Transportrisiko bei Internetkäufen

13. Januar 2009
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Eigener Leitsatz:

Da der Käufer grundsätzlich das Transportrisiko der Versendung bei Internetkäufen trägt, kann dieser Anweisungen erteilen, auf welchem Weg die Ware versendet werden soll. Der Verkäufer muss sodann auch sicherstellen, dass der vom Käufer gewollte Transportweg auch eingehalten wird, andernfalls wird er schadensersatzpflichtig.

Landgericht Coburg

Urteil vom 12.12.2008

Az.: 32 S 69/08

Urteil

In dem Rechtsstreit … wegen Forderung hat der Einzelrichter der 3. Zivilkammer des Landgerichts Coburg … aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 21. November 2008 für Recht erkannt:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Amtsgericht Coburg vom 12.06.2008 (Az.: 11 C 1710/07) wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz hat der Beklagte 90% und der Kläger 10% zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 4.235,– EUR.

Gründe

I.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Coburg vom 12.06.2008 (Bl. 34-39 d.A.) Bezug genommen. Der Kläger macht Zahlung eines bereits geleisteten Kaufpreises aus einem Internetkauf als Schadenersatz geltend.

Der Beklagte hat zuletzt beantragt:

1. Das Urteil des Amtsgerichts Coburg vom 12.06.2008 wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger und Berufungsbeklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

4. Die Revision wird zugelassen.

Hilfsweise: Die Sache wird an das Amtsgericht Frankfurt zur erneuten Beweisaufnahme verwiesen. Der Kläger hat zuletzt beantragt: Die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Im Übrigen ist für den Berufungsrechtszug zu ergänzen:

Der Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Coburg. Der Beklagte meint, dass der Kläger keine besondere Anweisung über die Art der Versendung erteilt habe. Dies ergebe sich aus der E-Mail-Korrespondenz zwischen den Parteien.

Der Beklagte meint, dass die Beweiserhebung hinsichtlich des angebotenen Zeugenbeweises … zu Unrecht unterblieben sei. Eine Verspätung hinsichtlich des angebotenen Zeugenbeweises habe nicht vorgelegen.

Der Beklagte trägt vor, dass ein Bestreiten der Tatsache, dass der Kläger den Goldbarren tatsächlich nicht erhalten habe, erstinstanzlich gegeben sei. Der Kläger führt aus, dass das Erstgericht zutreffend einen Schadenersatzanspruch des Klägers festgestellt habe. Der Beklagte habe gewusst, dass das Paket auf dem Versand hätte versichert werden müssen. Der Kläger habe als Art der Versendung im Sinne des § 447 Abs. 2 BGB den versicherten Versand bestimmt.Der Beklagte sei trotz ausdrücklicher Anweisung ohne zureichenden Grund hiervon abgewichen.

Das Berufungsgesicht hat Beweis erhoben zur Tatsache, ob beim Kläger ein Paket ohne Goldbarren angekommen sei, durch uneidliche Vernehmung der Zeugen … (Bl. 88-91 d.A.) und … (Bl. 91-94 d.A.). Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.11.2008 wird Bezug genommen.

Die vom Kläger zunächst eingelegte Anschlussberufung wurde in der mündlichen Verhandlung vom 21.11.2008 zurückgenommen. Der Rechtsstreit wurde durch Beschluss vom 28. Oktober 2008 auf den Einzelrichter übertragen.

II.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

2. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

a) Die Rüge der örtlichen Zuständigkeit kann der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Gemäß § 513 Abs. 2 ZPO kann die Berufung nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

b) Der Kläger hat einen Schadenersatzanspruch gemäß § 447 Abs. 2 BGB i.V.m. § 249 BGB auf Zahlung des in Höhe des vom Kläger bereits bezahl[t]en Kaufpreises von 3.850,– EUR.

aa) Da der Käufer gemäß § 447 Abs. 1 BGB das Transportrisiko trägt, muss er die Möglichkeit haben, für die Versendung besondere Anweisungen zu erteilen. Das Gericht entnimmt in Übereinstimmung mit dem Erstgericht der E-Mail-Korrespondenz der Parteien, dass eine Vereinbarung zwischen den Parteien dahingehend getroffen wurde, dass der Goldbarren während des Versandes an den Kläger versichert sein sollte. Dies ergibt sich, wie vom Erstgericht zutreffend festgestellt insbesondere aus der E-Mail des Beklagten vom 22.10.2007, in dem der Beklagte angibt, dass der Versand versichert gewesen sei. Der Beklagte hat sich bei der Versendung durch die Firma DHL nicht vergewissert, ob der Goldbarren von der Transportversicherung
erfasst war. Damit ist er von der vereinbarten Art der Versendung durch versicherten Versand abgewichen. Gründe für eine solche Abweichung sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Abschluss einer wirksamen anderen Transportversicherung war durch den Beklagten geschuldet. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte, wozu auch die Überprüfung der Bedingungen der Transportversicherung der von ihm gewählten Transportfirma DHL gehört hätte, der Beklagte erkennen können und erkennen müssen, dass bei der von ihm gewählten Transportfirma DHL ein Versicherungsschutz nicht vorlag. Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass im vorliegenden Fall aufgrund des Wertes des zu versendenden Goldbarrens ein hinreichender Anlass gegeben war, die zu versendende Sache zu versichern.
Dies führt dazu, dass für den Beklagten – unabhängig von der vorliegenden Vereinbarung über die Art des versicherten Versands – eine Pflicht zur Versicherung bestanden hat (Faust in Beckscher online-Kommentar, Stand 01.02.2007, § 447 BGB, Randziffer 24 m.w.N.).

bb) Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ist zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass in dem vom Beklagten an den Kläger übersandten Paket bei der Zustellung am 22.10.2007 der verkaufte Goldbarren nicht enthalten war.

Die Zeugin … hat glaubhaft ausgesagt, wie sie das Paket erhalten hatte. Sie konnte sich auch noch konkret an dieses Paket erinnern, da ihr eine Durchfeuchtung in Erinnerung geblieben sei. Die Zeugin hat nachvollziehbar und glaubhaft geschildert, warum sie das Paket angenommen habe und wie sie dieses an den Kläger weitergeleitet habe. Die Zeugin hat auch geschildert, dass sie den Inhalt des Pakets, nachdem sie wieder in das Büro des Klägers gerufen worden war, in Augenschein genommen habe. Die glaubwürdigen Angaben der Zeugin … werden durch die ebenso glaubwürdigen Angaben des Zeugen … bestätigt und ergänzt. Der Zeuge …, welcher mit dem Kläger zusammen in einem Büro arbeitet, hat ausgesagt, wie der Kläger das von Frau … gebrachte Päckchen geöffnet habe. Der Zeuge … hat glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, wie der Kläger nach Öffnen des Pakets aufgebracht gewesen sei. Der Zeuge …
hat geschildert, wie er anschließend zusammen mit dem Kläger das Päckchen untersucht habe und darin nur zusammengeknülltes Zeitungspapier, welches feucht gewesen sei, gefunden habe. Aufgrund der glaubwürdigen nachvollziehbaren Zeugenaussagen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich in dem nicht versicherten Paket, welches vom Beklagten an den Kläger gesendet wurde, im Zeitpunkt der Zustellung kein Goldbarren mehr befunden hat. Anhaltspunkte darauf, dass nach der Zustellung durch die Firma DHL bei der Zeugin … und bis zur Untersuchung des Paketinhalts durch den Zeugen … und bis zur Untersuchung des Paketinhalts durch den Zeugen … der Goldbarren verschwunden ist, haben sich im Rahmen der Beweisaufnahme nicht ergeben. Beide Zeugen konnten dem Gericht mit glaubwürdigen Aussagen schildern, welchen Weg das Paket in ihrem unmittelbaren Gesichtsfeld genommen hat. Daher ist zur Überzeugung des Gerichts lückenloser Verbleib des
Pakets und dessen Inhalts nach der Zustellung bis zur Untersuchung durch den Zeugen … gegeben.

cc) Es kann dahinstehen, ob die Benennung des Zeugen … verspätet erfolgt ist, da selbst bei Unterstellung der durch den Zeugen unter Beweis gestellten Tatsachen ein Schadenersatzanspruch des Klägers gemäß § 447 Abs. 2 BGB gegeben ist. Dieser Schadenersatzanspruch ist, wie bereits ausgeführt, gegeben, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob das Paket mit dem Goldbarren an die Post übergeben wurde oder nicht. Aufgrund des vereinbarten versicherten Versands ist der Beklagte dem Kläger zum Ersatz des bereits bezahlten Kaufpreises verpflichtet. Bei wirksamen Abschluss einer Transportversicherung und einer Übergabe der verkauften Sache an das Transportunternehmen hätte der Kläger einen Anspruch aus der Versicherung zumindest in Höhe des gezahlten Kaufpreises erlangt. Daher hat das Erstgericht den Beklagten rechtsfehlerfrei zur Zahlung von 3.850,– EUR nebst Zinsen verurteilt.

2. Der zulässige Hilfsantrag hat keinen Erfolg. Wie bereits ausgeführt ist das Urteil des Erstgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden. Gemäß § 513 Abs. 2 ZPO kann die Berufung nicht darauf gestützt werden, dass das Gerichts des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen habe.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 ZPO. Die unselbständige Anschlussberufung ist kein Rechtsmittel, sondern ermöglicht dem Berufungsbeklagten nur Anträge innerhalb einer fremden Berufung zu stellen (BGH, NJW 1981, 1790). Den Berufungsbeklagten treffen die Kosten der Anschlussberufung, da dieses zurückgenommen wurde (Musilak, ZPO, § 97 Randziffer 17).

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

3. die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 2, 5 ZPO. Der Streitwert hinsichtlich der zurückgenommen Anschlussberufung wird festgesetzt auf 1/10 des Zahlungsanspruchs, somit 385,– EUR. Es erscheint im vorliegenden Fall eine Quote von 1/10 des Zahlungsanspruchs im Hinblick auf das Interesses des Klägers unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles als angemessen (Zöller, ZPO, 26. Auflage, § 3 Randziffer 16 Feststellung; m.w.N.).

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