Marke in Form eines „Schokobechers“ ist nicht eintragungsfähig

20. Mai 2011
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Eigener Leitsatz:

Die für Süßwaren und Schokoladenwaren angemeldete dreidimensionale Marke in Form eines "Schokobechers" kann sowohl die Ware selbst als auch die Verpackung für Süßwaren sein. Die Form eines Bechers ist eine geläufige Gestaltungsform für Schokoladewaren und weist daher keine herkunftshinweisenden Merkmale auf. Auch wird der angesprochene Verkehrskreis der Lebensmittelkonsumenten gewöhnlich nicht aus der dreidimensionalen Form der Ware oder Verpackung auf die betriebliche Herkunft schließen können.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 21.04.2011

Az.: 25 W (pat) 72/10

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 028 356.4

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
21. April 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Vorsitzenden Richterin am Landgericht Grote-Bittner und des Richters Metternich

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe:
I.
Angemeldet als dreidimensionale Marke ist die nachfolgend abgebildete Form
eines – von der Anmelderin so bezeichneten – "Schokobechers"

(Abbildung)

für die folgenden Waren der Klasse 30:

"Süßwaren und Schokoladenwaren".

Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt
mit einer Beamtin des höheren Dienstes, hat diese unter der Nummer
30 2010 028 356.4 geführte Anmeldung nach entsprechender Beanstandung mit Beschluss vom 27. September 2009 zurückgewiesen.

Zwar sei die angemeldete Marke nach § 3 MarkenG markenfähig. Ihr stehe jedoch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen neben den Fachkreisen der Süßwaren- und Schokoladenbranche auch jeder Lebensmittelkonsument zähle, würden die oben abgebildeten Form eines Bechers aus Schokolade nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen. Die angemeldete Marke weiche nicht in erheblicher Weise von der Norm oder der Branchenüblichkeit des Formenschatzes im Süßwarenbereich ab. Insbesondere weise sie keine Eigenheiten auf, aufgrund derer sie sich von der Grundform eines Bechers oder Eimers abhebe. Auch wenn die hier als Marke angemeldete Form aus Schokolade bestehe, ergebe sich für die (fehlende) Schutzfähigkeit nichts anderes. Schokobecher in weitgehend ähnlicher, sogar identischer Form würden auf dem Markt angeboten. Insoweit lege die Markenstelle auch keine zu strengen Prüfungsmaßstäbe an.

Mit ihrer gegen den vorgenannten Beschluss gerichteten Beschwerde hält die Anmelderin an ihrer Auffassung fest, dass der angemeldeten Marke kein Schutzhindernis entgegenstehe. Die angemeldete Marke sei als betrieblicher Herkunftshinweis geeignet. Insoweit handele es sich nicht um eine branchenübliche Grundform, an die sich der Verkehr gewöhnt habe, zumal Schokobecher per se für Schokoladewaren nicht branchenüblich seien. Die von der Markenstelle genannten Belege seien nicht geeignet, die gegenteilige Auffassung zu stützen. Vielmehr weise die angemeldete dreidimensionale Form eine Vielzahl von Merkmalen auf, die dazu führten, dass diese Form den Verkehr auf die Herkunft der Ware hinweise. Sie habe die Form eines auf dem Kopf stehenden Kegelstumpfes, wobei der Durchmesser des Bodens kleiner sei als die Öffnung, so dass der Becher nach oben deutlich breiter werde. An der oberen Außenkante der Öffnung befinde sich ein breiter Wulst, der aufgrund seiner oben befindlichen Abrundung wie ein aufgesetzter Ring wirke. Damit weise die angemeldete Marke deutliche Unterschiede zu den Schokoladenbechern auf, die die Markenstelle ermittelt habe, zumal es sich
um keine hinreichend deutlichen Abbildungen handele. Bei dem von der Markenstelle ebenfalls ermittelten Schokoladenbecher der Fa. H… handele es sich um eine Form, bei der die obere Wulst allenfalls angedeutet sei und mit der (weiteren) Wulst am Sockel weitaus eher einer Grundform entspreche.

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent-
und Markenamts vom 27. September 2009 aufzuheben.

Nachdem der Anmelderin mit der Terminsladung vom 18. März 2011
(Bl. 24 ff. d. A.) Rechercheergebnisse und ein rechtlicher Hinweis des Senats
mitgeteilt wurden, hat sie ihren hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 6. April 2011 zurückgenommen (Bl. 54 d. A.). Der bereits anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung wurde daraufhin aufgehoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die angemeldete Marke weist
entgegen der Auffassung der Anmelderin keine Unterscheidungskraft auf (§ 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Sie besteht zudem ausschließlich aus einem Zeichen, das
geeignet ist, Merkmale der beanspruchten Waren zu beschreiben, so dass auch
das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist. Die Markenstelle
hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

1. Zwar ist die vorliegend als Marke angemeldete dreidimensionale Form eines
"Schokobechers" gemäß § 3 Abs. 1 MarkenG markenfähig, ohne dass einer
der Ausschlussgründe des § 3 Abs. 2 MarkenG gegeben ist. Insbesondere
ist nicht ersichtlich, dass diese Form durch die Art der Ware selbst bedingt ist
oder zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist (§ 3 Abs. 2
Nr. 1 und 2 MarkenG); der weitere Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 3
MarkenG scheidet offensichtlich aus.

2. Die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen – wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat – neben den Fachkreisen der Süßwaren- und Schokoladenbranche auch alle Lebensmittelkonsumenten zählen, werden in der angemeldeten dreidimensionalen Form keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen, so dass der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft
i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 – "Henkel"; GRUR 2004, 943, Tz. 23, 24 – "SAT.2"; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 – "FUSSBALL WM 2006"). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 608 [Tz. 60] – Libertel). Hierbei wird das Allgemeininteresse nicht nur durch unmittelbare oder tatsächliche Behinderungen, sondern bereits durch eine bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerblichen Grundfreiheiten tangiert (vgl. Alber, GRUR 2005, 127, 129 – Das Allgemeininteresse in der markenrechtlichen Entscheidungspraxis des EuGH mit weiteren Nachweisen).

Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit dreidimensionaler Marken dürfen
zwar keine strengeren Anforderungen angelegt werden als bei sonstigen
Markenformen wie etwa Wort- oder Bildmarken, aber auch keine großzügigeren. Wie bei jeder anderen Markenform ist auch bei dreidimensionalen, die
Ware bzw. die Verpackung einer Ware darstellenden Markenform allein zu
prüfen, ob der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen für die jeweils beanspruchten Waren einen betrieblichen Herkunftshinweis sieht.

Vorliegend kann die angemeldete dreidimensionale Form sowohl die beanspruchte Ware selbst sein, als auch die Verpackung für weitere Waren, wie
sie auch im Warenverzeichnis beansprucht werden. Ein Becher aus Schokolade
fällt unter den beanspruchten (Ober-) Begriff "Schokoladenwaren". Schokobecher werden zudem üblicherweise mit festen oder flüssigen Stoffen
wie z. B. Cremes gefüllt, die entweder gesüßt sind – und damit den ebenfalls
beanspruchten "Süßwaren" zuzuordnen sind – oder auch Schokolade als
hauptsächliche oder wesentliche (geschmackgebende) Zutat haben.

Eine dreidimensionale Marke, die allein aus der Form bzw. Verpackung der
Ware besteht, wird vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen wie eine herkömmliche Wort- oder Bildmarke, die ein gesondertes Zeichen darstellt und vom Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware unabhängig ist. Gewöhnlich schließen Verbraucher daher aus der Form der Ware oder ihrer Verpackung nicht auf die betriebliche Herkunft (vgl. EuGH
GRUR Int. 2006, 226, Tz. 28 – Standbeutel und BGH GRUR 2010, 138,
Tz. 24 – ROCHER-Kugel). Hinreichende Unterscheidungskraft kann nur dann
bejaht werden, wenn sich ein dreidimensionales Zeichen nicht nur in der Darstellung von Merkmalen erschöpft, die für die Art der Ware oder deren Verpackung typisch sind, sondern wenn die als Marke beanspruchte Form charakteristische Merkmale aufweist, die von der Norm oder dem branchenüblichen Formenschatz erheblich abweichen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 49 – Henkel; GRUR Int. 2004, 631, Tz. 39 – Dreidimensionale Tablettenform I; GRUR Int. 2004, 635, Tz. 37 – Dreidimensionale Tablettenform II; GRUR Int. 2004, 639, Tz. 37 – Dreidimensionale Tablettenform III; GRUR Int.
2005, 135, Tz. 31 – Maglite; GRUR Int. 2006, 226, Tz. 31 – Standbeutel;
GRUR Int. 2006, 842, Tz. 26 – Form eines Bonbons II; siehe auch BGH
GRUR 2004, 329, 330 – Käse in Blütenform; BGH GRUR 2004, 502, 504 –
Gabelstapler II; GRUR 2004, 507, 509 – Transformatorengehäuse; BGH
GRUR 2010, 138, Tz. 28 – ROCHER-Kugel; vgl. auch die Senatsentscheidungen
25 W (pat) 7/09 vom 14. Januar 2010 = GRUR 2010, 1017 – Bonbonform
und 25 W (pat) 192/09 vom 19. August 2010 – Schokoriegel, veröffentlich
u. a. bei PAVIS proma).

Die vorliegend angemeldete dreidimensionale Form fügt sich in den im maßgeblichen Warensektor vorhandenen Formenschatz ohne weiteres ein und
weist keine von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweichenden, charakteristischen Merkmale auf, die geeignet wären, die betriebliche Herkunftsfunktion zu erfüllen. Sie besteht aus einer Hohlform, die in Form eines umgekehrten, sich nach oben hin verbreiternden Kegels mit einer Wulst an der
oben befindlichen Öffnung ausgestaltet ist und aus Schokolade hergestellt
wird bzw. jedenfalls hergestellt sein kann. Diese Form stimmt in ihren wesentlichen Merkmalen mit der Form von Trinkbechern überein, wie sie als alltägliches Trinkgefäß – auch als Einwegbecher – industriell gefertigt wird und,
gleichsam als "klassische Form" – sehr weit verbreitet ist (vgl. dazu die als
Anlage 1 und 2 zur Terminsladung der Anmelderin übersendeten Belege,
Bl. 27 – 30 d. A.). Da es üblich ist und auch als allgemein bekannt vorausgesetzt
werden kann, dass Schokoladewaren u. a. auch mit anderen Süßigkeiten
oder Flüssigkeiten bzw. flüssigen Stoffen (z. B. Pralinen, Eierlikör, Cremes,
Joghurt) gefüllt werden, ist der Markenstelle zuzustimmen, dass die Form eines Bechers eine für Schokoladewaren naheliegende Gestaltungsform darstellt (vgl. die Beispiele in Anlage 3 zur Terminladung, Bl. 31 d. A,. sowie das weitere Beispiel in Anlage 4 zur Terminsladung, Bl. 32 d. A.).

Anders als von der Anmelderin vorgetragen, sind becherförmige Schokoladenwaren auch branchenüblich. Über die von der Markenstelle bereits genannten Beispiele für becherförmige Schokoladenwaren der Fa. H… (Bl. 43/44 der Patentamtsakten und Anlage 5 zur Terminsladung, Bl. 33 d. A.), Choceur (Bl. 42 der Patentamtsakten) und Bergland (Bl. 21 Patentamtsakten und Anlage 6 zur Terminsladung, Bl. 34 d. A.), gibt es weitere Beispiele für kegelförmige Gestaltungen von Schokoladen(hohl)körpern, die zum Füllen mit flüssigen Zutaten bestimmt sind, wie das Angebot von "Cacaomundo" (siehe Anlage 7 zur Terminsladung, Bl. 35 – 39 d. A.) sowie eine Reihe vergleichbarer Beispiele von ähnlichen Formen für Schokoladenwaren, die unter "shop.edna.de" auch in Deutschland vertrieben werden (vgl. Anlage 8 zur Terminsladung, Bl. 40 – 47 d. A.). Schließlich werden auch kegelförmige Formen vertrieben, mit denen entsprechende Schokoladewaren auch im privaten Haushalt hergestellt werden können (vgl. Anlage 9 zur Terminsladung, Bl. 48 d. A.). Solche Formen sind beim Publikum durchaus beliebt (vgl. Anlage 10 zur Terminsladung, Bl. 49 d. A.). Die vorgenannten Beispiele weisen vergleichbare Gestaltungsmerkmale wie die hier angemeldete dreidimensionale Form auf, ohne dass diese Form ihrerseits weitergehende Merkmale hat, aufgrund derer sie sich in individualisierender Weise von diesen Beispielen abhebt. Es kann mithin nicht davon ausgegangen werden, dass die angemeldete dreidimensionale Form von der Norm oder dem branchenüblichen Formenschatz erheblich abweicht. Dann ist sie als betrieblicher Herkunftshinweis auch ungeeignet.

3. Die angemeldete Marke besteht auch ausschließlich aus einem Zeichen, die
im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen können (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

Die vorliegend angemeldete dreidimensionale Form eines Bechers aus
Schokolade stellt zum einen in Bezug auf die Ware "Schokoladenwaren"
nichts anderes dar als die beanspruchten Ware selbst, die dadurch ihrer Art
und ihrer Beschaffenheit nach i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beschrieben
wird. Ferner eignet sich – wie bereits ausgeführt – dieser Gegenstand auch
als Verpackung bzw. als Behältnis sowohl für "Schokoladenwaren", als auch
für die weiter beanspruchte Ware "Süßwaren". Diese Verwendungsmöglichkeit
ergibt sich auch ohne weiteres aus dieser dreidimensionalen Form und
drängt sich für die angesprochenen Verkehrskreise geradezu auf, so dass
die angemeldete Warenform auch nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schutzunfähig
ist.

4. Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht. Die Anmelderin hat den von
ihr gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen (§ 69 Nr. 1 MarkenG). Eine mündliche Verhandlung war
auch aus anderen Gründen nicht angezeigt.

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