Verwechslungsgefahr: asonor und Adocor

30. Oktober 2009
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Eigener Leitsatz:

Beide Marken waren ursprünglich für die selbe Klasse eingetragen. Auch nachdem eine Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses von Adocor vorgenommen wurde, veranlasste das DPMA die Löschung von asonor. Das BPatG hat dies nun in seinem Beschluss bestätigt. Zwar räumt es ein, dass sich die Marken aufgrund der Verzeichnisbeschränkung nicht mehr auf identischen Waren begegnen können. Eine durchschnittliche Warenähnlichkeit im Zusammenspiel mit einem ähnlichen klanglichen Gesamteindruck reicht aber bereits aus, um die Verwechslungsgefahr zu bejahen.

Bundespatentgericht
Urteil vom 27.08.2009
Az.: 25 W (pat) 1/09

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 304 73 038 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27. August 2009 unter Mitwirkung der Richterin Bayer als Vorsitzende, des Richters Merzbach und des Richters k.A. Metternich beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gr ü n d e

I .

Die Wortmarke

asonor

ist am 30. Juni 2005 für die Waren
„pharmazeutische Erzeugnisse, insbesondere Humanarzneimittel“
in das Markenregister unter der Nummer 304 73 038 eingetragen worden.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der älteren, für die Waren
„01:Produits pour conserver des aliments, préparations pour proteger
des plantes; 05: Médicaments, produits chimiques pour la
médecine et I’hygiène, drogues pharmaceutiques, emplâtres,
étoffes pour pansements, produits pour la destruction d’animaux
et de végétaux, préparations pour protéger des plantes, préparations
vétérinaires, désinfectants; 30: Glace à refroidir“
eingetragenen IR- Wortmarke 185 393 A

Adocor

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat vor der Markenstelle die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat mit Schriftsatz vom 5. April 2006 Unterlagen zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für einen verschreibungspflichtigen ACE-Hemmer zur Behandlung von erhöhtem Blutdruck sowie von Herzinsuffizienz vorgelegt.
Eine weitergehende Benutzung hat die Widersprechende nicht geltend gemacht.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat daraufhin mit Schriftsatz vom
19. Juni 2006 die Benutzung der Widerspruchsmarke für einen verschreibungspflichtigen ACE-Hemmer zur Behandlung von erhöhtem Blutdruck sowie von Herzinsuffizienz nicht mehr bestritten und mit weiterem Schriftsatz vom 16. April 2007 ihr Warenverzeichnis wie folgt eingeschränkt:
„pharmazeutische Erzeugnisse, insbesondere Humanarzneimittel, ausgenommen Mittel zur Behandlung von erhöhtem Blutdruck sowie Herzinsuffizienz“.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit
zwei Beschlüssen vom 23. März 2007 und 9. Oktober 2008, von denen einer im
Erinnerungsverfahren ergangen ist, eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden
Marken bejaht und die angegriffene Marke 304 73 038 gelöscht.

Unter Zugrundelegung einer glaubhaft gemachten und seitens der Inhaberin der
angegriffenen Marke nicht mehr bestrittenen Benutzung der Widerspruchsmarke
für einen verschreibungspflichtigen ACE-Hemmer zur Behandlung von erhöhtem
Blutdruck sowie von Herzinsuffizienz sei beim Warenvergleich zugunsten der Widersprechenden von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke
für Mittel zur Behandlung von erhöhtem Blutdruck sowie Herzinsuffizienz der
Hauptgruppe 27 der „ROTEN LISTE“ auszugehen. Zwar könnten sich beide Marken,
nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke im Erinnerungsverfahren
diese Mittel aus ihrem Warenverzeichnis herausgenommen habe, danach nicht
mehr auf identischen, so doch z. B. hinsichtlich Koronarmittel der Hauptgruppe 55 auf hochgradig ähnlichen Waren begegnen.
Offen bleiben könne die Frage nach einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke.

Denn die angegriffene Marke halte selbst bei Annahme eines
normalen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, über den diese originär verfüge, den danach gebotenen deutlichen Markenabstand nach dem maßgeblichen
Gesamteindruck beider Marken jedenfalls in klanglicher Hinsicht angesichts der weitreichenden Übereinstimmungen in Buchstabenzahl, Silbengliederung, Vokalfolge sowie Sprech- und Betonungsrhythmus bei übereinstimmenden Anfangs- und Endbuchstaben nicht ein. Allein die konsonantischen Abweichungen im Wortinnern beider Marken wie auch vermeintliche Sinngehalte bzw. begriffliche Andeutungen von „-sonor“ bzw. „-cor“ wirkten einer Verwechslungsgefahr beider Marken im Klangbild nicht hinreichend entgegen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem (sinngemäßen) Antrag,

unter Aufhebung der Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5
des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. März 2007 und
9. Oktober 2008 den Widerspruch zurückzuweisen.

Ausgehend von einer Benutzung der Widerspruchsmarke für einen ACE-Hemmer
bestehe nach Herausnahme der „Mittel zur Behandlung von erhöhtem Blutdruck
sowie Herzinsuffizienz“ der Hauptgruppe 27 der ROTEN LISTE aus dem Warenverzeichnis der angegriffenen Marke wegen der dadurch begründeten Indikationsverschiedenheit allenfalls noch eine entfernte Ähnlichkeit zwischen den miteinander zu vergleichenden Waren. Auch die Möglichkeit einer gemeinsamen Verordnung mit anderen Medikamenten würde bei den angesprochenen Verkehrskreisen nicht die Vorstellung einer gemeinsamen Produktverantwortung hervorrufen.
Zudem verfüge die Widerspruchsmarke aufgrund des glatt beschreibenden Charakters ihres Endbestandteils „cor“, welcher als lateinischer Begriff für „Herz“ auf das Indikationsgebiet der unter der Widerspruchsmarke vertriebenen Präparate hinweise, allenfalls über eine geringe Kennzeichnungskraft.
Die Kennzeichnungsschwäche des Bestandteils „cor“ führe auch dazu, dass die
Widerspruchsmarke allein durch den Anfangsbestandteil „Ado“ geprägt werde, so dass bereits aus diesem Grunde eine die Gefahr von Verwechslungen begründende Zeichenähnlichkeit zu der angegriffenen Marke „asonor“ ausscheide. Aber selbst wenn man beide Zeichen in ihrer Gesamtheit betrachte, reichten die konsonantischen Unterschiede „s/d“ bzw. „c/n“ angesichts des deutlichen Warenabstands sowie der Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke sowohl in klanglicher als auch schriftbildlicher Hinsicht zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr aus.

Die Widersprechende beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Trotz der Beschränkung des Warenverzeichnisses der angegriffenen Marke
könnten sich beide Marken auf hochgradig ähnlichen Waren begegnen, da vom
Warenverzeichnis der angegriffenen Marke z. B. „Koronarmittel“ der Hauptgruppe 55 der ROTEN LISTE umfasst würden, die einen vergleichbaren Zweck verfolgten wie die Mittel zur Behandlung von erhöhtem Blutdruck sowie Herzinsuffizienz der Hauptgruppe 27 der ROTEN LISTE.
Der Endbestandteil „cor“ der Widerspruchsmarke werde vom Verkehr in Zusammenhang mit den unter dieser Marke vertriebenen Mitteln auch nicht als Hinweis auf „Herz“ verstanden, so dass dieser Bestandteil weder zu einer Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke führe noch eine den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke prägende Stellung des Anfangsbestandteils „Ado“ bewirke.
Seien beide Marken daher in ihrer Gesamtheit miteinander zu vergleichen, könne aber eine die Gefahr von Verwechslungen begründende Markenähnlichkeit angesichts der weitreichenden Übereinstimmungen und Gemeinsamkeiten beider Markenwörter nicht verneint werden.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da der Senat mit der Markenstelle ebenfalls davon ausgeht, dass zwischen beiden Marken die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
Nachdem die Widersprechende auf die nach § 43 Abs 1 MarkenG zulässige Benutzungseinrede der Inhaberin der angegriffenen Marke eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für einen verschreibungspflichtigen ACE-Hemmer zur Behandlung von erhöhtem Blutdruck sowie von Herzinsuffizienz für beide nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG relevanten Zeiträume glaubhaft gemacht hat und eine Benutzung in diesem Umfang seitens der Widersprechenden daraufhin auch anerkannt wurde, ist auf Seiten der Widerspruchsmarke von diesen Waren auszugehen.
Zugunsten der Widersprechenden ist aber im Rahmen der Integrationsfrage aufgrund der „erweiterten Minimallösung“ von der Behandlung von erhöhtem Blutdruck sowie Herzinsuffizienz dienenden Mittel (Betarezeptoren-,
Calciumkanalblocker u. Hemmstoffe des Renin-Angiotensin-Aldosteron-
Systems) der Hauptgruppe 27 der ROTEN LISTE auszugehen (vgl. BPatG, MarkenR
2004, 361, 362 CYNARETTEN/Circanetten).

Da das Warenverzeichnis der angegriffenen Marke diese Mittel nicht mehr enthält, können sich beide Marken zwar nicht mehr auf identischen Waren begegnen. Es ist insoweit aber von einer jedenfalls durchschnittlichen Warenähnlichkeit auszugehen.

Zutreffend hat die Markenstelle dazu festgestellt, dass das Warenverzeichnis
der angegriffenen Marke auch solche Arzneimittel bzw. pharmazeutischen
Erzeugnisse umfassen kann, welche keinen deutlichen Indikationsabstand
aufweisen bzw. sich mit den Mittel zur Behandlung von erhöhtem Blutdruck sowie Herzinsuffizienz ergänzen oder in einem funktionalem Zusammenhang zu diesen stehen können wie z. B. „Koronarmittel“ der Hauptgruppe 55 der ROTEN LISTE.
Unabhängig davon kann aber selbst bei einem zugunsten der Widersprechenden
unterstellten deutlichen Indikationsabstand im Hinblick auf die generell gegebenen Überschneidungen bei den Herstellerbetrieben, den Vertriebswegen, den Verkaufsstätten und den gemeinsamen Zweck, nämlich der Behandlung von Krankheiten und gesundheitlichen Beschwerden im weitesten Sinne zu dienen, kein ausgeprägter Warenabstand oder gar eine Warenferne angenommen werden.
Den Widerspruchswaren stehen auf Seiten der angegriffenen Marke Waren
gegenüber, die gleichfalls zum Kernbereich der Arzneimittel gehören und deshalb unabhängig von ihrer Indikation und Anwendung ohne weiteres ähnlich sind (vgl. BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 87/00 – MIRENAL/MYLERAN).
Weiterhin geht der Senat bei seiner Entscheidung von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus.
Im Hinblick auf die im Bereich pharmazeutischer Erzeugnisse übliche Praxis, Marken in der Weise zu bilden, dass einzelne Zeichenteile Art, Zusammensetzung, Wirkung, Indikation, Darreichungsform, Art der Applikation und dergleichen jedenfalls für den Fachmann erkennen lassen, bewirkt allein der Bedeutungsanklang der Endsilbe „cor“ als lateinischer Begriff für „Herz“ noch keine Kennzeichnungsschwäche der Gesamtbezeichnung (vgl. dazu BGH GRUR 1998, 815, 817 – Nitrangin; BPatG PAVIS PROMA 30 W (pat) 124/99 – LEOCOR/Liacor).

Da das Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke eine Beschränkung auf rezeptpflichtige Arzneimittel nicht enthält, sind grundsätzlich auch die allgemeinen Verkehrskreise uneingeschränkt zu berücksichtigen, wobei nach dem Verbraucherleitbild des EuGH auf den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943 – SAT.2), dessen Aufmerksamkeit je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (EuGH MarkenR 2006, 567 – Picasso), der jedoch allem, was mit der Gesundheit zu tun hat, aufmerksamer begegnet als bei vielen anderen Produkten des täglichen Lebens (vgl. BGH GRUR 1995, 50 – INDOREKTAL/INDOHEXAL).
Zu beachten ist jedoch, dass es sich bei den in Hauptgruppe 27 der Roten Liste aufgeführten Arzneimittel ausschließlich um rezeptpflichtige und ansonsten apothekenpflichtige Präparate handelt und die Widerspruchsmarke tatsächlich auch für ein rezeptpflichtiges Präparat benutzt wird. Aufgrund dessen steht dann aber trotz der nach der erweiterten Minimallösung nicht bestehenden Rezeptpflicht für die Waren der Widerspruchsmarke in tatsächlicher Hinsicht ebenso wie bei den rezeptpflichtigen Waren der angegriffenen Marke der im Umgang mit Arzneimittel sorgfältigere Fachverkehr im Vordergrund (vgl. BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 148/03 v. 11. November 2004 – Binox/Timox). Zudem sind aufgrund der sich daraus ergebenden geringeren Anzahl mündlicher Benennungen die Anforderungen an den klanglichen Abstand beider Marken gegenüber dem insoweit im Vordergrund stehenden schriftbildlichen Vergleich etwas geringer, wenngleich die Gefahr mündlicher Benennungen durch den Patienten bzw. Endabnehmer nicht völlig
vernachlässigt werden darf (vgl. EuGH GRUR Int. 2007, 718 – Tz. 56, 58
– TRAVATAN II; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 182, 189).

Trotz dieser die Gefahr von Verwechslungen mindernden Umstände weist die angegriffene Marke nach Auffassung des Senats jedoch unter Berücksichtigung der Warenähnlichkeit sowie der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke – insbesondere in klanglicher Hinsicht – keinen hinreichenden Abstand zur Widerspruchsmarke auf.

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist dabei im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGHZ 139, 340, 347 – Lions; BGH MarkenR 2008, 393, 395 Tz. 21 – HEITEC). Davon ausgehend sind nach Auffassung des Senats beide Marken jedenfalls im klanglichen Gesamteindruck so stark angenähert, dass eine hinreichend sichere Unterscheidung trotz der zuvor gerade in Bezug auf eine klangliche Verwechslungsgefahr gegebenen kollisionsmindernden Umstände nicht gewährleistet ist.

Die Vergleichsmarken stimmen in der Silbenzahl, im Sprech- und Betonungsrhythmus, in der Vokalfolge sowie in den Anfangs- und Endbuchstaben überein.

Angesichts der weitgehenden Übereinstimmungen sind die konsonantischen Unterschiede im Wortinnern beider Markenwörter zu gering, um dem Eindruck eines weitgehenden Gleichklangs beider Markenwörter entscheidend entgegenzuwirken, zumal der Verkehr die Marken in aller Regel nicht zeitgleich oder in unmittelbarer zeitlicher Abfolge wahrnimmt und seine Auffassung daher erfahrungsgemäß von einem eher undeutlichen Erinnerungsbild bestimmt wird (vgl. EuGH, MarkenR 1999, 236, 239 – Lloyd/Loints).

Eine klangliche Verwechslungsgefahr kann entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke auch nicht mit der Begründung verneint werden, wegen des beschreibenden Charakters der Endsilbe „-cor“ der Widerspruchsmarke als Hinweis auf „Herz“ werde diese allein durch den weiteren Bestandteil geprägt, welcher aber seinem Gesamteindruck nach mit dem der angegriffenen Marke nicht hinreichend ähnlich sei.
Dem steht in rechtlicher Hinsicht bereits entgegen, dass den Grundsätzen zur
„Prägetheorie“, wonach eine mehrgliedrige Marke durch einzelne Bestandteile geprägt werden kann, wenn die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen (st. Rspr., vgl.BGH, MarkenR 2003, 385 – City Plus; GRUR 2004, 865, 866 – Mustang; GRUR 2008, 719, 722 Tz. 37 – idw; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 278 m. w. N.), nur entnommen werden kann, dass aus einem Markenbestandteil ausnahmsweise Rechte hergeleitet werden können, wenn diesem eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung zukommt. Hingegen können die zur sog. „Prägetheorie“ entwickelten Grundsätze nicht zu einer Beschränkung des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke führen, wenn gerade die Gesamtheit ihrer Bestandteile zu einer verwechslungsbegründenden Ähnlichkeit mit der Gegenmarke führt (vgl. BPatG, GRUR 2000, 1052 – Rhoda-Hexan/Sota-Hexal). In solchen Fällen können mehrgliedrige Marken nicht so behandelt werden, als wären die nicht prägenden Bestandteile quasi gelöscht. Vielmehr bestimmen auch kennzeichnungsschwache Elemente den jeweiligen maßgeblichen Gesamteindruck der Markenwörter mit (vgl. BGH, GRUR 2004, 783, 785 – NEURO-VIBOLEX/NEUROFIBRAFLEX; BPatGE 39, 273, 279 – Tumarol/DURADOL Mundipharma). Im Ausnahmefall kann eine abweichende Beurteilung geboten sein bei glatt beschreibenden Angaben, insbesondere Darreichungs-, Wirk- oder Beschaffenheitshinweisen wie z. B. „oral, forte, retard“, weil die beteiligten Verkehrskreise diesen Angaben keinerlei für die Betriebskennzeichnung auch nur mitbestimmende Bedeutung zumessen (vgl. BPatG, GRUR 1994, 122, 124 – BIONAPLUS). Um einen solchen Bestandteil handelt es sich bei der Endsilbe „-cor“ der Widerspruchsmarke jedoch nicht.
Unabhängig von diesen rechtlichen Gesichtspunkten wirkt ein mit „cor“ verbundener Begriffsanklang vor allem auch in tatsächlicher Hinsicht einer Verwechslungsgefahr nicht entgegen, da dieser Anklang gerade im Falle eines angesichts der
weitgehenden Überschneidungen und Gemeinsamkeiten beider Zeichen ohne
weiteres möglichen Verhörens bei mündlicher Wiedergabe bzw. Übermittlung nicht erfasst bzw. bemerkt wird.

Da bereits die klangliche Verwechslungsgefahr zu bejahen war, kann dahinstehen, ob Verwechslungsgefahr auch in schriftbildlicher Hinsicht besteht.

Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

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