Warnhinweise beim Online-Verkauf von Spielzeug

09. September 2013
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Eigener Leitsatz:

Nach der sog. Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug (2. GPSGV) müssen Internet-Händler Warnhinweise vor dem Kauf deutlich und klar erkennbar auf deren Website mit dem einleitenden Wort „Achtung“ anbringen. Die Verwendung des Wortes „Sicherheitshinweise“ entspricht diesen Anforderungen nicht.

 

Oberlandesgericht Hamm

Urteil vom 16.05.2013

Az.: 4 U 194/12

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. September 2012 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

A.
Von der Tatbestandsdarstellung wird gemäß § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

B.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Denn die zulässige Klage ist in dem vom Landgericht tenorierten Umfang begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch in diesem Umfang gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 S. 1, 249 Abs. 1, 250 S. 2 BGB zu.

I.
Der Kläger kann unter den gegebenen Umständen gemäß § 281 Abs. 1 S. 1 BGB statt der Freistellung von den anwaltlichen Abmahnkosten nach §§ 12 Abs. 1 S. 2 UWG, 257 S. 1 BGB Schadensersatz in Geld (§ 250 S. 2 BGB) verlangen (hierzu MünchKomm-Krüger, BGB, 6. Aufl., § 257 Rn. 12) – und dies hat er mit der Klageerhebung getan (hierzu Palandt-Grüneberg, BGB , 71. Aufl., § 281 Rn. 50).

Die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 S. 1 BGB sind erfüllt.

Eine Fristsetzung gemäß § 281 Abs. 2 BGB war spätestens mit der Reaktion der Beklagten auf die klägerische Abmahnung vom 03.07.2012 entbehrlich. Denn im anwaltlichen Schreiben vom 05.07.2012 wies die Beklagte den Unterlassungsanspruch insgesamt und damit auch einen Freistellungsanspruch als unbegründet zurück.

Der Kläger konnte somit gemäß §§ 249 Abs. 1, 250 S. 2 BGB Ersatz in Geld verlangen, und zwar auch ohne vorherige Ablehnungsandrohung nach § 250 S. 1 BGB. Denn die mit dem Schreiben der Beklagten vom 05.07.2012 ernsthafte und endgültige Verweigerung der Freistellung dem Grunde nach machte auch eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nach § 250 S. 1 BGB entbehrlich (vgl. hierzu Palandt-Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 250 Rn. 2).

II.
Die Abmahnung vom 03.07.2012 war gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG berechtigt.

1. Der Kläger war gegenüber der Beklagten nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG zur Abmahnung des in Rede stehenden Wettbewerbsverstoßes befugt. Denn die Parteien sind mit dem Vertrieb von Spielwaren im Internet sowohl  auf demselben sachlichen wie räumlichen Markt tätig und damit Mitbewerber (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG).

2. Demgegenüber erhebt die Beklagte nicht mehr den noch erstinstanzlich thematisierten materiell-rechtlichen Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 8 Abs. 4 UWG. Dieser ist nicht Gegenstand der Berufungsangriffe.

3. Dem Kläger stand ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1; 3 UWG gegen die Beklagte zu.

a) Das in Rede stehende Internetangebot der Beklagten stellt zweifelsohne eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar.

b) Diese Handlung war unlauter i.S.d. §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1 UWG.

Sie erfüllt den Rechtsbruchtatbestand des § 4 Nr. 11 UWG, indem sie gegen § 11 Abs. 3 der 2. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (im Folgenden: 2. GPSGV), der sog. Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug, verstößt.

aa) Bei der Vorschrift des § 3 der 2. GPSGV handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG.

Die Vorschrift dient dem Schutz der Sicherheit des Verbrauchers beim Gebrauch der erworbenen Ware und damit dem Schutz seines durch die Marktteilnahme berührten Interesses. Bestimmungen, die solchermaßen Informationspflichten hinsichtlich des Umgangs mit den vom Kunden erworbenen Produkten begründen, stellen regelmäßig Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG dar (vgl. BGH GRUR 2010, 754 – Golly Telly; OLG Köln GRUR-RR  2010, 34; Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4 Rn. 11.35d, 11.180; Ullmann in jurisPK-UWG, 3. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 81).

bb) Der Beklagten oblag es, gemäß §§ 7 Abs. 1, 11 Abs. 4 der 2. GPSGV als Internet-Händlerin dafür Sorge zu tragen, dass dem Verbraucher die gemäß § 11 Abs. 3 der 2. GPSGV maßgeblichen Warnhinweise und damit auch das gemäß § 11 Abs. 3  der 2. GPSGV diese Hinweise einleitende Wort „Achtung“ vor dem Kauf klar erkennbar gemacht werden. Das heißt, dass bei Online-Käufen die Warnhinweise vor dem Kauf auf der Website sichtbar sein müssen. Es liegt in der Natur der Sache, dass hierfür nur der Händler Sorge tragen kann und muss.

Die Beklagte hat dem nicht genügt, da die Warnhinweise nicht mit dem Wort „Achtung“, sondern mit dem Wort „Sicherheitshinweise“ beginnen.

c) Dieser Verstoß stellt schon deshalb eine i.S.d. § 3 Abs. 1 UWG spürbare Beeinträchtigung von Verbraucherinteressen dar, weil die verletzte Norm dem Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Verbraucher dient (vgl. Köhler/Bornkamm,  UWG, 31. Aufl., § 3 Rn. 120, 149).

Dies gilt umso mehr, als maßgeblicher Sinn und Zweck von Art. 11 Abs. 2 S. 3 der RL 2009/48/EG (Spielzeugsicherheitsrichtlinie), dessen Umsetzung die hier maßgebliche Vorschrift des § 11 Abs. 3 der 2. GPSGV dient, ist, dem Verbraucher in aller Deutlichkeit, und zwar einheitlich in allen Mitgliedsstaaten, vor Augen zu führen, dass es sich bei den folgenden Warnhinweisen nicht lediglich um „Empfehlungen“ – und die Gefahr eines solchen Eindrucks besteht auch bei der vom Beklagten gewählten Überschrift – handelt (vgl. Seite 37 der Erläuternden Leitlinien vom 16.04.2010 zur Richtlinie 2009/48/EG).

Der Umstand, dass es sich um einen einmaligen Verstoß gehandelt haben mag, dessen Wiederholungsgefahr mit der abgegebenen Abschlusserklärung entfallen ist, stellt die Spürbarkeit des Verstoßes ebenso wenig in Frage (Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 3 Rn. 125, 128) wie das fehlende Verschulden der Beklagten (Köhler/Bornkamm, aaO. § 3 Rn. 124).

3. Die Wiederholungsgefahr wurde aufgrund des bereits verwirklichten Verstoßes tatsächlich vermutet (Köhler/Bornkamm, 31. Aufl., § 8 UWG, Rn. 1.33).

III.
Die Höhe der vom Landgericht tenorierten Abmahnkosten ist nicht zu beanstanden.

Auch unter Berücksichtigung der üblichen Wertfestsetzung des Senates kommt ein geringerer Streitwert als 15.000,00 € für die in Rede stehende Abmahnung, deren Gegenstandswert sich nach dem Streitwert des Hauptsacheverfahrens bemisst (Köhler/Bornkamm, 31. Aufl., § 12 UWG Rn. 1.96), nicht in Betracht. Bei entsprechenden Fällen geht der Senat regelmäßig von einem Wert von mindestens 30.000,- € aus. Die Höhe des angesetzten Streitwertes ist damit schon vergleichsweise niedrig.

C.
Die Entscheidungen zur Kostentragung und vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 91a, 97 Abs.1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

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