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KAPPA: Klangliche Ähnlichkeit zweier Marken kann neutralisiert werden

21. Juli 2011
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Zwei asiatische Zwillinge in schwarz-weiß gestreiften Oberteilen, bei denen einer eine rote Brille und der andere eine schwarze Brille auf hat.

Amtlicher Leitsatz:

Eine nach dem Klang zu bejahende Identität oder Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen kann allenfalls dann durch Abweichungen im Bild in einem Maße neutralisiert werden, dass eine Zeichenähnlichkeit und damit eine Verwechslungsgefahr ausscheidet, wenn die mit den Zeichen gekennzeichneten Waren regelmäßig nur auf Sicht gekauft werden.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 20.01.2011

Az.: I ZR 31/09

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2011 durch den Vorsitzenden Richter und die Richter

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. November 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht hinsichtlich der auf die IR-Marke Nr. 666 005 gestützten Ansprüche zum Nachteil der Klägerin erkannt hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte – soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse – aus ihrer IR-Marke Nr. 666 005 auf Einwilligung in die Löschung der Eintragung der deutschen Wort-/Bildmarke Nr. 301 02 097 hinsichtlich eines Teils der Warenklasse 18 in Anspruch.

Die Klägerin ist Inhaberin der am 14. November 1996 international registrierten Wort-/Bildmarke Nr. 666 005:

Kappa (Abbildung)

Die IR-Marke genießt in Deutschland Schutz unter anderem für folgende Waren der Klasse 18: Reise- und Handkoffer, Sporttaschen (nicht angepasst an die aufzunehmenden Gegenstände), Handtaschen, Rucksäcke und Seesäcke, Geldbörsen, Regenschirme, Sonnenschirme.

Die Beklagte ist Inhaberin der am 13. Januar 2001 angemeldeten und am 12. Februar 2001 eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke Nr. 301 02 097:

KAPPA (Abbildung)

Sie genießt Schutz unter anderem für folgende Waren der Klasse 18: Leder- und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in der Klasse 18 enthalten, Reise- und Handkoffer, Motorradkoffer, Regenschirme, Sonnenschirme, Sattlerwaren.

Die Beklagte ist ferner Inhaberin der am 29. Juni 1992 international registrierten Wort-/Bildmarke Nr. 591 261:

KAPPA (Abbildung)

Diese Marke genießt in Deutschland Schutz für Gepäckträger für Fahrzeuge, Handkoffer, Taschen und Koffer für Motorräder.

Die Klägerin hält sich als Inhaberin der Marke Nr. 666 005 für berechtigt, von der Beklagten die Einwilligung in die Löschung der Marke Nr. 301 02 097 grundsätzlich bezüglich sämtlicher Waren der Klasse 18 zu verlangen. Sie hat von ihrem Löschungsantrag allerdings die für die weitere Marke der Beklagten Nr. 591 261 geschützten Waren ausgenommen, weil nach ihrer Darstellung insoweit eine Koexistenzvereinbarung der Parteien besteht.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt im Wege der Teillöschung das Warenverzeichnis der Marke Nr. 301 02 097 hinsichtlich der Warenklasse 18 auf die nachfolgenden Waren zu beschränken: Gepäckträger für Fahrzeuge, Handkoffer, Taschen und Koffer für Motorräder.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat die Einrede der Nichtbenutzung und – gestützt auf ihre Marke Nr. 591 261 – die Einrede der Löschungsreife der Klagemarke erhoben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren zuletzt gestellten Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der auf ihre IR-Marke Nr. 666 005 gestützte Anspruch auf Einwilligung in die teilweise Löschung der Eintragung der Wort-/Bildmarke Nr. 301 02 097 nicht nach § 51 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu. Hierzu hat es ausgeführt:

Die einander gegenüberstehenden Zeichen seien nicht verwechslungsfähig. Es sei zwar Identität oder Ähnlichkeit der Waren in Klasse 18 gegeben. Die Kennzeichnungskraft der Klagemarke sei zumindest durchschnittlich. Es bestehe jedoch keine Zeichenähnlichkeit.

Zeichen dürften nicht allein auf ihre klangliche Übereinstimmung geprüft werden. Vielmehr sei zu beachten, dass auch dem Bildbestandteil unter Umständen eine prägende Bedeutung zukomme. Bei der Klagemarke sei das „Gemini-Logo“ – die Seitenansicht zweier Rücken an Rücken sitzender unbekleideter Menschen (Mann und Frau) – für die Marke prägend; wer das „Gemini-Logo“ sehe, denke sofort an Kappa. Daher verbiete es sich, allein auf die phonetische Übereinstimmung der Wortbestandteile abzustellen. Maßgeblich sei vielmehr der Gesamteindruck der Marken.

Bei einer Gegenüberstellung der Zeichen seien Gemeinsamkeiten allenfalls in der phonetischen Übereinstimmung der Wortbestandteile zu finden. Bereits die bildliche Darstellung der Wortbestandteile weiche erheblich voneinander ab; der Wortbestandteil „Kappa“ der Klagemarke enthalte keine Großschreibung und wesentlich unterschiedliche drucktechnisch verstärkte Buchstaben. Entscheidend sei jedoch, dass sich das die Klagemarke jedenfalls mitprägende „Gemini-Logo“ nahezu vollständig von dem in der Beklagtenmarke stilisierten „K“ unterscheide. Es sei daher keine Zeichenähnlichkeit gegeben.

Unter diesen Umständen könne offenbleiben, ob die Einreden der Nichtbenutzung und der Löschungsreife der Klagemarke durchgriffen.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der von der Klägerin auf ihre Wort-/Bildmarke Nr. 666 005 gestützte Anspruch auf teilweise Löschung der Eintragung der Wort-/Bildmarke Nr. 301 02 097 aus § 51 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht verneint werden.

1. Die Eintragung einer Marke wird gemäß § 51 Abs. 1 MarkenG auf Klage wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn ihr ein Recht im Sinne der §§ 9 bis 13 MarkenG mit älterem Zeitrang entgegensteht. Diese Voraussetzung ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG erfüllt, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit der eingetragenen Marke mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage, ob eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ebenso wie bei § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, Beschluss vom 3. April 2008 – I ZB 61/07, GRUR 2008, 903 Rn. 10 = WRP 2008, 1342 – SIERRA ANTIGUO; Beschluss vom 25. Februar 2010 – I ZB 19/08, GRUR 2010, 833 Rn. 12 = WRP 2010, 1159 – Malteserkreuz II).

3. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die für die prioritätsältere Marke der Klägerin und die angegriffene Marke der Beklagten geschützten Waren der Warenklasse 18, auf die sich der Teillöschungsantrag der Klägerin bezieht, identisch oder ähnlich sind.

4. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Kennzeichnungskraft der Klagemarke sei mindestens durchschnittlich, wird von der Revision nicht angegriffen und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

5. Das Berufungsgericht hat angenommen, Zeichen dürften nicht allein auf ihre klangliche Übereinstimmung geprüft werden. Vielmehr sei zu beachten, dass auch dem Bildbestandteil unter Umständen eine prägende Bedeutung zukomme. Maßgeblich sei dann der Gesamteindruck der Marke. Da sich das die Klagemarke jedenfalls mitprägende „Gemini-Logo“ nahezu vollständig von dem in der Beklagtenmarke stilisierten Buchstaben „K“ unterscheide, sei danach trotz der phonetischen Übereinstimmung des Wortbestandteils „Kappa“ keine Zeichenähnlichkeit und damit keine Verwechslungsgefahr gegeben. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen abzustellen. Das schließt zwar nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2005 – C-120/04, Slg. 2005, I-8551 = GRUR 2005, 1042 Rn. 28 f. – THOMSON LIFE; BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 – I ZR 231/06, GRUR 2009, 1055 Rn. 23 = WRP 2009, 1533 – airdsl, mwN). Allein auf den dominierenden Bestandteil einer zusammengesetzten Marke kommt es aber nur dann an, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind (EuGH, Urteil vom 12. Juni 2007 – C-334/05, Slg. 2007, I-4529 = GRUR 2007, 700 Rn. 41 f. – HABM/Shaker [Limoncello/LIMON-CHELO]; vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2005 – I ZB 40/03, GRUR 2006, 60 Rn. 19 = WRP 2006, 92 – coccodrillo, mwN).

Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall für die Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Wort-/Bildmarken nicht nur auf deren Bildbestandteil, sondern auch auf deren Wortbestandteil abzustellen. Der Bildbestandteil der Klagemarke (das „Gemini-Logo“) mag zwar für den Gesamteindruck der Klagemarke – wie das Berufungsgericht angenommen hat – prägend oder jedenfalls mitprägend sein. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht festgestellt, dass der Wortbestandteil der Klagemarke („Kappa“) gegenüber diesem Bildbestandteil zu vernachlässigen ist. Auch hinsichtlich der Beklagtenmarke hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, dass der Wortbestandteil („Kappa“) gegenüber dem Bildbestandteil (dem stilisierten Buchstaben „K“) weitgehend in den Hintergrund tritt.

b) Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang oder in der Bedeutung zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 1998 – I ZB 28/96, BGHZ 139, 340, 347 – Lions; BGH, GRUR 2008, 903 Rn. 17 – SIERRA ANTIGUO; BGH, GRUR 2009, 1055 Rn. 26 – airdsl).

aa) Für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit reicht regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche; es genügt daher, wenn die Zeichen einander entweder im (Schrift-)Bild oder im Klang oder in der Bedeutung ähnlich sind (BGHZ 139, 340, 347 – Lions; BGH, Urteil vom 6. Mai 2004 – I ZR 223/01, GRUR 2004, 783, 784 = WRP 2004, 1043 – NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; BGH, GRUR 2006, 60 Rn. 17 – coccodrillo; BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 – I ZR 162/05, GRUR 2008, 803 Rn. 21 = WRP 2008, 1192 – HEITEC; BGH, GRUR 2009, 1055 Rn. 26 – airdsl; vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2007 – I ZB 26/05, GRUR 2008, 714 Rn. 37 = WRP 2008, 1092 – idw; Beschluss vom 13. Dezember 2007 – I ZB 39/05, GRUR 2008, 719 Rn. 35 = WRP 2008, 1098 – idw Informationsdienst Wissenschaft).

Danach ist im Streitfall die Zeichenähnlichkeit grundsätzlich zu bejahen, weil die einander gegenüberstehenden Zeichen in klanglicher Hinsicht im Wortbestandteil „Kappa“ bzw. „KAPPA“ miteinander übereinstimmen. Auch bei der Klagemarke ist in klanglicher Hinsicht allein auf den Wortbestandteil „Kappa“ abzustellen, selbst wenn der Bildbestandteil gemeinhin als „Gemini-Logo“ bezeichnet wird. Eine Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht kommt hinsichtlich des Bildbestandteils eines Wort-/Bildzeichens nicht in Betracht (vgl. BGH, GRUR 2006, 60 Rn. 24 – coccodrillo).

bb) Eine nach dem Bild und/oder dem Klang zu bejahende Verwechslungsgefahr scheidet nur dann ausnahmsweise aus, wenn dem einen oder auch beiden Zeichen ein ohne weiteres erkennbarer konkreter Begriffsinhalt zukommt (BGH, Urteil vom 28. August 2003 – I ZR 9/01, GRUR 2003, 1044, 1046 = WRP 2003, 1436 – Kelly; Urteil vom 13. November 2003 – I ZR 184/01, GRUR 2004, 240, 241 – MIDAS/medAS; vgl. auch BGH, GRUR 2008, 715 Rn. 38 – idw; GRUR 2008, 719 Rn. 38 – idw Informationsdienst Wissenschaft; BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 – I ZR 102/07, GRUR 2010, 235 Rn. 19 = WRP 2010, 381 – AIDA/AIDU).

Im vorliegenden Fall ist die nach dem Klang zu bejahende Zeichenähnlichkeit nicht durch Unterschiede im Bedeutungsgehalt der Kollisionszeichen ausgeschlossen. In begrifflicher Hinsicht hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, dass der Verkehr der Klagemarke oder der Beklagtenmarke einen konkreten Sinngehalt beilegt. Ein solcher Sinngehalt ist auch nicht ersichtlich.

cc) Das Berufungsgericht hat angenommen, trotz der phonetischen Übereinstimmung des Wortbestandteils „Kappa“ sei keine Zeichenähnlichkeit und damit keine Verwechslungsgefahr gegeben, weil sich das die Klagemarke jedenfalls mitprägende „Gemini-Logo“ nahezu vollständig von dem in der Beklagtenmarke stilisierten Buchstaben „K“ unterscheide. Dieser Beurteilung kann nicht zugestimmt werden.

Es kann offenbleiben, ob eine nach dem Klang zu bejahende Identität oder Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen auch durch Abweichungen im Bild in einem Maße neutralisiert werden kann, dass eine Zeichenähnlichkeit und damit eine Verwechslungsgefahr ausscheidet (so Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 14 Rn. 851; aA Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rn. 186; vgl. auch Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 377). Eine solche Neutralisierung kommt allenfalls dann in Betracht, wenn die mit den Zeichen gekennzeichneten Waren regelmäßig nur auf Sicht gekauft werden. Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 8 Abs. 1 Buchst. b GMV und zur gleichlautenden Bestimmung des Art. 4 Abs. 1 Buchst. b MarkenRL, deren Umsetzung ins deutsche Recht § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG dient, impliziert die umfassende Beurteilung der Ähnlichkeit der Zeichen in Bedeutung, Bild und Klang, dass die begrifflichen und visuellen Unterschiede zwischen zwei Zeichen ihre vorhandenen klanglichen Ähnlichkeiten neutralisieren können, wenn zumindest eines der Zeichen eine eindeutige und bestimmte Bedeutung hat, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise sie ohne Weiteres erfassen können (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 1999 – C-342/97, Slg. 1999, I-3819 = GRUR Int. 1999, 734 Rn. 25-28 = WRP 1999, 806 – Lloyd; Urteil vom 12. Januar 2006 – C-361/04, Slg. 2006, I-643 = GRUR 2006, 237 Rn. 19 f. – Ruiz-Picasso u.a./HABM [PICASSO/PICARO]; Urteil vom 23. März 2006 – C-206/04, Slg. 2006, I-2717 = GRUR 2006, 413 Rn. 21 f. und 34 f. – Muehlhens GmbH & Co. KG/HABM [ZIRH/SIR]; EuGH, GRUR 2007, 700 Rn. 34 f. und 41 f. – HABM/Shaker [Limoncello/LIMONCHELO]; EuGH, Urteil vom 13. September 2007 – C-234/06, Slg. 2007, I-7333 = GRUR 2008, 343 Rn. 32-35 = WRP 2007, 1322 – Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]; Urteil vom 18. Dezember 2008 – C-16/06, Slg. 2008, I-10053 = GRUR-RR 2009, 356 Rn. 98 – Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]).

Es kann dahinstehen, ob der Gerichtshof der Europäischen Union mit dieser Rechtsprechung die Ansicht des Gerichts erster Instanz der Europäischen Union gebilligt hat, dass eine klangliche Ähnlichkeit durch visuelle Unterschiede neutralisiert werden kann, wenn die mit den Zeichen gekennzeichneten Waren so vermarktet werden, dass die maßgebenden Verkehrskreise die Zeichen beim Erwerb der Waren gewöhnlich auch optisch wahrnehmen (vgl. EuGH, GRUR 2006, 413 Rn. 51 und 34 ff. – Muehlhens GmbH & Co. KG/HABM [ZIRH/SIR]; GRUR 2008, 343 Rn. 36 f. – Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]). Im Streitfall ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch von den Parteien vorgetragen, dass die mit dem in Rede stehenden Zeichen der Klägerin versehenen Waren der Klasse 18 in der Regel nur auf Sicht gekauft werden. In den Fällen, in denen die mit dem Zeichen versehenen Waren nicht auf Sicht, sondern auf Nachfrage gekauft werden, kommt eine Neutralisierung der klanglichen Übereinstimmung durch visuelle Unterschiede nicht in Betracht, weil die maßgebenden Verkehrskreise die Zeichen beim Erwerb der Waren nicht optisch wahrnehmen.

III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht hinsichtlich der auf die IR-Marke Nr. 666 005 gestützten Ansprüche zum Nachteil der Klägerin erkannt hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Das Berufungsgericht wird die Frage der Verwechslungsgefahr erneut zu beurteilen haben. Gegebenenfalls wird es sich auch mit den Einreden der Nichtbenutzung und der Löschungsreife der Klagemarke befassen müssen, zu denen es bislang – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – noch keine Feststellungen getroffen hat.

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 21.08.2007 – 33 O 4478/06 –
OLG München, Entscheidung vom 27.11.2008 – 6 U 4556/07 –

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