Wettbewerbswidrige Werbung mit „Werbeware“ ohne konkreten Bezug

14. November 2008
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Eigener Leitsatz:

Unlautere und damit verbotene Wettbewerbshandlungen stellen Verkaufsförderungsmaßnahmen und Preisnachlässe dar, für die die Bedingungen der Inanspruchname nicht klar und deutlich wiedergegeben sind.

Oberlandesgericht Hamm

Urteil vom 16.11.2006

Az.: 4 U 143/06

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 10. August 2006 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Detmold wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,- EUR abzuwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beklagte warb in der M-Zeitung am 25. April 2006 mit einer in redaktioneller Form gestalteten Anzeige unter der Überschrift „Großer Markenmöbel-Inventur-Abverkauf bei T Möbel in C“. Im darunter stehenden Text heißt es u.a.:

„Auch auf alle Neubestellungen räumt T zum Inventur-Abverkauf einen Preisvorteil ein. Er gewährt volle 10 % Kunden-Treue-Rabatt auf die bereits günstigen Verkaufspreise (außer Werbe- und reduzierte Ware).“

Der Kläger, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, beanstandet den Begriff „Werbeware“ als ungenau und hält deshalb die Werbung für unlauter i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 10. August 2006 die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Inseraten, Werbebeilagen und/oder sonstigen Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Adressaten bestimmt sind,

im Zusammenhang mit dem Verkauf von Möbeln und Einrichtungsgegenständen die Gewährung von Preisnachlassen oder Rabatten für eine unbestimmte Zahl von Waren mit der Einschränkung anzukündigen, dass von dieser Verkaufsförderungsmaßnahme „Werbeware“ ausgenommen ist, ohne anzugeben, was unter einer solchen „Werbeware“ konkret zu verstehen ist.

Ferner hat es die Beklagte zur Zahlung von 174,00 € Abmahnkosten nebst Zinsen verurteilt.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren aus erster Instanz weiterverfolgt.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages behauptet die Beklagte, unter „Werbeware“ habe sie sämtliche Artikel verstanden, die im Rahmen einer früheren Werbeaktion von ihr angeboten, aber noch nicht verkauft worden seien. Diese Werbeware sei in ihren Verkaufsräumen mit entsprechenden Hinweisschildern als solche unter Angabe des Endpreises gekennzeichnet gewesen. Damit habe der Kunde spätestens vor seiner Kaufentscheidung erfahren, was unter „Werbeware“ zu verstehen sei. Der Sinn der Regelung des § 4 Nr. 4 UWG sei darin zu sehen, den Verbraucher vor unsachlicher Beeinflussung und Irreführung infolge unzureichender Information zu schützen. Diesem Informationsbedürfnis werde ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass dem Kunden die maßgeblichen Informationen in den Verkaufsräumen erteilt würden. Bei einfachen Preisnachlässen bestehe keine Missbrauchsgefahr wie bei komplizierten und undurchsichtigen Kundenbindungssystemen. An letztere habe der Gesetzgeber aber bei der Schaffung des § 4 Nr. 4 UWG gedacht.

Die Kunden seien durch die beanstandete Anzeige auch nicht irregeführt worden. Die beanstandete Passage sei keineswegs erst, wie das Landgericht gemeint habe, nach längerem Lesen in einem kleingedruckten Teil zu finden gewesen. Damit werde das maßgebliche Verbraucherleitbild des aufmerksamen Verbrauchers verkannt, der die ihm gegebenen Informationen auch tatsächlich wahrnehme. Hinzu komme, dass sie aus Platzgründen auch keine Möglichkeit gehabt habe, in der Anzeige im Einzelnen aufzuführen, welche Waren von ihr insgesamt unter dem Begriff der „Werbeware“ zusammengefasst worden seien.

Die Beklagte beantragt,

abändernd die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat die beanstandete Werbeaussage zu Recht für wettbewerbswidrig gehalten und die Beklagte deshalb antragsgemäß verurteilt.

Das begehrte Verbot ist hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 ZPO. Soweit dort von „Preisnachlässen oder Rabatten“ die Rede ist, macht diese Verdoppelung der Begriffe den Verbotsantrag nicht undeutlich. Der Kläger will damit erkennbar lediglich an die umgangssprachliche Übung anknüpfen, Preisreduzierungen sowohl als Preisnachlass wie auch als Rabatt zu bezeichnen, auch wenn in der Sache zwischen diesen beiden Begriffen kein Unterschied besteht.

Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht auch dazu verurteilt, generell nicht mehr mit dem Begriff der „Werbeware“ zu werben, ohne die konkrete Verletzungshandlung, also die Anzeige vom 25. April 2006 in das Verbot einzubeziehen. Denn die Beklagte nimmt für sich in Anspruch, unabhängig von dieser Werbung im Einzelfall generell mit dem Begriff „Werbeware“ im Rahmen von Rabattaktionen zur Kennzeichnung der ausgeschlossenen Waren zu werben. Damit besteht die Gefahr, dass dieser verbotene Begriff in Zukunft nicht nur wie geschehen im Fließtext einer redaktionell gestalteten Anzeige erscheint, sondern auch in allen möglichen anderen Werbezusammenhängen, wenn es um den Ausschluss bestimmter Warengruppen von angekündigten Rabattaktionen geht.

Das ausgeurteilte Verbot folgt aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2; 3; 4 Nr. 4 UWG.

Nach § 4 Nr. 4 UWG stellt es eine unlautere und damit verbotene Wettbewerbshandlung dar, wenn bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und deutlich angegeben werden.

Dies ist hier der Fall. Die Gewährung von Preisnachlässen, also auch Rabatte, zählen zu den Verkaufsförderungsmaßnahmen i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG.

Die Beklagte hat mit dem Begriff der „Werbeware“ auch die Bedingungen ungenau angegeben, zu denen sie die in der Werbung angekündigten Rabatte gewähren will.

Denn bei dem Begriff der Werbeware handelt es sich um einen unklaren Begriff. Der Kunde weiß nicht, was die Werbung ihm sagt, wenn dieser Begriff verwendet wird (Landgericht Essen Urt. v. 22. September 2005 – 43 O 63/05; OLG Köln Urt. v. 14. Oktober 2005 – 6 U 57/05). Sprachlich lässt sich der Begriff „Werbeware“ nur in „beworbene Waren“ auflösen. Damit bleibt für den Kunden aber unklar, an welche Werbung die Beklagte anknüpfen will, um Waren von der Rabattaktion auszuschließen. Soll der Kunde den Begriff der „Werbeware“ umfassend verstehen, bleiben kaum noch Waren für die beworbene Rabattaktion übrig. Denn es muss davon ausgegangen werden, dass die Beklagte auf nahezu sämtliche Waren werbemäßig in der Vergangenheit oder in der Gegenwart irgendwann einmal hingewiesen hat.

Die Beklagte kann die Unklarheit des Begriffes „Werbeware“ auch nicht dadurch ausgleichen, dass sie in ihrem Ladenlokal die einzelnen Waren, die „Werbeware“ sind, ausdrücklich entsprechend gekennzeichnet hat. Zu Unrecht hält die Beklagte in diesem Zusammenhang den Zeitpunkt für die Aufklärung des Kunden für ausreichend, in dem der Kunde vor der Kaufentscheidung steht, sich im Ladenlokal der Beklagten also konkret für den Kauf einer bestimmten Ware entscheidet. Diese Aufklärung des Kunden kommt zu spät. Vielmehr müssen die Karten für den Kunden bereits in der Werbung auf den Tisch gelegt werden (OLG München GRURRR 2005, 356 – Unsere Polstermöbel-Bestseller; Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 4 Rz. 4/4; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 4 Rz. 64; Fezer/Steinbeck, UWG, § 44 Rz. 13; a.A. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 4 UWG Rz. 4.14). Dies folgt auch aus der Gesetzesbegründung, die ausdrücklich darauf abstellt, dass die Gefahr der Beeinflussung der Kaufentscheidung der Kunden bereits im Rahmen der Werbung für solche Maßnahmen besteht. Gerade der Anlockeffekt einer Rabattaktion verlangt es, dass dem Kunden schon vor dem Betreten des Geschäftslokals klar gemacht wird, welchen Umfang die Rabattaktion hat. Dieser Umfang wird aber maßgeblich dadurch bestimmt, welche Waren von der beworbenen Rabattaktion ausgenommen sind. Soweit die Beklagte anführt, dass der Umfang der ausgenommenen Waren es ihr nicht erlaube, die von der Rabattaktion ausgenommenen Waren konkret aufzuzählen, kann dieser Umstand die Beklagte nicht entlasten. Denn die Zulässigkeit einer Werbemaßnahme kann sich nicht nach den Werbemöglichkeiten richten, vielmehr sind umgekehrt die Werbemöglichkeiten an der Zulässigkeit der beabsichtigten Werbemaßnahmen auszurichten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10 ZPO.

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