Zur irreführenden Werbung mit einer Selbstverständlichkeit

08. Mai 2013
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Eigener Leitsatz:

Die Angabe "Zulassung OLG, LG, AG Bremen" im Impressum des Internetauftritts eines Rechtsanwalts stellt eine irreführende Werbung dar. Mit ihr wird der Eindruck erweckt, der werbende Rechtsanwalt verfüge aufgrund der angegebenen Zulassung gegenüber anderen Rechtsanwälten über eine besondere Stellung oder Qualifikation, obwohl es sich bei der beworbenen Zulassung um eine Selbstverständlichkeit handelt.

Mit in etwa gleicher Begründung hat im Übrigen auch das OLG Köln (Urteil vom 22.06.2012, Az.: 6 U 4/12) die Formulierung "…auch zugelassen am OLG" im Briefkopf eines Rechtsanwalts für unzulässig erachtet.

Oberlandesgericht Bremen

Beschluss vom 15.03.2013

Az.: 2 U 5/13

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 13.12.2012 gemäß §522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Der Verfügungsbeklagte erhält gemäß §522 Abs. 2 Satz 2 ZPO Gelegenheit, hierzu bis zum 15. März 2013 Stellung zu nehmen.

Gründe

I.

Die Parteien sind Rechtsanwälte. Der Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) verwendete im Impressum seines Internetauftritts den Zusatz „Zulassung OLG, LG, AG Bremen“, was die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) für eine irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten hält.

Auf Antrag der Klägerin hat das Landgericht Bremen mit Beschluss vom 16.10.2012 dem Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsgeld untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wörtlich oder sinngemäß wie folgt zu werben:

"Zulassung OLG, LG, AG Bremen“

wie am 02.10.2012 auf der Homepage unter http://[…].de/impressum.html geschehen.

Mit seinem Widerspruch hat der Beklagte die Aufhebung des Beschlusses und die Zurückweisung des Antrags begehrt. Es bestehe zur Klägerin kein Wettbewerbsverhältnis, die Angaben im Impressum seien keine Werbung, es fehle an der wettbewerblichen Relevanz und die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sei rechtsmissbräuchlich.

Mit Urteil vom 13.12.2012 hat das Landgericht Bremen, 2. Kammer für Handelssachen, die einstweilige Verfügung vom 16.10.2012 bestätigt.

Der Unterlassungsanspruch folge aus den §§3, 5, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG. Die Klägerin sei ausweislich ihrer eidesstattlichen Versicherung u.a. als Strafverteidigerin bundesweit tätig und somit Mitbewerberin gemäß §8 Abs. 3 Nr. 1 UWG.

Die Verwendung des Zusatzes „Zulassung OLG, LG, AG Bremen“ sei eine irreführende Handlung. Die Verwendung dieses Zusatzes im Impressum stelle eine geschäftliche Handlung gemäß §2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar, denn sie hänge objektiv mit der Förderung der Dienstleistungen des Beklagten zusammen und habe insbesondere Marktbezug.

Die Verwendung dieses Zusatzes sei irreführend, weil sie beim angesprochenen Verkehr den unrichtigen Eindruck erwecke, die Zulassung des Beklagten bei den bremischen ordentlichen Gerichten sei etwas Besonderes. Diese irreführende Aussage sei auch von wettbewerblicher Relevanz, denn mit dem Zusatz werde der unzutreffende Eindruck erweckt, andere Rechtsanwälte, insbesondere solche mit Sitz nicht in Bremen, besäßen eine solche Zulassung nicht. Für eine rechtmissbräuchliche Abmahnung im Sinne des §8 Abs. 4 UWG bestünden keine hinreichenden Anhaltspunkte, was näher erläutert wird.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte jeweils rechtzeitig die Berufung eingelegt und begründet. Der Beklagte begehrt weiterhin die Aufhebung der einstweiligen Verfügung. Er ist der Ansicht, die Verwendung des beanstandeten Zusatzesim Impressum seiner Internetseite habe keinen Marktbezug und sei daher keine geschäftliche Handlung. Sämtliche Angaben im Impressum dienten nicht der
Förderung des Geschäftszwecks, sondern verfolgten den alleinigen Zweck, die sich aus dem TMG ergebenden Pflichten für Telemediendienstanbieter zu erfüllen. Dies folge für den verständigen Verbraucher auch daraus, dass dieser Zusatz nicht auch im Profil des Beklagten Erwähnung gefunden habe.

Dem Zusatz fehle zudem die wettbewerbliche Relevanz, denn der potentielle Mandant fälle seine Entscheidung anhand des Profils des Beklagten, nicht aufgrund des Impressums, welches weitgehend sowieso nicht zur Kenntnis genommen werde.

Das Verhalten der Klägerin sei schließlich auch rechtsmissbräuchlich, weil sie entgegen §43 BRAO den Beklagten abgemahnt habe, ohne zuvor den Beklagten kollegialiter auf die Unzulässigkeit des Zusatzes hingewiesen zu haben.

II.

Der Senat ist einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufung offensichtlich unbegründet ist und daher keine Aussicht auf Erfolg hat (§522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die Rechtssache hat zudem keine grundsätzliche Bedeutung; eine Revisionszulassung sowie eine Nichtzulassungsbeschwerde kommen von vornherein nicht in Betracht (siehe §542 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Schließlich ist auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten (§522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung mit zutreffender Begründung, auf die ergänzend verwiesen wird, bestätigt:

Die Mitbewerbereigenschaft der Klägerin gemäß §8 Abs. 3 Nr. 1 UWG wird nicht mehr gerügt und ist zudem vom Landgericht zutreffend als hinreichend glaubhaft gemacht bewertet worden.

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass die Verwendung des beanstandeten Zusatzes im Impressum der homepage eine geschäftliche Handlung im Sinne des §2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt. Das Impressum ist Teil der für die interessierte Öffentlichkeit eingerichteten homepage, welches durch einen auf der Startseite befindlichen Link sofort aufgerufen werden kann. Es enthält – worauf der Beklagte selbst hinweist – die nach §5 TMG erforderlichen Angaben, welche u.a. sicherstellen sollen, dass eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit dem Diensteanbieter möglich ist. Damit dient das Impressum auch der Anwerbung neuer Kunden, wobei im Übrigen nur im Impressum die E-Mail-Anschrift des Beklagten angegeben ist.

Die Verwendung des Zusatzes „Zulassung OLG, LG, AG Bremen“ ist gemäß §§3, 5 UWG irreführend, weil damit der unzutreffende Eindruck erweckt wird, der Rechtsanwalt verfüge jedenfalls in Bremen gegenüber anderen Anwälten aufgrund der Zulassung an den ausdrücklich aufgeführten Gerichten über eine besondere Stellung oder Qualifikation.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist diese Werbung mit einer Selbstverständlichkeit von hinreichender wettbewerblicher Relevanz, insbesondere weil sie geeignet ist, bei einem Rechtsschutz vor bremischen Gerichten suchenden potentiellen Mandanten den Eindruck zu erwecken, der Beklagte sei aufgrund seiner Zulassung vor diesen Gerichten gegenüber auswärtigen Rechtsanwälten zu seiner Vertretung besser geeignet (siehe auch OLG Köln, Urt. v. 22.06.2012, 6 U 4/12, II., 4., NJW-RR 2012, 1528f.).

Schließlich teilt der Senat die Ansicht des Landgerichts, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch im Sinne des §8 Abs. 4 UWG vorliegen. Eine standesrechtliches Verpflichtung der Klägerin, den Beklagten vor der Abmahnung auf den Verstoß hinzuweisen, vermag der Senat nicht zu erkennen. Mit seinem wettbewerbswidrigen Verhalten hat der Beklagte eine Wiederholungsgefahr begründet, die dem Mitbewerber gemäß §12 Abs. 1 Satz 1 UWG das Recht sowie auch die Obliegenheit gibt, die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu verlangen. Diese Regelung ist auch im Interesse des Schuldners, um unnötige Prozesse und die damit verbundenen Kosten zu vermeiden. Sie berücksichtigt aber auch das berechtigte Interesse des Mitbewerbers, über eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung klaglos gestellt zu werden. Für konkurrierende Rechtsanwälte gilt nichts anderes; insbesondere ist nicht erkennbar, warum aus dem Standesrecht ein Verzicht auf eine derartige Klaglosstellung folgen soll.

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