Ticketverlosung im Internet

02. September 2008
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Eigener Leitsatz:

Ist die Verlosung von begehrten Eintrittskarten für attraktive Publikumsveranstaltungen an eine Einwilligungserklärung zur Datenweitergabe gekoppelt, stellt dies eine unangemessene unsachliche, die freie Willensbildung der Verbraucher beeinträchtigende Einflussnahme dar, die wettbewerbsrechtlich nicht hinzunehmen ist.

OLG Köln

Urteil vom 12.09.2007

Az.: 6 U 63/07

Urteil

Tenor:  

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 1 O 237/06 – vom 26.02.2007 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt,

es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,

eine Verlosung von Tickets wie für die FIFA WM 2006 – wie aus den nachfolgend eingeblendeten Bildschirmkopien der Internetseite mit der Adresse www.U.de/wm-tickets ersichtlich – gegenüber Verbrauchern zu bewerben

und / oder durchzuführen,

wenn die Teilnahme an der Verlosung

davon abhängig ist, dass der Verbraucher sein Einverständnis mit der Weitergabe von Vertragsdaten innerhalb der Unternehmensgruppe der Beklagten zur Kundenberatung, Werbung, Marktforschung und zur individuellen Gestaltung der Dienstleistungen durch Anklicken eines Kontrollkästchens – wie aus der nachfolgend eingeblendeten Bildschirmkopie zu (2) ersichtlich – erteilt

und / oder davon abhängig ist, dass der Verbraucher eines der Kontrollkästchen mit der Bezeichnung „Briefpost“ oder „Telefonanruf“ oder „e-Mail“ oder „Messaging (z.B. SMS, MMS)“ – wie aus der nachfolgend eingeblendeten Bildschirmkopie zu (2) ersichtlich – bestätigt und damit erklärt: „Ja, ich möchte künftig von den Unternehmen der E U-Gruppe schnell und bequem über aktuelle Produkte und Dienstleistungen informiert werden“.

pp.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Sie kann die Vollstreckung des Kostenerstattungsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe
 
I.

Der Kläger (eine qualifizierte Einrichtung nach § 4 UKlaG) nimmt mit der am 13.07.2006 erhobenen Klage die Beklagte auf Unterlassung einer Verlosung von Eintrittskarten zur Fußballweltmeisterschaft (FIFA WM) 2006 in Anspruch. Eine gleichlautende, auf seinen Antrag hin am 22.03.2006 erlassene einstweilige Verfügung des Landgerichts Bonn (11 O 41/06) war zuvor wegen eines Vollziehungsmangels unwirksam geworden.

Die Beklagte bewarb die Verlosung – wie aus den vorstehend eingeblendeten Bildschirmkopien ersichtlich – im März 2006 auf ihrer Internetseite. Nach Beantwortung der (sehr einfachen) Gewinnfrage und dem Anklicken der Schaltfläche „Weiter“ wurden die Interessenten auf der Folgeseite mit der Überschrift „Einfach ausfüllen und gewinnen!“ zur Angabe persönlicher Daten (von denen einige als „optionale Angaben“ gekennzeichnet waren) aufgefordert. Rechts davon (unter der Überschrift) befanden sich mehrere Kontrollkästchen. Sie betrafen eine Einverständniserklärung mit der Weiterleitung von Vertragsdaten und der Information über Produkte und Dienstleistungen der Unternehmensgruppe der Beklagten sowie das Einverständnis mit den Teilnahmebedingungen des Gewinnspiels. Bestätigten die Interessenten nur das letzte Kontrollkästchen, erschien beim Anklicken der Schaltfläche „senden“ in roten Buchstaben der Hinweis: „Es fehlen noch Angaben. Bitte tragen Sie diese nach.“ Neben dem Kontrollkästchen zur Einverständniserklärung in die Datenweitergabe erschien der rot umrandete Hinweis: „Bitte bestätigen.“ In Höhe des Kontrollkästchens zur Art der Informationserteilung erschien der Hinweis: „Bitte mindestens einen Kontaktweg auswählen.“

Der Kläger hat geltend gemacht, dass die Beklagte unter Ausnutzung ihrer besonderen Stellung als Inhaberin von WM-Tickets die angesprochenen Verbraucher durch hohe Gewinnanreize veranlasse, in die Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu Wettbewerbszwecken einzuwilligen; dies mache sie aber nicht rechtzeitig deutlich, sondern erst nach einem Versuch des Verbrauchers, ohne Anklicken der Einverständniserklärung an der Verlosung teilzunehmen. Wegen des genauen Klageantrags und der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen. Mit diesem Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil hinsichtlich des beanstandeten Verhaltens der Beklagten nach dem Ende der Fußballweltmeisterschaft 2006 keine Wiederholungsgefahr mehr bestehe.

Im Berufungsverfahren verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Klageantrag (mit einem nachfolgend zu behandelnden Formulierungsunterschied) weiter. Er meint, es bestehe eine Parallele zu dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung 31 O 298/06 LG Köln = 6 U 184/06 OLG Köln, das sich ebenfalls auf eine Verlosung von Tickets für die FIFA WM 2006 bezog und in dem der Senat in der Gestaltung des (auf S. 33 ff. der Berufungserwiderung [Bl. 279 ff. d.A.] wiedergegebenen) Internet-Auftritts eine unangemessene unsachliche Beeinflussung der Verbraucher gesehen hatte. Die Beklagte verteidigt mit umfangreichen schriftsätzlichen Ausführungen, auf die verwiesen wird, das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Nach dem unstreitigen Sachverhalt steht dem gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG aktiv legitimierten Kläger der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 3, 4 Nr. 1, 8 Abs. 1 S. 1 UWG zu.

1. Die an die Antragsfassung anknüpfenden Einwendungen der Beklagte erweisen sich allesamt als unbegründet.

a) Wie der Kläger mit Schriftsatz vom 06.08.2007 klargestellt hat, ist mit der gegenüber dem erstinstanzlichen Klageantrag leicht veränderten (statt die Verlosung von Tickets „zur“ FIFA WM 2006 die Verlosung von Tickets „für die“ FIFA WM 2006 angreifenden) Fassung seines Berufungsantrags keine Änderung seines Begehrens in der Sache verbunden. Die Beklagte, die hierin eine unzulässige Klageänderung sieht, vermag selbst nicht anzugeben, worin der sachliche Unterschied beider Formulierungen bestehen und warum der neue Antrag nunmehr unbestimmt sein soll.

b) Der Senat versteht das Begehren des Klägers dahin, dass er eine Verlosung von Tickets durch die Beklagte wie für die FIFA WM 2006 untersagt wissen will, wenn dies in der näher beschriebenen Art und Weise geschieht; die vom Berufungsantrag (unter Einblendung der dort in Bezug genommenen Bildschirmkopien) nur redaktionell geringfügig abweichende Fassung der Urteilsformel trägt diesem eindeutigen Sinngehalt des Klagebegehrens Rechnung.

Der Antrag des Klägers ist (und war von Beginn des Rechtsstreits an) nämlich so auszulegen, dass er die Beklagte auf Unterlassung eines mit der beanstandeten Ticket-Verlosung zur FIFA WM 2006 im Kern gleichen künftigen Verhaltens in Anspruch nimmt. Die Klage wurde der Beklagten vier Tage nach dem Endspiel der Fußballweltmeisterschaft 2006 zugestellt. Die Erwähnung der Verlosung von Tickets zur nicht wiederholbaren FIFA WM 2006 im Klageantrag konnte danach nur als beispielhafte Umschreibung der konkreten Verletzungsform verstanden werden, deren Unterlassung der Kläger begehrt. Dass er seinen Klageantrag so verstanden wissen wolle, hat er bereits mit Schriftsatz vom 19.12.2006 klar gestellt.

Ein solches Verständnis des Klageantrags ist möglich, denn nach der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden „Kerntheorie“ fällt in den Verbotsbereich eines Unterlassungstitels von vornherein nicht nur die identische Wiederholung des untersagten konkreten Verhaltens, sondern es werden davon auch solche Handlungen erfasst, die nur unbedeutend von der verbotenen Form abweichen und den Kern des gerichtlichen Verbots unberührt lassen, wenn sich nur das Charakteristische des verbotenen Verhaltens in der im anschließenden Vollstreckungsverfahren beanstandeten Handlung wiederfindet (BGHZ 126, 287 [295] = GRUR 1994, 844 – Rotes Kreuz; BGH, GRUR 2006, 421 [422] – Markenparfümverkäufe; Hefermehl / Köhler / Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., UWG § 12, Rn. 6.4; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 57 Rn. 12 ff.; jeweils m.w.N.). Auch eine vertragliche Unterlassungserklärung, die ihrem Wortlaut nach allein auf ein konkretes Gewinnspiel Bezug nimmt, das im Zeitpunkt der Abmahnung und Unterwerfung bereits abgeschlossen war und nicht wiederholt werden kann, erfasst danach alle Verhaltensweisen, die für das beanstandete Gewinnspiel charakteristisch sind und seine Wettbewerbswidrigkeit begründen (BGH, GRUR 1996, 290 [291] – Wegfall der Wiederholungsgefahr I). Nichts anderes gilt, wenn eine konkrete Werbung durch unmittelbare Bezugnahme mit dem Vergleichspartikel „wie“ zum Gegenstand des Klageantrags gemacht worden ist, wobei die Hinzufügung abstrakt formulierter Merkmale möglich ist, aber lediglich dazu dient, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Verletzungsformen erfasst sein sollen (BGH, GRUR 2006, 164 [165] – Aktivierungskosten II).

c) Nach diesen Grundsätzen scheitert das Unterlassungsbegehren des Klägers nicht am Fehlen der erforderlichen Wiederholungsgefahr (§ 8 Abs. 1 S. 1 UWG). Denn weil sich die durch eine Verletzungshandlung begründete tatsächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr nach der „Kerntheorie“ nicht auf die genau identische Verletzungsform beschränkt, sondern alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen umfasst (BGH, a.a.O.; vgl. auch BGH, GRUR 1997, 379 [380] – Wegfall der Wiederholungsgefahr II; GRUR 2000, 337 [338] – Preisknaller; GRUR 2005, 443 [446] – Ansprechen in der Öffentlichkeit II), kommt es nicht darauf an, ob einzelne Handlungselemente des beanstandeten Verhaltens einmalig und unwiederholbar sind, solange in Zukunft weitere im Kern gleichartige Verstöße zu erwarten sind (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 8, Rn. 1.36; 1.41; vgl. die Beispiele bei Teplitzky, a.a.O., Kap. 6 Rn. 14). Anders liegt es nur, wenn mit dem Ende der rechtsverletzenden Handlung auch jede Wahrscheinlichkeit für eine Wiederaufnahme ähnlicher Tätigkeiten durch den Verletzer beseitigt ist (BGH, GRUR 1992, 318 [319 f.] – Jubiläumsverkauf [kritisch dazu Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 8, Rn. 1.41; Teplitzky, a.a.O.]; GRUR 2001, 453 [455] – TCM-Zentrum; GRUR 2004, 162 [164] – Mindestverzinsung). Davon kann im Streitfall keine Rede sein:

Solange die Beklagte keine anderslautende strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt, erscheint es nämlich keineswegs ausgeschlossen, dass sie in absehbarer Zeit eine Aktion durchführt, die der streitbefangenen Verlosung von Tickets für die FIFA WM 2006 im Kern gleichartig ist, indem sie über ähnlich gestaltete Internetseiten ähnlich begehrte Eintrittskarten für eine attraktive Publikumsveranstaltung auslobt. Allein aus dem Bereich des Sports sind in naher Zukunft viele andere vergleichbare Großereignisse – von der Fußballeuropameisterschaft 2008 (in Österreich und der Schweiz) bis zu den Olympischen Winterspielen 2018 (vielleicht in München) – vorstellbar.

2. Die Gestaltung des Internet-Auftritts und damit die Art und Weise der von der Beklagten durchführten Ticket-Verlosung ist geeignet, die Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Verbraucher in unangemessener unsachlicher Weise zu beeinträchtigen (§ 4 Nr. 1 UWG). Soweit der Kläger sich in der Berufungsinstanz – den Hinweisen des Senats im Verfahren 6 U 184/06 folgend – jetzt vor allem auf diesen Aspekt der unsachlichen Verbraucherbeeinflussung stützt, handelt es sich nur um die rechtliche Einordnung des schon mit der Klage geführten, sachlich unveränderten Angriffs und (im Unterschied zur Fallgestaltung der Entscheidung BGH, GRUR 2007, 161 – dentalästhetika II) nicht um einen neuen anspruchsbegründenden Lebenssachverhalt, so dass die Verjährungseinrede der Beklagten ins Leere geht.

a) Gewinnverlosungen sind wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässig. Besondere Umstände, die ihre Unlauterkeit begründen, können aber nicht nur auf Grund der Sondertatbestände einer Koppelung der Teilnahme mit dem Warenabsatz (§ 4 Nr. 6 UWG) und einer Intransparenz der Teilnahmebedingungen (§ 4 Nr. 5 UWG) oder bei Irreführung des Publikums über die Gewinnchancen (§ 5 UWG), sondern auch in einem unangemessenen Einwirken auf die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers – wie beim psychischen Kaufzwang oder beim übertriebenen Anlocken – bestehen (BGH, GRUR 1998, 735 [736] – Rubbelaktion; GRUR 2000, 820 [821] –Space Fidelity Peep-Show; GRUR 2002, 1003 [1004] – Gewinnspiel im Radio; GRUR 2002, 976 [978] – Koppelungsangebot I; Piper / Ohly, UWG, 4. Aufl., § 4, Rn. 1/134; Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 4, Rn. 1.123 ff. m.w.N.).

b) Solche besonderen Umstände liegen auch hier vor.

In der konkreten Verletzungsform wird die Teilnahme des Verbrauchers an der Verlosung gekoppelt an seine Erklärung, mit der Weitergabe der Vertragsdaten aus seinen Verträgen mit der Beklagten oder ihren Schwesterunternehmen und mit der Übermittlung von Werbesendungen oder mit Werbeanrufen einverstanden zu sein. Auf diese Weise soll er durch einen aleatorischen Anreiz – also durch ein sachfremdes Motiv – bewegt werden, einen Teil seiner durch § 12 Abs. 1 und 2 TMG (früher § 3 Abs. 1 und 2 TDDSG) und § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG ausdrücklich geschützten Privatsphäre preiszugeben.

Die Einflussnahme auf die Entscheidung des Verbrauchers, ob er die erforderliche Einwilligung erteilen will oder nicht, beschränkt sich aber nicht nur auf die Auslobung eines attraktiven Gewinns und den aleatorischen Anreiz. Vielmehr wird sie in unangemessener Weise verstärkt durch die psychisch schwierige Situation, in der sich der Verbraucher befindet, wenn er erstmals von der Koppelung zwischen Gewinnspielteilnahme und Einwilligungserklärung erfährt.

Diese von der Beklagten hergestellte Abhängigkeit ist für den Verbraucher nämlich erstmals erkennbar, nachdem er sich (mit Beantwortung der Gewinnfrage und Anklicken der „weiter“-Schaltfläche, dem Ausfüllen der Felder mit seinen persönlichen Daten auf der Folgeseite und dem Anklicken der Schaltfläche „senden“) bereits für die Teilnahme an der Verlosung entschieden hat. Gerade demjenigen Verbraucher, der die Einwilligungserklärung ursprünglich nicht abgeben will und sich durch Offenlassen der entsprechenden Kontrollkästchen stillschweigend gegen ihre Erteilung ausgesprochen hat, wird nunmehr mitgeteilt, dass sein Entschluss zur Teilnahme am Gewinnspiel mit dem Verzicht auf die Einwilligungserklärung nicht vereinbar sei. Will er in dieser Lage dem Schutz seiner Privatsphäre Vorrang einräumen, muss er seine bereits getroffene Entscheidung zur Gewinnspielteilnahme revidieren; die erst zu diesem Zeitpunkt offenbarte Kopplung führt also dazu, dass der Verbraucher durch psychischen Druck zu einer Entscheidung – für die Abgabe seiner Einwilligungserklärung – veranlasst wird, die er zunächst bewusst nicht treffen wollte.

Dies stellt – wie der Senat selbst feststellen kann – eine unangemessene unsachliche, die freie Willensbildung der angesprochenen Verbraucher beeinträchtigende Einflussnahme dar, die wettbewerbsrechtlich nicht hinzunehmen ist.

c) Im Ergebnis ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, dass die Umstände des Streitfalles sich wesentlich von denen des Verfahrens 6 U 184/06 unterschieden.

aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten wird der Verbraucher im Streitfall keineswegs von Anfang an und nicht einmal beim genauen Betrachten der zweiten Internetseite gemäß der oben wiedergegebenen Bildschirmkopie zu (2) darüber aufgeklärt, dass eine Gewinnspielteilnahme für ihn nur möglich ist, wenn er die gewünschte Einwilligungserklärung abgibt.

Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass der Verbraucher im Parallelfall sogenannte mit einem Sternchenhinweis markierte „Pflichtfelder“ auszufüllen hatte, während hier gerade die „optionalen Angaben“ mit einem Sternchenhinweis gekennzeichnet seien, ist dies unerheblich. In beiden Fällen bezogen sich die Sternchenhinweise auf die Felder, in die der Verbraucher seine persönlichen Daten einzutragen hatte. Aus dem Umstand allein, dass im linken Teil der Internetseite einzelne Felder als „optionale Angaben“ bezeichnet sind, wird er nicht den – für ihn fernliegenden – Umkehrschluss ziehen, dass es sich dann bei den Kontrollkästchen im völlig anders gestalteten rechten Teil der Seite um Pflichtangaben handeln müsse. Zudem handelt es sich bei der durch die Kontrollkästchen vorgegebenen Auswahlmöglichkeit zwischen „ja“ oder „nein“ überhaupt nicht im gleichen Sinne um „Angaben“ wie bei den selbst einzusetzenden Daten im linken Teil.

Aus der Überschrift „Einfach ausfüllen und gewinnen!“ folgt nichts anderes. Diese befindet sich zwar genau über den Erklärungen auf dem rechten Teil der Internetseite. Sie wird von einem durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher aber nicht so verstanden, als sei das Anklicken bestimmter – oder sogar aller – Kontrollkästchen notwendige Bedingung für die Gewinnspielteilnahme.

Im Gegenteil wird dem Verbraucher gerade durch die mittels Kontrollkästchen eingeräumte Auswahlmöglichkeit suggeriert, er könne sich für oder gegen die Abgabe der entsprechenden Erklärung entscheiden und dennoch am Gewinnspiel teilnehmen. Unabhängig von der Frage, ob die Beklagte diesen Eindruck sogar erwecken muss, damit die im Anklicken des Kontrollkästchens liegende elektronische Erklärung des Verbrauchers als „bewusst und eindeutig erteilt“ im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 1 TMG gewertet werden kann, wird der Verbraucher beim Lesen des rechten Teils der Internetseite um so mehr annehmen, dass es sich bei der Einwilligung in die Datenweitergabe und in die Übermittlung von Werbesendungen um „freiwillige“ Erklärungen handele, als ihm dort für die Kommunikationswege sogar vier Möglichkeiten zur Auswahl geboten und im Fließtext hinzu gesetzt wird: „Diese Angaben haben keinen Einfluss auf die Wirksamkeit meiner Verträge …“ Undeutlich bleibt, um welche Verträge es sich hierbei handelt: um den vermeintlich abzuschließenden Gewinnspielvertrag oder die bestehenden Telekommunikationsverträge. Erst danach wird der Verbraucher gefragt, ob er sich mit den Teilnahmebedingungen einverstanden erklärt. Einem verständigen Verbraucher ist klar, dass ohne die Bejahung dieser Frage – durch Anklicken des Kontrollkästchens – eine Gewinnspielteilnahme für ihn nicht möglich sein wird. Er überträgt diese Erkenntnis aber nicht auf die wesentlich umfangreichere vorangehende Erklärung, die zu bejahen er bis zu diesem Zeitpunkt gerade vermieden hat. All dies führt dazu, dass eine hinreichende Aufklärung, die den Verbraucher erst gar nicht in die oben dargestellte psychisch schwierige Entscheidungssituation gelangen lässt, in Wirklichkeit nicht stattfindet.

bb) Erst recht wird die Lage des Verbrauchers nicht dadurch entscheidend verbessert, dass er – wie in § 13 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 S. 1 TMG vorgeschrieben – im Fließtext der Einwilligungserklärung auf seine Möglichkeit zum jederzeitigen Widerruf hingewiesen wird.

Durch die Möglichkeit zum nachträglichen Widerruf wird der mit der Art und Weise der Internet-Verlosung aufgebaute psychologische Druck, der den Verbraucher zur Erteilung seiner Einwilligung veranlassen soll, weder beseitigt noch nennenswert vermindert. Im Gegenteil wird er – unter dem Einfluss des aleatorischen Anreizes stehend – um so eher zur Abgabe der Erklärung bereit sein, die ihm unerwartet als notwendige Bedingung der Gewinnspielteilnahme abgefordert wird, wenn er beim Lesen des vorformulierten Textes erfährt, dass er die Erklärung jederzeit widerrufen könne. Hat er sie aber einmal abgegeben, um mitspielen zu können, müsste er selbst erneut aktiv werden, um den Widerruf auszusprechen. Der von der Beklagten mit der Veranstaltung der Verlosung erstrebte und erlangte Wettbewerbsvorteil liegt gerade darin, dass ein beachtlicher Teil der Verbraucher den mit Mühen verbundenen Widerruf nicht von sich aus aussprechen wird.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein gesetzlicher Grund zur Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegt nicht vor. Die Entscheidung betrifft die tatrichterliche Anwendung gesetzlicher Bestimmungen und allgemein anerkannter Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall. Für eine grundsätzliche Bedeutung der Sache ist ebenso wenig ersichtlich wie für eine die Einheitlichkeit der Rechtsprechung gefährdende Divergenz zu der von der Beklagten zwar angeführten, aber nicht im Wortlaut mitgeteilten (unveröffentlichten) Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg vom 22.11.2006 – 3 W 198/06.

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