Zulässigkeit von Cold Calls

01. Dezember 2006
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Endlich Feierabend, es klingelt das Telefon. Anstelle einer bekannten Person, meldet sich ein Anrufer der Firma xy und möchte nur ganz kurz ein Produkt an den Mann bzw. den angerufenen Verbraucher bringen. Dieser wurde hier Opfer eines Kaltanrufs, eines sogenannten Cold Calls. Darunter versteht man unerwünschte Anrufe bei Verbrauchern im Rahmen von Telefonwerbung.

Anrufe dieser Art nehmen immer mehr zu und finden mittlerweile in einem sehr weiten Zeitfeld statt. Dabei sind sie in Deutschland nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verboten, wenn sie ohne das Einverständnis des Verbrauchers erfolgen. Es wird hier gegen § 7 UWG verstossen. In diesem heisst es:

§ 7 UWG – Unzumutbare Belästigungen

(1) Unlauter im Sinne von § 3 handelt, wer einen Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt.

(2) Eine unzumutbare Belästigung ist insbesondere anzunehmen bei einer Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der Empfänger diese Werbung nicht wünscht; bei einer Werbung mit Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung oder gegenüber sonstigen Marktteilnehmern ohne deren zumindest mutmaßliche Einwilligung; bei einer Werbung unter Verwendung von automatischen Anrufmaschinen, Faxgeräten oder elektronischer Post, ohne dass eine Einwilligung der Adressaten vorliegt; bei einer Werbung mit Nachrichten, bei der die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird oder bei der keine gültige Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Nr. 3 ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat, der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet, der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Wurden die Verbraucher bei Telefonmarketingaktionen nicht vorher ausdrücklich und schriftlich nach ihrem Einverständnis gefragt und haben sie dieses nicht erteilt, so liegt eine unzumutbaren Belästigung im Sinne des § 7 UWG und damit ein Wettbewerbsverstoss vor.

Streitig ist, wie eine solche Einverständniserklärung aussieht. Eine vorformulierte Kundeneinwilligung in künftige Telefonanrufe reicht laut Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 15.08.2006, Az 4 U 78/06 nicht aus. Es liegt hier ein Verstoss gegen das Transparenzgebot, d.h. dem Gebot der klaren und verständlichen Formulierungen, und damit eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers vor.

Diese Einverständniserklärung sei nämlich schon deshalb rechtlich unwirksam, da die Einwilligung gegenüber der Telefongesellschaft an versteckter Stelle mitten in einem vorformuliertem Text untergebracht sei und daher gegen das einzuhaltende Transparenzgebot verstoße. Wenn man die Einverständniserklärung des Verbrauchers dahin auslegen sollte, dass er auch mit der Werbung von Drittanbietern für andere Vertragsgegenstände einverstanden sei, wäre die Einwilligung zudem deshalb unwirksam, weil sie den Kunden unangemessen benachteilige. Denn für einen Verbraucher werde es angesichts des bestehenden Adressenhandels unüberschaubar, wer sich auf ein solches Einverständnis berufen könnte. Der Schutz des Verbrauchers vor belästigenden Anrufen wäre dadurch ausgehöhlt.

Es handelt sich hier laut OLG Hamm auch nicht um einen reinen Bagatellfall. Ein Bagatellfall wäre nämlich von § 7 UWG nicht umfasst. Allein der Umstand, dass der Verbraucher zu Hause in seiner Privatsphäre belästigt wird, ist laut OLG Hamm geeignet, den Wettbewerb zu dem Nachteil der Mitbewerber nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Hinzu kommt der Nachahmungseffekt, der ebenfalls zu einer Verschlechterung der Position des gesetzestreuen Mitbewerber führt, der sich solcher Werbemethoden nicht bedient.

Es nützt dem anrufenden Unternehmen auch nichts, dass es die Verantwortung auf seine Mitarbeiter und eventuell beauftragten Werbefirmen abwälzen möchte. Nach § 8 Abs. 2 UWG haftet der Unternehmer nicht nur für eigene Werbemaßnahmen, sondern auch für Beauftragte im Sinne dieser Vorschrift.

Tipp:

Verbraucher sollten sich von solchen Anrufen nicht aus der Ruhe bringen lassen. Anstatt aufzulegen, sollte man sich die Adresse der anrufenden Firma geben lassen, deren Geschäftsführer und den Namen des Anrufers. Meist hat der Anrufer dann selbst kein Interesse an einer Fortführung des Telefonats. Gibt er wider Erwarten die Daten Preis, kann der belästigte Verbraucher die Daten mit einer Kurz-Zusammenfassung des Cold Calls an die jeweilige Verbraucherzentrale seines Bundeslandes weiterleiten oder an die Wettbewerbszentrale.

Die Verbraucher- bzw. Wettbewerbszentralen mahnen das jeweilige Unternehmen ab und es muss eine Unterlassungserklärung abgeben. Handelt das Unternehmen dieser Unterlassungserklärung zuwider, so wird eine Vertragsstrafe in Höhe von 1.000 – 5.000 € fällig. Anzeigen bei der Verbraucher- bzw. Wettbewerbszenrale tragen daher dazu bei, dass die unerwünschte Werbeflut in Deutschland reduziert wird.

Da die zuständigen Zentralen oft überlastet sind, kann der Verbraucher auch selbst aktiv werden. Nach §§ 823, 1004 BGB kann er eigene Unterlassungsansprüche gegen die Telefonmarketingfirmen geltend machen. Die Kosten können bei der Gegenseite wieder eingefordert werden.

Kann man dem Anrufer keine Daten entlocken, so sollte man mit der Herausgabe seiner Adresse, Bankverbindung oder ähnlichem äußerst vorsichtig sein. Auch Verträge sollten auf diese Art und Weise nicht geschlossen werden und wenn dann sehr genau begutachtet werden. Verträge, die über Telefonmarketing zustande gekommen sind, fallen unter das Fernabsatzgesetz. Hiernach kann in Verbindung mit § 361a BGB der Verbraucher innerhalb von zwei Wochen den Vertrag widerrufen.

Wir haben uns auf Fälle dieser Art spezialisiert und beraten Sie gerne ausführlich über Ihre Möglichkeiten, Risiken und Chancen.

Anwaltskanzlei Hild & Kollegen, Kanzleileiterin Sabine Hild

1 Kommentar

  1. Frank, 19. Juli 2011

    Hallo, wie ist das eigentlich bei Immobilienfirmen die ein Backoffice haben und die Zeitungen durchforsten und dort anrufen??

    Gruss FRank

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