„Zulassung an allen deutschen Gerichten“ – Werbung mit Selbstverständlichkeiten

23. August 2013
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Eigener Leitsatz:

Der gesonderte Hinweis eines Rechtsanwalts mit einer Zulassung „an allen deutschen Landgerichten und Oberlandesgerichten“ ist grundsätzlich als irreführende und unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten zu bewerten – insbesondere, wenn zusätzlich mit einer Zulassung „am Kammergericht Berlin“ geworben wird. Befindet sich eine solcher Hinweis jedoch an einer nicht im besonderen Maße hervorgehobenen Stelle, sondern vielmehr unauffällig im Rahmen der sonstigen Webseitengestaltung, ist nicht zwingend von einer irreführenden Werbung auszugehen. Ein solcher Hinweis kann vielmehr der Tatsache gerecht werden, dass es vielen nicht geläufig sein wird, dass das Kammergericht die Bezeichnung des Oberlandesgericht in Berlin ist.

Kammergericht Berlin

Beschluss vom 14.06.2013

Az.: 5 W 119/13

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Kammer für Handelssachen 103 des Landgerichts Berlin vom 6. Mai 2013 – 103 O 65/13 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.000 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (§§ 567 ff. ZPO), hat aber in der Sache keinen Erfolg. Mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht es in der angefochtenen Entscheidung sowie im Nichtabhilfebeschluss vom 22. Mai 2013 abgelehnt, die begehrte einstweilige Verfügung zu erlassen, weil der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 5 UWG an einer fehlenden Irreführung scheitert.

1. Die auf der Homepage der Antragsgegnerin – nach Herunterscrollen bis an dessen unteres Ende – im Abschnitt "Impressum" unter anderem auffindbar gewesene, in eher kleiner Schrift gehaltene und in keiner Weise hervorgehobene, Angabe

"zugelassen an allen deutschen Landgerichten und Oberlandesgerichten – sowie am Kammergericht Berlin"

ist wahr und auch keine irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten.

2. Allerdings können auch objektiv richtige Angaben wettbewerbsrechtlich unzulässig sein, wenn sie bei einem erheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise einen unrichtigen Eindruck erwecken. Ein solcher unrichtiger Eindruck kann entstehen, wenn Werbebehauptungen etwas Selbstverständliches in einer Weise betonen, dass der Adressat der Werbung hierin einen besonderen Vorzug der beworbenen Ware oder Leistung vermutet (vgl. BGH GRUR 1990, 1028, 1029 – incl. MwSt II; WRP 2009, 435, Rn. 2 – Edelmetallankauf; Senat WRP 2010, 948, m.w.N).

3. Vorliegend ist der Hinweis auf die rechtsanwaltliche Zulassung "an allen deutschen Landgerichten und Oberlandesgerichten – sowie am Kammergericht Berlin" insoweit objektiv richtig, als die Antragsgegnerin bei allen genannten Gerichten als Rechtsanwältin auftreten darf. Die tautologische Doppelung für das Kammergericht ist für sich genommen ebenfalls nicht unrichtig, sondern stellt nur in Rechnung, dass vielen nicht geläufig ist, dass dies die Bezeichnung für das Oberlandesgericht in Berlin ist.

Es ist auch von einer Selbstverständlichkeit auszugehen, weil es seit einiger Zeit Auftrittsbeschränkungen der in Rede stehenden Art für die Rechtsanwaltschaft nicht mehr gibt, also alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Deutschland an besagten Gerichten gleichermaßen auftreten dürfen.

4. Abgesehen davon, dass Vorstehendes nicht jedem Verbraucher bekannt sein muss, fehlt es vorliegend aber schon an einer in ihrer Textgestaltung in besonderem Maße hervorgehobenen Werbeaussage (vgl. auch schon – für eine inhaltlich andere Rechtsanwaltswerbung – Senat a.a.O.). Das Gegenteil ist der Fall. Die Schrift ist eher klein gehalten, die Aussage befindet sich nicht an prominenter Stelle, sondern im Gegenteil am unteren Rand der Homepage im Abschnitt "Impressum" und wird nach Darstellung der Antragstellerin (erst) durch (Hin-)scrollen sichtbar. … …

Sonach liegt im Streitfall keine unzulässige, irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten vor (im Ergebnis ebenso: OLG Saarbrücken GRUR-RR 2008, 176; anders bei solcher Werbung im Briefkopf: OLG Köln WRP 2012, 1454; wohl strenger als hier : OLG Bremen, Beschl. v. 20.02.2013 – 2 U 5/13).

II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur Wertfestsetzung auf § 3 ZPO.

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