Zur journalistisch-redaktionellen Gestaltung der Internetseite einer Anwaltskanzlei
Eigener Leitsatz:
Die Internetseite einer Rechtsanwaltskanzlei unterliegt den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrages, wenn sie sich nicht in bloßer Eigenwerbung erschöpft, sondern eindeutig journalistisch-redaktionell gestaltet ist, z.B. durch das Einstellen von regelmäßig bearbeiteten Neuigkeiten sowie laufenden Pressemitteilungen. Auch ein hohes Maß an Aktualität, eine gewisse Selektivität und Strukturierung der Angebotsinhalte und das Treffen einer Auswahl nach ihrer angenommenen gesellschaftlichen Relevanz mit dem Ziel zur öffentlichen Kommunikation beizutragen, deuten auf eine journalistisch-redaktionelle Gestaltung im Sinne des § 56 RStV hin.
Hanseatisches Oberlandesgericht Bremen
Urteil vom 14.01.2011
Az.: 2 U 115/10
Tenor:
Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen, 7. Zivilkammer, vom 9. September 2010 wird mit der Maßgabe als unbegründet zurückgewiesen, dass in Ziff. 2. des Tenors in der 7. Zeile das Komma entfällt und in der 8. Zeile die Worte „zu veröffentlichen“ gestrichen werden.
Die Kosten der Berufung trägt die Verfügungsbeklagte.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin), die Kapitalanlagen erstellt, vermarktet und verwaltet, verlangt von der Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagte), einer Rechtsanwaltspartnerschaft, die Unterlassung einzelner in deren Pressemitteilung vom 27.07.2010 aufgestellter Behauptungen und die Veröffentlichung einer Gegendarstellung. In dieser Pressemitteilung geht es um die Information über die für Anleger wirtschaftlich gescheiterte Anlage bei der E. GmbH & Co. KG (später P. GmbH & Co. KG), einem Fonds zur Herstellung von Biodiesel. Über die P. GmbH & Co. KG ist das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Beklagte hat in ihrer Presseerklärung die Anleger auf die Möglichkeit der Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Klägerin hingewiesen. Diese Pressemitteilung war unter der Überschrift „Aktuelles“ und „Anleger gehen gegen P. AG vor“ auf der Webseite der Beklagten und einer verlinkten Webseite der Beklagten bei dem Internetdienst „Twitter“ bis zum 30.07.2010 abrufbar.
Die Klägerin hatte die Anlage über den Vorprospekt vom 17.11.2005 („Vorabinformation“) und den Beteiligungsprospekt vom 22.11.2005 beworben.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.07.2010 forderte die Klägerin die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung unter Fristsetzung bis zum Freitag, den 30.07.2010, 12.00 Uhr auf. Dieses Schreiben ging per Fax bei der Beklagten am 29.07.2010 um 10.49 Uhr ein. Die Beklagte bat per E-Mail vom 30.07.2010 um 11.13 Uhr um Fristverlängerung bis Montag, den 02.08.2010. Die Klägerin verlängerte die erbetene Frist lediglich bis Freitag, den 30.07.2010, 14.00 Uhr und beantragte per Fax beim Landgericht von 14.14 Uhr bis 14.33 Uhr eingehend den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Die Beklagte teilte der Klägerin per E-Mail vom 30.07.2010 um 14.22 Uhr mit, dass die gerügte Pressemittelung von ihrer Webseite entfernt worden sei und sie im Laufe des Tages eine Unterlassungserklärung abgeben werde. Dies erfolgte per Fax um 15.34 Uhr für die von der Klägerin ursprünglich angekündigten weiteren Anträge, mit der der Beklagten die Behauptungen untersagt werden sollten,
1. das Abschließen von Festpreisen über Rapssaat habe zum Konzept der P. AG gehört,
2. die P. AG habe Festpreisverträge angepriesen, die nicht abgeschlossen wurden,
wie insbesondere im Rahmen der Pressemittelung vom 27.7.2010 unter der Überschrift „Anleger gehen gegen die P. AG vor“ geschehen.
Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend vor dem Landgericht Bremen für erledigt erklärt.
Die Klägerin hat weiterhin die Untersagung der Behauptung begehrt, die P. AG habe Anleger über die nicht fixierten Festpreise in den Lieferverträgen nicht aufgeklärt, wie insbesondere in der Pressemittelung vom 27.7.2010 unter der Überschrift „Anleger gehen gegen die P. AG vor“ geschehen.
Außerdem hat sie die Veröffentlichung einer Gegendarstellung auf den Webseiten der Beklagten verlangt.
Die Beklagte hat die Zurückweisung dieser Anträge begehrt und eingewandt, keinen Anlass für die Einleitung des Verfügungsverfahrens gegeben zu haben.
Die ihr gesetzte Frist sei unangemessen kurz gewesen, weshalb die Klägerin die Kosten zu tragen habe. Es habe auch kein Verfügungsanspruch bestanden. Die Prospekte erweckten den Eindruck, dass Vereinbarungen über den Bezug von Rapssaat zu Festpreisen getroffen würden.
Auch die jetzt noch verfolgten Ansprüche seien unbegründet, weil es sich bei dem insoweit beanstandeten Teil der Presseerklärung um ein Werturteil in Gestalt einer Rechtsansicht handele. Schon aus diesem Grunde bestehe auch ein Anspruch auf Gegendarstellung nicht. Außerdem sei das Gegendarstellungsverlangen ihr nicht im Original zugegangen und deshalb nicht „schriftlich“ i.S.d. § 56 RStV. Die Beklagte sei zudem kein Anbieter von Telemedien iSv § 56 RStV.
Das Landgericht Bremen, 7. Zivilkammer, hat mit Urteil vom 09.09.2010 die einstweilige Verfügung nach mündlicher Verhandlung wie zuletzt beantragt erlassen und die Kosten insgesamt der Beklagten auferlegt.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung, mit der sie geltend macht:
Der Unterlassungsanspruch bestehe nicht, weil
– die Pressemitteilung anders formuliert sei und die angesprochenen Verkehrskreise derartige Aussagen als subjektive Meinung empfänden; eine Tatsachenbehauptung liege also nicht vor;
– die Pressemitteilung sich nur mit dem Vorprospekt befasse, was im Gesamtkontext deutlich werde. Aufgrund der darin enthaltenen Ankündigung der Klägerin, es seien bereits verbindliche Lieferverträge abgeschlossen worden, sei die Pressemitteilung nicht unrichtig. Die allgemeinen Risikohinweise genügten nicht.
Der Gegendarstellungsanspruch bestehe nicht, weil
– die Beklagte keine Anbieterin eines Telemediums iSv § 56 RStV sei. Ihre homepage sei vielmehr erkennbar ausschließlich auf Eigenwerbung ausgerichtet;
– es mangels Zuleitung in der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform an einem unverzüglichen Zugang des Gegendarstellungsverlangens nach § 56 Abs. 2 RStV fehle. Dies sei lediglich per Fax, nicht aber im Original eingegangen;
– es an einem für die Veröffentlichung erforderlichen berechtigten Interesse fehle. Es handele sich nicht um eine Tatsachenbehauptung und die Aussage sei auch nicht unrichtig.
Die Kosten der Erledigung habe die Klägerin zu tragen, weil
– die Beklagte keine Veranlassung zur Antragstellung gegeben habe. Frist und Nachfrist seien unangemessen kurz gewesen, zumal der Störungszustand nicht mehr angedauert habe, was der Klägerin am Tage der Antragstellung um 14:22 Uhr mitgeteilt worden sei. Der für Pressemitteilungen der Beklagten zuständige Anwalt sei im Urlaub gewesen, Rücksprache habe erst am Montag früh gehalten werden können. Der verantwortliche Partner, Rechtsanwalt G. sei auf Geschäftsreise gewesen;
– die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht bestanden hätten, die Verfügungsanträge z.Zt. des erledigenden Ereignisses deshalb unbegründet gewesen seien:
die Aussagen im Vorprospekt „Für den Bezug von Rapssaat wurden bereits mit einem namhaften Händler der Branche verbindliche Lieferverträge über zwei Drittel der erforderlichen Jahresmenge abgeschlossen…Ebenso wurde bereits über zwei Drittel des entstehenden Rapsschrots eine Abnahmevereinbarung mit einem Futtermittelhersteller abgeschlossen….Über den Verkauf von Biodiesel hingegen wurden keine festen Verträge abgeschlossen, da langfristige Vertragsbindungen die Möglichkeit nehmen, an kurzfristigen Marktsteigerungen zu partizipieren und somit die Marge kürzen.“ seien von den angesprochenen Verkehrskreisen nur so zu verstehen, dass die Verträge nicht nur den Bezug einer bestimmten Menge von Rapssaat absicherten, sondern die Bezugsmöglichkeit auch einen bestimmten Preis vorsehe. Eine andere Schlussfolgerung als die, dass das Abschließen von Festpreisen über Rapssaat zum Konzept der Klägerin gehört habe, sei ebenfalls nicht möglich. Dafür, dass die Aussagen zutreffend seien, spräche weiter die Formulierung auf S. 47 des Beteiligungsprospektes: „Zur Erbringung der Leistung schließt die Gesellschaft Verträge über den Rohstoff-Einkauf, sowie Verträge über den Verkauf von Rapsschrot und der weiteren Nebenprodukte. Sofern es sich um wesentliche Mengen wie Raps und Rapsschrot handelt – sind bereits verbindliche Vereinbarungen getroffen worden. Die restlichen Verträge werden marktüblich jeweils kurzfristig abgeschlossen. Aufgrund des stark wachsenden Marktes wurde noch keine Bindung über den Verkauf des Biodiesels eingegangen. Dies erfolgt ebenfalls zeitnah bei Bedarf.“
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angegriffenen Urteils den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen und die Kosten des gesamten Rechtsstreits der Klägerin aufzuerlegen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das Urteil. Es handele sich um – unrichtige – Tatsachenbehauptungen, weshalb der Unterlassungsanspruch bestehe und bezüglich der erledigten Anträge bestanden habe. Die Beklagte betreibe mit ihrer Webseite eindeutig ein Telemedium mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten i.S.d. § 56 RStV. Die Gegendarstellung sei nicht nur per Fax, sondern außerdem per Post an die Beklagte an die im Impressum angegebene […] Adresse versandt worden. Die Übermittlung per Telefaxkopie sei nach allgemeiner Auffassung zudem völlig ausreichend. Dem stehe § 126 BGB nicht entgegen, weil dieser nur rechtsgeschäftliche Willenserklärungen erfasse, während es sich hier um eine persönliche Erklärung zur Wahrnehmung eigener Rechte handele.
Schließlich sei der angeblich fehlende Zugang verspätet gerügt und es handele sich um einen Verstoß gegen § 14 BORA.
Die Kosten wegen des erledigten Teils habe die Beklagte zu tragen, weil die Ansprüche bestanden hätten und – durch Abgabe von sogar weitergehenden – Unterlassungserklärungen ohne jeden Vorbehalt uneingeschränkt anerkannt worden seien. Die – zudem noch verlängerte – Frist sei angemessen, eine Verlängerung über das ganze Wochenende nicht zumutbar gewesen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§ 511 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).
Die Berufung ist aber nicht begründet.
Das Landgericht hat zu Recht dem zuletzt noch geltend gemachten Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB, 186 StGB, 824, 1004 BGB sowie dem Gegendarstellungsanspruch nach § 56 Abs. 1 RStV stattgegeben und die Kosten insgesamt, also auch wegen der übereinstimmend für erledigt erklärten Unterlassungsanträge der Beklagten auferlegt.
1.
Mit dem letzten in Verbindung mit dem vorletzten Satz ihrer Pressemitteilung vom 27.07.2010 hat die Beklagte die Tatsachenbehauptung aufgestellt, die Klägerin habe Anleger über „die nicht fixierten Festpreise“ in den Lieferverträgen nicht aufgeklärt:
Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert, Werturteile und Meinungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage. Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder Gegenwart angehörige Geschehen oder Zustände der Außenwelt (äußere Tatsachen) wie auch des menschlichen Seelenlebens (innere Tatsachen). Eine Tatsachenbehauptung kann wahr oder unwahr sein, ein Werturteil oder eine Meinungsäußerung kann je nach Standpunkt entweder als falsch abgelehnt oder als richtig akzeptiert werden. Maßgebliches Unterscheidungskriterium ist daher, ob der Gehalt der Äußerung einer objektiven Klärung zugänglich ist und der theoretischen Überprüfung durch Beweis offensteht. Der Inhalt ist, ausgehend vom Wortlaut, unter Berücksichtigung des sprachlichen Kontextes, in dem die Äußerung steht, sowie der für den Adressaten erkennbaren Begleitumstände, unter denen sie gemacht wird, zu ermitteln (siehe Palandt-Sprau, 70. Aufl. § 824 BGB Rz. 2 f m.w.N.).
Zwar werden über die Frage, ob Prospektverantwortliche ihrer Verpflichtung zur Aufklärung der potentiellen Anleger über für die Anlageentscheidung wesentliche Umstände in hinreichendem Maße nachgekommen ist, nicht selten unterschiedliche (Rechts-) Auffassungen, also Meinungen vertreten. Darum geht es aber in der von der Klägerin beanstandeten Passage der Presseerklärung nach deren Wortlaut und auch unter Berücksichtigung der Begleitumstände aus der verständigen Sicht des angesprochenen Lesers nicht. Der Halbsatz „Da dieses nicht erfolgte,“ stellt sich vielmehr als eine kategorische Aussage über einen Zustand, nämlich den der fehlenden Information über einen bestimmten Umstand, dar, die wahr oder unwahr sein kann, die aber nicht durch Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist. Es handelt sich deshalb um eine Tatsachenbehauptung, nicht eine Meinungsäußerung.
Die behauptete Tatsache ist auch unrichtig, weil der Beteiligungsprospekt einmal auf S. 8 unter der Rubrik „Risiken“: „ 3. Erhöhte Kosten“ deutliche Hinweise zu möglichen Preiserhöhungen, die die Prognoserechnung wesentlich verschlechtern können, enthält. Auf S. 22 ist zudem im Zusammenhang mit der verbindlichen Zusammenarbeit mit dem Händler ausdrücklich erläutert, dass die Preise für die Rapssaat zu einem großen Teil kurz vor und während der Erntezeit festgelegt werden. Der Umstand, dass in der Pressemitteilung auch auf den Vorprospekt Bezug genommen ist, steht der Unrichtigkeit der Aussage nicht entgegen. Allerdings mag, wie die Beklagte meint, auf S. 2 dieser Vorabinformation suggeriert worden sein, dass die verbindlichen Lieferverträge auch bereits Festpreise enthielten. Dennoch bleibt die Behauptung, es sei (überhaupt) nicht darüber aufgeklärt worden, dass dem nicht so sei, falsch, zumal in der Vorabinformation darauf hingewiesen wird, dass ausschließlich maßgeblich der Beteiligungsprospekt sei. Eine Einschränkung dahin, der Vorwurf unterlassener Aufklärung betreffe nur den Vorprospekt, enthält die Pressemitteilung nicht.
Dass die beanstandeten Sätze in der Presseerklärung als Zitat des Rechtsanwaltes T. gekennzeichnet sind, steht dem Unterlassungsanspruch nicht entgegen, weil die Beklagte damit ein Mitglied ihrer eigenen Kanzlei zitiert und sich dessen Aussage zueigen macht (vgl. dazu für einen presserechtlichen Gegendarstellungsanspruch LG Köln, Urt. v. 27.02.2008, Az. 28 O 712/07).
Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung Bedenken gegen den „insbesondere“- Zusatz im Urteilstenor geäußert hat, werden diese von dem Senat nicht geteilt. Der „insbesondere“ -Zusatz verkörpert neben dem verallgemeinerten Teil eines Unterlassungsantrages, mit dem er verbunden ist, keinen eigenständigen Streitgegenstand, sondern verweist lediglich zur Verdeutlichung der dort formulierten Charakteristika auf die konkrete Verletzungsform. In dem Zusatz ist demnach lediglich eine Auslegungshilfe zu sehen, dagegen keine Erweiterung oder Einschränkung des Antrages (vgl. OLG Hamburg, CR 2010, 496 m.w.N.). Hiergegen bestehen keine Bedenken.
2.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Gegendarstellungsanspruch aus § 56 Abs. 1 RStV – mit der Maßgabe der aus dem Tenor ersichtlichen sprachlichen Korrektur – ebenfalls zu:
Die Beklagte ist Anbieterin eines Telemediums i.S.d. § 56 Abs. 1 RStV. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 RStV sind Telemedien „alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes sind, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen oder telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 des Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach Satz 1 und 2 sind.“ . Abzugrenzen sind Telemedien mithin von Rundfunk und von Telekommunikationsdienstleistungen, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen. Telekommunikationsdienste, die überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, wie accessproviding und e-mail-Übertragung, sind demgegenüber – anders als die bloße Internet-Telefonie – Telemedien (Held in Hahn/Vesting Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008 § 54 RStV Rz. 21, 35 f.). Die Webseite der Beklagten ist daher ein Telemedium.
Welche Angebote als „journalistisch-redaktionell“ gestaltet iSd § 56 RStV anzusehen sind, ist im RStV nicht definiert. Kennzeichnende Merkmale solcher Angebote sind eine gewisse Selektivität und Strukturierung, das Treffen einer Auswahl nach ihrer angenommenen gesellschaftlichen Relevanz mit dem Ziel des Anbieters, zur öffentlichen Kommunikation beizutragen, die Ausrichtung an Tatsachen (sog. Faktizität), ein hohes Maß an Aktualität, nicht notwendig Periodizität, ein hoher Grad an Professionalisierung der Arbeitsweise und ein gewisser Grad an organisierter Verfestigung, der eine gewisse Kontinuität gewährleistet (vgl. Held in Hahn/Vesting a.a.O. Rz. 49 ff). Diesen Kriterien entspricht der Internetauftritt der Beklagten, der sich entgegen der von ihr im Rahmen dieses Rechtsstreits vertretenen Ansicht nicht in einer bloßen Eigenwerbung erschöpft. Die Beklagte überarbeitet ihre homepage regelmäßig und gibt von ihr bearbeitete Neuigkeiten („Aktuelles“, „TopNews für Anleger“) heraus. Sie gibt unter der Rubrik „Medien“ laufend Pressemitteilungen heraus, unterhält ein „Pressearchiv“ und stellt sich selbst unter der Überschrift „Medienarbeit“ wie folgt dar:
„Wir begreifen die aktuelle ausführliche Information der Medien, von Zeitungen, Magazinen und Fachpublikationen, von Radio und Fernsehen, als wichtigen Bestandteil unserer Arbeit.
Eine umfassende Berichterstattung in den Medien ist einerseits unverzichtbar zur Vorbeugung von Betrugs- und Schadensfällen auf dem Kapitalmarkt, zum anderen kämpfen wir mit unserer intensiven Medienarbeit erfolgreich gegen den verbreiteten Lobbyismus von Banken und Finanzdienstleistern.
Neben der schnellen Information der Anleger durch die Medien ist es uns ebenfalls ein wichtiges Anliegen, über die öffentliche Meinung nachdrücklich auf den Gesetzgeber einzuwirken, um endlich einen effektiveren Anlegerschutz zu erreichen.
Obendrein ist die Durchsetzung von berechtigten Anlegeransprüchen oftmals leichter, wenn die Gerichte bereits durch entsprechende Medienberichte und Fachveröffentlichungen über offensichtliche Missstände vorab informiert sind.
Sie finden links im Hauptmenü eine Übersicht über unsere Präsenz in den Medien, also eine laufend aktualisierte Auswahl von Presseartikel und Beiträgen, in denen über unsere Kanzlei oder unsere Fälle berichtet wird, sowie eine tagesaktuelle chronologische Auflistung aller von uns herausgegebenen Pressemitteilungen inklusive eines Archivs mit unseren Mitteilungen aus der Zeit vor August 2007.
Copyright © 2009 K.“
Bei den von der Klägerin beanstandeten Aussagen in der Presseerklärung, wegen derer sie die Gegendarstellung geltend macht – fehlende Aufklärung über nicht fixierte Festpreise, Abschluss von Lieferverträgen mit Festpreisen über Rapssaat als zum Konzept der Klägerin gehörig, Anpreisen nicht abgeschlossener Festpreisverträge – handelt es sich um Tatsachenbehauptungen, auf deren Richtigkeit es im Rahmen des Gegendarstellungsanspruches nicht ankommt.
Der Anspruch ist nicht gemäß § 56 Abs. 2 RStV ausgeschlossen. Das berechtigte Interesse der Klägerin liegt unzweifelhaft vor. Die Gegendarstellung ist nicht offenkundig unwahr, hat nicht lediglich einen belanglosen Inhalt und ist nicht aus sich heraus unverständlich. Die gleichzeitige Verfolgung von Ansprüchen auf Unterlassung und ggf. Widerruf steht nicht entgegen. Der Umfang der Gegendarstellung, die sich auf tatsächliche Angaben beschränkt und keinen strafbaren Inhalt hat, geht nicht unangemessen über den der beanstandeten Tatsachenbehauptungen hinaus. Schließlich ist das Gegendarstellungsverlangen der Beklagten i.S.d. § 56 Abs. 2 Nr. 4 RStV unverzüglich schriftlich und von dem gesetzlichen Vertreter der Klägerin unterzeichnet zugegangen. Zu Recht hat das Landgericht die Zusendung per Telefax insoweit ausreichen lassen, weshalb es auf den streitigen Zugang des Originals nicht ankommt. Die Schriftform des Gegendarstellungsverlangens ist bei jeder Art der Fixierung durch Druck oder Schrift gewahrt und auch das Erfordernis der eigenhändigen Unterzeichnung ist bei Zuleitung durch Telefax erfüllt (Schulz in Hahn/Vesting § 56 RStV Rz. 32 f; LG Köln, AfP 1995, 684 f; OLG Saarbrücken NJW-RR 1992, 730; OLG München NJW 1990, 2895 zu den jeweiligen Pressegesetzen). Durch die Unterzeichnung soll der Inhalt der Gegendarstellung festgelegt sowie die Verantwortlichkeit und Identität des Verfassers in überprüfbarer Weise dokumentiert werden. Dieser Zweck wird auch bei einer Übermittlung durch Fernkopie sichergestellt. Ein Telefax liefert am Empfangsort eine originalgetreue Wiedergabe der Vorlage und dabei insbesondere auch eine exakte bildliche Wiedergabe der Unterschrift. Zwar sind kopierte Schriftstücke nur bedingt für wissenschaftliche graphologische Untersuchungen geeignet. Die Überprüfung durch den Empfänger wird sich jedoch schon unter dem Gesichtspunkt der generellen Eilbedürftigkeit des Gegendarstellungsverfahrens nicht auf derartige Untersuchungen erstrecken können, sondern sich auf einen oberflächlichen Vergleich des Schriftbildes beschränken. Diese Möglichkeit ist auch bei einer Fernkopie unbeschränkt vorhanden (OLG München a.a.O., OLG Saarbrücken a.a.O.).
3.
Das Landgericht hat schließlich zu Recht die Kosten des gesamten Verfahrens der Beklagten auferlegt, weil dies im Hinblick auf die für erledigt erklärten Unterlassungsanträge gemäß § 91 a ZPO billigem Ermessen entsprach. Die geltend gemachten und von der Beklagten durch Unterzeichnung der Unterlassungserklärungen anerkannten Ansprüche standen der Klägerin zu und die Beklagte hat Anlass zur Einleitung des Verfahrens gegeben.
Bei den beiden von der Klägerin insoweit beanstandeten Aussagen (Abschluss von Lieferverträgen mit Festpreisen über Rapssaat als zum Konzept der Klägerin gehörig, Anpreisen nicht abgeschlossener Festpreise) handelt es sich um – unrichtige – Tatsachenbehauptungen. Der Umstand, dass der Verantwortliche in der Kanzlei der Beklagten den von ihr hervorgehobenen Inhalt des Vorprospektes in der Weise verstanden haben mag, wie sie in der Presseerklärung dann ihren Niederschlag gefunden hat, vermag daran, dass jedenfalls nach dem Inhalt des Beteiligungsprospektes, insbesondere auf dessen Seite 22, diese Äußerungen – erkennbar – unrichtig waren, nichts zu ändern. Ausweislich dieses – für die Anleger maßgeblichen – Prospektes wurden, wie bereits ausgeführt, Fest preisverträge über Rapssaat gerade nicht geschlossen und gehörte dies auch nicht zum Konzept der Klägerin. Dass nach den Prospekten bereits „verbindliche“ Verträge abgeschlossen waren, steht dem nicht entgegen.
Unter den gegebenen Umständen war die der Beklagten gesetzte, auf deren Bitte noch verlängerte Frist auch nach Auffassung des Senates nicht zu kurz bemessen. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Sozietät von mit der Materie, um die es ging, vertrauten Rechtsanwälten und der Sachverhalt war nicht derart kompliziert gelagert, dass er nicht eine Entscheidung über das an die Beklagte gerichtete Ansinnen innerhalb der ihr gesetzten Frist erlaubt hätte. Der von der Beklagten vorgetragene Umstand, dass sich verantwortliche Ansprechpartner auf Reisen befunden hätten, vermochte einen Anspruch gegen die Klägerin auf ein Zuwarten über das Wochenende hinaus angesichts deren erheblichen Interesses an einer schnellen Entfernung der Passagen nicht zu rechtfertigen. Dass der Artikel dann nicht mehr hat aufgerufen werden können, ist der Klägerin erst kurz nach Einreichung ihres Antrages bei Gericht mitgeteilt worden. Vor Unterzeichnung der Unterlassungserklärung bot dieser Umstand zudem der Klägerin keine Gewissheit, dass nach Prüfung der Rechtslage durch die Beklagte die Presseerklärung am Wochenende nicht evtl. erneut eingestellt werden würde. Der zivilrichterliche Eildienst ist am Freitag beim Landgericht Bremen zudem nur bis 15:00 Uhr erreichbar.
Die Berufung erweist sich nach alledem insgesamt als nicht gerechtfertigt und ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.