Kosmetika nicht im Internet vertreibbar?
Eigener Leitsatz:
Die Firma Pierre Fabre Dermo-Cosmétique verwendet in ihren Verträgen eine Klausel, welche den Verkauf von Kosmetika auf einen physischen Raum und die Anwesenheit eines diplomierten Pharmazeuten beschränkt und dadurch den Vertrieb über das Internet de facto verbietet. Dies stellt eine bezweckte Beschränkung i.S.d. Art. 101 Abs. 1 AEUV dar, wenn eine Inhaltsprüfung ergibt, dass die Klausel in Anbetracht der Eigenschaften der Kosmetika nicht objektiv gerechtfertigt ist.
Europäischer Gerichtshof
Urteil vom 13.10.2011
Az.: C-439/09
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 81 Abs. 1 und 3 EG und der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen (ABl. L 336, S. 21).
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsbehelfs der Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS (im Folgenden: Pierre Fabre Dermo-Cosmétique) auf Aufhebung und, hilfsweise, auf Änderung der Entscheidung 08‑D‑25 vom 29. Oktober 2008 (im Folgenden: streitige Entscheidung) des Wettbewerbsrats (seit dem 13. Januar 2009: Autorité de la concurrence, im Folgenden: Wettbewerbsbehörde) in Bezug auf das in den selektiven Vertriebsvereinbarungen von Pierre Fabre Dermo-Cosmétique enthaltene Verbot, über das Internet ihre Kosmetika und Körperpflegeprodukte zu verkaufen, das sie den von ihr zuvor zugelassenen Vertriebshändlern auferlegt und das gegen Art. L. 420-11:41 17.10.2011 des Code de commerce (Handelsgesetzbuch) und Art. 81 EG verstoßen soll.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Der zehnte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2790/1999 lautet:
„Diese Verordnung darf keine vertikalen Vereinbarungen freistellen, welche Beschränkungen enthalten, die für die Herbeiführung der vorgenannten günstigen Wirkungen nicht unerlässlich sind. Insbesondere solche vertikalen Vereinbarungen, die bestimmte Arten schwerwiegender wettbewerbsschädigender Beschränkungen enthalten, wie die Festsetzung von Mindest- oder Festpreisen für den Weiterverkauf oder bestimmte Arten des Gebietsschutzes, sind daher ohne Rücksicht auf den Marktanteil der betroffenen Unternehmen von dem Vorteil der Gruppenfreistellung, die durch diese Verordnung gewährt wird, auszuschließen.“
Art. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 2790/1999 definiert „Selektive Vertriebssysteme“ als „Vertriebssysteme, in denen sich der Lieferant verpflichtet, die Vertragswaren oder -dienstleistungen unmittelbar oder mittelbar nur an Händler zu verkaufen, die aufgrund festgelegter Merkmale ausgewählt werden, und in denen sich diese Händler verpflichten, die betreffenden Waren oder Dienstleistungen nicht an Händler zu verkaufen, die nicht zum Vertrieb zugelassen sind.“
Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2790/1999 bestimmt:
„Artikel 81 Absatz 1 des Vertrages [Art. 101 Abs. 1 AEUV] wird gemäß Artikel 81 Absatz 3 [Art. 101 Abs. 3 AEUV] unter den in dieser Verordnung genannten Voraussetzungen für unanwendbar erklärt auf Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zwischen zwei oder mehr Unternehmen, von denen jedes zwecks Durchführung der Vereinbarung auf einer unterschiedlichen Produktions- oder Vertriebsstufe tätig ist, und welche die Bedingungen betreffen, zu denen die Parteien bestimmte Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen können (im Folgenden ‚vertikale Vereinbarungen‘ genannt).
Die Freistellung gilt, soweit diese Vereinbarungen Wettbewerbsbeschränkungen enthalten, die unter Artikel 81 Absatz 1 [Art. 101 Abs. 1 AEUV] fallen (im Folgenden ‚vertikale Beschränkungen‘ genannt).“
Nach Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung „… gilt die Freistellung nach Artikel 2 nur, wenn der Anteil des Lieferanten an dem relevanten Markt, auf dem er die Vertragswaren oder -dienstleistungen verkauft, 30 % nicht überschreitet“.
Art. 4 der Verordnung Nr. 2790/1999 sieht vor, dass die Freistellung vom Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG [Art. 101 Abs. 1 AEUV] nicht für vertikale Vereinbarungen gilt, die unmittelbar oder mittelbar, für sich allein oder in Verbindung mit anderen Umständen unter der Kontrolle der Vertragsparteien Folgendes bezwecken:
„…
c) Beschränkungen des aktiven oder passiven Verkaufs an Endverbraucher, soweit diese Beschränkungen Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems auferlegt werden, welche auf der Einzelhandelsstufe tätig sind; dies gilt unbeschadet der Möglichkeit, Mitgliedern des Systems zu verbieten, Geschäfte von nicht zugelassenen Niederlassungen aus zu betreiben;
…“
Nationales Recht
Art. L. 420-1 des französischen Code de commerce bestimmt:
„Abgestimmtes Vorgehen, Vereinbarungen, Absprachen – seien sie ausdrücklicher oder stillschweigender Art – oder Bündnisse, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs auf einem Markt bezwecken oder bewirken können, sind, auch wenn sie direkt oder indirekt über eine außerhalb Frankreichs niedergelassene Konzerngesellschaft zu Stande kommen, verboten, insbesondere wenn sie darauf abzielen,
1. den Zugang zum Markt oder die freie Ausübung des Wettbewerbs durch andere Unternehmen zu beschränken;
2. die Festlegung der Preise durch das freie Kräftespiel des Marktes zu behindern, indem sie ihre künstliche Erhöhung oder Senkung begünstigen;
3. die Erzeugung, die Absatzmöglichkeiten, die Investitionen oder den technischen Fortschritt einzuschränken oder zu kontrollieren;
4. die Märkte oder die Versorgungsquellen aufzuteilen.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
Pierre Fabre Dermo-Cosmétique ist eine der Gesellschaften der Gruppe Pierre Fabre. Sie ist im Bereich der Herstellung und des Vertriebs von Kosmetika und Körperpflegeprodukten tätig und hat mehrere Tochtergesellschaften, zu denen insbesondere die Labore Klorane, Ducray, Galénic und Avène gehören, deren Kosmetika und Körperpflegeprodukte unter diesen Marken hauptsächlich über Apotheken auf dem französischen und dem europäischen Markt vertrieben werden.
Bei den in Rede stehenden Produkten handelt es sich um Kosmetika und Körperpflegeprodukte, die nicht zur Kategorie der Arzneimittel gehören und daher nicht unter das im Code de la santé publique (Gesetzbuch über das öffentliche Gesundheitswesen) vorgesehene Apothekenmonopol fallen.
Im Jahr 2007 betrug der Anteil der Gruppe Pierre Fabre am französischen Markt für diese Produkte 20 %.
In den Vertriebsvereinbarungen für die genannten Produkte der Marken Kloran, Ducray, Galénic und Avène ist vorgesehen, dass der Verkauf ausschließlich in einem physischen Raum und in Anwesenheit eines diplomierten Pharmazeuten erfolgen darf.
In den Art. 1.1 und 1.2 der allgemeinen Vertriebs- und Verkaufsbedingungen dieser Marken heißt es:
„Der zugelassene Vertriebshändler hat nachzuweisen, dass in seiner Verkaufsstelle während der gesamten Öffnungszeiten mindestens eine Person ständig physisch anwesend ist, die aufgrund ihrer Ausbildung besonders qualifiziert ist, um
eine genaue Kenntnis der technischen und wissenschaftlichen Merkmale der Produkte … zu erwerben, die für die ordnungsgemäße Erfüllung der Berufsausübungspflichten … erforderlich ist;
in regelmäßiger und konstanter Weise dem Verbraucher sämtliche Informationen über die sachgemäße Anwendung der Produkte … zu geben;
in der Verkaufsstelle sofort das Produkt … empfehlen zu können, das für ein ihr beschriebenes spezielles Problem im Bereich Hygiene und Pflege, insbesondere der Haut und des Follikelapparats, am besten geeignet ist.
Hierzu muss diese Person Inhaber eines in Frankreich ausgestellten oder anerkannten Apothekerdiploms sein …
Der zugelassene Vertriebshändler muss sich verpflichten, die Produkte … nur in einer materialisierten und individualisierten Verkaufsstelle … abzugeben.“
Diese Anforderungen schließen de facto sämtliche Verkaufsformen über das Internet aus.
Mit Entscheidung vom 27. Juni 2006 prüfte die Wettbewerbsbehörde von Amts wegen Verhaltensweisen im Bereich des Vertriebs von Kosmetika und Körperpflegeprodukten.
Mit Entscheidung 07-D 07 vom 8. März 2007 nahm die Wettbewerbsbehörde die von allen betroffenen Unternehmen mit Ausnahme von Pierre Fabre Dermo-Cosmétique abgegebenen Verpflichtungszusagen, ihre selektiven Vertriebsvereinbarungen dahin gehend zu ändern, dass die Mitglieder ihres Vertriebsnetzes die Möglichkeit erhalten, ihre Produkte unter bestimmten Voraussetzungen über das Internet zu verkaufen, an und erklärte sie für verbindlich. Das gegen Pierre Fabre Dermo-Cosmétique eingeleitete Verfahren wurde fortgesetzt.
Im Verwaltungsverfahren führte Pierre Fabre Dermo-Cosmétique aus, die in Rede stehenden Produkte erforderten aufgrund ihrer Art die physische Anwesenheit eines diplomierten Pharmazeuten am Verkaufsort während der gesamten Öffnungszeiten, damit der Kunde unter allen Umständen den auf einer direkten Untersuchung seiner Haut, Haare oder Kopfhaut fundierten Rat eines Fachmanns einholen könne.
Aufgrund der Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten prüfte die Wettbewerbsbehörde die in Rede stehende Verhaltensweise anhand der Bestimmungen des französischen Wettbewerbsrechts und des Unionsrechts.
In der streitigen Entscheidung stellte die Wettbewerbsbehörde zunächst fest, dass dieses Verbot des Verkaufs über das Internet einer Beschränkung der geschäftlichen Handlungsfähigkeit der Vertriebshändler von Pierre Fabre Dermo-Cosmétique gleichkomme, indem sie ein Mittel zur Vermarktung ihrer Produkte ausschließe. Zudem werde durch dieses Verbot für die Verbraucher, die über das Internet kaufen wollten, die Auswahl eingeschränkt, und schließlich würden Verkäufe an Endverbraucher verhindert, die nicht in dem „physischen“ Einzugsgebiet des zugelassenen Vertriebshändlers ansässig seien. Diese Beschränkung verfolge zwangsläufig einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck; hinzu komme die Beschränkung, die sich bereits daraus ergebe, dass sich der Hersteller für ein selektives Vertriebssystem entschieden habe, das die Zahl der Vertriebshändler, die das Produkt vertreiben dürften, begrenze und diese daran hindere, das Produkt an nicht zum Vertrieb zugelassene Händler zu verkaufen.
Da der Marktanteil von Pierre Fabre Dermo-Cosmétique unter 30 % lag, prüfte die Wettbewerbsbehörde, ob die wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweise in den Genuss der in der Verordnung Nr. 2790/1999 vorgesehenen Gruppenfreistellung kommen könne. Auch wenn die Verhaltensweise, den Verkauf über das Internet zu verbieten, in dieser Verordnung nicht ausdrücklich genannt sei, komme sie einem Verbot des aktiven und passiven Verkaufs gleich. Daher falle diese Verhaltensweise unter Art. 4 Buchst. c der Verordnung, der Beschränkungen des aktiven oder passiven Verkaufs, die Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems auferlegt würden, von der automatischen Gruppenfreistellung ausschließe.
Nach Ansicht der Wettbewerbsbehörde erfüllt das Verbot des Verkaufs über das Internet nicht die Voraussetzungen der in Art. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 2790/1999 vorgesehenen Ausnahme, wonach diese Verkaufsbeschränkungen unbeschadet der Möglichkeit gälten, Mitgliedern des Systems zu verbieten, Geschäfte „von nicht zugelassenen Niederlassungen aus“ zu betreiben. Eine Internetseite sei nämlich kein Vertriebsort, sondern ein alternativer Vertriebsweg, der, wie der Direktverkauf im Laden oder der Versandhandel, von Händlern eines Vertriebsnetzes genutzt werde, die über physische Verkaufsstellen verfügten.
Außerdem habe Pierre Fabre Dermo-Cosmétique nicht nachgewiesen, dass sie in den Genuss einer Einzelfreistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG und Art. L. 420-4 Abs. 1 des Code de commerce kommen könne.
Die genannte Behörde wies dabei das Vorbringen von Pierre Fabre Dermo-Cosmétique zurück, wonach das in Rede stehende Verbot des Verkaufs über das Internet zur Verbesserung des Vertriebs von Dermokosmetika beitrage, weil es den Risiken der Fälschung und des Trittbrettfahrens unter zugelassenen Apotheken vorbeuge. Die von Pierre Fabre Dermo-Cosmétique getroffene Wahl eines selektiven Vertriebssystems mit einem am Verkaufsort anwesenden Apotheker gewährleiste, dass die Beratung in allen zugelassenen Apotheken erbracht werde und dass jede die dafür anfallenden Kosten trage.
In Bezug auf das Vorbringen von Pierre Fabre Dermo-Cosmétique, wonach die physische Anwesenheit eines Apothekers beim Kauf eines der in Rede stehenden Produkte zum Wohl der Verbraucher erforderlich sei, wies die Wettbewerbsbehörde zunächst darauf hin, dass die betreffenden Produkte keine Medikamente seien. Die für sie geltende Sonderregelung betreffe Normen, die auf ihre Herstellung anwendbar seien, nicht jedoch auf ihren Vertrieb, der frei sei; überdies sei allein der Arzt und nicht der Apotheker zur Erstellung einer Diagnose befugt. Die Wettbewerbsbehörde übertrug sodann das zu Beschränkungen des Vertriebs rezeptfreier Medikamente über das Internet ergangene Urteil vom 11. Dezember 2003, Deutscher Apothekerverband (C-322/01, Slg. 2003, I-14887), auf die in Rede stehenden Produkte.
Nach Ansicht der Wettbewerbsbehörde weist Pierre Fabre Dermo-Cosmétique auch nicht nach, inwiefern der visuelle Kontakt zwischen dem Apotheker und den Anwendern des Produkts die Gewährleistung der „Cosmétovigilance“ (Meldesystem zur Erfassung der unerwünschten Wirkungen kosmetischer Mittel) ermögliche, die Angehörige der Heilberufe dazu verpflichte, unerwünschte Nebenwirkungen von Kosmetika festzustellen und zu melden. Negative Auswirkungen der in Rede stehenden Produkte könnten nämlich erst nach der Anwendung des Produkts auftreten und nicht zum Zeitpunkt seines Kaufs. Wenn Probleme aufträten, die mit seiner Anwendung in Zusammenhang stünden, tendiere der Patient dazu, einen Arzt aufzusuchen.
Dem letzten Argument von Pierre Fabre Dermo-Cosmétique hielt die Wettbewerbsbehörde entgegen, der Umstand, dass der Vertrieb über das Internet nicht zu Preissenkungen führe, sei irrelevant. Der Vorteil für den Verbraucher liege nicht nur in einer Preissenkung, sondern auch in der Verbesserung der von den Vertriebshändlern angebotenen Dienstleistung, wozu insbesondere gehöre, Produkte im Fernabsatz ohne zeitliche Beschränkungen, mit einfachem Zugang zu den Produktinformationen und mit der Möglichkeit eines Preisvergleichs bestellen zu können.
Die Wettbewerbsbehörde kam daher zu dem Ergebnis, dass das Verbot des Verkaufs über das Internet, das Pierre Fabre Dermo-Cosmétique ihren zugelassenen Vertriebshändlern auferlegt habe, eine gegen Art. 81 EG und gegen Art. L. 420-1 des Code de commerce verstoßende Wettbewerbsbeschränkung darstelle, und wies Pierre Fabre Dermo-Cosmétique an, sämtliche Klauseln in ihren selektiven Vertriebsvereinbarungen, die einem Verbot des Verkaufs ihrer Kosmetika und Körperpflegeprodukte über das Internet gleichkämen, zu streichen und ihren Vertriebshändlern in ihren Verträgen ausdrücklich die Möglichkeit einzuräumen, diesen Vertriebsweg zu nutzen. Gegen Pierre Fabre Dermo-Cosmétique wurde eine Geldstrafe in Höhe von 17 000 Euro festgesetzt.
Am 24. Dezember 2008 legte Pierre Fabre Dermo-Cosmétique bei der Cour d’appel de Paris einen Rechtsbehelf auf Aufhebung und, hilfsweise, auf Änderung der streitigen Entscheidung ein. Gleichzeitig beantragte sie beim Ersten Vorsitzenden der Cour d’appel de Paris die Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung. Zur Stützung ihres Rechtsbehelfs machte Pierre Fabre Dermo-Cosmétique in erster Linie geltend, die streitige Entscheidung sei insofern rechtsfehlerhaft, als der streitigen Verhaltensweise sowohl die Gruppenfreistellung nach der Verordnung Nr. 2790/1999 als auch die Einzelfreistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG versagt werde.
Mit Beschluss vom 18. Februar 2009 setzte der Erste Vorsitzende der Cour d’appel de Paris den Vollzug der von der Wettbewerbsbehörde gegenüber Pierre Fabre Dermo-Cosmétique erlassenen Anordnungen bis zu einer Entscheidung des vorlegenden Gerichts über die Begründetheit des Rechtsbehelfs aus.
In ihrem Vorlagebeschluss wies die Cour d’appel de Paris zunächst auf die Begründung der streitigen Entscheidung und auf den Inhalt der schriftlichen Stellungnahme hin, die die Europäische Kommission nach Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. L 1, S. 1) vorgelegt hatte, betonte jedoch anschließend, dass weder die Leitlinien der Kommission noch deren Stellungnahme für die nationalen Gerichte bindend seien.
Unter diesen Umständen hat die Cour d’appel de Paris das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Stellt ein den zugelassenen Vertriebshändlern im Rahmen eines selektiven Vertriebsnetzes auferlegtes allgemeines und absolutes Verbot, die Vertragsprodukte über das Internet an Endbenutzer zu verkaufen, tatsächlich eine Kernbeschränkung und eine bezweckte Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG (Art. 101 Abs. 1 AEUV) dar, die nicht unter die Gruppenfreistellung nach der Verordnung Nr. 2790/1999 fällt, aber möglicherweise in den Genuss einer Einzelfreistellung gemäß Art. 81 Abs. 3 EG (Art. 101 Abs. 3 AEUV) kommen kann?
Zur Vorlagefrage
Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass weder Art. 101 AEUV noch die Verordnung Nr. 2790/1999 auf den Begriff der Kernbeschränkung des Wettbewerbs Bezug nehmen.
Daher ist die Vorlagefrage so zu verstehen, dass sie darauf abzielt, ob erstens die im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehende Vertragsklausel eine „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV darstellt, ob zweitens eine eine solche Klausel enthaltende selektive Vertriebsvereinbarung – sollte sie in den Anwendungsbereich von Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen – in den Genuss der mit der Verordnung Nr. 2790/1999 eingeführten Gruppenfreistellung kommen kann, und ob drittens, falls die Gruppenfreistellung nicht anwendbar sein sollte, die besagte Vereinbarung gleichwohl in den Genuss der Legalausnahme in Art. 101 Abs. 3 AEUV kommen kann.
Zur Einstufung der Beschränkung in der streitigen Vertragsklausel als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung
Einleitend ist daran zu erinnern, dass Vereinbarungen nur dann unter das Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen, wenn sie „eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken“. Nach ständiger Rechtsprechung seit dem Urteil vom 30. Juni 1966, LTM (56/65, Slg. 1966, 282), weist der durch die Konjunktion „oder“ gekennzeichnete alternative Charakter dieser Voraussetzung darauf hin, dass zunächst der eigentliche Zweck der Vereinbarung in Betracht zu ziehen ist, wobei die wirtschaftlichen Begleitumstände ihrer Durchführung zu berücksichtigen sind. Wenn feststeht, dass eine Vereinbarung einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt, brauchen ihre Auswirkungen auf den Wettbewerb nicht geprüft zu werden (vgl. Urteil vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., C-501/06 P, C-513/06 P, C-515/06 P und C-519/06 P, Slg. 2009, I-9291, Randnr. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Bei der Prüfung der Frage, ob die in Rede stehende Vertragsklausel eine „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung enthält, ist auf den Inhalt der Klausel und die mit ihr verfolgten Ziele sowie auf den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie steht, abzustellen (vgl. Urteil GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., Randnr. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Die in Rede stehenden selektiven Vertriebsvereinbarungen schreiben in Bezug auf den Verkauf von Kosmetika und Körperpflegeprodukten der Marken Avène, Klorane, Galénic und Ducray vor, dass der Verkauf in einem physischen Raum, dessen Kriterien genau bestimmt sind, und in Anwesenheit eines diplomierten Pharmazeuten erfolgen muss.
Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts verbietet das Erfordernis der Anwesenheit eines diplomierten Pharmazeuten in einem physischen Verkaufsraum de facto den zugelassenen Vertriebshändlern sämtliche Verkaufsformen über das Internet.
Wie die Kommission hervorhebt, schränkt die in Rede stehende Vertragsklausel, indem sie de facto eine Vertriebsform der Produkte ausschließt, die keinen physischen Ortswechsel des Kunden erfordert, erheblich die Möglichkeit ein, dass ein zugelassener Vertriebshändler die Vertragsprodukte an Kunden außerhalb seines vertraglich vereinbarten geografischen Gebiets oder seines Tätigkeitsbereichs verkauft. Sie ist somit geeignet, den Wettbewerb in diesem Bereich einzuschränken.
Zu Vereinbarungen, die ein selektives Vertriebssystem begründen, hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass sie zwangsläufig den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt beeinflussen (Urteil vom 25. Oktober 1983, AEG-Telefunken/Kommission, 107/82, Slg. 1983, 3151, Randnr. 33). Solche Vereinbarungen sind in Ermangelung einer objektiven Rechtfertigung als „bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen“ zu betrachten.
Wie der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung anerkannt hat, gibt es jedoch legitime Bedürfnisse – wie z. B. die Aufrechterhaltung eines Fachhandels, der in der Lage ist, bestimmte Dienstleistungen für hochwertige und technisch hoch entwickelte Erzeugnisse zu erbringen –, die eine Einschränkung des Preiswettbewerbs zugunsten eines andere Faktoren als die Preise betreffenden Wettbewerbs rechtfertigen. Somit stellen selektive Vertriebssysteme, da sie auf die Erreichung eines rechtmäßigen Ergebnisses abzielen, das zur Stärkung des Wettbewerbs beiträgt, soweit dieser nicht nur die Preise zum Gegenstand hat, einen Wettbewerbsfaktor dar, der mit Art. 101 Abs. 1 AEUV vereinbar ist (Urteil AEG-Telefunken/Kommission, Randnr. 33).
In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass die Organisation eines solchen Vertriebsnetzes nicht unter das Verbot in Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt, sofern die Auswahl der Wiederverkäufer anhand objektiver Gesichtspunkte qualitativer Art erfolgt, die einheitlich für alle in Betracht kommenden Wiederverkäufer festgelegt und ohne Diskriminierung angewendet werden, sofern die Eigenschaften des fraglichen Erzeugnisses zur Wahrung seiner Qualität und zur Gewährleistung seines richtigen Gebrauchs ein solches Vertriebsnetz erfordern und sofern die festgelegten Kriterien schließlich nicht über das erforderliche Maß hinausgehen (Urteile vom 25. Oktober 1977, Metro SB-Großmärkte/Kommission, 26/76, Slg. 1977, 1875, Randnr. 20, und vom 11. Dezember 1980, L’Oréal, 31/80, Slg. 1980, 3775, Randnrn. 15 und 16).
Auch wenn es Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist, zu prüfen, ob die in Rede stehende Vertragsklausel, die de facto sämtliche Formen des Verkaufs über das Internet untersagt, durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt werden kann, ist es doch Aufgabe des Gerichtshofs, ihm hierzu die Kriterien für die Auslegung des Unionsrechts an die Hand zu geben, die ihm seine Entscheidung ermöglichen (vgl. Urteil L’Oréal, Randnr. 14).
Zwar ist unstreitig, dass im Rahmen des selektiven Vertriebsnetzes von Pierre Fabre Dermo-Cosmétique die Wiederverkäufer anhand objektiver Gesichtspunkte qualitativer Art ausgewählt werden, die einheitlich für alle in Betracht kommenden Wiederverkäufer festgelegt werden. Zu prüfen ist jedoch noch, ob mit den Wettbewerbsbeschränkungen auf verhältnismäßige Weise die Ziele verfolgt werden, die nach den Ausführungen in Randnr. 41 des vorliegenden Urteils legitim sind.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof unter dem Blickwinkel der Verkehrsfreiheiten die Argumente in Bezug auf die Notwendigkeit einer individuellen Beratung des Kunden und seines Schutzes vor einer falschen Anwendung der Produkte zurückgewiesen hat, mit denen im Rahmen des Verkaufs von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und von Kontaktlinsen ein Verbot des Verkaufs über das Internet gerechtfertigt werden sollte (vgl. in diesem Sinne Urteile Deutscher Apothekerverband, Randnrn. 106, 107 und 112, sowie vom 2. Dezember 2010, Ker-Optika, C-108/09, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 76).
Pierre Fabre Dermo-Cosmétique weist auch auf die Notwendigkeit hin, den Prestigecharakter der in Rede stehenden Produkte zu schützen.
Das Ziel, den Prestigecharakter zu schützen, kann kein legitimes Ziel zur Beschränkung des Wettbewerbs sein und kann es daher nicht rechtfertigen, dass eine Vertragsklausel, mit der ein solches Ziel verfolgt wird, nicht unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt.
Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist auf den ersten Teil der Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems eine Vertragsklausel, nach der der Verkauf von Kosmetika und Körperpflegeprodukten in einem physischen Raum und in Anwesenheit eines diplomierten Pharmazeuten erfolgen muss und die ein Verbot der Nutzung des Internets für diese Verkäufe zur Folge hat, eine bezweckte Beschränkung im Sinne dieser Bestimmung darstellt, wenn eine individuelle und konkrete Prüfung des Inhalts und des Ziels dieser Vertragsklausel sowie des rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs, in dem sie steht, ergibt, dass diese Klausel in Anbetracht der Eigenschaften der in Rede stehenden Produkte nicht objektiv gerechtfertigt ist.
Zur Möglichkeit der Gruppen- oder Einzelfreistellung
Wenn festgestellt wird, dass eine Vereinbarung oder eine Vertragsklausel den Wettbewerb im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV beschränkt, ist es Aufgabe des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Voraussetzungen von Art. 101 Abs. 3 AEUV erfüllt sind.
Die Möglichkeit für ein Unternehmen, individuell in den Genuss der in Art. 101 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Legalausnahme zu kommen, ergibt sich unmittelbar aus dem Vertrag. Sie wird in keiner der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen bestritten. Diese Möglichkeit steht auch der Antragstellerin des Ausgangsverfahrens offen.
Da der Gerichtshof jedoch insoweit nicht über ausreichende Informationen verfügt, um zu beurteilen, ob die selektive Vertriebsvereinbarung die Voraussetzungen von Art. 101 Abs. 3 AEUV erfüllt, kann er dem vorlegenden Gericht keine weiteren Hinweise geben.
In Bezug auf die Möglichkeit, dass die selektive Vertriebsvereinbarung in den Genuss der Gruppenfreistellung der Verordnung Nr. 2790/1999 kommt, ist festzustellen, dass die Gruppen vertikaler Vereinbarungen, die in ihren Genuss kommen können, von der Kommission in der genannten Verordnung auf der Grundlage der Ermächtigung des Rates in der Verordnung Nr. 19/65/EWG des Rates vom 2. März 1965 über die Anwendung von Artikel [81] Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen (ABl. 1965, Nr. 36, S. 533) definiert wurden.
Nach den Art. 2 und 3 der Verordnung Nr. 2790/1999 kann ein Lieferant im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems grundsätzlich in den Genuss einer Freistellung kommen, wenn sein Marktanteil 30 % nicht überschreitet. Aus den beim Gerichtshof eingereichten Unterlagen geht hervor, dass der Marktanteil von Pierre Fabre Dermo-Cosmétique diesen Schwellenwert nicht überschreitet. Dagegen wurden in dieser Verordnung in Anwendung von Art. 2 der Verordnung Nr. 19/65 bestimmte Arten schwerwiegender wettbewerbsschädigender Beschränkungen unabhängig vom Marktanteil der betreffenden Unternehmen ausgeschlossen.
So geht aus Art. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 2790/1999 hervor, dass die Freistellung nicht für vertikale Vereinbarungen gilt, die unmittelbar oder mittelbar, für sich allein oder in Verbindung mit anderen Umständen unter der Kontrolle der Vertragsparteien Beschränkungen des aktiven oder passiven Verkaufs an Endverbraucher bezwecken, soweit diese Beschränkungen Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems auferlegt werden, die auf der Einzelhandelsstufe tätig sind; dies gilt unbeschadet der Möglichkeit, Mitgliedern des Systems zu verbieten, Geschäfte von nicht zugelassenen Niederlassungen aus zu betreiben.
Eine Vertragsklausel wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die de facto das Internet als Vertriebsform verbietet, bezweckt zumindest die Beschränkung des passiven Verkaufs an Endverbraucher, die über das Internet kaufen möchten und außerhalb des physischen Einzugsgebiets des betreffenden Mitglieds des selektiven Vertriebssystems ansässig sind.
Nach Ansicht von Pierre Fabre Dermo-Cosmétique kommt das Verbot, die Vertragsprodukte über das Internet zu verkaufen, jedoch einem Verbot gleich, Geschäfte von einer nicht zugelassenen Niederlassung aus zu betreiben. Da somit die am Ende von Art. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 2790/1999 vorgesehenen Voraussetzungen der Freistellung erfüllt seien, sei dieser Artikel auf sie nicht anwendbar.
Hierzu ist festzustellen, dass Art. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 2790/1999 mit der Erwähnung von „nicht zugelassenen Niederlassungen“ nur auf Verkaufsstellen abzielt, in denen Direktverkäufe vorgenommen werden. Fraglich ist, ob dieser Begriff durch eine weite Auslegung auf den Ort erstreckt werden kann, an dem die Dienstleistungen des Verkaufs über das Internet erbracht werden.
Da ein Unternehmen stets die Möglichkeit hat, individuell die Anwendbarkeit der Legalausnahme in Art. 101 Abs. 3 AEUV geltend zu machen, und seine Rechte somit geschützt werden können, besteht kein Anlass, die Bestimmungen, mit denen die Vereinbarungen oder Verhaltensweisen in die Gruppenfreistellung einbezogen werden, weit auszulegen.
Daher kann eine Vertragsklausel wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die de facto das Internet als Vertriebsform verbietet, nicht als Klausel angesehen werden, die den Mitgliedern des betreffenden selektiven Vertriebssystems verbietet, im Sinne von Art. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 2790/1999 Geschäfte von nicht zugelassenen Niederlassungen aus zu betreiben.
In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist auf den zweiten und den dritten Teil der Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 2790/1999 dahin auszulegen ist, dass die in Art. 2 der Verordnung vorgesehene Gruppenfreistellung nicht auf eine selektive Vertriebsvereinbarung anwendbar ist, die eine Klausel enthält, die de facto das Internet als Vertriebsform für die Vertragsprodukte verbietet. Dagegen kann auf eine solche Vereinbarung die Legalausnahme in Art. 101 Abs. 3 AEUV individuell anwendbar sein, wenn die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind.
Kosten
Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 101 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems eine Vertragsklausel, nach der der Verkauf von Kosmetika und Körperpflegeprodukten in einem physischen Raum und in Anwesenheit eines diplomierten Pharmazeuten erfolgen muss und die ein Verbot der Nutzung des Internets für diese Verkäufe zur Folge hat, eine bezweckte Beschränkung im Sinne dieser Bestimmung darstellt, wenn eine individuelle und konkrete Prüfung des Inhalts und des Ziels dieser Vertragsklausel sowie des rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs, in dem sie steht, ergibt, dass diese Klausel in Anbetracht der Eigenschaften der in Rede stehenden Produkte nicht objektiv gerechtfertigt ist.
2. Art. 4 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen ist dahin auszulegen, dass die in Art. 2 der Verordnung vorgesehene Gruppenfreistellung nicht auf eine selektive Vertriebsvereinbarung anwendbar ist, die eine Klausel enthält, die de facto das Internet als Vertriebsform für die Vertragsprodukte verbietet. Dagegen kann auf eine solche Vereinbarung die Legalausnahme in Art. 101 Abs. 3 AEUV individuell anwendbar sein, wenn die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind.