2008 erschien auf den Seiten 20-33 ein Artikel mit der Überschrift „Der S.… des B…“ (Anlage K 1), der sich auf Seite 32 unter anderem mit dem Kläger beschäftigt:

 „Der deutsche Steuersünder hat es dieser Tage nicht leicht. Es gibt ja eine Menge davon. Bei 42 Prozent liegt der Spitzensteuersatz, und mit steigendem Kontostand erscheint vielen die Flucht vor dem Fiskus nicht mehr als Sünde am Gemeinwohl, sondern als Akt der Notwehr. ‚Ich werde enteignet, beraubt!‘, rief der Milch-Millionär T.H., als er sich 2003 mit seinem Vermögen ins schöne am ….see aufmachte. Da zählte es auch nicht, dass er zuvor seine Firma mit Millionensubventionen aus Steuergeldern aufgebaut hatte.

Steuergerechtigkeit ist ja meist eine Frage des Standpunkts, und wer Millionen auf dem Konto hat, der findet es oft nicht mehr notwendig, den Staat mit seinem Vermögen zu unterstützen. Ein öffentliches Gymnasium braucht nur, wer sich keine Privatschule leisten kann. Und welcher Sportstar fährt schon U-Bahn?

Die Frage ist dann nur noch, wie man sein Geld in Sicherheit bringt. Da sind auf der einen Seite die ordinären Steuersünder. Das prominenteste Beispiel für tölpelhafte Steuerhinterziehung ist P. G.… (…) 1997 wurde P.G. zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt.

Nur wenig cleverer stellte sich B.B. an. (…) Er wurde zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt.“

Der erste Absatz der Passage wird im Layout unterbrochen durch drei Fotografien von B.B., P.S. und P.G. mit der Bildunterschrift „ Ertappte Steuersünder ….“.
Der Kläger hatte 2003 seinen privaten Wohnsitz nach in der Schweiz verlegt, während die zur Unternehmensgruppe gehörenden Unternehmen weiterhin ihren Sitz in Deutschland haben.
Der Kläger erwirkte die einstweilige Verfügung der Kammer vom 7. April 2008 (Az. 324 O 216/08), die mit Urteil der Kammer vom 30. Mai 2008 bestätigt wurde. Dem Kläger wurde eine Frist zur Erhebung der vorliegenden Hauptsacheklage gesetzt.
Der Kläger meint, durch die unsaubere Trennung zwischen einerseits dem privaten Wohnsitz des Klägers in der Schweiz und andererseits den nach wie vor einschließlich ihres Betriebsvermögens in Deutschland befindlichen subventionierten Unternehmen der Unternehmensgruppe T.H. GmbH & Co. KG werde beim Leser der Eindruck erweckt, der Kläger sei mit seiner Firma als „seinem Vermögen“ vor dem Fiskus in die Schweiz geflohen. Dieser Eindruck schädige das Ansehen des Klägers erheblich.
Der Kläger beantragt, der Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250 000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu verbieten, durch folgende Äußerungen

„Der deutsche Steuersünder hat es dieser Tage nicht leicht. Es gibt ja eine Menge davon. Bei 42 Prozent liegt der Spitzensteuersatz, und mit steigendem Kontostand erscheint vielen die Flucht vor dem Fiskus nicht mehr als Sünde am Gemeinwohl, sondern als Akt der Notwehr. ‚Ich werde enteignet, beraubt!‘, rief der Milch-Millionär T.H., als er sich 2003 mit seinem Vermögen ins schöne am ….see aufmachte. Da zählte es auch nicht, dass er zuvor seine Firma mit Millionensubventionen aus Steuergeldern aufgebaut hatte.
 …
Die Frage ist dann nur noch, wie man sein Geld in Sicherheit bringt. Da sind auf der einen Seite die ordinären Steuersünder. Das prominenteste Beispiel für tölpelhafte Steuerhinterziehung ist P.G. …, 1997 wurde P.G. zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt.

Nur wenig cleverer stellte sich B.B. an. … Er wurde zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt.“

den Eindruck zu erwecken, nach deren Aufbau mit Millionensubventionen aus deutschen Steuergeldern habe T.H. „seine Firma“ (die Unternehmensgruppe T.H. GmbH & Co. KG) oder Teile dieser nach (in der Schweiz) verlegt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, die angegriffene Deutung, der Kläger habe sein Unternehmen ganz oder zum Teil in die Schweiz verlegt, sei fern liegend. Die streitgegenständliche Berichterstattung differenziere deutlich erkennbar zwischen dem „Vermögen“ des Klägers und seiner „Firma“, wobei es sich nicht um Synonyme handele (vgl. Anlagen B 1 und B 2). Jedenfalls der durchschnittliche SPIEGEL-Leser wisse, dass es natürliche und juristische Personen mit jeweils eigenem Vermögen gebe und dass es sich bei der „Firma“ um eine juristische Person mit eigenem Vermögen handele; er könne auch zwischen den Einkünften des Klägers und den Umsätzen und Gewinnen der Gesellschaft unterscheiden. Für den Leser liege außerdem auf der Hand, dass der Kläger nur mobiles Vermögen und nicht etwa Immobilien in die Schweiz mitgenommen habe. Eine Sitzverlegung in die Schweiz scheide schon aus Formgründen aus.

Auch im Kontext der Berichterstattung werde zwischen der natürlichen Person („er) und der „Firma“ differenziert. Die (nicht antragsgegenständliche) Passage „Steuergerechtigkeit ist ja meist eine Frage des Standpunkts…“ mache ebenfalls deutlich, dass sich der Begriff „Vermögen“ auf vermögenswerte Rechte natürlicher Personen beziehe. Der ganze Beitrag befasse sich nur mit Personen, die ihr Privatvermögen dem deutschen Fiskus vorenthalten.
Bei der korrekten Verwendung von Fachbegriffen (hier: „Vermögen“) müsse der Äußerer sich nicht entgegenhalten lassen, ein Laie könne den Fachbegriff auch anders verstehen.

Das Verbot stelle eine übermäßige Belastung der Beklagten dar, indem ihr die Möglichkeit einer verkürzten Darstellung genommen werde. Würde von der Presse erwartet, jede Berichterstattung zweifelsfrei und unmissverständlich zu formulieren und schon im voraus jegliche Deutungsvarianten zu durchdenken, um sich nicht möglichen Ansprüchen der Betroffenen ausgesetzt zu sehen, wäre sie in ihrer Grundrechtsausübung erheblich behindert.
Die Beklagte hat schriftsätzlich klargestellt, dass sich die streitgegenständliche Aussage nicht auf die T.H. GmbH & Co. KG oder deren Vermögen beziehe.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG ein Unterlassungsanspruch zu.
Für den vorliegenden Unterlassungsantrag sind die Grundsätze der so genannten „Stolpe“-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 25.10.2005, Az. 1 BvR 1696/98 ) anzuwenden. Danach haben die Gerichte insbesondere bei einer Verurteilung zum Schadensersatz, zum Widerruf oder zur Berichtigung die einschüchternde Wirkung staatlicher Sanktionen für die freie Rede, freie Information und freie Meinungsbildung zu berücksichtigen. Ein gleicher Schutzbedarf für die individuelle Grundrechtsausübung und die Funktionsfähigkeit des Meinungsbildungsprozesses besteht nach dem Bundesverfassungsgericht indessen nicht bei gerichtlichen Entscheidungen über die Unterlassung zukünftiger Äußerungen. Denn hier ist zu berücksichtigen, dass der Äußernde die Möglichkeit hat, sich in der Zukunft eindeutig auszudrücken und damit zugleich klarzustellen, welcher Äußerungsinhalt der rechtlichen Prüfung einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu Grunde zu legen ist (BVerfG a.a.O., Absatz-Nr. 34). Ist der Äußernde nicht bereit, der Aussage einen eindeutigen Inhalt zu geben, besteht kein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund, von einer Verurteilung zum Unterlassen nur deshalb abzusehen, weil die Äußerung mehrere Deutungsvarianten zulässt, darunter auch solche, die zu keiner oder nur einer geringeren Persönlichkeitsrechtsverletzung führen (BVerfG a.a.O., Absatz-Nr. 35).

Unter Berücksichtigung dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung hat die Kammer in ihrem Urteil vom 30. Mai 2008 in dem hier zugrunde liegenden einstweiligen Verfügungsverfahren (Az. 324 O 216/08) Folgendes ausgeführt

„1. Die Veröffentlichung der aus dem Tenor der einstweiligen Verfügung vom 7. April 2008 ersichtlichen Berichterstattung verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers. Es ist davon auszugehen, dass zumindest ein erheblicher Teil der Leserschaft der Antragsgegnerin die angegriffene Passage so versteht, dass der Antragsteller „seine Firma“, also die Unternehmensgruppe T.H. GmbH & Co. KG oder Teile dieser, in den schweizerischen Ort verlegt habe. Maßgeblich für die Deutung einer Aussage ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis des von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat. Fern liegende Deutungen sind auszuscheiden; im Falle der Mehrdeutigkeit ist von einem mehrdeutigen Inhalt auszugehen ( BVerfG, 1 BvR 1696/98 vom 25.10.2005, Absatz-Nr. 31 – „Stolpe“).
Vorliegend entsteht bereits durch die Formulierung „mit seinem Vermögen ins schöne am ….see aufmachte“ der Eindruck, dass der Antragsteller etwas Greifbares, und zwar mehr als nur Urkunden über Gesellschaftsbeteiligungen, nach „mitgenommen“ habe. Die von der Antragsgegnerin geltend gemachte Trennung zwischen „seinem Vermögen“ einerseits und „seiner Firma“ andererseits wird in der Berichterstattung nicht hinreichend deutlich. Die Begriffe sind nicht gegensätzlich bzw. schließen einander nicht aus: Hält jemand die gesamte oder wesentliche Beteiligung an einem Unternehmen (also im Sinne eines Vermögensbestandteils) in seiner Hand, wird, jedenfalls umgangssprachlich, durchaus auch von dessen „Firma“ gesprochen. Die Begriffe können umgangssprachlich, wenn auch juristisch ungenau, fast wie Synonyme für dasselbe verwendet werden. Hierbei ist aus Sicht des verständigen Lesers auch zu berücksichtigen, dass eine zu häufige Wiederholung derselben Begriffe in journalistischen Texten unerwünscht ist, mit anderen Worten der Leser also auf die Verwendung verschiedener Begriffe für ein und dieselbe Sache eingestellt ist.
Eine weitere Verbindung zwischen „Vermögen“ einerseits und „Firma“ andererseits stellt die Antragsgegnerin im Kontext selbst her. Nach der Formulierung, wonach sich der Antragsteller mit seinem Vermögen ins schöne aufmachte, folgt: „Da zählte es auch nicht, dass er zuvor seine Firma mit Millionensubventionen aus Steuergeldern aufgebaut hatte.“ Durch diese Verknüpfung werden das Vermögen und die Firma miteinander in Beziehung gesetzt und eine Gleichstellung nahegelegt. Der Eindruck wird verstärkt, dass die Firma, die von den Millionensubventionen profitiert hat, konkret das Vermögen ist, welches der Antragsteller mit in die Schweiz genommen habe.
Die Kammer verkennt nicht, dass sich der gegen den Antragsteller erhobene Vorwurf, mit dem sich die Berichterstattung befasst, gar nicht darauf richtet, er habe den Sitz der Unternehmen in die Schweiz verlegt. Allerdings ist nach Einschätzung der Kammer nicht davon auszugehen, dass der durchschnittliche Leser überschaut, welche gesellschafts- und steuerrechtlichen Voraussetzungen insbesondere im Falle einer Holding in der Form einer GmbH & Co. KG geschaffen und berücksichtigt werden müssen, um eine „Flucht vor dem Fiskus“ zu bewerkstelligen. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass der durchschnittliche Leser weiß, welche Rechtsform die erwähnte „Firma“ des Antragstellers hat und ob die Sitzverlegung einer GmbH & Co. KG in die Schweiz überhaupt bzw. gegebenenfalls im Zuge einer gleichzeitigen Änderung der Unternehmensform möglich ist, zumal die Berichterstattung alle diese Fragen offen lässt.
Schließlich kann die Antragsgegnerin auch nicht mit Erfolg einwenden, dass sich der Artikel nur mit natürlichen Personen (dem „deutschen Steuersünder“ bzw. „den Steuerflüchtlingen“) befasse und es deshalb nach dem Verständnis des Lesers allein um den Wohnort des Antragstellers gehen könne. Denn in der Tat befasst sich die Berichterstattung auch mit dem Antragsteller als natürlicher Person und dem gegen ihn gerichteten Vorwurf der Steuerflucht. Dieser Vorwurf ist aber nur vor dem Hintergrund seiner Beteiligung an „seiner Firma“ sinnvoll, da er – anders als beispielsweise die im Bericht erwähnten Sportler – nicht als Person, sondern über das Unternehmen Geld verdient.
Zutreffend weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass die Medien komplizierte Sachverhalte regelmäßig nur verkürzt wiedergeben können. Auch vor diesem Hintergrund ist die Rechtsprechung, wonach für den Unterlassungsanspruch gegebenenfalls von einem mehrdeutigen Inhalt unter Ausscheidung nur der fern liegenden Deutungen auszugehen ist, jedoch nicht zu beanstanden. Denn anders als bei den sonstigen äußerungsrechtlichen Ansprüchen handelt es sich bei gerichtlichen Entscheidungen über die Unterlassung zukünftiger Äußerungen nicht um Sanktionen, die wegen ihrer einschüchternden Wirkung die freie Rede, freie Information und freie Meinungsbildung besonders empfindlich berühren. Vielmehr hat der Äußernde die Möglichkeit, sich in der Zukunft eindeutig auszudrücken (vgl. BVerfG, a.a.O., Absatz-Nr. 33f.). Eine zukünftige eindeutige Formulierung kann, muss aber nicht länger als die ursprüngliche Formulierung sein; soweit die Klarstellung zu einer Verlängerung der Äußerung führt, wird hierdurch die Pressefreiheit nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Das Interesse des Betroffenen an einer wahrheitsgemäßen Darstellung wiegt stärker, und auch das Informationsinteresse der Rezipienten zielt auf eine wahrheitsgemäße, unmissverständliche Berichterstattung.

2. Dass der Antragsteller die Unternehmensgruppe bzw. Teile dieser in die Schweiz verlagert habe, ist unwahr. Unstreitig haben die T.H. GmbH & Co. KG wie auch deren untergeordnete Unternehmen ihren Sitz in Deutschland. Wegen dieser unwahren Deutungsmöglichkeit verletzt die angegriffene Textpassage das Persönlichkeitsrecht des Klägers. Ein schützenswertes Interesse an der Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen besteht nicht.

3. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr besteht, da zu vermuten ist, dass ein einmal erfolgter rechtswidriger Eingriff wiederholt wird. Diese Vermutung hat die Antragsgegnerin nicht widerlegt. Soweit die Antragsgegnerin im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits schriftsätzlich klargestellt hat, dass sich die streitgegenständliche Aussage nicht auf die T.H. GmbH & Co. KG oder deren Vermögen beziehe, genügt dies nicht, um die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Hierfür reicht regelmäßig nur die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung oder die Anerkennung einer bereits ergangenen einstweiligen Verfügung als endgültige Regelung.“

Diese Erwägungen gelten in dem vorliegenden Hauptsacheverfahren fort; die Kammer nimmt insoweit vollumfänglich Bezug.
Dabei ist die Kammer (nach wie vor) nicht der Auffassung, dass die Begriffe „Vermögen“ und „Firma“ tatsächlich Synonyme seien. Vielmehr liegt der Entscheidung zugrunde, dass in der streitgegenständlichen Berichterstattung nicht ausreichend deutlich zwischen diesen beiden Begriffen differenziert wird und für den durchschnittlichen Leser der Eindruck nicht fern liegt, dass die Beklagte die Begriffe ähnlich wie Synonyme verwendet. Insoweit kann sich die Beklagte auch nicht auf die korrekte Verwendung eines Fachbegriffs berufen. Hinsichtlich des Begriffs „Vermögens“ bestehen schon Zweifel daran, dass es sich – ausschließlich oder in erster Linie – um einen Fachbegriff handele. So ergibt sich bereits aus den von der Beklagten eingereichten Wörterbuch-Auszügen (Anlagen B 1 und B 2), dass dem Begriff äußerst verschiedene Bedeutungen in ganz verschiedenen Bereichen zukommen. Jedenfalls ist der Begriff aber im streitgegenständlichen Kontext nicht eindeutig als Fachbegriff verwendet worden. Vielmehr wird ein Bezug zu dem Begriff „Firma“ hergestellt, ohne dass dieser Bezug im Einzelnen erläutert oder aufgeklärt wird. Hierbei wird jedenfalls der Begriff „Firma“ nicht rechtlich korrekt benutzt (vgl. § 17 HGB), sondern in seiner umgangssprachlichen Beschreibung eines Unternehmens. Die hierdurch entstandenen Unsicherheiten, die namentlich zu dem nicht fern liegenden Eindruck führen, der Kläger habe den Sitz seines Unternehmen verlegt, gehen zu Lasten der Beklagten, der es möglich ist, sich zukünftig eindeutig auszudrücken.

II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO. Der Festsetzung des Streitwertes liegt § 3 ZPO zugrunde.

Beschluss: Der Streitwert wird auf EUR 15 000,– festgesetzt.

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