Zulässigkeit unverlangter Bestätigungs-E-Mails

30. November 2006
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Amtsgericht München

Urteil vom 30.11.2006

Az.: 161 C 29330/06

Zum Sachverhalt:

Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Anspruch auf Unterlassung von unverlangt zugesandten E-Mails.

Der Verfügungskl. ist Rechtsanwalt. Am 28. 9. 2006 erhielt er vier E-Mails des Verfügungsbekl. an vier verschiedene Mail-Adressen der Domain g.de. Inhalt der Mails war die Aufforderung, innerhalb von vier Tagen einen Bestätigungslink anzuklicken, um sicherzustellen, dass weitere E-Mails vom Empfänger auch wirklich gewünscht werden. Bei Untätigbleiben würde die Anforderung nach Ablauf von vier Tagen verfallen. Der Verfügungskl. ist der Auffassung, dass der Verfügungsbekl. eine so genannte Spamming-Engine betreibe, in die er, der Kl. sich selbst nicht eingetragen habe und eine Eintragung auch nicht veranlasst habe. Die vier E-Mails stellten Werbung dar und seien daher eine unzulässige Belästigung. Der Verfügungsbekl. sei zumindest Mitstörer, wenn er ohne Verifizierung Werbemails an von Dritten mitgeteilte Adressen verbreiten lasse.

Der Verfügungskl. beantragte daher:

Dem Ag. bei Meidung von Ordnungsmitteln zu untersagen, daran mitzuwirken, dass an die Rechtsanwaltskanzlei G zur Aufnahme eines geschäftlichen Kontaktes unaufgefordert E-Mails insbesondere an die Mail-Adressen zu der Domain g.de übersandt werden.

Der Verfügungsbekl. ist der Ansicht, Dringlichkeit sei nicht gegeben.

Die vier beim Verfügungskl. eingegangenen Mails seien keine belästigende Werbung gewesen. Es sei lediglich aufgefordert worden, die Angaben zu überprüfen. Bei Nichtbeachtung erfolge keinerlei weitere E-Mail-Kommunikation. Der Verfügungsbekl. betreibe keine Spamming-Engine, er verwende vielmehr das so genannte doppelte Opt-In-Verfahren, das nach der Rechtsprechung hinreichenden Schutz vor unerwünschten E-Mails biete. Die Entscheidung des LG Berlin vom 29. 8. 2006 (Az. 16 O 268/06, BeckRS 2007, 03025) sei nicht einschlägig.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde zurückgewiesen.

Aus den Gründen:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig. Insbesondere ist das AG München örtlich zuständig (§ 32 ZPO). Der Antrag ist jedoch unbegründet und daher zurückzuweisen. Der Verfügungskl. hat gegen den Bekl. keinen Unterlassungsanspruch nach §§ 823, 1004 BGB wegen der Zusendung der streitgegenständlichen E-Mails.

Nach ganz überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung, auch der der Obergerichte (vgl. statt vieler OLG München, MMR 2004, 324, das hinsichtlich der Sicherungsmaßnahmen auf LG Berlin, NJW 2002, 2569 = MMR 2002, 631, Bezug nimmt) ist anerkannt, dass das so genannte Double-Opt-In-Verfahren geeignet ist und ausreicht, um einen Missbrauch durch Eingabe von E-Mail-Adressen von Dritten zu verhindern. Vorliegend ist unstreitig, dass der Verfügungsbekl. gerade dieses Verfahren nutzt, um eine Versendung seiner Werbung an nicht interessierte Personen zu unterbinden.

Entgegen der Auffassung des Verfügungskl. kann in der Zusendung der streitgegenständlichen Bestätigungs-Mails noch keine unzumutbare Belästigung i.S. von §§ 823, 1004 BGB gesehen werden.

Grundsätzlich besteht nach ganz einhelliger Auffassung ein Anspruch gegen die Abwehr unerwünschter Werbe-E-Mails. Andererseits darf dieser Anspruch jedoch nicht dazu führen, dass jeglicher Verkehr auf elektronischem Postwege so risikobehaftet wird, dass er faktisch durch Rechtsinstitute behindert wird. Es muss möglich sein, erwünschte E-Mails und Newsletter weiterhin an Interessenten zu versenden und gleichzeitig die missbräuchliche Eintragung in E-Mail-Verteiler auszufiltern. Hierfür ist das Double-Opt-In-Verfahren ein geeigneter Mechanismus. Vorliegend war durch einfaches Wegklicken bzw. allein durch Nichtreaktion auf die Bestätigungsaufforderung unstreitig sichergestellt, dass weitere E-Mails vom Verfügungsbekl. nicht mehr zu erwarten waren. Daher ist das Gericht der Auffassung, dass allein die Aufforderung zur Bestätigung noch keinen Unterlassungsanspruch auslöst. Ansonsten wäre auch das Double-Opt-In-Verfahren kein taugliches Sicherungsinstrument. Bei dieser Beurteilung ist jedoch zu berücksichtigen, dass es Millionen Internet-Nutzer gibt, die durchaus bewusst von der Möglichkeit einer Anforderung von Informationen, Werbung, Bestellungen im weitesten Sinne über eine Adress-Eingabe-Maske gerne Gebrauch machen. Diese Möglichkeit darf daher nach Meinung des erkennenden Gerichts nicht gänzlich zu Nichte gemacht werden, indem man auch bereits die Zusendung einer Bestätigungs-Mail als eine unzulässige Beeinträchtigung beurteilt. Vorliegend war es daher dem Verfügungskl. ohne größere Belastung zuzumuten, durch einfaches Abwarten und Nichtstun der Aufforderung zur Bestätigung nicht zu folgen.

Ein Grund für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung liegt nicht vor. Die Erkenntnisse über den vom Verfügungsbekl. möglicherweise genutzten Webcrawler oder Harvester sind bloße Vermutungen und hier auch nicht entscheidungserheblich.

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