BGH erklärt Unfallwageneigenschaft als Sachmangel eines Gebrauchtwagens

10. Oktober 2007
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Bundesgerichtshof

Pressemitteilung Nr. 143/2007 zum Urteil vom 10.10.2007

Az.: VIII ZR 330/06

Unfallwageneigenschaft als Sachmangel eines Gebrauchtwagens

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte darüber zu entscheiden, ob ein gebrauchtes Kraftfahrzeug, das bei einem früheren Unfall einen – zwischenzeitlich reparierten – Schaden erlitten hat, der über einen "Bagatellschaden" hinausgeht, deswegen mangelhaft ist, weil es von der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen abweicht (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).

Der heutigen Entscheidung lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin kaufte von der Beklagten mit Vertrag vom 31. März/8. April 2005 einen gebrauchten Ford Cougar (Erstzulassung: 24. August 1999, Laufleistung: 54.795 Kilometer). Das Bestellformular enthält folgende Rubriken, die keine Eintragungen der Parteien enthalten:

– Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden laut Vorbesitzer: _________________

– Dem Verkäufer sind auf andere Weise Unfallschäden bekannt

   – ja 

   – nein

Am 9. Mai 2005 erklärte die Klägerin die Anfechtung ihrer auf Abschluss des Kaufvertrags gerichteten Willenserklärung. Sie begründete dies damit, dass das Fahrzeug an der linken Tür und am linken hinteren Seitenteil einen Karosserieschaden erlitten habe, der ihr von der Beklagten auf zweimalige Nachfrage nicht offenbart worden sei. Die Beklagte bot Nachbesserung einer etwa nicht fachgerechten Reparatur des Schadens an. Dies lehnte die Klägerin ab. Am 18. Mai 2005 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin im Wesentlichen Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Sprungrevision der Klägerin hat der Bundesgerichtshof das angefochtene Urteil aufgehoben und die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgewähr des Fahrzeugs verurteilt. Im Übrigen hat er die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist der der Klägerin verkaufte Gebrauchtwagen zwar nicht deshalb mangelhaft, weil das Fahrzeug nicht einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheit entspräche (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB). Denn eine Beschaffenheitsvereinbarung haben die Kaufvertragsparteien nicht getroffen. Da die Unfallschäden betreffenden Rubriken des Formulars keine Eintragungen der Parteien enthalten, fehlt es an einer positiven Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien, dass das Fahrzeug unfallfrei ist. Die Frage nach "Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden laut Vorbesitzer" ist nicht mit "keine" oder "nicht bekannt" und die Frage "dem Verkäufer sind auf andere Weise Unfallschäden bekannt" ist nicht mit "nein" beantwortet; deshalb kommt eine negative Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien, dass das Fahrzeug möglicherweise nicht unfallfrei ist, weil es dem Verkäufer unbekannte Unfallschäden hat, gleichfalls nicht in Betracht.

Da es somit im Hinblick auf die Unfallfreiheit an einer Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien fehlt und der reparierte Karosserieschaden auch nicht die Eignung des Fahrzeugs für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung beeinträchtigt (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB), ist für die Frage, ob der bei dem früheren Unfall eingetretene Schaden einen Sachmangel begründet, auf die übliche Beschaffenheit gleichartiger Sachen und darauf abzustellen, welche Beschaffenheit der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Käufer eines gebrauchten Kraftfahrzeugs grundsätzlich erwarten darf, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als "Bagatellschäden" gekommen ist. Der im Streitfall vorliegende Karosserieschaden an der linken Tür und dem linken hinteren Seitenteil des Fahrzeugs – ein mehr als 5 mm tiefer Blechschaden, dessen fachgerechte Beseitigung 1.774,67 € kostet – ist nicht als "Bagatellschaden" anzusehen.

Das Landgericht wird nunmehr noch zu prüfen haben, ob die von der Klägerin geltend gemachten weiteren Ansprüche u. a. auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz begründet sind.

Urteil vom 10. Oktober 2007 – VIII ZR 330/06

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