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17. November 2009
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Eigener Leitsatz:

Wenn Zitate von der privaten Webseite in Zusammenhang mit der geschäftlichen Tätigkeit des Authors gebracht werden, hat dieser es zu dulden, sofern dadurch keine verzerrte Tatsachenbehauptung zu Stande kommt.
Material, das öffentlich zugänglich ist, darf von der Presse in die Berichterstattung eingebunden werden, ohne dass eine besondere Einwilligung erforderlich wäre.

Landgericht Köln

Urteil vom 04.11.2009

Az.: 28 O 251/09

Tenor:     

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:
    
Die Parteien streiten um die Zulässigkeit des Verbleibs eines Sendebeitrags der Beklagten auf deren Internetseite.

Der Kläger ist seit 2004 Vorstand der BKK XX, einer regionalen Krankenkasse mit ca. 21.000 Mitgliedern. Das Bundesversicherungsamt sieht für Vorstände von Kassen dieser Größe eine Jahresvergütung von 70.000 bis 90.000 € für angemessen an. Die Vergütung des Klägers betrug 2004 68.148,50 € und steigerte sich bis 2007 um insgesamt 72 % auf sodann 106.219,09 €. Zudem verfügt der Kläger über einen Dienstwagen mit dem Recht zur Privatnutzung und ist gesetzlich rentenversichert.

Auf der Internetseite www.anonym1.de, die die Ehefrau des Klägers betreibt, stellen die Eheleute ihre Familie vor. Dort findet sich folgende Äußerung des Klägers: "… Seit Jahren bin ich Vorstand einer gesetzlichen Krankenversicherung und muss mich in dieser Tätigkeit mit den Unzulänglichkeiten der Gesundheitspolitik auseinandersetzen. Über diverse Reformen im Gesundheitswesen muss ich Ihnen nicht viel erzählen. Der Job des Vorstandes ist ein Schleudersitz und man kann in der heutigen Zeit sehr schnell auf der Straße sitzen. Es ist nicht so, dass mir mein Beruf keinen Spaß macht. Die Führung von knapp 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist eine täglich neue Herausforderung und Erfahrung. Diese Verantwortung bringt natürlich auch Arbeitszeiten mit sich, die stellenweise Jenseits von Gut und Böse liegen. Dementsprechend kommen natürlich Familie und Hobbys viel zu kurz. Mein Ziel ist es, spätestens mit 50 Jahren eine finanzielle Unabhängigkeit erreicht zu haben, die es meiner Familie und mir ermöglichen nur noch das zu tun und zu lassen, was wir wollen. Ein Ruhestand erst mit 67 Jahren kommt für mich nicht in Frage!!…"

Nachdem der Kläger der Beklagten bereits im Jahr 2005 ein Interview gegeben hatte, in dem er erklärt hatte, er hätte "Probleme, … mir eine große Gehaltserhöhung zu geben bzw. der Verwaltungsrat würde gar nicht mitmachen. Der würde sagen, lieber Vorstand, da ist nichts drin", bat die Beklagte den Kläger im Jahr 2008 erneut um ein Interview, und zwar für die Sendung A. Hintergrund war der Unmut der Gewerkschaft IGBCE über den Ausschluss verschiedener Verwaltungsratsmitglieder der BKK XX. Dieses sollte, wie dem Kläger mitgeteilt wurde, Thema des Interviews sein, nämlich die Amtsentbindung von Mitgliedern des Verwaltungsrats der BKK XX.

Der zu den Akten gereichte vollständige Mitschnitt der Dreharbeiten (Anlage B 4) zeigt den Kläger zunächst auf dem Außengelände der BKK, im Gespräch mit Mitarbeitern und dann im direkten Interview. Im Lauf des Interviews stellte der Autor dem Kläger eine erste Frage nach der Vergütung des Klägers. Dieser reagierte zunächst überrascht und bat, das Gespräch abzubrechen. Er wies darauf hin, dass es um einen Ausschluss der IG BCE-Verwaltungsratsmitglieder gehen solle und nicht um seine Vergütung. Daraufhin erläuterte der Autor, dass im Rahmen der Recherche Fragen zu der Vergütung des Klägers aufgekommen seien, so dass er auch zu diesem Bereich Fragen stellen möchte. Daraufhin war der Kläger bereit, das Interview fortzusetzen und beantwortete die an ihn gestellten Fragen. Verschiedentlich diskutierte er in der weiteren Folge mit dem Autor über konkret gestellte Fragen und brach auch das Interview ab, setzte dies aber nach kurzer Diskussion mit Autor fort. Bei dem Gespräch wurde dann auch die Äußerung des Klägers auf der Internetseite seiner Ehefrau, er wolle mit 50 Jahren aufhören zu arbeiten, thematisieret und in Verbindung zu den Erhöhungen des Vorstandsgehalts des Klägers gesetzt. Nach dem eigentlichen Ende des Interviews, hatte Kläger, wie die Aufnahme zeigt, Gelegenheit, weitere Fragen gestellt zu bekommen. Dies bot der Autor ihm ausdrücklich an. Der Kläger nahm dies jedoch nicht wahr. Wegen der Einzelheiten des Interviews wird auf die Anlage B 4 Bezug genommen.

Für den A-Beitrag wurden die Verwaltungsratsvorsitzenden, S.D. Z sowie Herr N ebenfalls befragt. Diese wurden zu den Gehaltsvorgaben des Bundesversicherungsamtes für Vorstände befragt – die diesen laut ihrer Äußerung nicht bekannt waren – sowie zu möglichen Interessenkonflikten aufgrund ihrer Stellung als Vermieter der BKK-Zentrale bzw. Ehemann einer im Minijob bei der Krankenkasse Beschäftigten. Befragt wurde auch V von der IG BCE. Der Sendebeitrag (Anlage K 1) thematisiert "Zoff in der Krankenkasse" im Zusammenhang mit den Gehaltssteigerungen des Klägers und das Verhältnis seiner Gehaltssteigerungen zu denjenigen der Mitarbeiter, die Herr V von der Gewerkschaft auf 8 bis 10 % schätzt. Es wird sodann die Äußerung des Klägers im Internet gegenübergestellt mit seiner Äußerung als "Sparkommissar" vor drei Jahren. Thema sind sodann die weiteren Verbindungen der Verwaltungsratsvorsitzenden zu der Kasse. Wegen des Inhalts des Sendebeitrags von A wird auf die Anlage K 1 bzw. B 3 Bezug genommen.

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Entfernung des Sendebeitrags "B" aus der Internetseite der Beklagten geltend. Er beruft sich darauf, dass der Mitarbeiter der Beklagten Q von dem mitgeteilten Interviewthema (Rechtsgrundlagen der Amtsentbindung von einzelnen Mitgliedern des Verwaltungsrates) abgewichen sei und statt dessen den Kläger gefragt habe, wie er die Höhe seines Gehalts begründen würde angesichts der Festschreibung der Limitierung der Vorstandsgehälter bei gesetzlichen Krankenkassen durch das Bundesversicherungsamt und er sodann in ehrverletzender Weise einen Zusammenhang herzustellen versucht habe zu dem Inhalt der Homepage seiner Ehefrau. Die Sendung A habe unzulässig einen Zusammenhang zwischen der dortigen Aussage des Klägers und einer vermeintlich unzulässigen Erhöhung der eigenen Gehälter hergestellt. Hierdurch werde das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit völlig falsch dargestellt. Dies habe tendenziösen Charakter und sei geeignet, den Ruf des Klägers nachhaltig zu schädigen und in einer derartigen Weise zu verzerren, dass dies zu einer Existenzbedrohung führen könne.

Es komme auch nicht nur die Entfernung einzelner Äußerungen aus dem Archiv der Beklagten in Betracht, da in dem Zusammenhang des Beitrags eine unzulässige Umdeutung der eigenen Äußerung des Klägers auf der Internetseite seiner Ehefrau liege. Auch liege eine Einwilligung des Klägers zur Ausstrahlung des Interviews nicht vor, da er über das Thema des Beitrags getäuscht worden sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die Kopie des Beitrags seiner Sendung A vom 06.11.2008 über den Kläger mit dem Titel "A", abrufbar unter der Internetadresse: http://www.anonym2.php5 aus seiner Internetseite zu entfernen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, die Herstellung des Filmbeitrags und die Ausstrahlung seien von der Einwilligung des Klägers gedeckt, der in vollem Bewusstsein der späteren Verwendung des Materials dem Autor Rede und Antwort gestanden habe. Die Einwilligung des Klägers sei auch mit Blick auf seine Einkommensverhältnisse wirksam, da er das Interview nach der Diskussion ausdrücklich zu dem Thema fortgesetzt habe. Ihm sei die Möglichkeit bewusst gewesen, das Gespräch abzubrechen oder die Antwort auf einzelnen Fragen zu verweigern oder eine bereits gegebene Antwort durch Unterbrechung des Interviews quasi zurückzurufen.

Auch im Übrigen sei das Vorgehen der Beklagten äußerungsrechtlich zulässig. Angesichts der aktuellen Debatte um Reformen im Gesundheitswesen bestehe ein Interesse an einer Berichterstattung über Gehaltssteigerungen von Vorständen einer gesetzlichen Krankenkasse. Dies schließe den Prozess der Entscheidungsfindung ein, weshalb es auch zulässig sei, die eigenen Erklärungen des Klägers im Internet öffentlich zu machen. Er selbst habe den Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit als Vorstand in der gesetzlichen Krankenversicherung und dem Ziel der finanziellen Unabhängigkeit mit 50 Jahren gezogen. Der Kläger habe sich davon nicht distanziert, sondern sinngemäß geäußert, man dürfe doch Träume haben.

Im Übrigen habe die Beklagte nur inhaltlich unverändertes Material genutzt, dessen Verwendung von der Einwilligung des Klägers gedeckt sei, der diese auch nicht widerrufen habe. Die Auswahl der Passagen unterliege der Pressefreiheit. Es sei auch nicht so, dass durch Auswahl oder Zusammenstellung des Materials unzutreffende Tatsachenbehauptungen aufgestellt würden oder persönlichkeitsverletzende unzutreffende Eindrücke entstünden. Auch sei der Eindruck nicht entstanden, der Kläger wolle die Gehaltserhöhung, um mit 50 Jahren in Rente gehen zu können. Vielmehr habe er deutlich gemacht, dass er die Vergütung als angemessen erachte und die Gremien diese Einschätzung teilten. Ferner sei deutlich gemacht worden, dass der Kläger sein Gehalt nicht selbst bestimme. Auf dieser Tatsachenbasis habe der Autor die Gehaltssteigerung als Mittel zur Erreichung des Ziels gewertet. An keiner Stelle sei der Vorwurf erhoben worden, die Erhöhung oder ihr Maß seien rechtswidrig. Vielmehr sei klargestellt worden, dass das Bundesversicherungsamt nur Empfehlungen ausspreche und das Vorgehen des Verwaltungsrates formell nicht zu beanstanden sei. Es sei lediglich deutlich gemacht worden, dass die Gehaltssteigerungen des Klägers aufgrund anderer Umstände möglicherweise fragwürdig seien und nicht in angemessenem Verhältnis zur Gehaltssteigerung der Mitarbeiter stünden. Es sei gerade die Funktion des Wächteramts der Presse, Vorgänge von öffentlichem Interesse kritisch zu hinterfragen und meinungsbildend zu berichten. Wenn der Autor zu der Auffassung gelangt sei, die Gehaltssteigerung sei auf Seiten des Klägers angestrebt, um das auf der Webseite angestrebte Ziel zu erreichen, sei das von Art. 5 GG gedeckt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen eingereichten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus §§ 823, 1004 BGB auf Entfernung des Filmbeitrags von ihrer Internetseite zu, da der Kläger in das Interview eingewilligt hat und die Beklagte weder das ihr vorliegende Material – unter Einschluss der Internetseite der Ehefrau des Klägers – unzulässig genutzt noch – etwa durch Zusammenschnitte – dem Zuschauer eine zusätzliche Sachaussage als unabweisliche Schlussfolgerung aufgedrängt hat.

I. Die Aufnahme des Klägers einschließlich seiner Äußerungen in dem Interview und damit auch deren Ausstrahlung ist von der Einwilligung des Klägers gedeckt, § 22 KUG. Die für § 22 KUG geltenden Grundsätze können entsprechend auch auf Interviews angewendet werden (von Strobl-Albeg in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Rn. 7.86).

Unstreitig hat der Kläger zunächst uneingeschränkt in die bildliche Aufnahme seiner Person und das Interview ausdrücklich eingewilligt, allerdings kann offen bleiben, ob dies zunächst nur mit einer Reichweite erfolgte, wie sie ihm ausdrücklich mitgeteilt worden war, nämlich bezogen auf den Ausschluss von gewerkschaftlichen Aufsichtsratsmitgliedern. Der Umfang der Einwilligung hängt nach § 133 BGB vom wirklichen Willen ab, der anhand der Erklärung und der Umstände zu erforschen ist. Ebenso wie bei der Frage, ob eine Einwilligung erteilt wurde, ist auch bezüglich des Umfangs der erteilten Einwilligung auf die Sicht des Erklärungsempfängers abzustellen. Die Reichweite einer solchen Einwilligung ist durch Auslegung nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln. Sie hängt wesentlich von der Art der Veröffentlichung ab, die den unmittelbaren Anstoß für ihre Erteilung gegeben hat (von Strobl-Albeg, a.a.O., Rn. 7.77). Dem Kläger war seitens der Beklagten mitgeteilt worden, Thema solle der Ausschluss von Verwaltungsratsmitgliedern der IG BCG sein. Ob damit auch das Thema seiner Gehaltssteigerungen inzident angesprochen war, weil etwa deren Ausschluss hiermit in irgendeiner Weise zusammenhing, bedarf keiner Entscheidung. Denn unstreitig – und durch den Mitschnitt des Interviews in seiner gesamten Länge dokumentiert – brach der Kläger das Interview ab, als der Mitarbeiter der Beklagten auf seine Gehaltssteigerungen zu sprechen kam. Im Laufe einer Diskussion über den Zusammenhang mit dem Thema des Interviews setzte der Kläger das Interview fort. Er beendete es auch nicht, als er sodann zu seiner im Internet veröffentlichten Vorstellung befragt wurde, dass er mit 50 Jahren in den Ruhestand gehen wolle und dies in einen Zusammenhang mit den Gehaltssteigerungen gesetzt wurde. Dabei war der Kläger sich bewusst, dass das Interview für die Sendung A sein sollte, ein kritisches politisches Magazin. Er war sich auch im Klaren darüber, dass er das Interview abbrechen und die weitere Beantwortung von Fragen einstellen konnte, wie sein Verhalten gezeigt hat. Es ist daher davon auszugehen, dass er in vollem Bewusstsein der Tragweite und Bedeutung seiner Angaben einerseits und in Kenntnis der bekanntermaßen kritischen Berichterstattung im Rahmen des Magazins weiter Stellung nahm. Damit hat er einer Fortsetzung des Interviews auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass seine Gehaltssteigerungen kritisch hinterfragt werden würden, zugestimmt. Zwar ist eine erteilte Einwilligung grundsätzlich eng auszulegen entsprechend der konkreten Zweckbestimmung (OLG Hamburg, NJW 1996, 1151), jedoch ist die Aufnahme von dem Gespräch mit dem Kläger genau für die Sendung verwendet worden, für die sie gedacht war.
    
Angesichts des konkreten Verlaufs stellt sich auch die Frage nicht, ob der Kläger gegebenenfalls seine Zustimmung zu dem Interview wirksam widerrufen hat. Zwar wird man sagen müssen, dass, wenn eine Person in eine Veröffentlichung einwilligt ohne sich zum Zeitpunkt der Einwilligung Gedanken über die Konsequenzen von Filmaufnahmen machen zu können, bei einem Widerruf der Einwilligung die Grundsätze von Treu und Glauben wie sie in §§ 312, 355 BGB normiert sind, anzuwenden sind (LG Hamburg NJW-RR 2005, 1357). Jedoch ist ein derartiger Widerruf vor der Ausstrahlung des Beitrags auch nicht erfolgt. Selbst wenn der Kläger zu Beginn der Befragung davon ausgegangen war, dass diese sich nur auf den Ausschluss der gewerkschaftlich organisierten Verwaltungsratsmitglieder beziehen würde und seine Gehaltssteigerungen nicht zum Gegenstand einer kritischen Befragung gemacht werden würden, so hat er zwar, als der Interviewer auf dieses Thema kam, eingewandt, dass er hierzu nicht Stellung nehmen würde. Nach einem Gespräch jedoch hat er ausdrücklich darin eingewilligt, dass die Befragung so wie dann angekündigt weitergehen könne. Dies umfasste auch das Aufgreifen seiner im Internet geäußerten Vorstellungen zu seiner Lebensplanung. Die Kammer ist sich des Umstandes bewusst, dass der Kläger sicherlich in dieser Situation in einem gewissen Druck stand, als er die Entscheidung der Fortführung des Interviews in Gegenwart des ihn aufnehmenden Filmteams getroffen hat. Auch wenn der Kläger aus seiner Sicht mit einer Erweiterung des Themas des Interviews nicht gerechnet hat und er sodann von der Situation überrascht gewesen sein mag, so ist er jedoch auch nach Beendigung des Interviews, nachdem er in Ruhe den Umfang der Fragestellung bis in diesen Bereich hinein nochmals hat überdenken können, nicht von seiner Zustimmung abgerückt, indem er sich z.B. vor Ausstrahlung an die Beklagte gewandt hätte. Damit lag die zur Ausstrahlung des Interviews erforderliche Einwilligung des Klägers vor.

II.
Auch die Fassung der Sendung, so wie sie ausgestrahlt wurde, verletzt nicht das Persönlichkeitsrecht des Beklagten. Zwar zieht die Sendung, die die Frage thematisiert, dass das Gehalt des Klägers deutlich über den Richtlinien des Bundesversicherungsamtes liegt und die Gehaltssteigerung diejenige seiner Mitarbeiter um ein Vielfaches übersteigt, eine Parallele zu der im Internet vom Kläger selbst veröffentlichten Äußerung, er möchte mit 50 Jahren in den Ruhestand gehen, dies ist jedoch angesichts der öffentlichen Diskussion über die Kosten im Gesundheitswesen und die Höhe von Managergehältern nach Abwägung mit Art. 5 GG jedenfalls nicht zu beanstanden.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt Elemente der Persönlichkeit, die nicht Gegenstand besonderer Freiheitsgarantien sind, aber diesen in ihrer konstituierenden Bedeutung für die Persönlichkeit nicht nachstehen (vgl. BVerfG NJW 1980, 2070). Dazu gehört auch die soziale Anerkennung des Einzelnen. Aus diesem Grund umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht den Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken. Derartige Äußerungen gefährden die von Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete freie Entfaltung der Persönlichkeit, weil sie das Ansehen des Einzelnen schmälern, seine sozialen Kontakte schwächen und infolgedessen sein Selbstwertgefühl untergraben können. Allerdings reicht der Schutz dieses Grundrechts nicht so weit, dass es dem Einzelnen einen Anspruch darauf verliehe, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie er sich selber sieht oder von anderen gesehen werden möchte. Jedenfalls wird er aber vor verfälschenden oder entstellenden Darstellungen seiner Person geschützt, die von nicht ganz unerheblicher Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung sind (vgl. BVerfG NJW 1998, 1381; BVerfG NJW 1998, 2889; BVerfG NJW 1999, 1322, 1323 – Helnwein).

Eine verfälschende Darstellung des Klägers liegt in dem Sendebeitrag nicht; weder wird eine unwahre Tatsache über ihn verbreitet noch wird er in irgendeiner Weise geschmäht. Unstreitig ist es vielmehr, dass dem Bericht lediglich wahre Tatsachen zugrunde liegen wie die Höhe des Gehalts des Klägers und die Gehaltssteigerungen in den letzten Jahren, die von den Verwaltungsratsvorsitzenden getragen wurden, die Richtlinien des Bundesversicherungsamtes hinsichtlich der empfohlenen Bezüge von Vorständen gesetzlicher Krankenkassen und schließlich auch der eigenen Veröffentlichung des Klägers im Internet zu seiner Lebensplanung. Dem Kläger ist zuzugeben, dass erst die Zusammenstellung der aus verschiedenen Quellen stammenden Informationen einen möglichen Zusammenhang zwischen seinem verhältnismäßig hohen Gehalt einerseits und seiner Planung, mit 50 Jahren den Ruhestand anzustreben, eine kritische Betrachtung der Umstände nahe legen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Zusammenstellung von Informationen aus verschiedenen Quellen nicht unzulässig ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass auch die Beklagte keineswegs illegal an die Informationen gekommen ist, sondern diese auf nicht zu beanstandende Weise journalistisch recherchiert hat. Insbesondere ist die Beklagte damit nicht in eine geschützte Persönlichkeitssphäre des Klägers wie die Privatsphäre eingedrungen. Der Kläger selbst war es, der seine Lebensplanung über das Internet einer uneingeschränkten Lesergemeinde kundgetan hat. Dass Suchmaschinen in der Lage sind, bei Eingabe des Namens des Klägers die Internetseite seiner Ehefrau aufzufinden, musste ihm bewusst sein. Dass das Internet eine gängige Quelle zur Einziehung von Informationen geworden ist, ist allgemein bekannt.

III.
Die Kammer geht davon aus, dass auch die Zusammenstellung des Materials zu dem den Kläger betreffenden Bericht in A keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers begründet hat, indem ein Zusammenhang zwischen der Internetäußerung des Klägers und dessen Gehaltssteigerungen hergestellt worden ist.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist nicht vorbehaltlos gewährleistet. Nach Art. 2 Abs. 1 GG wird es durch die verfassungsmäßige Ordnung einschließlich der Rechte anderer beschränkt. Zu diesen Rechten gehört auch die Freiheit der Meinungsäußerung, die Art. 5 Abs. 1 GG jedermann gewährleistet. Ebensowenig wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist jedoch die Meinungsfreiheit vorbehaltlos garantiert. Sie findet nach Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken unter anderem in den allgemeinen Gesetzen und im Recht der persönlichen Ehre. Als zivilrechtliche Grundlage für Unterlassungsbegehren gegenüber Äußerungen kommen §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 186 StGB in Betracht. Die Belange der Meinungsfreiheit finden demgegenüber vor allem in § 193 StGB Ausdruck (vgl. BVerfG NJW 1961, 819; BVerfG NJW 1995, 3303), der bei Wahrnehmung berechtigter Interessen eine Verurteilung wegen ehrverletzender Äußerungen ausschließt und – vermittelt über § 823 Abs. 2 BGB, sonst seinem Rechtsgedanken nach – auch im Zivilrecht zur Anwendung kommt. Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften sind Sache der dafür zuständigen Gerichte. Doch müssen diese die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend berücksichtigen, damit deren wertsetzender Gehalt auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt (vgl. BVerfG NJW 1958, 257). Das verlangt in der Regel eine Abwägung zwischen der Schwere der Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch die Äußerung einerseits und der Einbuße an Meinungsfreiheit durch die Untersagung der Äußerung andererseits, die im Rahmen der auslegungsfähigen Tatbestandsmerkmale des einfachen Rechts vorzunehmen ist und die besonderen Umstände des Falles zu berücksichtigen hat (BVerfG NJW 1999, 1322, 1323 – Helnwein).

In der Rechtsprechung haben sich im Lauf der Zeit Abwägungsregeln herausgebildet. So geht bei Werturteilen der Persönlichkeitsschutz regelmäßig der Meinungsfreiheit vor, wenn sich die Äußerung als Angriff auf die Menschenwürde, als Schmähkritik oder als Formalbeleidigung darstellt (vgl. BVerfG NJW 1995, 3303). Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. BVerfG NJW 1998, 2889). Auch bei wahren Aussagen können allerdings ausnahmsweise Persönlichkeitsbelange überwiegen und die Meinungsfreiheit in den Hintergrund drängen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Aussagen die Intim-, privat- oder Vertraulichkeitssphäre betreffen und sich nicht durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lassen (vgl. BVerfG NJW 1973, 1221; BVerfG NJW 1984, 1741), oder wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten drohen, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht (vgl. BVerfG NJW 1973, 1226; BVerfG NJW 1998, 2889).

Dass der Bericht der Beklagten eine zugunsten des Klägers geschützte Sphäre nicht tangiert, ist bereits dargelegt worden. Auch ist nicht davon auszugehen, dass die Äußerungen einen Persönlichkeitsschaden anzurichten drohen, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Derartiges wäre z.B. anzunehmen, wenn identifizierend über ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren berichtet würde, das lediglich eine die Öffentlichkeit nicht interessierende Bagatellverfehlung betrifft. Vergleichbares liegt hier aber nicht vor. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger selbst sich im Jahr 2005 in einem Interview sehr restriktiv zu Gehaltssteigerungen geäußert hat und die jetzt eingetretenen Verhältnisse von den damals von ihm geäußerten Vorstellungen deutlich abweichen. Ein strafrechtlich relevanter Vorwurf wird dem Kläger nicht gemacht. Selbst aber wenn man in der Berichterstattung das unangemessene Offenlegen einer für den Kläger peinlichen Bagatelle erblicken würde, so wären im Rahmen der zu treffenden Abwägung auch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und die Grundsätze der Pressefreiheit zu bedenken. Angesichts der seit langer Zeit anhaltenden Diskussion über Gesundheitskosten besteht ein Informationsinteresse daran, was mit den Versicherungsbeiträgen geschieht. Ein Interesse besteht auch an der Information, wie sich – auch im kleinen Bereich – die Gehaltssteigerungen von Mitarbeitern zu den Gehaltssteigerungen von Vorständen verhalten. Es ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass der Kläger über das Internet selbst Informationen an die Öffentlichkeit gegeben hat. Eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechte kann daher insgesamt nicht dazu führen, dass durch den Bericht in A eine rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung geschehen sein kann.

IV.
Schließlich geht die Kammer auch nicht davon aus, dass in dem Bericht eine unzulässige verdeckte Äußerung dahingehend enthalten ist, dass der Kläger darauf hinwirke, dass ihm sein Gehalt unverhältnismäßig angehoben wird, weil er mit 50 Jahren in den Ruhestand gehen möchte.

Bei der Ermittlung so genannter verdeckter Aussagen zu unterscheiden zwischen der Mitteilung einzelner Fakten, aus denen der Leser eigene Schlüsse ziehen kann und soll, und der erst eigentlich "verdeckten" Aussage, mit der der Autor durch das Zusammenspiel offener Äußerungen eine zusätzliche Sachaussage macht bzw. sie dem Leser als unabweisliche Schlussfolgerung nahe legt. Unter dem Blickpunkt des Art. 5 Abs. 1 GG kann nur im zweiten Fall die "verdeckte" Aussage einer "offenen" Behauptung des Äußernden gleichgestellt werden. Denn der Betroffene kann sich in aller Regel nicht dagegen wehren, dass der Leser aus den ihm "offen" mitgeteilten Fakten eigene Schlüsse auf einen Sachverhalt zieht, für den die offenen Aussagen Anhaltspunkte bieten, der von dem sich Äußernden so aber weder offen noch verdeckt behauptet worden ist (vgl. BGH, NJW-RR 1994, 1242, und NJW 2004, 598). Wenn in diesem Zusammenhang dem Rezipienten Tatsachen mitgeteilt werden, aus denen er erkennbar eigene Schlussfolgerungen ziehen soll, so dürfen hierbei keine wesentlichen Tatsachen verschwiegen werden, die dem Vorgang ein anderes Gewicht geben könnten (vgl. BVerfG NJW 1961, 819; BGH NJW 1960, 476; BGH, NJW 2000, 656) und deren Kenntnis für den Leser unerlässlich ist, der sich im Kernpunkt ein zutreffendes Urteil bilden will (vgl. BGH, VersR 1961, 980 [982]; VersR 1966, 85 [87]; VersR 1979, 520 [521]; NJW 2000, 656). Liegt es nahe, aus mehreren unstreitigen Tatsachen eine bestimmte (ehrverletzende) Schlussfolgerung zu ziehen, so ist jedenfalls eine bewusst unvollständige Berichterstattung rechtlich wie eine unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln, wenn die Schlussfolgerung bei Mitteilung der verschwiegenen Tatsache weniger nahe liegend erscheint und deshalb durch das Verschweigen dieser Tatsache beim unbefangenen Durchschnittsleser ein falscher Eindruck entstehen kann (vgl. BGH, NJW 2000, 656). Eine Tatsachenbehauptung, die nur Teilwahrheiten vermittelt und dadurch beim Adressaten der Äußerung zu einer Fehleinschätzung des Angegriffenen führt, ist schon aus diesem Grund rechtswidrig. Es dürfen also nicht solche Fakten verschwiegen werden, deren Mitteilung beim Adressaten zu einer dem Betroffenen günstigeren Beurteilung des Gesamtvorgangs hätte führen können (vgl. BGH, NJW 2004, 598). Insoweit gelten für die Vollständigkeit einer solchen Berichterstattung die gleichen Grundsätze wie für die Verdachtsberichterstattung. Auch hier ist nämlich eine vollständige Berichterstattung erforderlich, so dass dem Leser auch die entlastenden Umstände mitgeteilt werden müssen. So darf bei einem Bericht, der sich mit einer namentlich genannten Person besonders beschäftigt, die Kürzung des mitgeteilten Sachverhalts nicht so weit gehen, dass der Zuschauer oder Leser ein nach der negativen Seite entstelltes Bild dieser Person erhält, weil ihm nur einseitige Ausschnitte mitgeteilt werden (BGH NJW 2006, 601 ff).

Derartiges wird vom Kläger selbst nicht vorgetragen; es ist auch aus dem unstreitigen Vortrag der Parteien nicht zu entnehmen. Zum einen wird seitens der Beklagten keine verdeckte Äußerung getätigt; alle Umstände werden im Gegenteil völlig offen gelegt, und zwar dies auch für den Kläger erkennbar in dem mit ihm geführten Interview, das alle maßgeblichen Gesichtspunkte anspricht und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gibt. Es ist nicht erkennbar, welche den Kläger entlastenden Umstände verschwiegen worden sein sollen. Auch wird dem Zuschauer keine zusätzliche dem Kläger nachteilige Schlussfolgerung als unabweislich nahe gelegt, so dass auch aus diesem Gesichtspunkt ein Beseitigungsanspruch des Klägers nicht gegeben ist.

V.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 20.000,00 €

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