Von nichtadeligen Namensträgern
Eigener Leitsatz:
Die Formulierung "nichtadeliger Namensträger" bezeichnet eine Person, die nicht adeliger Herkunft ist bzw. die den Namen nicht durch eheliche Geburt erworben hat. Wird die Bezeichnung in der Berichterstattung über eine Person verwendet, die inzwischen einen adeligen Namen führt, ist das keine Bloßstellung, sondern sachliche Kritik im Rahmen der freien Meinungsäußerung.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Urteil vom 16.07.2009
Az.: 16 U 21/09
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. November 2008 (2-03 O 68/08) abgeändert.
Der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main – einstweilige Verfügung – vom 13. Mai 2008 wird aufgehoben.
Der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 14. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 10.000,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens um die Pflicht des Verfügungsbeklagten, die Äußerung zu unterlassen, der Verfügungskläger sei ein „nichtadeliger Namensträger“.
Wegen des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. November 2008 (Bl. 293 – 296 d. A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat in dem vorgenannten Urteil die hinsichtlich dieser Äußerung erlassene einstweilige Verfügung vom 13. Mai 2008 bestätigt.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, der Verfügungskläger sei durch die Äußerung in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt, da der unbefangene Leser die Äußerung als Herabsetzung des Verfügungsklägers verstehe, die vom Verfügungsbeklagten bezweckt sei. Gerade aus dem Zusammenhang mit der Überschrift und der Berichterstattung über verlorene Gerichtsverfahren des Verfügungsklägers ergebe sich, dass die Äußerung den Verfügungskläger in der Öffentlichkeit lächerlich machen solle.
Die Eilbedürftigkeit sei gegeben, da zwischen der Kenntnisnahme des Verfügungsklägers von der Äußerung Anfang Februar 2008 und der Einreichung des Antrags am 16. Februar 2008 nur ein kurzer Zeitraum liege. Dass das Gericht erst nach 11 Wochen entschieden habe, nachdem die Akte beim Berichterstatter verlegt war, führe nicht dazu, dass der Verfügungsgrund zu verneinen sei. Der Verfügungskläger habe versichert, seit Ende Februar 2008 mehrmals bei der Geschäftsstelle nach dem Stand des Verfahrens gefragt zu haben.
Gegen dieses ihm am 12. Januar 2009 zugestellte Urteil hat der Verfügungsbeklagte mit einem am 9. Februar 2009 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit einem am 12. März 2009 eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt der Verfügungsbeklagte vor, ihm sei es nicht darum gegangen, den Verfügungskläger lächerlich zu machen, sondern um eine Auseinandersetzung in der Sache, nämlich um eine Verbraucherinformation zur Vermeidung von Täuschungen. Es handele sich um eine wahre Tatsachenbehauptung, die zulässig sei.
Das Anliegen des Verfügungsbeklagten sei es, über die persönlichen und unternehmerischen Verpflichtungen der A-B Mediengruppe zu informieren, die sich selbst als Marktführer der Zuschussverlagsbranche bezeichnet. Alleiniger Kapitalinhaber dieser Gruppe sei der Verfügungskläger. Dieser sei in der Öffentlichkeit sehr umstritten. Deshalb bestehe bei den Lesern ein sachliches Interesse an der Person des Verfügungsklägers, der als Autor und Unternehmer auftrete.
Der Verfügungskläger habe auf seiner Internetseite suggeriert, dass sein Name nach § 12 BGB „von A-B“ lautet. Dies sei aber nicht der Fall. Dem Verfügungskläger sei das Adelsprädikat „von“ höchstrichterlich verwehrt worden. Die Äußerung des Verfügungsbeklagten stelle eine wahre Tatsachenbehauptung dar, die weder die Intim- noch die Privatsphäre betreffe, sondern dessen Sozialsphäre. Der Artikel befasse sich mit Ereignissen aus dem beruflichen Wirkungskreis des Verfügungsklägers.
Der Verfügungsbeklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. November 2008, 2-03 O 68/08, abzuändern, die einstweilige Verfügung vom 13. Mai 2008 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
Der Verfügungskläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Verfügungskläger führt aus, der Verfügungsbeklagte habe in der Vergangenheit keine Möglichkeit ausgelassen, den Verfügungskläger herabzusetzen. Er habe sich sogar widerrechtlich die Adoptionsurkunde des Verfügungsklägers besorgt. Der Verfügungsbeklagte setze sich mit keinem Wort informierend „zur Vermeidung von Täuschungen“ auseinander.
Dem Verfügungskläger sei die Führung des Namenszusatzes „von“ nicht verwehrt. Ihm sei die Abstammung des Antragstellers von der Familie der Freiherren von B von der Behörde bestätigt worden. Das Innenministerium habe aber zu erkennen gegeben, dass der Verfügungskläger den Namen „von B“ oder „A-B“ annehmen könne. Das Ministerium habe aber nur die Variante abgelehnt „A-von B“. Der Verfügungskläger sei in der Privatsphäre betroffen, da er unter dem Namen „C Prinz von D-F“ nicht in der Öffentlichkeit auftrete.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Verfügungsbeklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Das Rechtsmittel des Verfügungsbeklagten erweist sich auch in der Sache als begründet. Dem Verfügungskläger steht kein Verfügungsanspruch zu.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts stellt die Äußerung des Verfügungsbeklagten, der Verfügungskläger sei ein „nichtadeliger Namensträger“ keine Verletzung oder Störung des Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers dar.
In dem streitgegenständlichen Artikel auf der Internetseite „….de“ werden zunächst die beiden Namen des Klägers „C Prinz von D-F“ und „X von A-B“ erwähnt. Mit diesen beiden vom Verfügungskläger geführten Namen wird der Eindruck erweckt, der Verfügungskläger sei adeliger Herkunft. In Wirklichkeit hieß der Verfügungskläger bei seiner Geburt „A“.
Den Namen „Prinz von D-F“ erwarb er durch Adoption im Jahre …. Die am … geborene Frau G Prinzessin von H-I war verheiratet mit K Prinz von D-F. Nach dem Tod ihres Mannes im Jahre … adoptierte die Prinzessin den erwachsenen Verfügungskläger, der damit berechtigt war, den Namen „Prinz von D-F“ zu führen.
Ob der Name „von A-B“ zu Recht vom Verfügungskläger geführt wird, kann offenbleiben. Der Verfügungskläger ließ 19.. den Namen „A“ ändern in „A-B“. Er beantragte anschließend die erneute Änderung in „von B“. Dies wurde ihm aber letztinstanzlich vom Bundesverwaltungsgericht untersagt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde des Verfügungsklägers nicht zur Entscheidung angenommen.
Mit der Formulierung „nichtadeliger Namensträger“ will der Verfügungsbeklagte zum Ausdruck bringen, dass der Verfügungskläger zwar für beide von ihm geführten Namen den Adelstitel „von“ bzw. „Prinz“ führt, in Wirklichkeit aber nichtadeliger Herkunft ist.
Zwar weist der Verfügungskläger zutreffend darauf hin, dass im Jahre 1919, also nach Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung am 14. August 1919 die Privilegien des Adels abgeschafft wurden. Nach Artikel 109 Abs. 3 Satz 2 WeimRV, der gemäß Artikel 123 Abs. 1 GG als einfaches Bundesrecht fortgilt, sind die Adelsprädikate Bestandteil des Familiennamens geworden. Gleichwohl kann man im allgemeinen Sprachgebrauch oder in der Fachliteratur zwischen Adeligen und Nichtadeligen unterscheiden. Dies ist äußerungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Jemand als „adelig“ oder „nichtadelig“ zu bezeichnen, ist deshalb nicht unzulässig, zumal es nach wie vor Adelsprädikate gibt, die Bestandteil des Namens geworden sind. Ob jemand ein adeliger oder nichtadeliger Namensträger ist, ist ein Bewertungsvorgang. Dieser Bewertungsvorgang ist von Elementen des Meinens und Dafürhaltens geprägt, sodass es sich bei der Äußerung, der Verfügungskläger sei ein „nichtadeliger Namensträger“, um eine Meinungsäußerung handelt, die vom Grundrecht nach Artikel 5 Abs. 1 GG geschützt ist.
Im genealogischen Sinn ist ein „nichtadeliger Namensträger“ derjenige, der durch Adoption, nichteheliche Geburt, Einbenennung, Legitimation, Namensänderung oder Eheschließung einen adeligen Namen erworben hat. Dies ergibt sich aus zahlreichen Veröffentlichungen, die der Verfügungsbeklagte in erster Instanz vorgelegt hat. Die Personen, die durch Adoption ein Adelsprädikat erworben haben, werden als „Pseudoadelige“ oder „Nichtadelige Namensträger“ bezeichnet. In die klassischen Adelsverzeichnisse werden nur Personen aufgenommen, die dem sogenannten historischen Adel angehören, also von Geburt an den Adelstitel führen. Dies sind Personen, die durch eheliche Geburt den Namen im Mannesstamme erhalten.
Genealogisch ist es deshalb zutreffend, wenn der Verfügungskläger als „nichtadeliger Namensträger“ bezeichnet wird, da er das Adelsprädikat durch Adoption und nicht kraft ehelicher Geburt erworben hat. Das Adelsprädikat in seinem weiteren Namen „von A-B“ hat er ebenfalls nicht durch eheliche Geburt erworben. Vielmehr soll einer seiner Vorfahren ein uneheliches Kind eines Herrn von B gewesen sein.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts dient der Hinweis auf diesen Umstand nicht der Verächtlichmachung des Verfügungsklägers, sondern stellt eine sachliche Kritik des Verfügungsbeklagten am Verfügungskläger dar.
Der Verfügungskläger führt beide Namen mit Adelsprädikaten und erweckt damit den Eindruck adeliger Herkunft. Er betreibt auch zahlreiche Firmen, die große und bekannte Namen wie „Goethe“ oder „Schiller“ als Firmenbestandteile enthalten. Die Verwendung großer Namen ist deshalb Teil der Selbstdarstellung des Verfügungsklägers als Verleger, Autor und Unternehmer. Als Inhaber einer Mediengruppe steht der Verfügungskläger auch im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Durch die Verwendung mehrerer Namen und Namen mit Adelstiteln, obwohl er bei der Geburt nur einen Namen ohne Adelstitel hatte, hat der Verfügungskläger selbst zum Ausdruck gebracht, dass er großen Wert auf mehrere Namen mit Adelstiteln legt. Er ist an diesen Titeln sogar so stark interessiert, dass er sein Verfahren zur Führung des Namens „A-von B“ bis zum Bundesverfassungsgericht geführt hat.
Da der Verfügungskläger eine in der Öffentlichkeit umstrittene Persönlichkeit ist, muss auch davon ausgegangen werden, dass auch die Öffentlichkeit ein Interesse an der Berechtigung der Namensführung hat.
Wenn der Verfügungsbeklagte kritisch darauf hinweist, dass der Verfügungskläger entgegen dem ersten Anschein nichtadeliger Herkunft ist, also kein eheliches Kind eines Vaters, der dem historischen Adel angehört, stellt dies keine Bloßstellung des Verfügungsklägers dar, sondern sachliche Kritik mit zutreffenden Schlussfolgerungen.
Durch die Äußerung ist der Verfügungskläger als Inhaber einer Mediengruppe nicht in der Intim- und Privatsphäre betroffen, sondern in der Sozialsphäre, weil der Verfügungskläger seinen Namen auch im beruflichen Bereich verwendet.
Auch erfolgte die Äußerung im Zusammenhang mit einer kritischen Berichterstattung unter Hinweis darauf, dass der Kläger auch im Rechtsstreit vor dem Kammergericht nicht seinen Wohnsitz, sondern nur seinen Geschäftssitz angegeben hat, sodass beim Leser der Eindruck erweckt wird, der Verfügungskläger wolle etwas verbergen. Dies sind Informationen, die potenzielle Kunden der vom Verfügungskläger betriebenen Zuschussverlage interessieren, zumal der Verfügungskläger gerade in der Öffentlichkeit sehr umstritten ist.
Ob daneben überhaupt ein Verfügungsgrund vorlag, da der Verfügungskläger am 16. Februar 2008 eine einstweiligen Verfügung beantragt hat, diese aber erst 11 Wochen später erlassen wurde, weil die Akte verlegt war, kann deshalb dahingestellt bleiben.
Da der Verfügungskläger im Rechtsstreit unterlegen ist, hat er gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 3 ZPO.