Die italienische Stadt „SAPRI“ als Wortmarke

11. Februar 2009
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Eigener Leitsatz:

Konkretisierend wirtschaftliche Beschränkungen, die Waren oder Dienstleistungen, für die eine Marke angemeldet wurde, betreffend, sind bei der Beurteilung des Phantasiecharakters fraglicher Marke zu berücksichtigen. AUf die inländische Gebräuchlichkeit der Wortmarke kann nicht nur wegen der bloßen Abrufbarkeit im Internet geschlossen werden.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 21.01.2009

Az.: 29 W (pat) 43/06

Beschluss

In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 304 67 059.6 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 21. Januar 2009 unter Mitwirkung … beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Februar 2006 aufgehoben.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 25. November 2004 die Wortmarke

SAPRI

für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden (Fassung nach Hinweis durch die Markenstelle):

Klasse 3: Zahnpasta; Kosmetika; Parfums; Haarwaschmittel [kosmetisch]; Haarpflegemittel [kosmetisch]; Badezusätze, nicht für medizinische Zwecke; Seifen; Reinigungsmittel;

Klasse 14: Schmuck- und Juwelierwaren, einschließlich Modeschmuck; Dosen aus Edelmetall; Schlüsselanhänger [Fantasie- und Schmuckwaren] (aus Edelmetall); Uhren;

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); vorstehende Waren soweit in
Klasse 16 enthalten; Federtaschen (Büroartikel); Zeichenblöcke; Schreibgeräte; Briefpapier; Notizblöcke; Postkarten; Tagebücher; Kalender;

Klasse 18: Taschen jeglicher Art, soweit in Klasse 18 enthalten; Koffer, soweit in Klasse 18 enthalten;

Klasse 20: Dosen und Schachteln, aus Holz oder Kunststoff;

Klasse 21: Haushaltswaren, soweit in Klasse 21 enthalten; Geschirr, soweit in Klasse 21 enthalten; Porzellan, soweit in Klasse 21 enthalten; Gläser [Gefäße]; Zahnbürsten; Kämme;

Klasse 24: Bettwäsche; Gardinen aus Textilien oder aus Kunststoff; Tischdecken; Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Tapeten aus textilem Material;

Klasse 25: Bekleidung, Schuhwaren, Kopfbedeckungen;

Klasse 28: Kartenspiele, Puzzlespiele; Gesellschaftsspiele; dreidimensionale Figuren als Stell- und Handpuppen in Plüsch und Plastik;

Klasse 34: Raucherartikel;

Klasse 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Schokolade, Reis, Tapioka; Sago, Kaffeeersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis;

Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

Klasse 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere).

Die Markenstelle für Klasse 16 hat die Anmeldung durch Beschluss vom 1. Februar 2006 für die Waren „Druckereierzeugnisse; Postkarten; Kalender“ teilweise
gemäß §§ 37 Abs. 1 und 5, 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat darin ausgeführt, dass mit „SAPRI“ eine Stadt in der italienischen Region
Kampanien bezeichnet werde. Es handele sich um einen auch im Inland bekannten Ferien- und Badeort mit zahlreichen Unterhaltungsmöglichkeiten, Geschäften,
Restaurants und Diskotheken. So seien im Internet Angebote zu Ferienwohnungen und Hotels als auch Informationen zum Urlaub in der Region zu finden. Folglich
stehe das touristische Verständnis im Vordergrund, infolgedessen von einer überregionalen Bekanntheit auszugehen sei. Dementsprechend weise das angemeldete
Zeichen auf den Inhalt und das Thema der von der Zurückweisung umfassten Waren hin. Die von der Anmelderin hilfsweise vorgeschlagene Einschränkung
„Druckereierzeugnisse, Postkarten, Kalender, mit Ausnahme solcher, welche den italienischen Ort ‚Sapri‘ zum Gegenstand haben“ sei unzulässig, da durch
einen solchen Ausnahmevermerk die Rechtssicherheit nicht gewährleistet sei. Allenfalls komme eine Einschränkung der gattungsmäßigen Art oder der Zweckbestimmung in Betracht.

Gegen diese Teilzurückweisung wendet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, den Beschluss vom 1. Februar 2006 im Umfang der Zurückweisung aufzuheben.

Zur Begründung trägt sie vor, dass der Beschwerde auf Grund des Urteils des Gerichts Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005
(EuG GRUR Int. 2006, 47 – Cloppenburg) hätte abgeholfen werden müssen. Zudem handele es sich bei „SAPRI“ um ein Kunstwort, das in der deutschen Sprache
nicht bekannt sei. Die Markenstelle habe keine Feststellungen dazu getroffen, ob das angemeldete Zeichen von den inländischen Verkehrskreisen als Ortsangabe
verstanden werde. Die bloße Abrufbarkeit einer Bezeichnung im Internet lasse noch nicht auf ein bestimmtes Verkehrsverständnis schließen. Auf Grund der
geringen Größe des italienischen Ortes sei allenfalls von einer verschwindend geringen Bekanntheit auszugehen. Des Weiteren habe die Markenstelle nicht nachgewiesen, dass der Ort mit den beschwerdegegenständlichen Waren in Verbindung gebracht werde oder sich als Herkunftsangabe eigne. Insbesondere sei nicht
belegt worden, für welche Waren Sapri als Herstellungsort in Betracht komme, und ob es üblich sei, bei den von der Zurückweisung betroffenen Waren ihre geographische Herkunft anzugeben. Überdies komme es bei ihnen normalerweise nicht darauf an, woher sie stammten. Die Feststellungen der Markenstelle reichten
zur Begründung eines Freihaltungsbedürfnisses nicht aus, zumal die Verkehrskreise sofort und ohne weiteres Nachdenken eine konkrete und unmittelbare Verbindung zwischen den beanspruchten Waren und dem Bedeutungsgehalt des angemeldeten Zeichens herstellen müssten. Schließlich sei die hilfsweise geltend gemachte Einschränkung des Warenverzeichnisses nicht unzulässig, da sie wirtschaftlich nachvollziehbar und rechtlich eindeutig abgrenzbar sei.

Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin die verfahrensgegenständlichen Waren wie folgt beschränkt:

„Druckereierzeugnisse, nämlich mit figürlichen Motiven der Bildenden Kunst; Postkarten, nämlich mit figürlichen Motiven der Bildenden Kunst; Kalender, nämlich mit figürlichen Motiven der Bildenden Kunst.“.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und nach der Beschränkung der von der Zurückweisung umfassten Waren auch begründet.

1. Bei der Prüfung der Schutzfähigkeit ist von den Waren „Druckereierzeugnisse, nämlich mit figürlichen Motiven der Bildenden Kunst; Postkarten, nämlich
mit figürlichen Motiven der Bildenden Kunst; Kalender, nämlich mit figürlichen Motiven der Bildenden Kunst“ auszugehen. Der Zusatz „nämlich mit figürlichen Motiven der Bildenden Kunst“ ändert und konkretisiert den wirtschaftlichen Charakter der Druckereierzeugnisse, Postkarten und Kalender, so dass den Anforderungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften an die Einschränkung von Waren-/Dienstleistungsverzeichnissen Genüge getan ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 679, Rdnr. 114 und 115 – Postkantoor).

2. Bei dem angemeldeten Zeichen handelt es sich nicht um eine unmittelbar beschreibende freihaltungsbedürftige Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung
der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen dienen können (vgl. BGH GRUR 2000, 882 – Bücher für eine bessere Welt; EuGH GRUR 2004, 146 – DOUBLEMINT). Solche Zeichen oder Angaben müssen im Allgemeininteresse allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 – BIOMILD).

a) Im Verkehr wird das angemeldete Zeichen in verschiedenen Bedeutungen häufig verwendet (vgl. „Google-Trefferliste“ unter dem Stichwort „SAPRI“). Zum einen werden mit ihm Skulpturen von B… be zeichnet, bei denen es sich um „lebensfrohe Kreaturen, Fantasiegebilde des Künstlers, deren Eigenständigkeit überrascht“, handelt (vgl. „SAPRI Skulpturen“ unter „http://www.alfred-bradler.com/sapri/34-standard/59-sapri-skulpturen. html“). Zum andern wird „SAPRI“ im Sinne einer Abkürzung für „Structural Adjustment Participatory Review Initiative“ gebraucht (vgl. „Omega- News“ unter „omega.twoday.net/20050526/+SAPRI …“). Auch als Nachname ist das Zeichen nachweisbar (vgl. „Johaness Sapri“ unter „http://de.facebook. com/people/Johaness_Sapri/839139831“). Es ist auch festzustellen
als Name eines italienischen Ortes mit ca. … Einwohnern in Kampanien (vgl. „Sapri Town Hall“ unter „http://www.comunedisapri.it/info/info.php“; „Sapri
– Online-Reiseführer“ unter „http://www.initalienit.info/Sapri“). Nach Aussage der Gemeinde umfassen ihre wirtschaftlichen Aktivitäten hauptsächlich
Handel, Handwerk und Tourismus, wobei letzterem die größte Bedeutung zukommt (vgl. „Turismo News“ unter „http://italy.turismonews.it/comuni/Sapri/
browse_comune/1368/home.html“; „Hotels Sapri“ unter „http://de.venere. com/hotel_sapri/“; „Urlaub Sapri“ unter „http://www.urlaub-anbieter.com/urlaub-cilento/sapri.htm“).

b) Durch die Beschränkung des Inhalts der Druckereierzeugnisse, Postkarten und Kalender auf figürliche Motive der Bildenden Kunst kommt die Bezeichnung „SAPRI“ als unmittelbar beschreibende Angabe für den Ort SAPRI und damit als Inhaltsangabe bzw. Themenangabe nicht mehr in Betracht. Es gibt gedruckte Reiseführer zu Kampanien und Postkarten mit Motiven des Ortes Sapri (vgl. „Amazon.de“ unter „http.//www.amazon. de/s/ref=nb_ss_b?_mk_de_DE=…“; „ebay.it“ unter „http://cgi.ebay.it/SAPRI- STAZIONE-FERROVIARIA-TRENI-1920 …“; „Sapri – Fanale Pisacane“ unter  http://www.leuchttum-welt.net/HTML/ITPK/ORIGINAL/SAPRI.JPG“) und mit Hilfe von Fotos von Sapri (vgl. „Category: Sapri“ unter „http://commons.wikipedia.org/wiki/Category: Sapri“) könnten auch entsprechende Kalender hergestellt werden. Allerdings erscheint es fernliegend, dass in Druckereierzeugnissen, Postkarten und Kalendern künstlerische Figuren abgebildet sind, die einen sachlichen Bezug zu Sapri aufweisen. Charakteristische
Darstellungen von menschlichen, tierischen oder abstrakten Körpern (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 3. Auflage, 1996, Seiten 505/506), die aus diesem Ort stammen, konnten nämlich nicht ermittelt werden.

Als geographische Herkunftsangabe scheidet das angemeldete Zeichen für die noch beanspruchten Waren ebenfalls aus. Weder lassen die gegenwärtigen
Verhältnisse noch die zukünftigen nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegenden wirtschaftlichen Entwicklungen eine beschreibende Verwendung
der Bezeichnung „SAPRI“ im Hinblick auf die beschwerdegegenständlichen Waren erwarten (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 726, Nr. 31 und 37 – Chiemsee). Vor allem ließen sich keine Belege ermitteln, aus denen sich ergibt, dass in Sapri derzeit Druckereierzeugnisse, Postkarten und Kalender mit figürlichen Motiven der Bildenden Kunst hergestellt oder vertrieben werden.

Auch ist mangels konkreter Anhaltspunkte nicht von einer Änderung dieser Situation in Zukunft auszugehen.

Auch unter Zugrundelegung der weiteren Bedeutungen des angemeldeten Zeichens steht es in keinem sachlichen Zusammenhang mit den noch beanspruchten
Waren. Aufgrund der Beschränkung auf figürliche Motive der Bildenden Kunst ist nahegelegt, dass es sich bei dem Zeichen „SAPRI“ um einen Phantasiebegriff und nicht um ein beschreibendes Wort für künstlerische Figuren handelt. Als Abkürzung eines Fachbegriffs und als Nachname weist das Zeichen ebenfalls keinen beschreibenden Sinngehalt auf, da insoweit ein Bezug zu figürlichen Motiven der Bildenden Kunst nicht besteht.

3. Darüber hinaus liegt das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht vor. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einer Marke innewohnende Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rdnr. 48 – Henkel; GRUR 2004, 1027, 1029, Rdnr. 33 und 42 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort bzw. eine Wortfolge der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das (die) vom Verkehr, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solche(s) und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 19 FUSSBALL WM 2006).

Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Entsprechend den Ausführungen unter 2. handelt es sich bei dem angemeldeten Zeichen nicht um eine in Vordergrund
stehende Sachangabe. Ebenso ist es nicht als ein im Inland gebräuchliches Wort anzusehen, so dass ihm die notwendige Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden kann.

Andere absolute Schutzhindernisse sind nicht ersichtlich. Demzufolge war der Beschwerde auf der Grundlage des eingeschränkten Verzeichnisses stattzugeben.

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