Kommentar

bigben.de – keine Verwechslungsgefahr bei verschiedenartigen Produkten oder Dienstleistungen

07. Februar 2003
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Eigener Leitsatz

Nach dem Urteil des LG Düsseldorf genügt allein die Eintragung einer Marke  nicht, um markenrechtliche Ansprüche gegen gleichnamige Domaininhaber herleiten zu können. Ein markenrechtlicher Kollisionsfall ist nur begründet, wenn unter der Domain gleichartige Produkte oder Dienstleistungen angeboten werden. Von einer markenrechtlichen Priorität kann nicht ausgegangen werden, da die Registrierung der Domain zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, als es die Klägerin überhaupt noch nicht gab. In der Nichtbenutzung der Domain liegt weder ein markenrechtlich zu beurteilendes Fehlverhalten, noch ein Verstoß gegen § 1 UWG.

Der Fall

Klägerin ist eine französische Firma, die Computerspiele und Zubehör vertreibt. Diese hatte am 23.02.2000 beim DPMA die Wortmarke „BIG BEN“ eintragen lassen. Der Beklagte hat eine Vielzahl von Domains registriert und beschäftigt sich mit E-Commerce und Kommunikationsdienstleistungen im Internet. Im Jahr 1998 hatte er die Domains „bigben.de“ und „big-ben.de“ registrieren lassen. Seit Mitte 2000 betrieb er unter den Domains ein Informationsportal zum Thema „Big Ben“, in welchem er über das Wahrzeichen Londons, Reisen, Flüge und Bücher, aber auch Firmen mit diesem Namen informierte.

Die Klägerin war der Ansicht, der Beklagte verfüge über keinerlei Nutzungsrecht an der Bezeichnung und habe die Domain freizugeben.

Urteil

Anders als die Klägerin sah das LG Düsseldorf keinen Anspruch auf Unterlassung und wies die Klage ab. Der Beklagte habe zu keiner Zeit ein durch die Marke geschütztes Zeichen in einer Verwechslungsgefahr begründenden Weise genutzt. Ein bestimmtes oder bestimmbares Produkt mit der Bezeichnung „Bigben“ gab und gibt es nicht. Die Voraussetzungen unter denen die Verwendung eines Zeichens untersagt werden kann, ergeben sich aus § 14 Abs. 2 MarkenG. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ergibt sich zwangsläufig, dass jede andere Benutzung zulässig ist, soweit nicht andere Rechtsvorschriften entgegenstehen.“

Von einer markenrechtlichen Priorität kann nicht ausgegangen werden, da die Registrierung der Domain zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, als es die Klägerin überhaupt noch nicht gab.

Ein Verstoß gegen § 1 UWG lag ebenfalls nicht vor. Der Beklagte habe nicht gezielt auf das Unternehmen der Klägerin gehandelt. Damit sei eine den guten Sitten im Wettbewerb widersprechende oder die Ausübung der Geschäftstätigkeit der Klägerin störende Verhaltensweise nicht feststellbar.

In der Nichtbenutzung der Domain liegt weder ein markenrechtlich zu beurteilendes Fehlverhalten, noch ein Verstoß gegen § 1 UWG.

Kommentar

Das LG Düsseldorf hat die Stellung von Domaininhabern gestärkt und die Voraussetzungen eines Anspruchs aus Markenrecht verdeutlicht. Allein die Eintragung einer Marke genügt nicht, um markenrechtliche Ansprüche gegen gleichnamige Domaininhaber herleiten zu können. Ein markenrechtlicher Kollisionsfall ist nur begründet, wenn unter der Domain gleichartige Produkte oder Dienstleistungen angeboten werden. Werden hingegen keine gleichartigen Produkte oder Dienstleistungen angeboten, ist jede andere Benutzung zulässig, soweit nicht andere Rechtsvorschriften entgegenstehen.

Interessant ist auch ein zweiter Aspekt des Urteils. Danach stellt die Registrierung einer Domain vor Entstehung des Markenrechts keine Beeinträchtigung des Markenrechts dar. Von einer markenrechtlichen Priorität der Klägerin kann nach der Ansicht des LG Düsseldorf nicht ausgegangen werden.

In diesem Punkt ist das Urteil des LG Düsseldorf ungenau. Allein durch die Registrierung einer Domain kann ein Domaininhaber in der Regel keinen kennzeichnungsrechtlichen Schutz erlangen. Kennzeichenrechte können sich jedoch durch eine Benutzung als geschäftliche Bezeichnung gem. § 5 Abs. 2 MarkenG oder durch die Inhalte der Webseite als Werktitel gem. § 5 Abs. 3 MarkenG ergeben. Voraussetzung ist dabei, dass informative Inhalte bereitgehalten werden. Ein „Under Construction“ – Hinweis oder „Routing“ der Domain genügt nicht.

Insofern wäre durch eine Nichtbenutzung der Domain kein kennzeichenrechtlicher Schutz erlangt worden. Die spätere Markenregistrierung könnte dann doch dazu führen, dass die Marke prioritätsälter wäre.

Vorliegend dürfte sich am Ergebnis des Urteils nichts ändern, da die Domains in den Jahren 1998 bis 2000 von der Beklagten einem Dritten zur Nutzung überlassen worden, der dort Veröffentlichen vorgenommen hatte. Insofern ist davon auszugehen, dass die Domains kennzeichenrechtlichen Schutz gem. § 5 Abs. 3 MarkenG erlangt haben und somit prioritätsälter sind.

Auch bezüglich der Nichtbenutzung von Domains hat das LG Düsseldorf die Rechte von Domaininhabern gestärkt. Danach stelle eine Nichtbenutzung von Domains weder ein markenrechtliches Fehlverhalten dar, noch verstoße dies gegen die guten Sitten im Wettbewerb.

Tipp

Das Urteil hat die Rechte von Domaininhabern gestärkt. Trotzdem sollte es nicht als Freibrief zur Registrierung von Markennamen verstanden werden. Vielmehr zeigt das Urteil, dass es für Markeninhaber riskant ist nachträglich gegen prioritätsältere Domaininhaber vorzugehen. Zum anderen kann aus Markenrecht nur vorgegangen werden, wenn auf der Domain gleiche oder ähnliche Produkte oder Dienstleistungen vertrieben werden. Auch wenn keine gleichartigen Produkte oder Dienstleistungen auf der Domain vertrieben werden, sollten Domaininhaber darauf achten, dass keine anderen Rechte, insbesondere Namensrechte verletzt werden.

Anwaltskanzlei Hild & Kollegen, Rechtsanwalt Hagen Hild

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