„Bella Fontanis Mango-Orangenblüte“ irreführend

16. April 2012
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Eigener Leitsatz:

Die naturgetreue Abbildung von Früchten oder Pflanzenteilen, wie eine Orangenblüte auf der Flasche des Erfrischungsgetränks „Bella Fontanis Mango-Orangenblüte“ und die Bezeichnung „Mango-Orangenblüte“, erwecken beim angesprochenen Verkehrskreis den Eindruck, dass Fruchtsaft und/oder Fruchtmark der abgebildeten Frucht bzw. des Pflanzenteils enthalten sind. Insoweit dies nicht der Wahrheit entspricht, verstößt die Aufmachung des Produkts gegen das Irreführungsverbot des Lebensmittelgesetzes.

 

Oberlandesgericht Karlsruhe

Urteil vom 14.03.2012

Az.: 6 U 12/11

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 17. Dezember 2010 – 14 O 13/10 KfH III – im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:

a) Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen,

im Wettbewerb handelnd das Near-Water-Erfrischungsgetränk „Bella FONTANIS Mango-Orangenblüte“ wie nachfolgend abgebildet

  (Abbildung)

zu bewerben und/oder bewerben zu lassen und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 208,65 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckung kann bezüglich Ziffer 1a) (Unterlassung) gegen Sicherheitsleistung i.H. von 30.000 EUR und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung i.H. von 110 Prozent des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in der genannten Höhe bzw. in Höhe von 110 Prozent des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:
    
I.
   
Die Parteien streiten um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Abbildung eines Pflanzenbestandteiles (Orangenblüte) auf dem Etikett eines Erfrischungsgetränks.
   
Der Kläger ist ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Die Beklagte vertreibt unter anderem das alkoholfreie Erfrischungsgetränke „Bella Fontanis Mango-Orangenblüte“. Orangenblüten oder Bestandteile hiervon, auch in Form von Essenzen, enthält das Produkt nach den unangegriffenen Feststellungen des landgerichtlichen Tatbestandes nicht. Die Parteien streiten darum, ob der Verkehr angesichts der Abbildung der Orangenblüte im Rahmen der konkreten Aufmachung der Flasche lediglich deren Geschmack oder ob er auch Bestandteile der Pflanze in dem Getränk erwartet. Das Getränk wird im Handel bei nur geringem Fruchtgeschmack als „Wasser mit Geschmack“ oder „Near-Water-Produkt“ bezeichnet. Der Mangogeschmack wird durch Mangosaftkonzentrat, der Orangenblütengeschmack durch die Beigabe natürlicher Aromen hervorgerufen. Das angegriffene Getränk wird in einer durchsichtigen 0,75 l-Flaschen in den Verkehr gebracht und weist eine durchscheinende gelbliche Färbung auf.
   
Das Etikett ist wie folgt ausgestaltet: Unter der (untereinander geschriebenen) Bezeichnung „Bella Fontanis“ und „Mango-Orangenblüte“ sind auf dem Etikett die Worte „DIE NATÜRLICHE CALCIUMQUELLE“ und in der vorderen Hälfte des Etiketts rechts die Abbildung einer Mangofrucht, links einer Orangenblüte abgebildet. Der Inhalt des Getränks besteht ausweislich der in der hinteren Hälfte des Etiketts enthaltenen Zutatenliste im Wesentlichen aus natürlichem Mineralwasser, Fructose, Mangosaft aus Mangosaftkonzentrat, Kohlensäure, natürlichen Aromen und Vitaminen. Neben dem Zutatenverzeichnis ist der Text „Schönheit aus der Calciumquelle…“…und in kleinerer Schrift: „…mit dem Hauch von Frucht und Blüte“ verzeichnet. Nach zwei weiteren Sätzen heißt es: “Kalorienarmes Erfrischungsgetränk mit Mango- und Orangenblütengeschmack, ….“. Hinsichtlich der näheren Ausgestaltung wird auf das als Anlage K 7 vorgelegte Produkt verwiesen.
   
Der Kläger hat vorgetragen, die Abbildung der Orangenblüte sei eine nach § 11 LFGB bei der Werbung für Lebensmittel verbotene irreführende Darstellung. Durch die Abbildung einer Orangenblüte auf dem Etikett werde dem Verbraucher suggeriert, dass das Produkt (zumindest in geringem Umfang) Orangenblüte bzw. Orangenblütenessenzen enthalte. Dies sei bei dem angegriffenen Getränk jedoch nicht der Fall. Die Kennzeichnung verstoße gegen die Leitsätze für Erfrischungsgetränke des deutschen Lebensmittelbuches, die nach Ziffer I C. 4 für die naturgetreue Abbildungen von Früchten oder Pflanzenteilen verlangten, dass – ausgenommen bei klaren Limonaden – diese nur dann verwendet werden dürften, wenn Fruchtsaft und/oder Fruchtmark enthalten seien. Der Verstoß gegen § 11 LFGB stelle zugleich einen Wettbewerbsverstoß dar (§§ 3, 4 Nr. 11 UWG) und begründe den geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Der Zahlungsantrag rechtfertige sich im Hinblick auf die berechtigte Abmahnung (§ 12 UWG).
   
Die Klägerin hat beantragt:
   
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd „Bella FONTANIS Mango-Orangenblüte“ wie nachfolgend abgebildet
   
zu bewerben und/oder bewerben zu lassen und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen.
   
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 208,65 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
   
Die Beklagte hat beantragt,
   
die Klage abzuweisen.
   
Die Beklagte hat vorgetragen, der Verbraucher erwarte bei der Abbildung der Frucht und der Blüte nicht entsprechende Bestandteile, sondern bewerte dies als einen Hinweis auf eine bestimmte Geschmacksrichtung. Nach der Gesamtaufmachung des Produktes gehe der Verbraucher nicht davon aus, dass auch Orangenblüten als Bestandteil enthalten seien. Die tatsächliche Zusammensetzung ergebe sich aus dem Zutatenverzeichnis. Auch aus dem Hinweis „mit einem Hauch von Frucht und Blüte“ ergebe sich die Verwendung von Aromen. Die Art des Getränks als „Near-Water-Produkt“ lege eine besondere Nähe zur Frucht ohnehin nicht nahe.
   
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat keine Täuschung i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 LMFG in der Abbildung der Orangenblüte erkannt. Die Aufmachung der Flasche widerspreche nicht den Leitsätzen für Erfrischungsgetränken des deutschen Lebensmittelbuches. Da die Leitsätze „Near-Water-Produkte“ nicht behandle, bleibe offen, ob für diese die Vorgaben des Leitsatzes I C 4 oder die Ausnahme wie bei klaren Limonaden gelte. Darüber hinaus begründe auch die Aufmachung der Flasche keine falsche Vorstellung. Die Abbildung der Orangenblüte präge nicht blickfangmäßig die Aufmachung des Produktes. Bei einem „Near-Water-Produkt“, das sich mit nur geringer gelblicher Färbung präsentiere, erwarte der Verbraucher von vorneherein keine Fruchtbestandteile. Wenn der Verbraucher die Orangenblüte erkenne, müsse er die Flasche bereits gedreht haben und werde dort durch die Beschreibung darauf hingewiesen, dass der Geschmack auch auf andere Art als durch Fruchtbestandteile hervorgerufen sein könne („Mango- und Orangenblütengeschmack“). Da der Unterlassungsantrag unbegründet sei, stehe dem Kläger auch kein Anspruch auf Ersatz seiner außergerichtlichen Aufwendungen zu. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung und der ergänzenden tatbestandlichen Feststellungen wird auf die landgerichtliche Entscheidung verwiesen.
   
Der Kläger, der mit seiner Berufung seine in erster Instanz gestellten Anträge mit der Maßgabe der Beschreibung des betroffenen Produktes als „Near-Water-Erfrischungsgetränk“ weiterverfolgt sowie hilfsweise die Aufhebung und Zurückverweisung beantragt, macht geltend, dass das ausdrückliche Verbot in den Leitsätzen der Erfrischungsgetränke des deutschen Lebensmittelbuches nach I. C 4 auch für „Near-Water-Produkte“ Anwendung finde. Darüber hinaus rechtfertige die Abbildung der Orangenblüte nach der Gesamtaufmachung des Etiketts die Annahme der Irreführung. Deren Abbildung sei bereits in der Frontalansicht unschwer erkennbar. Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass eine durch die Gestaltung der Frontalansicht eingetretene Irreführung durch die Angabe im Zutatenverzeichnis beseitigt werden könnte. Der Hinweis des Landgerichts, dass der Verbraucher bei einer Abbildung von Blüten weniger als bei Früchten einen Hinweis auf Inhaltsstoffe annähme, sei unzutreffend. Im Übrigen sei dieser Umstand von den Parteien nicht vorgetragen. Jedenfalls aber sei es ausreichend, wenn ein gewisser Anteil der Verbraucher durch die Gestaltung in die Irre geführt werden. Dies habe das Landgericht zu Unrecht verneint.
   
Die Beklagte verteidigt die landgerichtliche Entscheidung und beantragt die Berufung zurückzuweisen. Zu Recht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall die für die Fruchtabbildungen entscheidenden Vorgaben der Leitsätze keine Anwendung fänden. Das angegriffene Produkt lasse sich mit der Kategorie der klaren Limonaden vergleichen. Zum Zeitpunkt der letzten Änderung der Leitsätze seien zwar bereits vereinzelt „Near-Water-Produkte“ auf dem Markt gewesen, hätten aber noch nicht zu einer Festlegung einer diesbezüglichen Verkehrsauffassung Anlass geboten. Jedenfalls aber stünde die Gesamtaufmachung des Produktes der Annahme einer Irreführung entgegen: Bei dem Produkt handle es sich um ein solches, das Wasser weitaus näher stehe als einem Fruchtgetränk. Die bloße Angabe der Geschmacksrichtungen werde schon deshalb nicht ohne weiteres als Hinweis darauf verstanden, dass das Produkt tatsächlich Orangenblüte enthalte. Darüber hinaus werde auf dem Etikett an verschiedenen Stellen darauf hingewiesen, dass es sich bei der abgebildeten Blüte allein um eine Darstellung der Geschmacksrichtung handle. Hierauf wiesen die Angaben „mit einem Hauch von Frucht und Blüte“, „mit Mango-und Orangenblütengeschmack“ und das Zutatenverzeichnis hin.
   
Auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien wird ergänzend ebenso hingewiesen wie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 14.03.2012.

II.
   
Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg.
   
Entgegen der Annahme des Landgerichts erwecken die Darstellung der Orangenblüte und die Bezeichnung „Mango – Orangenblüte“ auf dem Etikett des Erfrischungsgetränkes für die angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck, Orangenblüten oder Bestandteile davon seien als Inhaltsstoffe in dem Getränk enthalten. Dies ist aber tatsächlich nicht der Fall. Die Werbung der Beklagten mit dieser Darstellung verstößt daher gegen das Irreführungsverbot des § 11 Abs. 1 S. 1 LFGB. Sie stellt zugleich eine unlautere geschäftliche Handlung im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG dar, die nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG zu unterlassen ist. Ob daneben auch der allgemeine Irreführungstatbestand des § 5 UWG anwendbar ist oder der lebensmittelrechtliche Irreführungstatbestand als Spezialregelung Vorrang genießt, kann dahingestellt bleiben.
   
1. Die Darstellung der Orangenblüte auf dem Etikett des Erfrischungsgetränkes verstößt gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 LFGB.
   
a) Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 LFGB ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Eine solche Irreführung ist gegeben, wenn die angegriffene Gestaltung geeignet ist, bei den angesprochenen Verkehrskreisen zumindest auch unrichtige Vorstellungen über das Produkt zu erwecken (OLGR Köln 2008, 528).
   
Welche Bedeutung die Verkehrskreise einer Angabe beimessen, richtet sich nach der Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet (BGHZ 156, 250, 252 -Marktführerschaft). Im Streitfall richtet sich die Bewerbung des Erfrischungsgetränks auf dessen Etikett an die Allgemeinheit. Maßgeblich für das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise ist hierbei der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (BGHZ 156, 250, 252 – Marktführerschaft). Maßgeblich für die Beurteilung einer Werbeaussage ist dabei, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung aufgrund des Gesamteindrucks versteht (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 5 Rn. 2.90 m.w.N.). Dieses Verkehrsverständnis kann der Senat aufgrund seiner Erfahrung in Wettbewerbssachen und wegen der Zugehörigkeit seiner Mitglieder zu den angesprochenen Verbrauchern selbst feststellen.
   
b) Die Aufmachung des Etiketts steht nicht im Einklang mit den Leitsätzen für Erfrischungsgetränke des deutschen Lebensmittelbuches. Seine Aufmachung entspricht nicht den Anforderungen nach Leitsatz I C 4.
   
Die nach § 15 LFGB aufgestellten Leitsätze für Erfrischungsgetränke des deutschen Lebensmittelbuches (BAnz. Nr. 62 v. 29.03.2003, GMBl. Nr. 18 S. 383 vom 15.04.2003) stellen zwar keine verbindliche Rechtsnormen und auch nicht in jedem Fall ein zuverlässiges Abbild des aktuellen Verbraucherverständnisses dar, wohl aber eine sachverständige Beschreibung der für die Verkehrsfähigkeit bedeutsamen Herstellung, Beschaffenheit und der sonstigen Merkmale von Lebensmitteln, die unter Umständen entsprechende bestehende oder künftig herauszubildende Erwartungen der Verbraucher nahelegen können (OLG Köln Magazindienst 2012, 214 – Sparkling Tea).
   
Zu Recht gehen die Parteien übereinstimmend davon aus, dass „Erfrischungsgetränke“ im Sinne der Leitsätze sämtliche Getränke sind, die Trinkwasser, natürliches Mineralwasser, Quellwasser und/oder Tafelwasser und geschmacksgebende Zutaten enthalten. Dabei gelten nach der Systematik der Leitsätze die „allgemeinen Beurteilungsmerkmale“ nach Teil I. für alle diese genannten Erfrischungsgetränke, die unter Teil II. angeführten „besonderen Beurteilungsmerkmale“ gelten lediglich für Fruchtsaftgetränke, Fruchtschorle, Limonaden und Brausen (vgl. I A. 2.). Der Umstand, dass das Produkt nicht zu den Erfrischungsgetränken gehört, für die die Leitsätze mit besonderen Beurteilungsmerkmalen aufgestellt worden sind, führt nicht zur Unanwendbarkeit der allgemeinen Beurteilungsmerkmalen, zu denen der Leitsatz I C 4 gehört.
   
Nach dem unter den „allgemeinen Beurteilungsmerkmalen“ verzeichneten Leitsatz für „Bezeichnung und Aufmachung“ I. C. 4 dürfen „naturgetreue Abbildungen von Früchten oder Pflanzenteilen […], ausgenommen bei klaren Limonaden, nur dann verwendet [werden], wenn Fruchtsaft und/oder Fruchtmark enthalten sind.“
   
Diese Anforderungen an die Aufmachung erfüllt das Etikett des angegriffenen Erfrischungsgetränks der Beklagten, das ein Erfrischungsgetränk i.S. des Teils I der Leitsätze ist, nicht. Auf dem Etikett findet sich nicht nur der ausdrückliche Hinweis auf „Mango-Orangenblüte“, sondern es sind auch eine Mango als Frucht und eine Orangenblüte als Pflanzenteil abgebildet. Das Getränk enthält zwar 2,5 % Mangosaft, aber Orangenblüten oder Bestandteile hiervon, auch in Form von Essenzen, enthält das Produkt nicht. Dieser unangegriffenen tatbestandlichen Feststellung des Landgerichts steht auch nicht der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht geführte Vortrag der Beklagten entgegen, dass zur Erzielung des Orangenblütengeschmacks ein natürliches Aroma eingesetzt werde, das – was der Kläger bestreitet – auch aus Orangenblütenextrakt bestehe. Auch die Ausnahme für klare Limonaden greift nicht, da das Getränk zum einen keine Limonade ist. Diese ist gerade auch durch ihren Gesamtzuckergehalt (7 Gewichtsprozent bzw. entsprechenden Süßstoffanteil) gekennzeichnet (vgl. Ziff. II C. 1 a.E. der Leitsätze). Zum anderen ist sie nicht (wasser)klar.
   
Zu Unrecht geht das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung davon aus, dass der genannte Leitsatz das hier im Streit befindliche „Near-Water-Erfrischungsgetränk“ nicht erfasse. Es handelt sich bei diesem Produkt unstreitig um ein Erfrischungsgetränke, das natürliches Mineralwasser mit geschmacksgebenden Zutaten im Sinne der Begriffsbestimmung I. A 1. beinhaltet.
   
c) Die in dem Leitsatz I C. 4 aufgestellten Kriterien entsprechen auch der Erwartung eines durchschnittlichen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers, der die naturgetreue Abbildung von Früchten oder Pflanzenteilen auf dem Etikett eines Erfrischungsgetränks wahrnimmt. Ohne eine diesem Eindruck entgegenstehende Aufklärung wird ein solcher Verbraucher nämlich erwarten, dass Fruchtsaft und/oder Fruchtmark der abgebildeten Pflanze bzw. der Frucht in dem Getränk enthalten ist. Der Senat hat nicht zu beurteilen, ob der Verkehr dies möglicherweise dann nicht erwartet, wenn das Getränk keinerlei Färbung aufweist. Denn im Streitfall weist das Getränk eine gelbliche Färbung auf. Zwar ist das vorliegende Getränk ungetrübt, transparent oder durchsichtig. Die nicht zu übersehende gelbe Färbung gibt dem Verbraucher aber einen Hinweis auf einen zusätzlichen Inhalt, den er zusammen mit der abgebildeten Frucht oder dem abgebildeten Pflanzenbestandteil als Hinweis auf einen entsprechenden Gehalt des Getränkes deutet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es sich um ein Getränk handelt, das ganz überwiegend aus Mineralwasser beseht („Near-Water-Produkt“). Die als sachverständige Äußerung zu Grunde zu legende Verbrauchervorstellung nach den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches kann daher grundsätzlich auch im Streitfall als Verbrauchererwartung zu Grunde gelegt werden. Der Verbraucher stellt ein solches Getränk nicht einer klaren Limonade gleich. Von einer solchen Erwartung führt der Hinweis auf die „natürliche Calciumquelle“ weg.
   
d) Die konkrete Aufmachung des Etiketts wirkt der durch die Abbildung der Orangenblüte verursachten Irreführung nicht entgegen.
   
Unmittelbar unter der Bezeichnung des Getränks („Bella Fontanis“) befindet sich der Hinweis „Mango – Orangenblüte“. Die Bezeichnung wirkt dem durch die Abbildung der Pflanzenbestandteile verursachten Eindruck schon deshalb nicht entgegen, da sie nicht ausdrücklich auf den Geschmack von Orangenblüte Bezug nimmt.
   
Der Verbraucher kann dem Hinweis „mit dem Hauch von Frucht und Blüte“ nicht entnehmen, dass hinsichtlich der Orangenblüte lediglich Aromen, nicht aber Bestandteile von Orangenblüte enthalten sind. Auch der in diesem Zusammenhang angegebene Fruchtgehalt (2,5 %) gibt keinen Hinweis darauf, dass dieser sich ausschließlich auf Mangosaft bezieht.
   
Lediglich der Hinweis, dass es sich um ein „kalorienarmes Erfrischungsgetränke mit Mango- und Orangenblütengeschmack“ handelt, deutet darauf hin, dass die Bezeichnung und die Abbildung lediglich die Geschmacksrichtung beschreiben sollen. Dieser lediglich im Fließtext unter der Überschrift „Schönheit aus der Calciumquelle“ als 5. Satz enthaltene Hinweis ist jedoch auch für einen situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher nicht so deutlich angebracht, dass er den durch die Abbildung und die Bezeichnung hervorgerufenen Eindruck eines Fruchtgehalts ausräumen könnte.
   
Entgegen der Auffassung der Beklagten begründet auch das Zutatenverzeichnis keinen der Irreführung entgegenwirkenden Eindruck. Denn der Verbraucher müsste erst aus der fehlenden Angabe der Zutat “Orangenblüte“ schließen, dass diese – im Gegensatz zu Mangosaft – nicht enthalten ist. Derart spekulative Überlegungen stellt der Verkehr nicht an.
   
Zu Recht wendet sich der Kläger gegen die Annahme des Landgerichts, die abgebildete Orangenblüte werde von einem Verbraucher erst dann wahrgenommen, wenn dieser die Flasche in die Hand genommen und gedreht habe und dabei auch die textliche Beschreibung einschließlich des Hinweises auf Mango- und Orangenblütengeschmack wahrnehme. Das Landgericht hat bei der Annahme einer entsprechenden Verkehrsauffassung nicht hinreichend berücksichtigt, dass allein die Bezeichnung und die Abbildungen auf der vorderen Hälfte des Etiketts dargestellt sind. Ohne einen Hinweis auf der Vorderseite hat der Verkehr keinen Anlass, im Fließtext der Beschreibung oder im Zutatenverzeichnis weitere, vom ersten Eindruck abweichende Erkenntnisse über die Bestandteile des Getränks zu suchen. Soweit das Landgericht davon ausgeht, dass der Verkehr bei der Abbildung einer Blüte anders als bei einer Frucht nicht im gleichen Maße davon ausgehe, dass diese Bestandteil des Getränks ist, widerspricht dies der sachverständigen Äußerung in den Leitsätzen, die ausdrücklich auch Pflanzenbestandteile aufführt. Anknüpfungspunkte für eine dieser sachverständigen Darstellung entgegenstehende Verkehrsauffassung hat die Beklagte nicht dargetan. Der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg in GRUR 1990, 137 – Pfirsich-Likör liegt kein vergleichbarerer Sachverhalt zu Grunde. Dort war auf dem Etikett auf der Frontseite unten nicht übersehbar angeführt: „naturidentische Aromastoffe“. Diese Bezeichnung stand in Einklang mit den für Liköre geltenden gesetzlichen Vorschriften.
   
2. Da das angegriffene Etikett wettbewerbswidrig ist, ist der mit der Klage geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 S. 1 UWG begründet. Der Verstoß in der Vergangenheit begründet die für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr.
   
Der Kläger ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Dem Kläger steht nach § 12 Abs. 1 S. 2 Ersatz der für die berechtigte Abmahnung erforderlichen Auslagen zu. Bedenken gegen die geltend gemachte Anspruchshöhe bestehen nicht.
   
Auf die Berufung des Klägers ist daher das landgerichtliche Urteil im Kostenpunkt aufzuheben und insoweit abzuändern, als die Beklagte nach dem Antrag des Klägers zur Unterlassung und zur Zahlung zu verurteilen ist.
   
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

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