Weitere Niederlage für SAP
Eigener Leitsatz:
In einem Rechtsstreit um irreführende Äußerungen über gebrauchte Lizenzen haben sich die Richter am LG Düsseldorf wieder einmal gegen die Interessen des Softwareriesen SAP entschieden. Der Softwarehersteller bot neben den neuen Produkten auch gebrauchte Software zu vergünstigten Preisen an. Zugleich warnte er aber beim Kauf vor einem angeblichen rechtlichen Risiko der gebrauchten Ware. Diese Aussage ist jedoch schlichtweg falsch und irreführend, sodass das Landgericht der einstweiligen Verfügung gegen SAP stattgab.
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 22.04.2009
Az.: 12 O 23/09
Tenor:
für R e c h t erkannt:
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 21.01.2009 wird bestätigt.
Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
T a t b e s t a n d :
Die Antragstellerin handelt mit bzw. vermittelt den Erwerb von gebrauchter Standard-Software der Antragsgegnerin, die sie in der Regel von Unternehmen oder von Insolvenzverwaltern erwirbt. Die Antragsgegnerin ist der weltweit führende Anbieter von Unternehmenssoftware. Ihr Hauptprodukt ist die Standardsoftware "SAP ERP", vertrieben unter der Bezeichnung "SAP R/3" bzw. "mySAP". Diese Software wird in der Regel auf Datenträgern wie etwa CD’s an die Kunden ausgeliefert.
Mitte Dezember 2008 wurde die Antragstellerin von dem Einkäufer eines potentiellen Kunden, der Firmaxxx AG mit Sitz in Remscheid, darüber informiert, dass dieser eine E-Mail eines Herrn xxx, Vertriebsmitarbeiter der Antragsgegnerin, mit welcher die Firma xxx AG ebenfalls in Vertragsverhandlungen stand, bekommen habe. In dieser E-Mail heißt es unter anderem:
"… Rechtmäßigkeit der Weitergabe von Software
Hier hat der Gesetzgeber eine klare Richtlinie vorgegeben und die Weitergabe von Software von der Genehmigung durch den Rechteinhaber (im vorliegenden Fall also SAP) abhängig gemacht. Das hat auch Anfang Juli 2008 das Oberlandesgericht München (OLG, Aktenzeichen 6 U 2759/07) im Rechtsstreit zwischen Oracle und der Firma xxxSoft in einer abschließenden Entscheidung zum Handel mit gebrauchten Lizenzen so festgestellt. Das Gericht führt aus, dass der Vertrieb mit gebrauchter Software generell einer Zustimmung der jeweiligen Rechteinhaber bedarf. Dieses Urteil hat heute Richtliniencharakter für alle anderen Zivilkammern in Deutschland. Ohne Vorlage einer solchen Genehmigung darf die vermeintlich erworbene Software also nicht eingesetzt werden. …"
Wegen des weiteren Inhaltes dieser E-Mail wird auf die zur Akte gereichte Kopie (Anlage AS 4 = Bl. 22 bis 23 GA) verwiesen.
Das vorgenannte Schreiben war auf Verlangen der Firma xxx AG versandt worden, um dort rechtlich überprüft zu werden. Hintergrund war, dass die Firma xxx aufgrund eines Vertrages mit der Antragsgegnerin seit mehreren Jahren SAP-Standardsoftware in Nutzung und in Pflege hatte und die Vertragskonditionen vorsahen, dass das Nutzungsvolumen dieser Software jährlich vermessen wird und im Falle einer über das kontrahierte Nutzungsvolumen hinausgehenden Nutzung ein sogenannter Zukauf vereinbart werde. Eine solche übervertragliche Nutzung war bei einer Vermessung im Herbst 2008 festgestellt worden. Nach Verhandlungen über den vertragsgemäß abzuschließenden Zukauf-Vertrag fertigte die Antragsgegnerin ein entsprechendes Vertragsexemplar aus und übersandte dieses an die Firma xxx. Nach Erhalt des Angebotes wandte sich der Einkäufer der Firma xxx telefonisch an die Antragsgegnerin und sprach die Möglichkeit an, den durch die Vermessung aufgedeckten Mehrbedarf an Lizenzen anstatt durch Zukauf bei der Antragsgegnerin durch Kauf "gebrauchter" Software zu decken, insoweit verwies er auf ein der Firma xx vorliegendes Angebot. Es folgte eine kontroverse Diskussion über die Rechtslage zwischen den auf Seiten der Firma xx einerseits und der Antragsgegnerin andererseits zuständigen Mitarbeiter, im Rahmen dessen die vorgenannte E-Mail versandt wurde.
Die Firma xx AG sah schließlich aus im Einzelnen strittigen Gründen vom Erwerb gebrauchter Software ab.
Mit Schreiben vom 19.12.2008, auf das Bezug genommen wird (Anlage AS 5 = Bl. 24 bis 27 GA), forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Mit Schreiben ihrer jetzigen anwaltlichen Vertreter vom 23.12.2008, auf das ebenfalls verwiesen wird (AS 6 = Bl. 28 bis 30 GA), gab die Antragsgegnerin eine eingeschränkte strafbewehrte Unterlassungserklärung des Inhaltes ab, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Aussage zu machen, das Oberlandesgericht München habe eine abschließende Entscheidung getroffen, welche Rechtliniencharakter für alle anderen Zivilkammern habe.
Die Antragstellerin, welche die abgegebene Unterlassungserklärung für unzureichend hält, hat, nachdem sie die Antragsgegnerin vergeblich mit Schreiben vom 07.01.2009 (Anlage AS 7 = Bl. 31-32 GA) zur Abgabe der darin formulierten Unterlassungserklärung aufgefordert hatte, die einstweilige Verfügung der Kammer vom 21.01.2009 mit dem nachfolgend wiedergegebenen Inhalt erwirkt:
"Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit Bezug auf den Handel mit "gebrauchter" Software zu behaupten:
Hier hat der Gesetzgeber eine klare Richtlinie vorgegeben und die Weitergabe von Software von der Genehmigung durch den Rechteinhaber abhängig gemacht."
Gegen diese hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, das angerufene Gericht sei ausschließlich zuständig nach den §§ 104, 105 Abs. 1 Urhebergesetz. Die Antragsgegnerin habe eine Verletzungshandlung nach § 4 Nr. 8 UWG begangen, da sie in der E-Mail vom 19.12.2008, deren allgemeine Aufmachung den Verdacht nahe lege, dass es sich um eine vorformulierten Standardtext der Antragsgegnerin für Anfragen zu "gebrauchter" Software handele, der vom Vertrieb regelmäßig verwendet werde, unwahre Tatsachen geäußert habe, die geeignet seien, ihren Betrieb zu schädigen.
Die Antragstellerin beantragt,
die einstweilige Verfügung der Kammer vom 21.01.2009 zu bestätigen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 21.01.2009 aufzuheben und der Antrag vom 20.01.2009 zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, wettbewerbswidriges Verhalten könne ihr in dem hier noch verfahrensgegenständlichen Umfang nicht vorgeworfen werden. Entscheidend sei, dass das Schreiben in einer konkreten Verhandlungssituation auf Verlangen ihrer Kundin, der Firma xxx AG, versandt worden sei, um dort rechtlich überprüft zu werden, es handele sich nicht um ein Musterschreiben. Der Mitarbeiter Hildebrandt habe lediglich ihre Rechtsauffassung dargestellt und unter Berufung auf das Urteil des Oberlandesgerichts München, welches seinerzeit branchenbekannt gewesen sei, die Auffassung vertreten, dass der Gesetzgeber eine klare Richtlinie vorgegeben habe. Der nun angegriffene Satz dürfe nicht aus dem Gesamtzusammenhang gerissen werden, zumal er vom Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt und in Wahrnehmung berechtigter Interessen geäußert worden sei und zwar nicht in Bezug auf das Unternehmen der Antragstellerin, sondern allein in Bezug auf ihr Vertragsverhältnis zu der Firma xxx AG. Der beanstandeten Äußerung fehle es überdies an der Eignung, den Betrieb der Antragstellerin zu schädigen, da allein der Ausgang der rechtlichen Prüfung durch die Firma xxx AG ursächlich für deren Entscheidung gewesen sei, neue oder gebrauchte Software zu erwerben.
Zur Vervollständigung des Vorbringens der Parteien zum Sach- und Streitstand wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die einstweilige Verfügung vom 21.01.2009 ist zu bestätigen, da sie zu Recht erlassen worden ist.
Die angerufene Kammer ist zuständig, §§ 104, 105 Urhebergesetz in Verbindung mit dem Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2009 des Landgerichts Düsseldorf.
Die Antragstellerin ist anspruchsberechtigt gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG.
Sie ist Mitbewerberin der Antragsgegnerin im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Die Parteien sind auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt tätig. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Antragsgegnerin mit neuer und die Antragstellerin mit "gebrauchter" SAP-Software handelt. Das Wettbewerbsverhältnis besteht mithin bereits unter dem Gesichtspunkt, dass die Antragsgegnerin ein Interesse am Absatz neuer Software hat, wohingegen das Interesse der Antragstellerin darin besteht, dass sich Kunden für ihr Warenangebot entscheiden.
Unstreitig ist, dass die Firma xx AG ergänzende Software benötigt hat und vor der Entscheidung stand, ob sie den Zukauf-Vertrag mit der Antragsgegnerin schließt oder bei der Antragstellerin gebrauchte Software erwirbt. Unstreitig ist auch, dass die Antragstellerin einer von mehreren Anbietern gebrauchter Software in der Bundesrepublik Deutschland ist.
Die verfahrensgegenständliche Äußerung des Mitarbeiters der Antragsgegnerin Hildebrandt stellt sich als geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Sie bezieht sich auf das Unternehmen der Antragsgegnerin und weist den erforderlichen geschäftlichen Bezug auf. Sie hat auch zum Ziel, den Absatz des eigenen Unternehmens zu fördern. Der erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Handlung und Absatzförderung ist gegeben. Denn die Äußerung (en) waren bei objektiver Betrachtung unter Berücksichtigung der Umstände geeignet und darauf gerichtet, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidungen der xx AG den Absatz der Antragsgegnerin zu fördern. Ein Handeln zum Nachteil der Antragstellerin ist dabei nicht erforderlich (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG-Kommentar, 26. Auflage 2008 § 2 Rdnr. 23 mit Nachweisen).
Den Äußerungen des Mitarbeiters xx fehlt es auch nicht deshalb an dem erforderlichen Marktbezug, weil es sich um eine Korrespondenz im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses gehandelt hat. Sowohl nach der alten als auch nach der neuen Rechtslage stellen Maßnahmen, die der Aufrechterhaltung, Erweiterung oder Fortsetzung eines Vertragsverhältnisses dienen, eine Wettbewerbs- bzw. geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 UWG dar. Eine Wettbewerbshandlung liegt nämlich auch dann vor, wenn die Handlung objektiv geeignet und darauf gerichtet ist, dass der Marktpartner zusätzliche oder weitergehende vertragliche Pflichten auf sich nimmt (Köhler a.a.O. § 2 Rdnr. 48 und 53 mit Nachweisen).
Derartiges ist hier zu bejahen. Es steht außer Streit, dass der Mitarbeiter Hildebrandt die streitgegenständliche E-Mail verfasst und abgesandt hat im Rahmen des Entscheidungsprozesses auf Seiten der Kundin xx AG, der bereits ein Vertragsentwurf über den Zukauf weiterer Standardsoftware (Bl. 60 bis 63 GA) übersandt worden war. Die Klärung des Mitarbeiters Hildebrandt war demnach nach den Umständen und nach ihrem Wortlaut darauf gerichtet und objektiv auch dazu geeignet, auf die Entscheidung der Kundin xxx AG Einfluss dahingehend zu nehmen, neue Software bei der Antragsgegnerin zu erwerben und sich gegen den Erwerb gebrauchter Software zu entscheiden.
Für eine Wettbewerbshandlung spricht im Übrigen bei kaufmännisch geführten Unternehmen und objektiv zur Wettbewerbsbeeinflussung geeignetem Verhalten eine widerlegliche Vermutung (Köhler a.a.O. § 4 Rdnr. 8.11 mit Nachweisen).
Der Mitbewerber muss in der Mitteilung nicht ausdrücklich genannt sein, Erkennbarkeit reicht aus. Die Antragsgegnerin wusste nach eigenem Vorbringen, dass der Firma xxx AG bereits ein Angebot eines Anbieters gebrauchter SAP-Software vorlag und zwar bezüglich der Lizenzen einer Firmaxxx GmbH. Bei einem ohnehin eng umgrenzten Anbieterfeld kann daher wenn nicht von positiver Kenntnis, so doch von Erkennbarkeit des betroffenen Mitbewerbers ausgegangen werden.
Eine Verletzungshandlung gemäß § 4 Nr. 8 UWG liegt vor. Die Antragstellerin hat daher einen Unterlassungsanspruch aus den §§ 8, 3, 4 Nr. 8 UWG.
Demnach handelt unlauter im Sinne von § 3 UWG insbesondere, wer über die Waren eines Mitbewerbers Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind. Handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet worden sind.
Die allein noch verfahrensgegenständliche Äußerung stellt eine Tatsachenbehauptung dar. Tatsachen sind Vorgänge oder Zustände, deren Vorliegen oder Nichtvorliegen dem Wahrheitsbeweis zugänglich ist. Demgegenüber beinhalten Meinungsäußerungen oder Werturteile Elemente des Wertens, insbesondere der Stellungnahme und des Dafürhaltens. Ob eine Äußerung als Behauptung einer Tatsache oder aber als subjektive Wertung anzusehen ist, hängt entscheidend von ihrer Nachprüfbarkeit mit den Mitteln des Beweises ab, wobei maßgebend ist, wie die angesprochenen Verkehrskreise die Äußerung nach Form und Inhalt im Gesamtzusammenhang verstehen oder verstehen dürfen. Enthält eine Äußerung neben Tatsachenbehauptungen auch Werturteile kommt es entscheidend darauf an, worin der Schwerpunkt der konkreten Äußerung liegt. Geht es in erster Linie um eine persönliche Einschätzung, Abwägung oder Stellungnahme ohne deren tatsächliche Grundlagen im Einzelnen genannt werden, kann in aller Regel von einem Werturteil ausgegangen werden. Andererseits stellt es eine Tatsachenbehauptung dar, wenn zwar wertende Elemente in einer Äußerung enthalten sind, diese aber sich aus sonstigen konkret mitgeteilten Angaben ergibt.
Zwar ist die Äußerung einer Rechtsauffassung in aller Regel als Werturteil anzusehen und infolgedessen der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 8 UWG nicht eröffnet. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Äußerung nicht als Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern – wie hier – beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervor ruft, die einer beweismäßigen Überprüfung zugänglich sind.
Bei verständiger Würdigung des Inhaltes der E-Mail ist nicht mit ausreichender Klarheit festzustellen, dass der Mitarbeiter xx lediglich die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin wiedergegeben hat. Für ein solches Verständnis fehlt es an sprachlichen Anhaltspunkten und an ein solches Verständnis tragenden Formulierungen. Derartiges ergibt sich auch nicht daraus, dass der Mitarbeiter xxx mehrfach die Formulierung "aus unserer Sicht" verwendet hat.
Denn die entscheidende Passage der E-Mail stellt sich bei objektiver Würdigung auch unter Berücksichtigung des Anlasses für diese E-Mail als Tatsachenbehauptungen dar. Unter der Überschrift "Rechtmäßigkeit der Weitergabe von Software" folgt die Aussage, der Gesetzgeber habe für den Bereich des Handels mit gebrauchter Software eine klare Richtlinie vorgegeben und die Weitergabe von der Genehmigung durch den Rechteinhaber abhängig gemacht. Dies ist auf die Darstellung eines rechtlichen Zustandes gerichtet, dessen Vorliegen oder Nichtvorliegen dem Wahrheitsbeweis zugänglich ist. Denn entweder existiert eine solche "Richtlinie des Gesetzgebers", also eine gesetzliche Regelung mit dem behaupteten Inhalt, oder nicht. Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass es Richtlinien des Gesetzgebers insoweit nicht gibt, sondern Gesetze, Verordnungen etc. Der Mitarbeiter xx ist kein Jurist, sondern Vertriebsmitarbeiter. Auch der Adressat seines Schreibens ist soweit ersichtlich nicht juristisch geschult. Der Satz beinhaltet seinem objektiven Gehalt nach gerade keine wertende Äußerung im Sinne der Wiedergabe einer Rechtsauffassung. Ein Indiz für einen solchen Inhalt oder eine solche Motivation wäre es, wenn der Mitarbeiter Hildebrandt geschrieben hätte "wir sind der Auffassung, dass … so hat es auch das OLG München beurteilt …". Der gesamte Absatz der E-Mail suggeriert aber – unzutreffend -, dass gesetzliche Vorgaben existieren, die einzuhalten sind.
Elemente des Wertens, insbesondere der Stellungnahme und des Dafürhaltens, sind dem Satz nicht zu entnehmen. Der Verfasser der E-Mail teilt mit, es gebe eine klare Richtlinie des Gesetzgebers, nach welcher die Weitergabe von Software von der Genehmigung durch den Rechteinhaber abhängig gemacht werde, so, führt er weiter aus, habe es auch das Oberlandesgericht München gesehen. Der Absatz endet mit der schlussfolgernden Bemerkung, dass ohne Vorlage einer solchen Genehmigung die vermeintlich erworbene Software also nicht eingesetzt werden dürfe.
Die Richtigkeit dieser Tatsachenbehauptung ist nicht festzustellen. Die Aussage des Mitarbeiters Hildebrandt ist vielmehr unwahr. Tatsächlich ist die Rechtslage, was zwischen den Parteien auch nicht im Streit steht, unklar. Höchstrichterliche Entscheidungen gibt es nicht. Es existiert die bereits erwähnte, allerdings nicht unumstrittene, Entscheidung des OLG München, auf welche sich auch der Mitarbeiter Hildebrandt bezogen hat. Daneben gibt es Instanzrechtsprechung der Landgerichte Hamburg und München, die ebenfalls uneinheitlich ist (MDR 2006, 827, CR 2006, 159 und MDR 2008, 563). Die angerufene Kammer hat mit nicht veröffentlichtem Urteil vom 29.10.2008 (12 O 431/08) entschieden, dass sich das Verbreitungsrecht an dem von der dortigen Antragstellerin vertriebenen Computerprogramm erschöpft habe, da diese Software zuvor mit ihrer Zustimmung in Verkehr gebracht worden sei, §§ 69 c Nr. 3 Satz 2, 17 Abs. 2 Urhebergesetz.
Die Frage ist überdies Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen in der Fachliteratur.
Wahr wäre daher die Behauptung gewesen, die Rechtslage sei unklar.
Die Behauptung ist gemacht worden über Waren der Unternehmen, die mit gebrauchter SAP-Software handeln, also zumindest auch über die Antragstellerin.
Sie ist auch objektiv geeignet, den Betrieb des Geschäftes der Antragstellerin zu schädigen. Unstreitig gibt es nur wenige Unternehmen in Deutschland, die mit gebrauchter SAP-Software handeln. Behauptet nun die Antragstellerin als Herstellerin und Anbieterin neuer SAP-Software gegenüber Kaufinteressenten neuer, aber eben auch gebrauchter Software, deren rechtmäßiger Erwerb sei nur mit ihrer Zustimmung möglich, so ist dies geeignet Nachteile für die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin mit sich zu bringen, da es sein kann, sogar wahrscheinlich ist, dass sich Kunden auf diese Information verlassen und vorsichtshalber keine gebrauchte sondern neue SAP-Software kaufen.
Auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen kann sich die Antragsgegnerin nicht berufen. An dem Aufstellen unwahrer Behauptungen kann ein berechtigtes Interesse grundsätzlich nicht bestehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Streitwert: 25.000,00 €.