Übertragung des Persönlichkeitsrechts

28. Oktober 2009
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Eigener Leitsatz:

Es besteht die Möglichkeit sein Persönlichkeitsrecht an einen Dritten zu übertragen. Dies kann durch einen Vertragsschluss der Fall sein. Eine vollständige Übertragung dieses Rechts ist zwar nicht möglich; die Übertragung von beispielsweise kommerziellen Anteilen der einzelnen Persönlichkeitsrechte ist aber wirksam.

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg

Urteil vom 15.09.2009

Az.: 7 U 1/09

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12. Dezember 2008, Az. 324 O 467/08, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung eine Klage auf Erteilung von Auskünften wegen Verletzung ihres Rechts am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG) weiter.

Die Klägerin ist Schauspielerin. Die Beklagte produziert und vertreibt Schokoladenprodukte, darunter Produkte der Marke „K….“. Die Klägerin wirkte als Schauspielerin an dem Film „D.. w… K… .“ mit, der im Februar 2008 in den deutschen Kinos anlief; Grundlage ihrer Mitwirkung war ein „Anstellungsvertrag für Darsteller“ vom 29. Mai 2007 zwischen der Klägerin und der S… F… GmbH (Anlage K 13). Im Zusammenhang mit dem Kinostart dieses Films führte die Beklagte eine Aktion mit Sammelbildern durch, die einzelne Figuren aus dem Film zeigten, darunter auch ein Sammelbild, das die Klägerin in ihrer Filmrolle zeigt (Anlage K 1). Das Sammelbild war auch auf Verpackungen von Produkten der Beklagten zu sehen und auf Werbeanzeigen, mit denen für Produkte der Beklagten geworben wurde (Anlagen K 2 ff.). Die Beklagte stützt sich hierfür auf einen Vertrag zwischen ihr und der W… D… S… M… P… G… GmbH.

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin noch Inhaberin des Rechts zur Verbreitung des von der Beklagten verwendeten Bildnisses ist. Hintergrund dieses Streites ist die Streichung einer Klausel in der „Anlage A: Allgemeine Bedingungen für Filmschaffende“ zu dem von der Klägerin mit der S… F… GmbH abgeschlossenen Anstellungsvertrag für Darsteller; diese Anlage lautet auszugsweise:
   
„A.4. Alle durch die Arbeitsleistung des Filmschaffenden an dem Film entstandenen übertragbaren Rechte … werden mit Unterzeichnung des Vertrages auf den Filmhersteller übertragen. Der Filmschaffende räumt dem Filmhersteller mit Abschluss des Vertrages räumlich, zeitlich und inhaltlich uneingeschränkt die nachstehend aufgeführten Rechte ein. … Diese sind:

h) Das Recht zur Werbung und Klammerteilauswertung,
d.h. die Befugnis, Ausschnitte aus der Produktion für Werbezwecke oder innerhalb anderer Produktionen beliebig zu nutzen und ohne Beschränkung auszuwerten. Eingeschlossen ist das Recht, in branchenüblicher Weise (z.B. im Fernsehen, im Kino, auf Videoprogrammen oder in Druckschriften) auch unter Verwendung des Namens und des Bildes des Filmschaffenden für die Produktion und deren umfassende Auswertung oder für andere Produkte zu werben.

i) Das Merchandising-Recht,
d.h. das Recht zur kommerziellen Auswertung der Produktion durch Herstellung und Vertrieb von Waren und Dienstleistungen und multimedialen Produkten aller Art unter Verwendung von Vorkommnissen, Namen, Titeln, Figuren, Abbildungen oder sonstigen in Beziehung zu der Produktion stehenden Zusammenhängen und unter Verwendung derartiger Elemente oder durch bearbeitete oder unbearbeitete Ausschnitte aus der Produktion für Waren- und Dienstleistungen jeder Art zu werben
…“

In dem Vertrag, den die Klägerin mit der S… F… GmbH geschlossen hat, ist die Klausel zu A.4.i) vollständig gestrichen.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin die in diesem Prozessgeltend gemachten Rechte wirksam auf die S… F… GmbH übertragen habe und sie ihr daher nicht mehr zustünden.

Hiergegen wendet die Klägerin sich mit ihrer Berufung. Sie versteht die vertraglichen Vereinbarungen anders, hilfsweise macht sie geltend, dass die Übertragung der geltend gemachten Rechte auf die S… F… GmbH unwirksam gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,
   
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 12. 12. 2008 zum Aktenzeichen 324 O 467/08,

1.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin schriftlich unter Rechnungslegung darüber Auskunft zu erteilen,

a) in welcher Stückzahl über welche Vertriebswege in welchem Zeitraum wo unter ihrer Mitwirkung Abbildungen der Klägerin (Anlage K 1) vervielfältigt, verbreitet, öffentlich zugänglich gemacht oder in sonstiger Weise genutzt worden sind, insbesondere in Form von Sammelbildern / Stickern, als Beilage in K….-Verpackungen, im Rahmen von Werbeanzeigen in Printmedien aller Art, auf Postern, in Sammelspielen oder in sonstiger Weise, und zwar unter Angabe von Namen und Anschriften des jeweiligen Herstellers solcher Vervielfältigungsstücke, der Lieferanten und anderer Vorbesitzer solcher Vervielfältigungsstücke, gewerblicher Abnehmer sowie von an im Vorangegangenen beschriebenen Verwertungshandlungen sonst beteiligten Dritten; unter Angabe sämtlicher Medien, in denen solche Bildnisse genutzt worden sind, einschließlich Auflagen, Verbreitungszeit und –ort, sowie, für den Fall einer Internetnutzung, unter Angabe der Domains, unter denen die Bildnisse abrufbar waren, der Dauer, für die sie öffentlich zugänglich gewesen sind [,] und der Anzahl der während dieses Zeitraums erfolgten Nutzer-Zugriffe auf die jeweilige Website;

b) aa) welche Umsätze und Gewinne die Beklagte durch Mitwirkung an von der Ziffer 1. a) umfassten Nutzungen von Bildnissen der Klägerin erzielt hat und / oder

bb) welche Umsätze und Gewinne die Beklagte während des Zeitraums ihrer Mitwirkung an Nutzungshandlungen gemäß Ziffer 1. a) mit Produkten der Marke „K….“ erzielt hat
und / oder

cc) welche juristischen oder natürlichen Personen während des Zeitraums von Nutzungshandlungen gemäß Ziffer 1. a) sonst noch an der Herstellung und / oder dem Vertrieb von Produkten der Marke „K….“ beteiligt gewesen sind,

dies jeweils aufgeschlüsselt nach Ländern und Kalendermonaten;
wobei von der begehrten Auskunfterteilung die in dieser Klagschrift und ihren Anlagen mitgeteilten Informationen zu den Nutzungshandlungen der Beklagten ausgenommen sind;

2.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die unter ihrer Mitwirkung erfolgten von Ziffer 1. a) umfassten Nutzungen von Bildnissen der Klägerin, insbesondere für solche im Rahmen von Werbung für oder sonstiger Absatzförderung von K….-Produkte(n), der Klägerin angemessenen Schadensersatz zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
   
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

In der Berufung wiederholen und vertiefen die Parteien ihren Vortrag. Wegen der Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie frist- und formgerecht eingelegt worden.
Sie ist aber aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, denen der Senat folgt und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, unbegründet. Das Berufungsvorbringen gibt lediglich Anlass, das Folgende hervorzuheben:

Der Klägerin stehen Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz oder Entschädigung wegen der Nutzung des sie in ihrer Rolle in dem Film „D.. w… K… .“ zeigenden Bildes zu Werbezwecken nicht zu; denn das Recht auf eine solche Nutzung hat sie in dem Vertrag mit der S… F… GmbH auf diese übertragen. Sie ist damit nicht mehr Inhaber der Rechte, die sich aus der Nutzung des Bildes zu Werbezwecken ergeben. Eine vollständige Übertragung von Persönlichkeitsrechten auf Dritte kann zwar nicht erfolgen; wirksam ist aber die Übertragung der kommerziellen Anteile der einzelnen Persönlichkeitsrechte auf Dritte mit der Folge, dass diese nicht nur unter Ausschluss des eigenen Nutzungsrechts des übertragenden Rechteinhabers zur Nutzung befugt sind, sondern dass auch nur sie befugt sind, die sich aus unrechtmäßigen Eingriffe in das übertragene Recht ergebende Ansprüche gegen den Verletzer geltend zu machen (BGH, Urt. v. 14. 10. 1986, NJW-RR 1987, S. 231 f. m.w.N.).
Nur eine solche Nutzung steht hier im Raum; auf die Frage, ob daneben wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts, die nicht nur dessen übertragene kommerzielle Bestandteile beeinträchtigen, sondern daneben auch dessen immaterielle Bestandteile dem übertragenden Rechteinhaber aus ei- nem bei ihm verbliebenen „Mutterrecht“ eigene Ansprüche gegen den Verletzer zustehen (so, zum Namensrecht, RG, Urt. v. 12. 10. 1910, JW 1911, S. 26 f., 27), kommt es nicht an.

Den Ausführungen des Landgerichts dazu, dass die von der Beklagten vorgenommene Werbeaktion eine Nutzungsform darstellt, wie sie von der nicht gestrichenen Vertragsklausel A. 4. h. (Recht zur Werbung) erfasst ist, ist uneingeschränkt zu folgen; denn nach Satz 2 dieser Klausel ist ausdrücklich eingeschlossen „das Recht, in branchenüblicher Weise (…) auch unter Verwendung des Namens und des Bildes des Filmschaffenden für die Produktion … oder für andere Produkte zu werben“. Eine andere Auslegung lässt die Klausel schon ihrem Wortlaut nach nicht zu, und auch unter Zugrundelegung der Auslegungskriterien der §§ 133, 157 BGB lässt sich kein anderes Verständnis der Klausel gewinnen. Auch aus § 305 c Abs. 2 BGB ergibt sich nichts anderes; die Vertragsbestimmung ist zwar eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB, es besteht aber kein Zweifel an ihrem Inhalt, der zu Lasten der S… F… GmbH als Verwenderin der Klausel und damit mittelbar zu Lasten der Beklagten gehen könnte. Auf die von der Klägerin mit Nachdruck erörterte Frage, ob die Werbeaktion der Beklagten auch von der gestrichenen Vertragsklausel A. 4. i. („Merchandising“) erfasst gewesen wäre, kommt es nicht an; denn Grundlage der Auslegung des Vertrages sind die Vertragsbestimmungen, die die Parteien vereinbart haben, und nicht die Vertragsbestimmungen, die sie, aus welchen Gründen auch immer, nicht vereinbart haben, mögen diese auch in einem Vertragsentwurf enthalten gewesen und erst im Laufe der Vertragsverhandlungen gestrichen worden sein. Dass beide Vertragsparteien bei der Streichung der Klausel A. 4. i. übereinstimmend den klaren Willen gehabt hätten, damit auch das Recht der S… F… GmbH aus Klausel A. 4. h. Satz 2 zu beschränken, das Bild der Klägerin für die Bewerbung anderer Produkte zu nutzen, und dass der Verbleib dieses Teils der Klausel im Vertrag damit eine bloße Falschbezeichnung („falsa demonstratio“) bilden würde, hat die Klägerin nicht dargelegt.

Das Landgericht hat weiter zutreffend ausgeführt, dass die Klausel A. 4. h. Vertragsbestandteil geworden ist. Insbesondere handelt es sich nicht um eine überraschende Klausel im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB, da Werbemaßnahmen der in ihr beschriebenen Art weithin üblich sind. Gegen Klauselverbote verstößt die Vereinbarung auch nicht. Darauf dürfte es zudem ohnehin nicht ankommen, da die Anwendung der §§ 307 Abs. 1 und 2, 308 und 309 BGB wegen § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist; denn die Klausel enthält keine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung, sondern umreißt die für den Vertragsinhalt konstitutiven Rechte und Verpflichtungen der Vertragsparteien.

Soweit die Klägerin für die geltend gemachten Auskunftsansprüche darauf abstellt, dass die Beklagte das ihr eingeräumte Recht, das Bildnis der Klägerin zu Werbezwecken zu nutzen, in zeitlicher Hinsicht überschritten habe, so dass ihr, der Klägerin, nunmehr jedenfalls ein Unterlassungsanspruch zustehe, zu dessen Unterstützung ihr ein Auskunftsanspruch zustehe, übersieht sie, dass jegliche Rechte auf Nutzung des Bildnisses zu kommerziellen Zwecken auf die S… F… GmbH übergegangen sind. Nur dieser oder den zwischen ihr und der Beklagten stehenden sonstigen Gliedern der Rechteübertragungskette könnten daher aus einer unbefugten Verwendung des Bildnisses zu Werbezwecken Ansprüche zustehen. Im Übrigen ist nicht recht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die Klägerin die begehrten Auskünfte bräuchte, um die Beklagte auf Unterlassung der Verbreitung oder öffentlichen Zugänglichmachung des Bildnisses (auf diese Nutzungsformen beschränkt sich das Recht am eigenen Bild aus §§ 22, 23 KUG) in Anspruch zu nehmen.

III. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 ZPO sind nicht gegeben, da es bei der Auseinandersetzung der Parteien um die schlichte Auslegung einer vertraglichen Bestimmung geht.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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