Flughafen-Beihilfen für Ryanair sind neu zu verhandeln
Amtlicher Leitsatz:
a) Das beihilferechtliche Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 AEUV ist zugunsten der Wettbewerber des Beihilfeempfängers Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.
b) Nimmt ein Wettbewerber den Beihilfeempfänger erfolgreich auf Rückforderung einer unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot gewährten Beihilfe in Anspruch, so kann es dem Beihilfeempfänger versagt sein, sich auf eine inzwischen eingetretene Verjährung des Rückforderungsanspruchs zu berufen, wenn der Beihilfegeber aufgrund des von dem Wettbewerber erwirkten Urteils die Rückzahlung der Beihilfe begehrt.
c) Art. 108 Abs. 3 AEUV ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG
d) Kann die Rückforderung einer unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot gewährten Beihilfe nicht nur nach allgemeinem Deliktsrecht, sondern auch wettbewerbsrechtlich begründet werden, findet die kurze Verjährung des § 11 UWG auf die Abwehr-und Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV keine Anwendung.
Bundesgerichtshof
Urteil vom 10.02.2011
Az.: I ZR 136/09
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. November 2010 durch den Vorsitzenden und die Richter
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 25. Februar 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte betreibt den Verkehrsflughafen Frankfurt-Hahn. Gesellschafter der Beklagten sind zu 65% die Fraport AG und zu jeweils 17,5% die Länder Rheinland-Pfalz und Hessen. An der börsennotierten Fraport AG sind mehrheitlich die Bundesrepublik Deutschland, das Land Hessen und die Stadt Frankfurt beteiligt. Entgegen ursprünglichen Prognosen führte der Betrieb des Flughafens Frankfurt-Hahn auch über das Jahr 2006 hinaus zu jährlichen Verlusten der Beklagten in Höhe von mehreren Millionen Euro, die bislang aufgrund von Ergebnisabführungsverträgen die Fraport AG trug.
Ein ganz wesentlicher Teil des Passagieraufkommens auf dem Flughafen Frankfurt-Hahn entfällt auf die Ryanair Ltd. Aufgrund der Entgeltordnungen der Beklagten von 2001 und 2006 hatte Ryanair je Passagier ein Entgelt zu zahlen, das sich ab einer Gesamtpassagierzahl von drei Millionen ermäßigte. Ryanair wurden weder Start-, Lande- und Anflugentgelte noch ein Entgelt für die Nutzung der zentralen Infrastruktureinrichtung berechnet, weil ausschließlich Flugzeuge genutzt wurden, die entsprechende Ermäßigungstatbestände der Entgeltordnung erfüllten. Die Beklagte gewährte Ryanair zudem jährliche Zahlungen als "Marketing-Support".
Mit Schreiben vom 17. Juni 2008 eröffnete die EU-Kommission ein förmliches Prüfverfahren zu möglichen staatlichen Beihilfen zugunsten der Beklagten und Ryanair (ABl EU 2009 Nr. C 12 S. 6).
Die Klägerin, die Deutsche Lufthansa AG, hat behauptet, Ryanair habe ein zu niedriges Entgelt zu zahlen, das zwangsläufig zu Verlusten der Beklagten führe. Der "Marketing-Support" werde ohne nennenswerte Gegenleistung gewährt. Es sei auf Dauer nicht absehbar, dass die Beklagte Gewinne erzielen werde. Die Klägerin ist der Ansicht, dass deshalb unzulässige staatliche Beihilfen an Ryanair vorlägen. Im Hinblick darauf macht die Klägerin Ansprüche unmittelbar aus einem Verstoß gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV, aus dieser Vorschrift in Verbindung mit § 823 Abs. 2, § 1004 BGB sowie aus § 33 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GWB in Verbindung mit europäischem Kartellrecht und §§ 19, 20 GWB geltend.
Die Klägerin hat die Beklagte im Wege der Stufenklage in Anspruch genommen. Sie hat zuletzt von der Beklagten begehrt,
Auskunft über die an Ryanair in den Jahren 2002 bis 2005 geleistete "Marketingförderung" in Form von Einmalzahlungen für neu eingerichtete Strecken sowie von Ermäßigungen der Flughafenentgelte zu erteilen und
diese Beihilfen (hilfsweise: Marketingförderung) in einer nach Erteilung der Auskunft zu bestimmenden Höhe zurückzufordern.
Außerdem hat sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
Beihilfen aus der Reduzierung von Flughafenentgelten (hilfsweise: nicht erhobene Flughafenentgelte) in Höhe von 2,679 Mio. € für das Jahr 2003 zurückzufordern und
es zu unterlassen, in Zukunft staatliche Beihilfen (insbesondere in Form der Start- und Landeentgelte für Passagierflüge nach der Entgeltordnung von 2006) an die Ryanair Ltd. zu gewähren, ohne dass diese zuvor nach Art. 88 Abs. 3 EG (jetzt Art. 108 Abs. 3 AEUV)
– bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften angemeldet und
– von dieser genehmigt wurden.
Für den Fall, dass der Unterlassungsantrag keinen Erfolg hat, hat die Klägerin zwei Hilfsanträge gestellt, in denen sie ihren Anspruch konkret auf Vergünstigungen nach der Entgeltordnung 2006 beschränkt (erster Hilfsantrag) und die beanstandeten Leistungen nicht als Beihilfe, sondern als Begünstigung bezeichnet hat (zweiter Hilfsantrag).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben (OLG Koblenz, OLG-Rep 2009, 491). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig, aber unbegründet gehalten. Der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche weder unmittelbar aus dem Durchführungsverbot (jetzt Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV) zu noch aus §§ 242, 823 Abs. 2, § 1004 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV. Bei den genannten beihilferechtlichen Vorschriften handele es sich insbesondere nicht um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Auch liege kein Verstoß gegen Kartellrecht vor. Ein solcher setze voraus, dass eine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausgenutzt werde. Eine solche komme der Beklagten angesichts der in Reichweite befindlichen Flughäfen in Frankfurt und Köln aber nicht zu. Zudem habe die Klägerin den Flughafen Hahn zu den gleichen Konditionen wie Ryanair nutzen können.
B. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der Klage im Wesentlichen zu Recht bejaht.
Soweit die Klägerin die Unterlassung der Gewährung "staatlicher Beihilfen" begehrt (Antrag zu 5), ist ihr Antrag allerdings nicht hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Gebrauch eines allgemeinen Begriffs kann zwar genügen, wenn im Einzelfall über seinen Sinngehalt kein Zweifel besteht. Anders liegt es aber dann, wenn die Bedeutung von Begriffen oder Bezeichnungen zwischen den Parteien streitig ist. In solchen Fällen würden, wenn Sinngehalt und Bedeutung der verwendeten Begriffe offenbleiben, Inhalt und Umfang des begehrten bzw. des erkannten Verbots nicht eindeutig feststehen (BGH, Urteil vom 9. April 1992 – I ZR 171/90, GRUR 1992, 561 – Unbestimmter Unterlassungsantrag II; Urteil vom 4. Oktober 2007 – I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 Rn. 13 = WRP 2008, 98 – Versandkosten). Das ist vorliegend der Fall, da die Beklagte der Auffassung ist, dass ihre beanstandeten Maßnahmen keine staatlichen Beihilfen sind. Die Unbestimmtheit des Klageantrags ist im Revisionsverfahren auch von Amts wegen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 11. Mai 2000 – I ZR 28/98, BGHZ 144, 255, 263 – Abgasemissionen).
Der Antrag enthält allerdings als Minus die konkret beanstandete Verletzungsform (BGH, Urteil vom 30. April 2008 – I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 36 = WRP 2008, 1104 – Internet-Versteigerung III, mwN). Die Klägerin hat den Antrag durch Bezugnahme auf die "Start- und Landeentgelte für Passagierflüge nach der Entgeltordnung von 2006" hinreichend konkretisiert. Art und Umfang der von der Klägerin insoweit beanstandeten Begünstigung von Ryanair lassen sich der Entgeltordnung konkret entnehmen.
II. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet, weil sich die Klägerin weder unmittelbar noch in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB auf Art. 107, 108 AEUV als Anspruchsgrundlage stützen könne und ihr auch keine kartellrechtlichen Ansprüche zustünden. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen lässt sich jedenfalls ein deliktsrechtlicher Anspruch der Klägerin (§ 823 Abs. 2 BGB, § 1004 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV) nicht ausschließen. Unter diesen Umständen bedarf es keiner Erörterung der Frage, ob auch die Art. 107, 108 AEUV Ansprüche von Wettbewerbern gegen vermeintliche Beihilfegeber unmittelbar begründen können.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, das beihilferechtliche Durchführungsverbot sei kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Es sei
nicht dazu bestimmt, dem Wettbewerber des Beihilfeempfängers ein subjektives Recht gegenüber dem Beihilfegeber zu vermitteln, sondern bezwecke allein den objektiven Schutz des Binnenmarktes. Zwar seien durch die Beihilfe auch die Interessen des Wettbewerbers betroffen; das genüge aber nicht für die Annahme eines Schutzgesetzes. Für den Wettbewerber reiche es aus, ein Verletzungsverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. 93 des Vertrags; ABl. 1999 Nr. L 83, S. 1 – nachfolgend: VO 659/99 – bei der Europäischen Kommission einleiten zu können. Gemäß Art. 14 Abs. 1 VO 659/99 müsse die Kommission nach einer Negativentscheidung anordnen, dass der betreffende Mitgliedstaat die Beihilfe nach Maßgabe seines nationalen Rechts – in Deutschland: §§ 134, 812 BGB – zurückzufordern habe. Das Unionsrecht verlange jedoch nicht, Wettbewerbern zusätzlich ein Recht zur unmittelbaren Durchsetzung der Rückforderung gegenüber Beihilfegeber oder Beihilfeempfänger zu gewähren. Dem unionsrechtlichen Effizienzgebot werde zudem dadurch Rechnung getragen, dass nach Art. 11 VO 659/99 die Beihilfemaßnahme ausgesetzt oder eine einstweilige Rückforderung angeordnet werden könne. Außerdem gelte es, widersprüchliche Entscheidungen zwischen dem nationalen Gericht und der Europäischen Kommission zu vermeiden; letztere habe nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abschließend darüber zu entscheiden, ob eine staatliche Beihilfe vorliege und ob diese gegebenenfalls mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. Schließlich folge weder daraus, dass der Bundesgerichtshof Art. 108 Abs. 3 AEUV als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB anerkannt habe, noch aus der unmittelbaren Anwendbarkeit des Durchführungsverbots dessen Eigenschaft als Schutzgesetz.
2. Diese Erwägungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB kommt auch unmittelbar anwendbares Unionsrecht in Betracht (Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl., § 823 Rn. 56a mwN; für Art. 101 AEUV BGH, Urteil vom 12. Mai 1998 – KZR 23/96, GRUR 1999, 276, 277 = WRP 1999, 101 – Depotkosmetik). Anders als das Beihilfeverbot des Art. 107 AEUV, dessen Anwendung der Kommission vorbehalten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 21. November 1991 – C-354/90, Slg. 1991, I-5505 = NJW 1993, 49 Rn. 8 f. – FNCE), hat das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV unmittelbare Geltung. Es begründet Rechte der Einzelnen, die von den nationalen Gerichten zu beachten sind. Von dieser unmittelbaren Verbotswirkung betroffen ist jede Beihilfemaßnahme, die durchgeführt wird, ohne dass sie der Kommission angezeigt worden ist (EuGH, Urteil vom 12. Dezember 1973 – C-120/73, Slg. 1973, 1471 Rn. 7 f. – Lorenz, mwN).
b) Eine Rechtsnorm ist Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, wenn sie nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt, Zweck und Entstehungsgeschichte des Gesetzes und damit darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt hat. Dafür genügt, dass die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits soll der Kreis der Schutzgesetze nicht zu sehr erweitert werden. Es reicht deshalb nicht aus, dass der Individualschutz als Reflex einer Befolgung der Norm objektiv erreicht werden kann; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen. Für die Beurteilung, ob einer Vorschrift Schutzgesetzcharakter zukommt, ist in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs der Norm auch zu prüfen, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB zu knüpfen (BGH, Urteil vom 18. November 2003 – VI ZR 385/02, NJW 2004, 356, 357; Urteil vom 16. März 2004 – VI ZR 105/03, NJW 2004, 1949 mwN; Urteil vom 28. März 2006 – VI ZR 50/05, NJW 2006, 2110, 2112 mwN).
Die Vorschrift des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV erfüllt diese Voraussetzungen (vgl. Steindorff, Festschrift Mestmäcker, 1996, S. 510; Koenig, BB 2000, 573, 577; Tilmann/Schreibauer, GRUR 2002, 212, 221; Schmidt-Kötters in Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilfenrechts, 2003, § 58 Rn. 30; Pütz, Das Beihilfeverbot des Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG-Vertrag, 2003, S. 227; Blume, Staatliche Beihilfen in der EG, 2004, S. 165; Gundel, EWS 2008, 161, 165; von Brevern/Gießelmann, EWS 2008, 470, 471; Martin-Ehlers/Strohmayr, EuZW 2008, 745, 748; Palandt/Sprau aaO § 823 Rn. 61; aA OLG München, GRUR 2004, 169, 170). Die Beihilferegeln der Union richten sich nach ihrem Wortlaut zwar nur an die Mitgliedstaaten. Das Durchführungsverbot hat nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aber gerade die Funktion, die Interessen derjenigen zu schützen, die von der Wettbewerbsverzerrung betroffen sind, die durch die Gewährung der – schon allein wegen Verletzung des Durchführungsverbots – rechtswidrigen Beihilfe hervorgerufen wurde (EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2006 – C-368/04, Slg. 2006, I-9957 = EuZW 2006, 65 Rn. 46 – Transalpine Ölleitung, mwN; Urteil vom 12. Februar 2008 – C-199/06, Slg. 2008, I-469 = EuZW 2008, 145 Rn. 38 – CELF I; vgl. Cremer in Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl., § 88 EGV Rn. 12, 26; v. Wallenberg in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 88 EGV Rn. 101 (Stand: Januar 2000). Es soll verhindern, dass durch unangemeldete Beihilfen Benachteiligungen im Wettbewerb entstehen, die sanktionslos bleiben (vgl. Schmidt-Kötters in Heidenhain aaO).
Die Gerichte der Mitgliedstaaten haben die Rechte der Einzelnen gegen eine Verletzung des Durchführungsverbots zu schützen (EuGH, Urteil vom 16. Dezember 1992 – C-144/91, Slg. 1992, I-6613 Rn. 26 – Demoor; Urteil vom 11. Juli 1996 – C-39/94, Slg. 1996, I-3547 = EuZW 1996, 564 Rn. 44 – SFEI). In einem Vorabentscheidungsverfahren, dem eine auf einen Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV gestützte Konkurrentenklage zugrunde lag, hat der Gerichtshof dementsprechend das nationale Gericht für verpflichtet gehalten, einen Schutz gegen die Auswirkungen der rechtswidrigen Durchführung von Beihilfen sicherzustellen (EuGH, EuZW 1996, 564 Rn. 67 – SFEI). Dafür ist nicht Voraussetzung, dass die Kommission die Unvereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt festgestellt hat (vgl. EuGH, Slg. 1992, I-6613 Rn. 26 f. – Demoor).
Auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV eine die Wettbewerber des Beihilfeempfängers individuell schützende Funktion zu (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2003 – V ZR 314/02, EuZW 2003, 444, 445; Urteil vom 20. Januar 2004 – XI ZR 53/03, EuZW 2004, 252, 253; Urteil vom 5. Juli 2007 – IX ZR 256/06, BGHZ 173, 129 Rn. 34; so auch zur Klagebefugnis im Verwaltungsgerichtsprozess OVG Koblenz, EuZW 2010, 274, 275).
c) Einer Anerkennung des Art. 108 Abs. 3 AEUV als Schutzgesetz lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eine entsprechende Anspruchsgrundlage im nationalen Recht voraussetzt. Die nationalen Gerichte sind verpflichtet, entsprechend ihrem nationalen Recht aus einer Verletzung des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV sämtliche Folgerungen sowohl bezüglich der Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der Beihilfemaßnahmen als auch bezüglich der Rückforderung der finanziellen Unterstützungen zu ziehen, die unter Verletzung dieser Bestimmung gewährt wurden (EuGH, EuZW 2008, 145 Rn. 41 – CELF I, mwN). Sie müssen grundsätzlich einer Klage auf Rückzahlung von unter Verstoß gegen diese Vorschrift gezahlten Beihilfen stattgeben (vgl. insbesondere EuGH, EuZW 1996, 564 Rn. 70 – SFEI; EuZW 2008, 145 Rn. 39 – CELF I). Jede ande-re Auslegung würde die Missachtung des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV durch den betreffenden Mitgliedstaat begünstigen und der Vorschrift ihre praktische Wirksamkeit nehmen (vgl. EuGH, NJW 1993, 49 Rn. 16 – FNCE; EuZW 2008, 145 Rn. 40 – CELF I).
Soweit der Gerichtshof ausführt, die Erstattung der Beihilfe habe unter Beachtung der innerstaatlichen Verfahrensvorschriften bzw. entsprechend dem nationalen Recht zu erfolgen (EuGH, NJW 1993, 49 Rn. 12 – FNCE; EuZW 1996, 564 Rn. 68 – SFEI), bedeutet dies allein, dass das Unionsrecht keine Vorschriften über die verfahrensrechtliche Durchsetzung des Rückforderungsrechts enthält. Das ändert indes nichts an der unionsrechtlichen Verpflichtung der mitgliedstaatlichen Gerichte, ihr nationales Recht unionsrechtskonform in einer Weise anzuwenden, die auch den Konkurrenten des Beihilfeempfängers ermöglicht, den wegen einer Verletzung des Durchführungsverbots bestehenden Rückzahlungsanspruch durchzusetzen (vgl. Brandtner/Beranger/Lessenich, EStAL 2010, 23, 25). Die dafür erforderliche Vorschrift stellt das deutsche Recht mit § 823 Abs. 2 BGB, im Übrigen aber auch mit der Vorschrift des § 4 Nr. 11 UWG bereit.
d) Das Ergebnis, das beihilferechtliche Durchführungsverbot als Schutzgesetz anzuwenden, wird durch den unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz bestätigt. Danach dürfen die Mitgliedstaaten die Ausübung der Rechte, die das Unionsrecht den von einer Wettbewerbsverzerrung betroffenen Unternehmen bei Verstößen gegen das Durchführungsverbot gewährt, weder praktisch unmöglich machen noch übermäßig erschweren (vgl. EuGH, EuZW 2006, 65 Rn. 44 f. – Transalpine Ölleitung, mwN; Sutter, EuZW 2006, 729, 730; siehe auch Bekanntmachung der Kommission über die Durchsetzung des Beihilfenrechts durch die einzelstaatlichen Gerichte, ABl. EU 2009 Nr. C 85, 5.1, Rn. 22).
Zwar ist es allein Aufgabe der Kommission, gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nach Art. 107 AEUV festzustellen (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2003 – C-261/01, Slg. 2003, I-12249 = EuZW 2004, 87 Rn. 75 – van Calster, mwN). Im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot obliegt es aber den nationalen Gerichten, den Begriff der Beihilfe auszulegen, solange die Kommission keine verfahrensabschließende Entscheidung nach Art. 108 Abs. 2 AEUV getroffen hat (vgl. EuGH, NJW 1993, 49 Rn. 10 – FNCE).
Nach Unionsrecht müssen die in den Schutzzweck des Durchführungsverbots einbezogenen Wettbewerber des Beihilfeempfängers zur Einleitung einer solchen Prüfung befugt sein. Andernfalls wäre im Hinblick auf die beihilfetypische Interessenlage der Beteiligten der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz verletzt, weil Verstöße gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV regelmäßig sanktionslos blieben. Denn die Kommission darf nicht schon deshalb eine abschließende Rückforderungsentscheidung erlassen, weil die Beihilfe unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV gewährt wurde (EuGH, Urteil vom 14. Dezember 1990 – C-301/87, Slg. 1990, I-307 = EuZW 1990, 164 Rn. 19 f. – Boussac). Auch Beihilfeempfänger, Beihilfegeber und von der Beihilfe nicht betroffene Wirtschaftsteilnehmer haben in der Regel kein eigenes Interesse, über die Einhaltung des Durchführungsverbots zu wachen. Demgegenüber können die wirtschaftlichen Interessen von Wettbewerbern schwer beeinträchtigt werden, wenn sie sich am Markt gegen Beihilfeempfänger behaupten müssen. Es werden somit in erster Linie Wettbewerber bereit sein, das Verbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV durchzusetzen (vgl. Soltész, EuZW 2001, 202, 204; Lampert, EWS 2001, 357). Damit wäre es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht zu vereinbaren, die Eigenschaft als Schutzgesetz mit der Begründung abzulehnen, dass das Durchführungsverbot nicht ausdrücklich die Wettbewerber schützt.
e) Die Anerkennung des Durchführungsverbots als Schutzgesetz kann auch nicht mit der Erwägung verneint werden, den Konkurrenten des Beihilfeempfängers seien bereits anderweitig ausreichende Rechtsschutzmöglichkeiten eingeräumt (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1994 – II ZR 16/93, BGHZ 125, 366, 374). Die den Wettbewerbern durch Art. 20 VO 659/99 gewährten Rechte gewährleisten keinen den Anforderungen des Gerichtshofs der Europäischen Union entsprechenden Schutz gegen eine Verletzung des Durchführungsverbots.
Gegenstand des förmlichen Beihilfeprüfverfahrens der Kommission ist die materielle Beurteilung, ob es sich bei der fraglichen Maßnahme überhaupt um eine Beihilfe handelt und ob diese gegebenenfalls mit dem Binnenmarkt vereinbar ist (vgl. Art. 7 VO 659/99). Der unzulässige Wettbewerbsvorteil, der – unabhängig von dem Ergebnis der materiellen Beurteilung – schon in der Nutzung einer nicht genehmigten Beihilfe liegt, wird von der Kommission regelmäßig nicht abgeschöpft. Die Anordnung einer vorläufigen Aussetzung der Beihilfe nach Art. 11 Abs. 1 VO 659/99 beseitigt die in der Vergangenheit durch Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV erlangten Vorteile nicht. Zwar sieht Art. 11 Abs. 2 VO 659/99 die Möglichkeit einer vorläufigen Rückforderung von Beihilfen vor. Sie ist aber an enge Voraussetzungen gebunden und nur zulässig, wenn der Beihilfecharakter der Maßnahme nach geltender Praxis eindeutig und ein Tätigwerden dringend geboten ist; zudem muss ein erheblicher und nicht wie-dergutzumachender Schaden für einen Konkurrenten ernsthaft zu befürchten sein. Damit ist dem Konkurrenten auf Unionsebene bei Verletzung des Durchführungsverbots kein subjektives Recht gewährt, das den Anforderungen des Gerichtshofs der Europäischen Union genügt und den auf §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB oder auch auf §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1, § 9 UWG gestützten Ansprüchen auf Beseitigung, Unterlassung oder Schadenersatz entspricht.
f) Auch eine Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen der deutschen Gerichte und der Kommission steht einer Einordnung des Durchführungsverbots als Schutzgesetz nicht entgegen.
Liegt tatsächlich eine nicht angemeldete Beihilfe vor, ist die Rückforderungsentscheidung unabhängig davon rechtmäßig, ob die Kommission später die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt feststellt. Grundsätzlich denkbar ist allerdings eine unterschiedliche Beurteilung des Beihilfecharakters einer Maßnahme durch die nationalen Gerichte und die Kommission. Verneint das Gericht eine Beihilfe, wird sie aber später von der Kommission bejaht, so ist eine Rückforderungsentscheidung wegen Verstoßes gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV zu Unrecht unterblieben. Im umgekehrten Fall – das nationale Gericht nimmt eine Beihilfe an, die Kommission verneint sie später – wäre eine rechtswidrige Rückforderungsentscheidung ergangen. Diese Möglichkeiten unterschiedlicher Beurteilung sind allerdings Folge der Aufgabenverteilung, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten und der Kommission besteht (vgl. EuGH, EuZW 2006, 65 Rn. 37 f. – Transalpine Ölleitung), und die deshalb grundsätzlich hinzunehmen ist. Die Gerichte können zudem die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen mindern, indem sie eine Stellungnahme der Kommission zu Fragen über die Anwendung der Beihilfevorschriften einholen (vgl. Bekanntmachung der Kommission über die Durchsetzung des Beihilfenrechts durch die einzelstaatlichen Gerichte, aaO Rn. 89 ff.). Diese Stellungnahme bindet das Gericht selbstverständlich nicht. Sie gibt aber Aufschluss über die Haltung, die die Kommission zu der Beihilfefrage einnimmt, und macht damit gegebenenfalls das Risiko widersprüchlicher Entscheidungen deutlich.
Im Übrigen wird davon auszugehen sein, dass die Gefahr einer unterschiedlichen Beurteilung des Beihilfecharakters nur in ernsthaft zweifelhaften Fällen bestehen wird. In einem solchen Fall kann der mögliche Beihilfegeber die Maßnahme von sich aus oder auf Veranlassung des möglichen Beihilfeempfängers vorsorglich anmelden, um schon im Vorprüfverfahren die Feststellung der Kommission zu erhalten, dass es sich um keine Beihilfe handelt (vgl. Art. 4 Abs. 2 VO 659/99).
g) Rechtssystematische Gründe sprechen ebenfalls für eine Anerkennung des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV als Schutzgesetz (vgl. Tilmann/Schreibauer, GRUR 2002, 212, 221).
Das Beihilferecht ist Teil des Wettbewerbsrechts der Union. Die Art. 107, 108 AEUV dienen dazu, staatliche Wettbewerbsverfälschungen durch Beihilfen abzuwehren. Sie finden sich unmittelbar nach den gegen Wettbewerbsbeschränkungen durch Unternehmen gerichteten Art. 101, 102 AEUV in den Wettbewerbsregeln im Titel VII Kapitel 1 des Vertrags. Die Wettbewerbsregeln dienen insgesamt dazu, das System unverfälschten Wettbewerbs zu konkretisieren, das notwendiges Element des Binnenmarkts der Union ist (vgl. früher Art. 3 Buchst. g EG und nunmehr Art. 2 AEUV in Verbindung mit dem Protokoll über den Binnenmarkt und den Wettbewerb). An der Verbindlichkeit des Wettbewerbsprinzips für die Union hat sich nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon nichts geändert (vgl. Behrens, EuZW 2008, 193). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Art. 101, 102 AEUV Schutzgesetze. Ansprüche wegen der Verletzung dieser Vorschriften durch Wettbewerbsbeschränkungen von Unternehmen konnten bis zur Einbeziehung der Art. 101, 102 AEUV in die spezialgesetzliche Anspruchsgrundlage des § 33 Abs. 1 GWB auf § 823 Abs. 2 BGB gestützt werden (vgl. BGH, GRUR 1999, 276, 277 – Depotkosmetik). Danach spricht viel dafür, dass auch der gegen staatliche Eingriffe in den Wettbewerb gerichtete und als unmittelbar anwendbares Verbot ausgestaltete Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV Schutzgesetz ist. Aus der Sicht der von der Wettbewerbsverfälschung betroffenen Unternehmen besteht in beiden Fällen kein Unterschied.
h) Es ist nicht zu befürchten, dass durch die Anerkennung des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV als Schutzgesetz der Kreis der Schutzgesetze in bedenklicher Weise erweitert wird. Sie führt vielmehr nur zu einer Gleichstellung dieser unmittelbar anwendbaren Norm des unionsrechtlichen Beihilferechts mit den unmittelbar geltenden Vorschriften des Kartellrechts der Union. Damit ist eine erweiterte Anerkennung von Schutzgesetzen außerhalb der Wettbewerbsvorschriften der Union weder verbunden noch angelegt.
Ebenso wenig sind unübersehbare Haftungsfolgen zu befürchten. Die wirtschaftlichen Wirkungen einer Beihilfe auf Wettbewerber werden für Beihilfegeber wie Beihilfeempfänger regelmäßig ebenso absehbar sein wie der Kreis gegebenenfalls klagebefugter Konkurrenten.
i) Die Klägerin gehört im Streitfall zu dem durch § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV geschützten Personenkreis. Sie fliegt die Flughäfen Frankfurt/Main sowie Köln/Bonn an, die im Einzugsbereich des Flughafens Frankfurt-Hahn liegen. Sie gehört damit als Wettbewerberin von Ryanair zum Kreis der von der – hier zu unterstellenden – Beihilfe Betroffenen
(aA OLG Brandenburg, Urteil vom 21. Juli 2009 – Kart U 1/07, juris Rn. 109 f.). Es kommt unter diesen Umständen nicht mehr darauf an, ob sich die Klägerin auch für eine Nutzung des Flughafens der Beklagten interessiert.
3. Die Abweisung der Klage erweist sich nach den bisherigen Feststellungen auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend.
a) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass Rückforderungsansprüche gegen Ryanair für die Jahre 2002 bis 2005 verjährt seien und nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden könnten.
aa) Der etwaige Rückforderungsanspruch der Beklagten gegen Ryanair beruht auf einer Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB) und verjährt daher nach § 195 BGB. Der Vertrag, auf dessen Grundlage eine Beihilfe unter Verletzung des beihilferechtlichen Durchführungsverbots (Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV) gewährt wird, verstößt gegen ein gesetzliches Verbot und ist daher nach § 134 BGB nichtig (BGH, EuZW 2004, 252, 253; BGHZ 173, 129 Rn. 34 ff.).
bb) Es ist davon auszugehen, dass die dreijährige Verjährungsfrist für die mit der Klage verfolgten, die Jahre 2002 bis 2005 betreffenden (etwaigen) Rückforderungsansprüche der Beklagten gegenüber Ryanair bereits abgelaufen ist. Der Beginn der regelmäßigen Verjährung bestimmt sich nach § 199 Abs. 1 BGB. Ein Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch verfolgt, hat Kenntnis von den Umständen, die diesen Anspruch begründen, wenn er von der Leistung und von den Tatsachen weiß, aus denen das Fehlen des Rechtsgrundes folgt. Nicht erforderlich ist, dass der Gläubiger auch den Schluss auf die Unwirksamkeit des Vertrags und das Fehlen des Rechtsgrunds gezogen hat (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2008 – XI ZR 160/07, BGHZ 175, 161 Rn. 26).
Danach begann die Verjährung regelmäßig schon mit der Auszahlung der Beihilfe. Verjährungsunterbrechende Handlungen der Beklagten gegenüber Ryanair sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Verjährungsfrist für etwaige Rückforderungsansprüche der Beklagten aus bis Ende 2005 gewährten Beihilfen wäre somit spätestens Ende 2008 abgelaufen.
cc) Ryanair ist es aber nach § 242 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV versagt, sich auf eine zwischenzeitlich eingetretene Verjährung des Rückforderungsanspruchs zu berufen. Das folgt aus dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz.
Die nationalen Gerichte sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verpflichtet, sämtliche Folgerungen bezüglich der Rückforderung der finanziellen Unterstützungen, die unter Verletzung des Durchführungsverbots gewährt wurden, zu ziehen (EuGH, NJW 1993, 49 Rn. 12 – FNCE; EuZW 2006, 65 Rn. 47 – Transalpine Ölleitung; EuZW 2008, 145 Rn. 41 – CELF I). Jede andere Auslegung würde die Missachtung dieser Vorschrift durch den betreffenden Mitgliedstaat begünstigen und ihr die praktische Wirksamkeit nehmen (EuGH, NJW 1993, 49 Rn. 16 – FNCE; EuZW 2008, 145 Rn. 40 – CELF I). Dabei darf die Ausübung der von der Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte durch die nationalen Gerichte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden (Effektivitätsgrundsatz; vgl. EuGH, EuZW 2006, 65 Rn. 45 – Transalpine Ölleitung, mwN). Dem widerspräche es, wenn im Hinblick auf den Rückforderungsanspruch kurze nationale Verjährungsfristen eingreifen würden. Denn die beihilfegewährenden Stellen können möglicherweise erst durch ein rechtskräftiges Urteil zur Rückforderung angehalten werden (vgl. EuGH, Urteil vom 20. März 1997 – C-24/95, Slg. 1997, I-1591 = NJW 1998, 47 Rn. 37 – Alcan). Ein solches Urteil wird sich häufig nicht innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) erstreiten lassen.
Diese Situation unterscheidet sich maßgeblich von dem Fall, in dem ein Wirtschaftsteilnehmer nicht weiß, ob die zuständige Behörde Rückforderung verlangen wird, und in dem die Rechtssicherheit verlangt, dass diese Ungewissheit nach Ablauf einer bestimmten Frist beendet wird (vgl. EuGH, NJW 1998, 47 Rn. 35 – Alcan). Denn Ryanair hätte sich als sorgfältiger Wirt-schaftsteilnehmer darüber informieren müssen, ob die Zuwendungen, deren Charakter als Beihilfen hier zu unterstellen ist, bei der Kommission angemeldet und genehmigt worden waren.
Andererseits folgt aus dem unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit, dass es auch im Hinblick auf die effiziente Durchsetzung des Beihilferechts nicht geboten ist, Beihilfeempfänger zeitlich unbegrenzt aufgrund von gegen die Beihilfegeber gerichteten Konkurrentenklagen in Anspruch nehmen zu können. Es ist deshalb zu verlangen, dass die Klage auf Rückforderung gegen den Beihilfegeber innerhalb der Verjährungsfrist erhoben und vom Kläger nicht verzögert wird. Ist dies der Fall, muss dem Beihilfegeber nach Rechtskraft des ihn zur Rückforderung verpflichtenden Urteils eine angemessene Frist eingeräumt werden, die Rückforderungsklage gegen den Beihilfeempfänger zu erheben. Dabei könnte eine analoge Anwendung der Dreimonatsfrist in § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB in Betracht kommen. Erfolgt die Klage danach rechtzeitig, ist es dem Beihilfeempfänger nach § 242 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV versagt, sich auf eine zwischenzeitlich eingetretene Verjährung des Rückforderungsanspruchs zu berufen.
Auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist nicht ersichtlich, dass die möglichen Rückforderungsansprüche der Beklagten gegen Ryanair nach diesen Grundsätzen verjährt sein könnten.
b) Der Beseitigungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist ebenfalls nicht verjährt.
aa) Die Verjährungsfrist für den auf §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV gestützten Beseitigungsanspruch beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Die kurze Verjährung des § 11 UWG findet keine Anwendung.
(1) Allerdings kann die Klägerin, wenn ihr ein deliktsrechtlicher Beseitigungsanspruch zusteht, ihre Klage auch auf eine unlautere geschäftliche Handlung der Beklagten stützen (§§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV).
(a) Die Klägerin ist als Wettbewerberin von Ryanair aktivlegitimiert im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Bei der Förderung fremden Wettbewerbs, die hier in Rede steht, kommt es auf das Wettbewerbsverhältnis zwischen dem geförderten und dem benachteiligten Unternehmen an (BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 – I ZR 12/95, GRUR 1997, 907, 908 = WRP 1997, 843 – Emil-Grünbär-Club, mwN).
(b) Die von der Klägerin beanstandeten Leistungen und Zahlungen zugunsten von Ryanair sind "geschäftliche Handlungen" nach § 2 Nr. 1 UWG 2008. Sie hängen objektiv mit Abschluss und Durchführung der Vereinbarung zwischen Ryanair und der Beklagten über die Benutzung des Flughafens der Beklagten zusammen.
(c) Das beihilferechtliche Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV ist auch eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (vgl. Steindorff, Festschrift Mestmäcker, 1996, S. 497, 510; Koenig/Kühling/ Ritter, EG-Beihilfenrecht, 2. Aufl., Rn. 431; Nordmann, Die negative Konkurrentenklage im EG-Beihilferecht vor europäischen und deutschen Gerichten, 2002, S. 229; Pütz, Das Beihilfeverbot des Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG-Vertrag, 2003, S. 225, 227; Haslinger, WRP 2007, 1412, 1417; ebenso österr. OGH, Entscheidung vom 19. Januar 2010 – 4 Ob 154/09i; aA OLG München, GRUR 2004, 169, 170; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 4 UWG Rn. 13.59; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 65; Teplitzky, WRP 2003, 173, 180 f.; Mees, Festschrift Erdmann, 2002, S. 657, 666 f.). Wie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt, die im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Eigenschaft als Schutzgesetz wiedergegeben worden ist (s. Rn. 19), hat Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV jedenfalls auch die Funktion, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen. Dem Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV ist ferner eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion eigen, weil es die im Binnenmarkt tätigen Unternehmen gerade vor Wettbewerbsverfälschungen schützen soll. Die Voraussetzung des Marktbezugs ist im Streitfall ebenfalls erfüllt. Denn die (angebliche) Beihilfe wird über ein am Markt auftretendes öffentliches Unternehmen gewährt. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Tätigkeit als Flughafenbetreiber den Vertrag mit Ryanair abgeschlossen, mit dem sie – wie hier zu unterstellen ist – Beihilfen gewährte.
(2) Im Fall eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV bestehen die wettbewerbs- und deliktsrechtlichen Ansprüche auch nebeneinander. Das Beihilferecht der Union enthält keine abschließende Regelung der zivilrechtlichen Ansprüche, die Mitbewerber bei einem solchen Verstoß geltend machen können (anders zum Verhältnis von Ansprüchen nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und nach § 4 Nr. 11 UWG BGH, Urteil vom 7. Februar 2006 – KZR 33/04, BGHZ 166, 154 Rn. 13 – Probeabonnement). Es verweist dafür vielmehr auf das Recht der Mitgliedstaaten.
(3) Die für den wettbewerbsrechtlichen Anspruch geltende kurze Verjährung des § 11 UWG findet auf den deliktsrechtlichen Beseitigungsanspruch aus §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV aber keine Anwendung.
(a) Erfüllt ein Wettbewerbsverhalten zugleich einen Tatbestand des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und die Voraussetzungen der §§ 823, 824 oder 826 BGB, unterliegt grundsätzlich jeder der sich daraus ergebenden Ansprüche der für ihn geltenden besonderen Verjährung. Insbesondere schließen die lauterkeitsrechtlichen Vorschriften die Anwendung der Vorschriften des bürgerlichen Rechts nicht schlechthin als Spezialgesetze aus, wenn eine geschäftliche Handlung vorliegt. Vielmehr ist jeweils zu prüfen, ob eine der Bestimmungen als erschöpfende und deshalb die anderen ausschließende Regelung der jeweiligen Teilfrage anzusehen ist, was auch für die Verjährung gilt (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1984 – I ZR 195/81, GRUR 1984, 820, 822 f. = WRP 1984, 678 – Intermarkt II, mwN). Aus dem Umstand allein, dass ein Verhalten gegen Vorschriften des Lauterkeitsrechts verstößt, ist nicht zu schließen, dass Art und Maß der sich daran anknüpfenden Haftung in jedem Fall dort abschließend geregelt sind (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1961 – I ZR 152/59, BGHZ 36, 252, 255 – Gründerbildnis).
(b) Für die Verjährung von Schadens-, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen wegen eines Verstoßes gegen das beihilferechtliche Durchführungsverbot gilt nicht ausschließlich die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 11 UWG. Ist die verletzte Norm sowohl ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB als auch eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, ist darauf abzustellen, ob der Schwerpunkt des Unrechtsgehalts der verletzten Norm im Lauterkeitsrecht liegt. Nur wenn dies der Fall ist, gilt die kurze Verjährungsfrist des § 11 UWG (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 11 Rn. 1.9). Der Schwerpunkt des hier in Rede stehenden Verstoßes liegt außerhalb des Lauterkeitsrechts.
Hierfür spricht bereits, dass sich die Unlauterkeit im Streitfall unter dem Aspekt des Rechtsbruchs (§ 4 Nr. 11 UWG) aus einer Verletzung unmittelbar anwendbaren Unionsrechts ergibt. § 823 Abs. 2 BGB ist im Streitfall nicht allein deshalb anwendbar, weil eine lauterkeitsrechtliche Vorschrift zugleich Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1959 – I ZR 56/57, GRUR 1959, 31, 34 = WRP 1958, 307 – Feuerzeug als Werbege-schenk, mwN). Das Durchführungsverbot hat gegenüber dem Lauterkeitsrecht auch keinen nur lückenausfüllenden Charakter (vgl. BGHZ 36, 252, 257 – Gründerbildnis; BGH, Urteil vom 28. September 1973 – I ZR 136/71, GRUR 1974, 99, 100 = WRP 1974, 30 – Brünova). Der Unrechtsgehalt eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot besteht vielmehr schon nach Unionsrecht unabhängig von einer Verletzung des deutschen Lauterkeitsrechts. Er ergibt sich aus dem Unterlaufen der Beihilfekontrolle durch die Kommission und der daraus folgenden Beeinträchtigung unverfälschten Wettbewerbs im europäischen Binnenmarkt. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb schützt dagegen allein die Lauterkeit des Wettbewerbs in Deutschland. Es gibt somit keinen Grund, bei einer Verletzung des Durchführungsverbots Ersatz- und Beseitigungspflichtige durch Anwendung der kurzen Verjährung des § 11 UWG zu privilegieren. Die lauterkeitsrechtliche Haftung eröffnet dem Verletzten nur eine zusätzliche Anspruchsgrundlage, ohne seine Möglichkeiten zur Durchsetzung des deliktsrechtlichen Anspruchs zu beschränken.
bb) Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB ist im Streitfall nicht abgelaufen. Die Klage ist am 24. November 2006 erhoben worden. Soweit sich die Klägerin gegen in den Jahren 2003 bis 2006 gewährte mögliche Beihilfen wendet, können die eventuellen deliktsrechtlichen Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nicht verjährt sein (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB). Aber auch soweit mögliche Beihilfen des Jahres 2002 Gegenstand der Klage sind, ist eine Verjährung nicht ersichtlich. Die Klägerin hat vorgetragen, wesentliche klagebegründende Informationen dem Jahresabschluss 2002 der Beklagten entnommen zu haben. Es ist ausgeschlossen, dass ihr dieser Jahresabschluss noch im Jahre 2002 vorgelegen hat. Die Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, dass die Klägerin schon 2002 die für den Beginn der Verjährung erforderliche Kenntnis erlangt hatte. Bei Kenntniserlangung im Jahr 2003 ist die Verjährung aber erst Ende 2006 abgelaufen (§ 199 Abs. 1 BGB).
4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist somit aufzuheben. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann jedenfalls ein deliktsrechtlicher Anspruch der Klägerin (§§ 1004, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV) nicht ausgeschlossen werden, der zur Begründung aller Klageanträge – im Fall des Auskunftsantrags in Verbindung mit § 242 BGB – in Betracht kommt.
III. Die Sache ist gemäß § 563 Abs. 1 und 3 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da sie nicht zur Endentscheidung reif ist. Die bisherigen Feststellungen reichen nicht aus, um einen Verstoß gegen das Durchführungsverbot zu bejahen oder zu verneinen.
1. Das Durchführungsverbot gilt nur für Beihilfemaßnahmen. Ob es verletzt worden ist, hängt somit davon ab, ob Ryanair von der Beklagten Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV erhalten hat. Im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot obliegt es den nationalen Gerichten, den Begriff der Beihilfe auszulegen, solange die Kommission keine verfahrensabschließende Entscheidung nach Art. 108 Abs. 2 AEUV getroffen hat (vgl. EuGH, NJW 1993, 49 Rn. 10 – FNCE).
Die Kommission hat zwar bereits im Juni 2008 ein Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu möglichen staatlichen Beihilfen zugunsten der Beklagten und Ryanair eingeleitet. Eine Entscheidung der Kommission liegt aber noch nicht vor.
2. Das Berufungsgericht hat – wie schon das Landgericht – keine ausreichenden Feststellungen zu den tatsächlichen Voraussetzungen für die Annahme von Beihilfen getroffen. Das gilt insbesondere für das erste Tatbestandsmerkmal einer Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV, die Frage der staatlichen Zurechenbarkeit (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Mai 2002 – C-482/99, Slg. 2002, I-4397 = NVwZ 2003, 461 Rn. 51 – Stardust Marine).
a) Das Berufungsgericht ist im Hinweisbeschluss vom 23. Januar 2008 davon ausgegangen, dass es an einer staatlichen Kontrolle der Mittel fehle. Insbesondere sei der Vorstand der Fraport AG nicht weisungsgebunden und im paritätisch besetzten Aufsichtsrat entfielen nur sechs von 20 Mitgliedern auf die öffentlichrechtlichen Gesellschafter. Die Revisionserwiderung macht geltend, dass im fakultativen Aufsichtsrat der Beklagten die Vertreter der Fraport AG die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigten.
Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die Zuwendungen – um sie dem Staat als Beihilfemaßnahme zuzurechnen – zum einen unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden müssen. Zum anderen darf sich die Zurechnung nicht allein darauf stützen, dass die Zuwendung von einem öffentlichen Unternehmen gewährt worden ist; erforderlich ist vielmehr, dass die bestehenden Kontrollmöglichkeiten der öffentlichen Hand auch tatsächlich ausgeübt wurden (EuGH, NVwZ 2003, 461 Rn. 50 ff. – Stardust Marine). Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen könnte lediglich die erste der beiden Voraussetzungen bejaht werden.
b) Im Streitfall stammen die von der Klägerin behaupteten Vergünstigungen entweder von der Beklagten selbst oder – mittels des Ergebnisabführungsvertrags – von der Fraport AG. Staatlich sind diese Mittel, wenn der Staat in der Lage ist, durch Ausübung eines beherrschenden Einflusses auf diese Unternehmen ihre Verwendung zu steuern (EuGH, NVwZ 2003, 461 Rn. 38 – Stardust Marine). Nach Art. 2 Buchst. b Ziff. i der Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen ("Transparenz-Richtlinie"; ABl. EU 2006 Nr. L 318, S. 19) wird vermutet, dass ein beherrschender Einfluss unter anderem dann ausgeübt wird, wenn die öffentliche Hand unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt. Das trifft nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sowohl auf die Beklagte als auch auf die Fraport AG zu. Die Transparenz-Richtlinie kann auch zur Bestimmung der Staatlichkeit von Mitteln im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV herangezogen werden (vgl. EuGH, NVwZ 2003, 461 Rn. 34 – Stardust Marine). Die Möglichkeit zur Bestellung von Mitgliedern des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans, die das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung in Zweifel gezogen haben, ist hingegen nicht Voraussetzung für die Staatlichkeit von Mitteln. Sie wird in Art. 2 Buchst. b Ziff. iii der Transparenz-Richtlinie lediglich als alternativer Grund für die Vermutung genannt.
c) Die Zurechenbarkeit einer Beihilfemaßnahme an den Staat verlangt außerdem, dass die Behörde in irgendeiner Weise am Erlass dieser Maßnahme beteiligt war (EuGH, NVwZ 2003, 461 Rn. 52 – Stardust Marine). Insoweit kann allerdings nicht der Nachweis verlangt werden, dass die Behörde das öffentliche Unternehmen konkret veranlasst hat, die fraglichen Beihilfemaßnahmen zu treffen. Die Zurechenbarkeit der Maßnahme eines öffentlichen Unternehmens an den Staat ist vielmehr aus einem Komplex von Indizien abzuleiten, die sich aus den Umständen des konkreten Falles und aus dem Zusammenhang ergeben, in dem diese Maßnahme ergangen ist. Insoweit ist unter anderem zu berücksichtigen, ob die fragliche Einrichtung die beanstandete Entscheidung nicht treffen konnte, ohne den Anforderungen der öffentlichen Stellen Rechnung zu tragen. Außerdem ist gegebenenfalls etwa von Bedeutung die Eingliederung des öffentlichen Unternehmens in die Strukturen der öffentlichen Verwaltung, die Art seiner Tätigkeit, die Intensität der behördlichen Aufsicht über die Unternehmensführung und jedes andere Indiz, das im konkreten Fall für oder gegen eine Beteiligung der Behörden an der Entscheidung über die Maßnahme spricht (vgl. zum Ganzen EuGH, NVwZ 2003, 461 Rn. 53 ff. – Stardust Marine). Dazu mangelt es bislang an Feststellungen.
3. Dem Senat fehlt deshalb die erforderliche tatsächliche Grundlage für die rechtliche Beurteilung, ob die Maßnahmen der Beklagten gegenüber Ryan-air Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellen.
69
C. Für die neue Verhandlung wird auf Folgendes hingewiesen:
I. Der Unterlassungsantrag (Antrag zu 5) geht im Hauptantrag und im ersten Hilfsantrag zu weit, da das Verbot nur nach Anmeldung der Beihilfe bei der Kommission und deren Genehmigung entfallen soll. Die Beihilfe gilt als genehmigt, wenn die Kommission nach vollständiger Anmeldung zwei Monate nicht reagiert und der Mitgliedstaat dann der Kommission die Durchführung der beabsichtigten Maßnahme anzeigt (EuGH, Slg. 1973, 1471 Rn. 4 – Lorenz; EuZW 1996, 564 Rn. 38 – SFEI; Art. 4 Abs. 6 VO (EG) Nr. 659/1999).
Hinsichtlich des zweiten Hilfsantrags zu Antrag zu 5 wird gegebenenfalls zu prüfen sein, ob das darin verwendete Verb "zu begünstigen" vor dem Hintergrund des Streits der Parteien um den Beihilfecharakter der von der Klägerin beanstandeten Maßnahmen als hinreichend bestimmt anzusehen ist.
II. Das Berufungsgericht hat zudem Gelegenheit, die weiteren Darlegungen in seinem Hinweisbeschluss vom 23. Januar 2008 im Hinblick auf die Ausführungen im Schreiben der Europäischen Kommission vom 17. Juni 2008 zu überprüfen. Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass es an der für den Begriff der Beihilfe erforderlichen Selektivität der Maßnahme fehlt, wenn alle auf dem relevanten Markt tätigen Unternehmen durch die Maßnahme begünstigt werden (Mederer in von der Groeben/Schwarze, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, 6. Aufl., Art. 87 EG Rn. 43; v. Wallenberg in Grabitz/Hilf aaO Art. 87 EGV Rn. 53 (Stand: September 2004); Koenig/Kühling/Ritter aaO Rn. 180).
Ebenso ist zu beachten, dass die im Rahmen des Privatinvestorenvergleichs ("Private-Investor-Test") erhobene Behauptung einer längerfristigen Rentabilitätsstrategie in erster Linie durch einen entsprechenden Geschäftsplan auf der Grundlage der beim Vertragsabschluss verfügbaren Erkenntnisse belegt werden kann (vgl. Mitteilung der Kommission über gemeinschaftliche Leitlinien für die Finanzierung von Flughäfen und die Gewährung staatlicher Anlaufbeihilfen für Luftfahrtunternehmen auf Regionalflughäfen, ABl. EU 2005 Nr. C 312 S. 1, Rn. 51).
III. Die Entscheidung über die Rückforderung der Beihilfen ist nicht deshalb auszusetzen, weil bislang kein abschließender Beschluss der Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV vorliegt. Die nationalen Gerichte haben die Maßnahmen anzuordnen, die geeignet sind, die Rechtswidrigkeit der Durchführung der Beihilfen zu beseitigen, damit der Empfänger in der bis zur Entscheidung der Kommission noch verbleibenden Zeit nicht weiterhin frei über sie verfügen kann. Eine Aussetzung der Entscheidung liefe darauf hinaus, dass der Vorteil der Beihilfe während des Zeitraums des Durchführungsverbots aufrechterhalten bliebe, was mit dem Ziel des Art. 108 Abs. 3 AEUV unvereinbar wäre und dieser Bestimmung ihre praktische Wirksamkeit nähme (EuGH, Urteil vom 11. März 2010 – C-1/09, EuZW 2010, 587 Rn. 30 f. – CELF II).
Sollte die Kommission eine Positiventscheidung nach Art. 6 Abs. 3 VO 659/1999 erlassen, also die gegenüber Ryanair getroffenen Maßnahmen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären, hat dies im Übrigen nicht die Heilung der unter Verstoß gegen das Verbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV vorgenommenen Durchführungsmaßnahmen zur Folge (EuGH, NJW 1993, 49 Rn. 16 – FNCE). Das Unionsrecht verlangt in diesem Fall zwar nicht, die Rückzahlung der gesamten rechtswidrigen Beihilfe anzuordnen. Das nationale Gericht ist aber verpflichtet, dem Beihilfeempfänger für die Dauer der Rechtswidrigkeit aufzugeben, angemessene Zinsen zu zahlen (EuGH, EuZW 2008, 145 Rn. 45 bis 52 – CELF I).
IV. Falls das Berufungsgericht den Beihilfecharakter der Ryanair eingeräumten Konditionen verneinen sollte, dürften sich die Ansprüche der Klägerin
nach den bislang getroffenen Feststellungen auch nicht auf Kartellrecht stützen lassen.
1. Allerdings reichen diese Feststellungen nicht aus, eine marktbeherrschende Stellung der Beklagten, die Voraussetzung für Ansprüche aus § 33 GWB in Verbindung mit Art. 102 AEUV oder § 19 Abs. 1, § 20 Abs. 1 GWB wäre, schon mit der Begründung des Berufungsgerichts abzulehnen.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, eine marktbeherrschende Stellung fehle angesichts der in Reichweite liegenden Flughäfen Frankfurt/Main und Köln/Bonn. Zwar lässt die Annahme, den Flughafen Frankfurt-Hahn nutzende Passagiere betrachteten jedenfalls diese Flughäfen als Alternative, keinen Rechtsfehler erkennen. Sie findet in den räumlichen Gegebenheiten und dem Umstand, dass der Flughafen Frankfurt-Hahn jedenfalls überwiegend von Urlaubs- und Freizeitreisenden genutzt wird, eine ausreichende Grundlage. Das Berufungsgericht hat aber nicht beachtet, dass es aufgrund der festgestellten gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen der Beklagten und dem Flughafen Frankfurt/Main über die Fraport AG naheliegt, von einer wirtschaftlichen Einheit zwischen diesen Unternehmen auszugehen. Dann könnten die Marktanteile der Flughäfen Frankfurt/Main und Frankfurt-Hahn zusammenzurechnen sein (vgl. zu § 36 Abs. 2 GWB, der für das gesamte Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen gilt, BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 – KZR 21/08, WRP 2009, 1402 Rn. 15 – Entega I). Für die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung käme es in diesem Fall darauf an, welchen Marktanteil der Flughafen Köln/Bonn hat und ob – wie vom Berufungsgericht erwogen, aber offengelassen – auch die Flughäfen in Zweibrücken, Luxemburg, Dortmund und Düsseldorf in den relevanten Markt einzubeziehen sind.
b) Sollte zwischenzeitlich die gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen den Flughäfen Frankfurt-Hahn und Frankfurt/Main beendet worden sein, hätte die Beklagte ihre marktbeherrschende Stellung und damit auch ihre Eigenschaft als Normadressat der §§ 19, 20 GWB und Art. 102 AEUV verloren, so dass die für den kartellrechtlichen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr entfallen wäre.
Die Veränderung der Beteiligungsverhältnisse wäre dagegen ohne Bedeutung für den Rückforderungsanspruch und den ihn vorbereitenden Auskunftsanspruch. Bei dem Rückforderungsanspruch handelt es sich um einen Beseitigungsanspruch. Anders als der Schadensersatzanspruch, der auf den Ausgleich des aus einem rechtswidrigen Eingriff entstandenen Schadens gerichtet ist, zielt der Beseitigungsanspruch darauf ab, den bereits erfolgten, fortdauernden Eingriff selbst und damit die Störungsquelle für die Zukunft abzustellen (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 8 UWG Rn. 1.73). So verhält es sich hier. Die behaupteten Beihilfen, die Gegenstand des Rückforderungsbegehrens sind, stellen unmittelbar den Eingriff in die geschützten Interessen der Klägerin als Mitbewerberin dar. Sie sind kein Schaden, der erst Folge eines solchen Eingriffs ist. Der mit den angeblichen Beihilfen verbundene Eingriff soll mit dem Rückforderungsverlangen für die Zukunft beseitigt werden.
Der Beseitigungsanspruch gleicht durch seine Ausrichtung auf die Zukunft zwar dem auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichteten Unterlassungsanspruch. Für den Beseitigungsanspruch ist jedoch keine Begehungsgefahr erforderlich; materielle Anspruchsvoraussetzung ist vielmehr allein der fortdauernde Störungszustand. An der Rechtswidrigkeit der schon eingetretenen und noch fortwirkenden Beeinträchtigung hätte sich durch den Wegfall der Normadressateneigenschaft der Beklagten nichts geändert.
2. Das Berufungsgericht hat aber weiter angenommen, es liege offensichtlich auch keine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung vor, weil die Klägerin unbestritten den Flughafen Frankfurt-Hahn zu den gleichen Konditionen wie Ryanair nutzen könne; die Klägerin habe ihre Behauptung, es sei nur Ryanair möglich, auf dem Flughafen Frankfurt-Hahn hohe Passagiervolumen zu generieren, nicht mit Tatsachen unterlegt. Trifft dies zu, fehlt es sowohl an einer Diskriminierung als auch an einer unbilligen Behinderung der Klägerin. Die Ryanair angeblich gewährten Beihilfen beeinträchtigten dann allenfalls die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Flughäfen (vgl. § 19 Abs. 4 Nr. 1 und 2 GWB). Auf § 33 GWB kann sich die Klägerin aber nur stützen, soweit sie durch die beanstandete Verhaltensweise selbst im Wettbewerb beeinträchtigt und deshalb Betroffene im Sinne dieser Norm ist.
5. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass das Berufungsgericht die Kommission um Auskunft darüber ersuchen kann, wann mit einer Entscheidung über die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt zu rechnen ist (vgl. Bekanntmachung der Kommission über die Durchsetzung des Beihilfenrechts durch die einzelstaatlichen Gerichte Rn. 89 f.).
Vorinstanzen:
LG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 16.05.2007 – 2 O 441/06 –
OLG Koblenz, Entscheidung vom 25.02.2009 – 4 U 759/07 –