Werbung mit nicht bestehenden Büros und Repräsentanzen wettbewerbswidrig

03. April 2009
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Eigener Leitsatz:

Wer lediglich Büroservices am angegebenen Ort nutzt betreibt irreführende Werbung (§§ 3, 5 Nr. 3 UWG). Mit dem Begriff Büro und Repräsentanz wird suggeriert, dass ein Unternehmen dort seine Geschäfte betreibt und fördert, eine geschäftliche Vertretung unterhält. Gerade bei Partnervermittlungsunternehmen wird mit der Niederlassung ein örtlicher Schwerpunkt des Unternehmens verbunden, auf den die Partnersuchenden zurück greifen möchten.

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 04.12.2008

Az.: 37 O 119/08

Tenor:  

I.

Die einstweilige Verfügung vom 24. September 2008 wird unter Aufhebung im Übrigen mit der Maßgabe aufrecht erhalten, dass der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt wird, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken

1.1 wie nachstehend wiedergegeben mit der Angabe "unsere Büros" und „L“ zu werben und/oder werben zu lassen

– Grafik/Bild nur in der Originalentscheidung vorhanden –

1.2 wie nachstehend wiedergegeben mit der Angabe " L " zu werben und/oder werben zu lassen

– Grafik/Bild nur in der Originalentscheidung vorhanden –

1.3 wie nachstehend wiedergegeben mit der Angabe "Repräsentanz" und „L“ zu werben und/oder werben zu lassen

– Grafik/Bild nur in der Originalentscheidung vorhanden –

II.

Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses gerichtliche Verbot als Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, und Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

III.

Die Antragsgegnerin trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Beide Parteien betreiben Partnervermittlungen. Der Antragsteller ist unter der Firma "I" nach eigenen Angaben seit 1985 tätig.

Die Antragsgegnerin betreibt unter der Bezeichnung "S" ebenfalls eine Partnervermittlung. Sie warb in überregionalen Tageszeitungen mit Inseraten des im Urteilstenor zu 1.2 wiedergegebenen Inhalts für ihr Unternehmen. In derartigen Inseraten, auf ihrer Internet – Homepage (vgl. den Screenshot im Tenor zu 1.1) und ihrer Visitenkarte (vgl. die Abbildung im Tenor zu 1.3) verwendete sie die Anschrift "L" in E. Neben dieser Adressangabe wurden auch Telefon- und Telefaxnummer mit der E-Vorwahl "…" angegeben.

Unter der genannten Anschrift "L" bietet die "E" AG & Co. KGaA unter Bezeichnung "Q" Office Dienstleistungen an, die mit den im "DOMIZIL – SERVICE – UND MIETVERTRAG" vom 25. Januar 2008 beschriebenen Inhalten von der Antragsgegnerin zum Preis von € 226,10 (inkl. MWSt.) im Monat in Anspruch genommen werden. Danach werden insbesondere für die Antragsgegnerin eingehende Post- und Warensendungen entgegen genommen und an eine Anschrift in Süddeutschland weiter geleitet. Bei Bedarf kann die Antragsgegnerin unter der Anschrift Büroraum nutzen, um sich mit Kunden in E zu treffen. Wegen der Einzelheiten wird auf die in Kopie zur Akte gereichte Vertragsurkunde verwiesen (vgl. GA 79).

Am 22. August 2008 versuchte eine Frau T die Antragsgegnerin unter ihrer Anschrift L aufzusuchen, traf dort aber die Antragsgegnerin nicht an. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darstellung in der eidesstattlichen Versicherung vom 22. August "2007" (richtig: 2008) verwiesen (vgl. Anlage AS6 = GA 42).

Der Antragsteller behauptet, erst am 22. August 2008 erfahren zu haben, dass es sich bei den Räumen unter der Anschrift L um Räume handelt, die von einem so genannten "Büroservice" zur Verfügung gestellt werden. Er hält die Werbung der Antragsgegnerin für irreführend, weil diese unter der in Rede stehenden Anschrift nicht über ihr durchgehend zur Verfügung stehende Büroräume verfüge.

Der Antragsteller hat beantragt (bei der Antragswiedergabe wird auf die Darstellung der bereits im Tenor dargestellten Grafiken verzichtet),

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken

1.1 wie nachstehend wiedergegeben mit der Angabe "unsere Büros" zu werben und/oder werben zu lassen, soweit die Antragsgegnerin unter der im Zusammenhang mit der Angabe "unsere Büros" genannten Adresse über keine ihr durchgehend zur Verfügung stehenden Geschäftsräume verfügt

1.2 wie nachstehend wiedergegeben mit der Angabe "L" zu werben und/oder werben zu lassen, soweit die Antragsgegnerin unter der Adresse "L" über keine ihr durchgehend zur Verfügung stehenden Geschäftsräume verfügt

1.3 wie nachstehend wiedergegeben mit der Angabe "Repräsentanz" zu werben und/oder werben zu lassen, soweit die Antragsgegnerin unter der im Zusammenhang mit der Angabe "Repräsentanz" genannten Adresse über keine ihr durchgehend zur Verfügung stehenden Geschäftsräume verfügt

Die beantragte einstweilige Verfügung wurde am 24. September 2008 antragsgemäß erlassen.

Hiergegen hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt.

In der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2008 hat der Antragsteller seine Anträge teilweise umformuliert, er beantragt nunmehr,

1.1 wie nachstehend wiedergegeben mit der Angabe "unsere Büros" und "L" zu werben und/oder werben zu lassen

1.2 wie nachstehend wiedergegeben mit der Angabe "L" zu werben und/oder werben zu lassen

1.3 wie nachstehend wiedergegeben mit der Angabe "Repräsentanz" und "L" zu werben und/oder werben zu lassen

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag des Antragstellers zurück zu weisen.

Sie hält ihre von dem Antragsteller beanstandete Werbung für wettbewerbsrechtlich zulässig und bezweifelt, dass der Antragsteller sich ernsthaft auf dem Gebiet der Partnervermittlung betätigt. Außerdem meint Sie, sein Vorgehen sei rechtsmissbräuchlich. Zudem sei davon auszugehen, dass der Antragsteller ihre Werbung und ihren Internetauftritt bereits seit langer Zeit kenne, so dass auch die für den Erlass der einstweiligen Verfügung erforderliche Eilbedürftigkeit nicht gegeben sei.

Entscheidungsgründe

Die Anträge des Antragstellers sind zulässig (I.) und begründet (II.). Die einstweilige Verfügung wird deshalb mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe aufrecht erhalten.

I.

1.

Soweit in den Text der Anträge zu 1.1 und 1.3 die Adressangabe "L" aufgenommen wurde, stellt dies eine zulässige Beschränkung des begehrten Verbots auf die E’er Adresse im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO dar.

2.

Der Wegfall des mit "soweit" beginnenden Halbsatzes ist inhaltlich weder eine Erweiterung noch eine Beschränkung der bisherigen Antragstellung.

Die Anträge sind und waren im Zusammenhang mit dem antragsbegründenden Vortrag des Antragstellers auszulegen. Auch mit den neu gefassten Anträgen wendet sich der Antragsteller im Kern dagegen, dass die Antragsgegnerin mit der Anschrift L wirbt, obwohl sie unter dieser Anschrift keine eigene Geschäftsstelle unterhält, sondern je nach Bedarf lediglich Büroservicedienstleistungen in Anspruch nehmen kann. Diesem Rechtsschutzziel hat der Antragsteller zunächst durch Aufnahme einer negativen Bedingung ("soweit die Antragsgegnerin unter der … genannten Adresse über keine ihr durchgehend zur Verfügung stehenden Geschäftsräume verfügt") in den Antragstext Rechnung zu tragen versucht. Hierauf hat er verzichtet, nachdem die Antragsgegnerin beanstandet hatte, die Formulierung "durchgehend zur Verfügung stehende Geschäftsräume" sei nicht hinreichend bestimmt. Mit dieser Änderung ist indes keine inhaltliche Änderung des Rechtsschutzziels verbunden. Hierzu wird auch auf die Ausführungen zu II. 2. der Entscheidungsgründe verwiesen.

II.

1.

Für die Entscheidung ist davon auszugehen, dass zwischen den Parteien ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, dass das Begehren des Antragstellers nicht rechtsmissbräuchlich ist (a) und dass die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG nicht widerlegt ist (b).

(a)

Zwar äußert die Antragsgegnerin insbesondere in ihrer, der Kammer bei Erlass der einstweiligen Verfügung noch nicht vorliegenden, Schutzschrift Zweifel sowohl an der Betätigung des Antragstellers als auch an der Lauterkeit seines gerichtlichen Vorgehens. Diese Ausführungen sind jedoch derart unbestimmt, dass aus ihnen angesichts des konkreten und glaubhaft gemachten Sachvortrags des Antragstellers, insbesondere zu Art und Umfang der für sein Unternehmen betriebenen Werbung, keine für die Antragsgegnerin günstigen Rechtsfolgen abgeleitet werden können.

(b)

Der Antragsteller hat in der mündlichen Verhandlung sinngemäß bekundet, ihm sei bis zum 22. August 2008 nicht bekannt gewesen, dass unter der Anschrift L so genannte Büroservicedienstleistungen angeboten würden.

Selbst wenn der Antragsteller die Werbung der Antragsgegnerin gekannt hätte, hätte er ohne die zusätzliche Kenntnis nicht den Schluss auf ein wettbewerbswidriges Verhalten der Antragsgegnerin ziehen können. Dass er das in Rede stehende Wissen – entgegen seiner Angabe im Termin – bereits vor dem 22. August 2008 erlangte, hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegnerin nicht glaubhaft gemacht.

2.

Die von dem Antragsteller beanstandete Werbung der Antragsgegnerin mit der Anschrift L in E in der auf der Internetseite der Antragsgegnerin, in ihren Inseraten und auf ihrer Visitenkarte zutage getretenen Form verstoßen gegen §§ 3, 5 Nr. 3 UWG, weil sie irreführend sind.

(a)

Die von der Antragsgegnerin gewählte Darstellung in den in Rede stehenden Medien ist irreführend, weil sich aus ihr nicht ergibt, dass die Antragsgegnerin unter der Anschrift L nur die angebotenen Dienstleistungen bis hin zu der Inanspruchnahme von Büroraum im Bedarfsfall, nutzt, statt dort dauerhaft eine mit eigenem Personal besetzte "Geschäftsstelle" zu unterhalten.

Der Begriff "Büro" (vgl. Antrag zu I. 1.1) wird umgangssprachlich je nach dem Zusammenhang, in dem er verwendet wird, verschieden verstanden, nämlich im Sinne von Dienstzimmer, Geschäftsstelle, "kl. Firma (Schreib-)" aber auch als Gesamtheit der in einer Geschäftsstelle oder Firma tätigen Angestellten (vgl. Wahrig, Deutsche Wörterbuch, 8. Aufl.).

In der von der Antragsgegnerin gewählten Form wird der Begriff Büro von den angesprochenen Verkehrskreisen im Sinne von Geschäftsstelle verstanden, also als Einrichtung, in der Personal der Antragsgegnerin dauerhaft deren Geschäfte fördert und betreibt. Dies gilt auch für den Begriff der "Repräsentanz" (vgl. Antrag zu I. 1.3), der in dem zu beurteilenden Kontext vom maßgeblichen Verkehr im Sinne einer geschäftlichen Vertretung verstanden wird (vgl. Wahrig, a.a.O.).

Der durch die Anschriftenangabe suggerierte örtliche Bezug – der insbesondere auch in dem Inserat hergestellt wird, auf welches sich der Antrag zu I. 1.2 bezieht – ist für die angesprochenen Verkehrskreise auch von Bedeutung, weil – wie allgemein bekannt ist – viele Partnersuchende ortsgebunden sind und durch den lokalen Bezug der Eindruck erweckt wird, das Partnervermittlungsunternehmen der Antragsgegnerin sei mit den Verhältnissen in E in besonderer Weise vertraut und könne auf viele Partnersuchende in diesem Raum zurück greifen. Die Verwendung einer Anschrift auf der bekannt renommierten und teuren L ist überdies geeignet, den Eindruck zu erwecken, die Antragsgegnerin sei gerade im E’er Raum auf dem Gebiet der Partnervermittlung besonders erfolgreich, was nicht belegt ist.

(b)

Dem besonderen Charakter des wettbewerbswidrigen Verhaltens der Antragsgegnerin wird die von dem Antragsteller aktuell gewählte Antragsfassung gerecht.

Die mit den gestellten Anträgen angegriffenen Werbemaßnahmen sind solange zu beanstanden, solange die Antragsgegnerin unter der Anschrift L lediglich Dienstleistungen eines Büroservice in Anspruch nimmt. Solange dies geschieht, erfassen die Anträge keine Verhaltensweisen der Antragsgegnerin, die wettbewerbsrechtlich beanstandungsfrei sind.

Der Antragsteller vertritt zu Recht die Auffassung, dass es allein Sache der Antragsgegnerin sei, ihr Verhalten an dem uneingeschränkt auszusprechenden Verbot auszurichten (vgl. BGH GRUR 1989, 445, 446 – Professorenbezeichnung in der Arztwerbung I).

Der möglichen künftigen Veränderung der Umstände des Lebenssachverhalts, der dem Verbot zugrunde liegt, ist nicht durch die Aufnahme beschreibender Angaben, etwa in Form der ursprünglich vom Antragsteller formulierten Negativbedingung, Rechnung zu tragen. Bei derartigen Veränderungen – sollte sie eintreten – steht der Antragsgegnerin der durch §§ 936, 927 ZPO vorgegebene Weg offen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO.

Einer Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedarf es nicht.

IV.

Streitwert (unter Berücksichtigung der Bedeutung der angegriffenen Werbemaßnahmen im Wettbewerb):

Antrag zu I. 1.1: €  5.000,00;

Antrag zu I. 1.2: € 25.000,00;

Antrag zu I. 1.3: €  5.000,00.

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