Schaffung einer Internetzugangsmöglichkeit löst Störerhaftung aus

20. August 2008
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Eigener Leitsatz:

Störer im Sinne des UrhG ist bereits, wer eine Internetzugangsmöglichkeit geschaffen hat, ohne durch zumutbare Sicherungsmaßnahmen der Nutzung Dritter entgegenzuwirken. Insbesondere ist eine die Störerhaftung einschränkende Prüfungspflicht in Filesharing-Systemen nicht zusätzlich erforderlich.

LG Leipzig

Beschluss vom 08.02.2008

Az.: 05 O 383/08

Beschluss

In dem Verfahren

(…)

gegen

(…)

wegen einstweiliger Verfügung

hat das Landgericht Leipzig – 5. Zivilkammer – durch die unterzeichnenden Richter am 08.02.2008 beschlossen:

1. Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bi zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, untersagt,

die Musikaufnahme …

des Künstlers … auf einem Computer zum Abruf durch andere Teilnehmer von Filesharing-Systemen bereitzustellen und damit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfügungsverfahrens.

3. Der Gebührenstreitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Wegen des Sachverhaltes wird auf die Antragsschrift vom 06.02.2008 nebst Anlagen Bezug genommen, die der Ausfertigung dieses Beschlusses in Abschrift beigefügt ist.

Die Antragstellerin macht den grundlegenden Sachverhalt mit eidestattlichen Versicherungen eines Sachverständigen (Anlage AST 1), einer Providerauskunft der Deutschen Telekom (AST 3) sowie hinsichtlich ihrer Berechtigung mit einer eidestattlichen Versicherung des (AST 5) glaubhaft.

Der Verfügungsgrund nach §§ 917, 936 ZPO ist gegeben, denn die Antragsstellerin hat die Eilbedürftigkeit nicht etwa durch ein zu langes Zuwarten ab der nach der glaubhaft gemachten Ersterkenntnis vom Verstoß der Antragsgegnerin selbst widerlegt. Sie ließ vielmehr nach dieser Ersterkenntnis vom 03.01.2008 am 10.01.2008 die Antragsgegnerin zunächst abmahnen.

Der nach §§ 916, 936 ZPO geltend gemachte, auf Unterlassung gerichtete Verfügungsanspruch ist auf Grund von §§ 97 Abs. Satz 1, 16, 17, 19a i.V.m. §§ 85 Abs. 1 und 78 Abs. 1 UrhG begründet.

Die Antragsstellerin hat glaubhaft gemacht, dass sie Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an der streitgegenständlichen Aufnahme ist. Die Wiederholungsgefahr ist durch den Erstverstoß indiziert und durch die Antragsgegnerin etwa durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, auch nicht ausgeräumt.

Schließlich ist die Antragsgegnerin auch verpflichtet für die unter Nutzung ihres Anschlusses begangene Urheberrechtsverletzungen nach den Regeln der Störerhaftung einzustehen. Die Kammer schließt sich insoweit der Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Az.: I-20 W 157/07, Beschluss vom 27.12.2007 = MIR 2008, Dok. 056) und des Hanseatischen Oberlandesgerichts (Az.: 5 W 152/06, Beschluss vom 11.10.2006) an. Störer ist nämlich, wer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat – kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beigetragen und zumutbare Sicherungsmaßnahmen unterlassen hat (BGHZ 158, 236, 251 – Internet-Versteigerung I). Hierfür genügt es, dass die Antragsgegnerin willentlich einen Internetzugang geschaffen hat, der objektiv für Dritte, nach ihren Ausführungen für ihre Kinder und deren Freunde, nutzbar war. Ohne die von der Antragsgegnerin geschaffene Internetzugangsmöglichkeit wäre die Rechtsverletzung unterblieben, so dass eine Kausalität zu bejahen ist. Zumutbare Sicherungsmaßnahmen hat die Antragsgegnerin dagegen unterlassen. Gerechtfertigt ist es, zumindest die Sicherungsmaßnahmen zu verlangen, die eine Standardsoftware erlaubt.

Ein Verschulden ist für das Bestehen des Unterlassungsanspruchs tatbestandlich nicht erforderlich. Entgegen der Auffassung des OLG Frankfurt (Az.: 11 W 58/07, Beschluss vom 20.12.2007) ist für eine Prüfungspflicht hinsichtlich der Computernutzung seitens der Antragsgegnerin nicht zusätzlich erforderlich, dass Anhaltspunkte für eine bereits früher begangene Verletzungshandlung von ihrem Internetzugang aus vorliegen. Eine derartige Einschränkung der Störerhaftung ist jedenfalls für die vorliegende Konstellation der Urheberrechtsverletzung in Filesharing-Systemen („Tauschbörsen“) nicht zu machen, da die Verwirklichung dieser Gefahr nahe liegend ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 48, 63 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Dabei geht die Kammer von einem Hauptsachestreitwert in Höhe von 20.000,00 EUR aus und legt im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes einen Bruchteil (1/2) zu Grunde. Diese Einschätzung orientiert sich an der sachnäheren Einschätzung seitens der Antragsstellerin.

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