Branchenbuch Berg

28. Dezember 2011
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
4014 mal gelesen
0 Shares

Amtlicher Leitsatz:

Ein formularmäßig aufgemachtes Angebotsschreiben für einen Eintrag in ein Branchenverzeichnis, das nach seiner Gestaltung und seinem Inhalt darauf angelegt ist, bei einem flüchtigen Leser den Eindruck hervorzurufen, mit der Unterzeichnung und Rücksendung des Schreibens werde lediglich eine Aktualisierung von Eintragungsdaten im Rahmen eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses vorgenommen, verstößt gegen das Verschleierungsverbot des § 4 Nr. 3 UWG sowie gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 UWG.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 30.06.2011

AZ.: I ZR 157/10

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juli 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin gibt bundesweit das Branchentelefonbuch "Gelbe Seiten" in gedruckter und elektronischer Form heraus. Die Beklagte zu 1 (im Weiteren: Beklagte), deren organschaftlicher Vertreter der Beklagte zu 2 ist, stellt im Internet Branchenverzeichnisse für eine Vielzahl von Städten zur Verfügung. Sie warb im Juli 2008 für ihr Angebot mit einem an Gewerbetreibende gerichteten Anschreiben (bestehend aus Vorder- und Rückseite), das nachfolgend verkleinert eingeblendet ist:

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte handele mit der Versendung des Schreibens wettbewerbswidrig. Die Adressaten würden über den tatsächlichen Inhalt des Anschreibens getäuscht. Nach dessen Gesamtaufmachung könnten sie davon ausgehen, es handele sich lediglich um den Korrekturabzug im Rahmen eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses. Die in dem Kasten oberhalb des Korrekturfeldes enthaltene Preisangabe "Preis p.M. € 89,00" sei ebenfalls irreführend, da die Adressaten die Angabe dahingehend verstünden, dass das Entgelt für die angebotene Eintragung jeweils monatlich gezahlt werden könne. Tatsächlich müsse für das erste Jahr der zweijährigen Mindestlaufzeit des Vertrags jedoch eine Vorauszahlung in Höhe von 1.068 € geleistet werden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für bezahlte Einträge in einem Adressen-Sammelwerk mit einem Formular zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 1 (es folgt die Einblendung der Vorderseite des streitgegenständlichen Anschreibens).
Ferner hat die Klägerin Zahlung der Kosten des Anwaltsschreibens begehrt, das sie nach Abschluss des vorausgegangenen Verfügungsverfahrens an die Beklagten gerichtet hat; soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, geht es dabei um 1.103,20 €.
Die Beklagten haben eine Irreführung der Adressaten des Werbeschreibens in Abrede gestellt. Es müsse auf das Verständnis durchschnittlich informierter und verständiger Geschäftsleute abgestellt werden. Diese nähmen die individuell an sie gerichtete Geschäftspost mit gesteigerter Aufmerksamkeit zur Kenntnis. Aus der gesamten Aufmachung des Anschreibens ergebe sich eindeutig, dass es sich um ein Angebot handele.
Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag in vollem Umfang und dem Zahlungsantrag in der genannten Höhe stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben (OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2011, 145).

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 5 UWG und den Zahlungsanspruch zum Teil nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
Es sei zweifelhaft, ob die Versendung des Werbeschreibens auch deshalb gemäß § 5 UWG untersagt werden könne, weil – wie vom Landgericht angenommen – die Angabe "Preis p.M. € 89,00" beim angesprochenen Verkehr unzutreffende Vorstellungen über die Preisgestaltung hervorrufe. Da die Klägerin das mit dem Unterlassungsantrag erstrebte Verbot der konkreten Verletzungshandlung jedoch auf mehrere darin verwirklichte Wettbewerbsverstöße gestützt habe, sei der geltend gemachte Unterlassungsanspruch dann in vollem Umfang begründet, wenn die Verletzungshandlung nur einen der gerügten Wettbewerbsverstöße enthalte.
Der Unterlassungsanspruch sei jedenfalls deshalb gerechtfertigt, weil die Versendung des Schreibens geeignet sei, einen nach den Gesamtumständen hinreichend großen Teil des angesprochenen Verkehrs über seinen tatsächlichen Charakter zu täuschen. Es werde der unzutreffende Eindruck vermittelt, mit der Unterzeichnung und Rücksendung des Formulars werde lediglich eine Aktualisierung der Eintragungsdaten im Rahmen eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses vorgenommen. Zwar werde die unzutreffende Vorstellung nur bei einem eher geringen Teil des angesprochenen Verkehrs hervorgerufen. Im Hinblick auf die Besonderheiten der vorliegenden Fallgestaltung reiche dies jedoch zur Bejahung einer Irreführungsgefahr gemäß § 5 UWG aus. Die in Rede stehende Werbung sei gezielt darauf angelegt, einen bestimmten – und sei es auch nur kleinen – Teil des Verkehrs zu täuschen. Es fehle jegliche Anpreisung des Leistungsangebots der Beklagten, die bei einem werblichen Erstkontakt zu erwarten wäre. Dies lasse den Schluss zu, dass die Beklagten es allein darauf angelegt hätten, dass ein wenn auch nur geringer – Teil der Adressaten dem Anschreiben nicht die an sich gebotene Aufmerksamkeit entgegenbringen und irrtümlich davon ausgehen werde, es handele sich lediglich um einen Korrekturabzug im Rahmen eines bereits bestehenden Auftragsverhältnisses.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 3, § 5 Abs. 1 UWG begründet (dazu unter II 3). Die für die Anforderung der Abschlusserklärung veranlassten Kosten kann die Klägerin nach den Grundsätzen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag erstattet verlangen (dazu unter II 5).
1. Die Unterlassungsklage ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit des prozessualen Anspruchs (Streitgegenstand) unzulässig.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2003 I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 347 f. Reinigungsarbeiten; Beschluss vom 24. März 2011 I ZR 108/09, GRUR 2011, 521 Rn. 3 = WRP 2011, 878 TÜV I, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Geht der Kläger beispielsweise aus einem Schutzrecht vor, wird der Gegenstand der Klage durch den Antrag und das im Einzelnen bezeichnete Schutzrecht festgelegt (BGH, GRUR 2011, 521 Rn. 3 TÜV I, mwN).
b) Im Streitfall liegt danach nur ein Streitgegenstand vor. Die Klägerin hat den von ihr geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf eine konkrete Verletzungshandlung der Beklagten, das Versenden des im Urteilstenor des Landgerichts wiedergegebenen Werbeschreibens an Gewerbetreibende, gestützt. Nach ihrer Ansicht ist das Anschreiben allerdings in zweifacher Hinsicht zur Irreführung eines Teils der Adressaten geeignet: Aufgrund der Gesamtaufmachung des Schreibens könnten diese davon ausgehen, es handele sich lediglich um den Korrekturabzug im Rahmen eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses. Darüber hinaus sei aber auch die in dem Kasten oberhalb des Korrekturfeldes enthaltene Preisangabe "Preis p.M. € 89,00" zur Täuschung geeignet, weil die Adressaten irrig annehmen könnten, das Entgelt für die angebotene Eintragung müsse jeweils monatlich gezahlt werden.
Auch wenn die Klägerin das Werbeschreiben unter zwei unterschiedlichen tatsächlichen Gesichtspunkten als irreführend beanstandet hat, hat sie damit nicht mehrere Streitgegenstände in den Rechtsstreit eingeführt. Die Klägerin hat ihr Unterlassungsbegehren wie zuvor dargelegt auf eine konkrete Verletzungshandlung gestützt. Sie hat nur einen einzigen Lebenssachverhalt zur Begründung ihres Unterlassungsbegehrens vorgetragen und damit auch nur einen Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt. Dass der vorgetragene Lebenssachverhalt zugleich die Voraussetzungen mehrerer Verbotsnormen erfüllt, ist für die Frage, ob nur ein Streitgegenstand vorliegt oder mehrere Streitgegenstände gegeben sind, nicht maßgeblich, da die rechtliche Würdigung der beanstandeten konkreten Verletzungshandlung Sache des Gerichts ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2005 I ZR 252/02, GRUR 2006, 164 Rn. 17 = WRP 2006, 84 Aktivierungskosten II).

2. Die Klägerin hat ihr Unterlassungsbegehren auf Wiederholungsgefahr gestützt (§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG) und dazu eine ihrer Auffassung nach von der Beklagten im Juli 2008 begangene Zuwiderhandlung vorgetragen. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichtet ist, ist er nur begründet, wenn auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es andernfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 3. März 2011 I ZR 167/09, GRUR 2011, 747 Rn. 13 = WRP 2011, 1054 – Kreditkartenübersendung, mwN). Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004, das zur Zeit des beanstandeten Verhaltens galt, ist zwar Ende 2008 geändert worden. Durch diese – der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken dienende – Gesetzesänderung ist allerdings keine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage eingetreten. Die Richtlinie strebt nur für unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern eine Vollharmonisierung des Lauterkeitsrechts an. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte das beanstandete Werbeschreiben ausschließlich an Gewerbetreibende und nicht auch an Verbraucher versandt. Im Übrigen galten die Anforderungen der Richtlinie 2005/29/EG unter dem Gesichtspunkt der richtlinienkonformen Auslegung bereits seit dem 12. Dezember 2007 (Art. 19 der Richtlinie 2005/29/EG, dazu EuGH, Urteil vom 14. Januar 2010 – C-304/08, GRUR Int. 2010, 221 Rn. 30 = WRP 2010, 232 – PLUS; BGH, GRUR 2011, 747 Rn. 13 – Kreditkartenübersendung; vgl. auch Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., Einl. UWG Rn. 3.64) und waren deshalb schon zum Zeitpunkt der im Streitfall beanstandeten Handlung maßgebend. Im Folgenden muss deshalb nicht zwischen dem alten und dem neuen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb unterschieden werden.

3. Der Unterlassungsanspruch ist gemäß § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 3, § 5 Abs. 1 UWG begründet, weil die Beklagte den Werbecharakter ihres an Gewerbetreibende gerichteten Anschreibens verschleiert.
a) Eine Verschleierung im Sinne von § 4 Nr. 3 UWG und damit auch eine Irreführung gemäß § 5 Abs. 1 UWG liegt vor, wenn das äußere Erscheinungsbild einer geschäftlichen Handlung so gestaltet wird, dass die Marktteilnehmer den geschäftlichen Charakter nicht klar und eindeutig erkennen (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 3.11; Lehmler in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., § 4 Nr. 3 UWG Rn. 9). An einer hinreichend klaren und eindeutigen Erkennbarkeit fehlt es, wenn der Werbeadressat zur Annahme eines vom Unternehmer unterbreiteten Angebots verleitet werden soll, dessen werbender Charakter dadurch getarnt wird, dass der unzutreffende Eindruck vermittelt wird, die beworbene Ware oder Dienstleistung sei bereits bestellt (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 3.49; MünchKomm.UWG/Heermann, § 4 Nr. 3 Rn. 4).
Für die Frage, wie die Werbung verstanden wird, ist die Sichtweise des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Marktteilnehmers maßgebend (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2009 – I ZR 194/06, GRUR 2009, 1064 Rn. 37 = WRP 2009, 1229 – Geld-zurück-Garantie II). Hiervon ist auch bei der Beurteilung auszugehen, ob der Werbecharakter einer geschäftlichen Handlung verschleiert wird (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 3.11). Richtet sich die Handlung an Gewerbetreibende oder Freiberufler, so ist das durchschnittliche Verständnis der Mitglieder dieser Gruppe maßgebend.
b) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht das Verständnis des Verkehrskreises, an den die Beklagte das beanstandete Schreiben gerichtet hat, rechtsfehlerfrei festgestellt.
aa) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich die Werbung an Gewerbetreibende und deren Mitarbeiter richtet, die mit der Bearbeitung von allgemeinem Schriftverkehr des Unternehmens betraut sind. Es hat des Weiteren angenommen, dass bei diesem Personenkreis jedenfalls eine durchschnittlich intellektuelle Erkenntnisfähigkeit erwartet werden könne. Dagegen wird von der Revision nichts erinnert.
bb) Das Berufungsgericht hat weiterhin angenommen, gerade Gewerbetreibende und deren Mitarbeiter stünden nicht selten unter Zeitdruck und nähmen deshalb den Inhalt von Schreiben der hier in Rede stehenden Art oft selbst dann nicht mit der an sich gebotenen Aufmerksamkeit zur Kenntnis, wenn ihnen eine Einverständniserklärung in Form einer Unterschrift abverlangt werde. Diese auf tatrichterlichem Gebiet liegende Feststellung kann das Revisionsgericht nur darauf überprüfen, ob das Berufungsgericht den Tatsachenstoff verfahrensfehlerhaft nicht vollständig ausgeschöpft hat und die Beurteilung nicht mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen in Einklang steht (BGH, Urteil vom 8. Juli 2004 – I ZR 142/02, GRUR 2004, 961, 962 = WRP 2004, 1479 – Grundbucheintrag Online, mwN). Solche Rechtsfehler hat die Revision nicht dargetan.
(1) Die Revision rügt ohne Erfolg, für den vom Berufungsgericht angenommenen Zeitdruck der Gewerbetreibenden und deren Mitarbeiter fehle es an nachprüfbaren Feststellungen. Die Annahme des Berufungsgerichts hat schon in dem allgemeinen Erfahrungssatz, dass im Geschäftsleben Schreiben von vermeintlich geringer Bedeutung auch mit weniger Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen werden, eine hinreichende Grundlage.
(2) Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, das von der Beklagten versandte Schreiben enthalte Elemente, die zumindest bei nur oberflächlicher Befassung an einen Korrekturabzug erinnerten. Entgegen der Ansicht der Revision brauchte das Berufungsgericht für seine Feststellung nicht einen in der Praxis üblichen Korrekturabzug zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Das Berufungsgericht hat seine Annahme vor allem auf die graphische Gestaltung des Anschreibens und die Zwischenüberschrift "Bitte die Adressdaten überprüfen und auf Wunsch vervollständigen" gestützt. Außerdem hat es darauf abgestellt, dass der Titel "Branchenbuch Berg" in dem Schreiben blickfangartig mit einem gelben Rechteck unterlegt ist. Dies könne – so das Berufungsgericht – bei einem Teil der Empfänger die Annahme hervorrufen, die Versendung stehe in irgendeinem Zusammenhang zu dem bekannten Branchenverzeichnis "Gelbe Seiten", was ebenfalls dazu beitragen könne, dass der Inhalt des Schreibens vor der Unterzeichnung nur mit eingeschränkter Aufmerksamkeit überprüft werde, da der Empfänger wegen der vermeintlichen Verbindungen zu den "Gelben Seiten" davon ausgehe, dass es damit "seine Richtigkeit haben" werde. Diese tatrichterliche Beurteilung steht mit der Lebenserfahrung in Einklang und lässt auch sonst keinen Rechtsfehler erkennen. Soweit die Revision zu einem abweichenden Ergebnis gelangt, ersetzt sie die tatrichterliche Würdigung lediglich durch ihre eigene Sichtweise, ohne dabei einen durchgreifenden Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen.
cc) Das Berufungsgericht ist auch ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass das von der Beklagten versandte Schreiben die für eine Werbung typische Anpreisung der beworbenen Ware oder Dienstleistung vermissen lässt und dass diejenigen Empfänger, die seinen Angebotscharakter erkennen, eine Kaufentscheidung angesichts des verlangten Preises nicht ernsthaft in Betracht ziehen. Das mit einer Werbung verfolgte Ziel der Absatzförderung lässt sich daher nur erreichen, wenn ein Teil der Adressaten mag es sich auch nur um einen kleinen Teil handeln den Inhalt des Schreibens bloß flüchtig zur Kenntnis nimmt. Daraus hat das Berufungsgericht mit Recht geschlossen, dass die Werbung der Beklagten gerade darauf angelegt ist, den flüchtigen Betrachter in seinem ersten unzutreffenden Eindruck zu bestätigen, es bestehe bereits ein Vertragsverhältnis mit der Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 1997 I ZR 109/95, GRUR 1998, 415, 416 = WRP 1998, 383 Wirtschaftsregister).
(1) Für die Feststellung einer solchen Motivation der Beklagten hat das Berufungsgericht mit Recht den Inhalt des Anschreibens herangezogen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1995 – I ZR 39/93, GRUR 1995, 358, 360 = WRP 1995, 389 – Folgeverträge II). Entgegen der Ansicht der Revision sind die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Fehlen aussagekräftiger Angaben über die beworbene Dienstleistung der Beklagten nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil die auf der Rückseite des Anschreibens abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen im vierten Abschnitt das Leistungsangebot der Beklagten darstellen und die auf der Vorderseite aufgeführten Vertragsbedingungen die Empfehlung enthalten, sich über das Leistungsangebot auf der Internetseite der Beklagten zu informieren. Das Berufungsgericht hat sich hiermit wie auch mit dem weiteren Umstand auseinandergesetzt, dass das Anschreiben auf der Vorderseite unter der Überschrift "Eintragungsbeschreibung" einige kleingedruckte Erläuterungen zu den angebotenen Leistungen enthält. Es hat dies aber nicht als eine besondere inhaltliche Darstellung der Vorzüge der angebotenen Leistung angesehen, was wegen der Vielzahl der konkurrierenden Angebote jedoch zu erwarten gewesen wäre. Eine besondere Leistungsdarstellung ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis auf die Internetseite der Beklagten. Denn damit bleibt es allein dem Adressaten der Werbung überlassen, ob er die beworbene Leistung näher zur Kenntnis nimmt oder nicht.
(2) Die Würdigung des Berufungsgerichts trägt zudem dem Umstand Rechnung, dass sich die Angaben zur beworbenen Dienstleistung lediglich an unauffälliger Stelle des Schreibens befinden. Mit ihrer gegenteiligen Ansicht, wonach das Anschreiben aussagekräftige Angaben über die Gegenleistung enthalte, setzt die Revision lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts, ohne einen durchgreifenden Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen.
c) Das beanstandete Anschreiben vermittelt damit bei flüchtiger Betrachtung, auf die es die Beklagte gerade abgesehen hat, den unzutreffenden Eindruck, die beworbene Leistung sei bereits bestellt. Ist die Werbung aber gerade auf diesen flüchtigen Eindruck ausgerichtet, kann ebenso wie bei einer "dreisten Lüge" (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rn. 2.107) auch davon ausgegangen werden, dass ein ausreichender Teil des in dieser Weise angesprochenen Verkehrs getäuscht wird.
Entgegen der Ansicht der Revision setzt die Annahme einer Täuschung darüber hinaus nicht voraus, dass dem Werbeschreiben auch eine Rechnung oder ein ähnliches Dokument mit einer Zahlungsaufforderung beigefügt worden ist. Ist dies der Fall, kann die Werbung, wenn sie an Verbraucher gerichtet ist, zwar den Verbotstatbestand der Nr. 22 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG erfüllen. Daraus folgt jedoch nicht im Umkehrschluss, dass ein von diesem Verbotstatbestand nicht erfasstes Verhalten hinzunehmen ist. Vielmehr greift dann die Prüfung nach den allgemeinen Bestimmungen über unlautere Geschäftspraktiken ein (vgl. Köhler/Bornkamm aaO Anh. zu § 3 Abs. 3 Rn. 0.8). Dies darf zwar nicht zu einem Wertungswiderspruch führen (vgl. Köhler/Bornkamm aaO Anh. zu § 3 Abs. 3 Rn. 0.12). Ein solcher liegt hier aber auch nicht vor. Die Annahme einer Irreführung über das Bestehen einer geschäftlichen Handlung ohne Zusendung einer Zahlungsaufforderung beruht nicht darauf, dass strengere Maßstäbe an das Verhalten des Werbenden gegenüber sonstigen Marktteilnehmern angelegt werden als gegenüber Verbrauchern. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Werbung planmäßig und systematisch die Unaufmerksamkeit der Adressaten des Anschreibens ausnutzt und damit in gleicher Weise geeignet ist, über das Bestehen einer vertraglichen Bindung zu täuschen, wie in dem Fall, der Gegenstand des Verbots gemäß Nr. 22 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ist.

4. Die danach zu bejahende Verschleierung des Werbecharakters des beanstandeten Anschreibens ist auch geeignet, die Adressaten zu einem Vertragsabschluss mit der Beklagten zu veranlassen. Das Verhalten ist somit geschäftlich relevant (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 3 Rn. 3.12). Zugleich erfüllt das Verhalten der Beklagten nicht nur die Voraussetzungen der speziellen Norm des § 4 Nr. 3 UWG, sondern – worauf das Berufungsgericht seine Entscheidung gestützt hat – auch die Anforderungen an eine unzulässige geschäftliche Handlung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG, weil dadurch über die Bedingungen irregeführt wird, unter denen die Dienstleistung erbracht wird (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rn. 7.138). Da kein Bagatellverstoß vorliegt, ist der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch begründet.

5. Darüber hinaus steht der Klägerin nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683, 670 BGB) ein Anspruch auf Erstattung der für die Anforderung der Abschlusserklärung veranlassten Kosten zu (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 – I ZR 30/08, GRUR 2010, 1038 Rn. 26 = WRP 2010, 1169 – Kosten für Abschlussschreiben). Der Zinsanspruch beruht auf §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.

6. Die Haftung des Beklagten zu 2 haben die Vorinstanzen rechtlich zutreffend daraus hergeleitet, dass er als organschaftlicher Vertreter der Beklagten zu 1 die beanstandete Werbung veranlasst hat oder jedenfalls die ihm bekannte Werbung hätte unterbinden können (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 2009 I ZR 166/07, GRUR 2010, 616 Rn. 34 = WRP 2010, 922 marions-kochbuch.de, mwN; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rn. 2.20).

III. Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Vorinstanzen:
LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 25.11.2009 – 3-8 O 100/09 –
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 29.07.2010 – 6 U 11/10 –

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a