Datenverarbeitung auf Online-Portal für Arztbewertungen

04. April 2022
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Ein Arzt hält eine Schiefertafel in den Händen Urteil des OLG München vom 19.01.2021, Az.: 18 U 7243/19 Pre

Bei Online-Arztbewertungen erfolgt die Datenverarbeitung nicht zu „journalistischen Zwecken“ im Sinne des Art. 85 Abs. 2 DSGVO, da die Online-Plattform eher eine vermittelnde Rolle innehat und nicht selbst journalistisch-redaktionell tätig sind. Bezüglich der Datenverarbeitung durch das Online-Portal muss durch Interessenabwägung ermittelt werden, ob diese zulässig ist. Die besagte Arztbewertungswebsite bietet Premiumaccounts für Ärzte an, wodurch diese Vorteile gegenüber Nicht-Inhabern solcher Accounts zuteilwerden. Dadurch ist das Online-Portal kein neutraler Informationsvermittler und ihr Interesse an der Datenverarbeitung erliegt dem des Klägers auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie die freie Berufsausübung.

Oberlandesgericht München

Urteil vom 19.01.2021

Az.: 18 U 7243/19 Pre

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 06.12.2019, Az. 25 O 13978/18, dahin abgeändert, dass die Beklagte über die in Ziffern 1-3 erfolgte Verurteilung hinaus weiter verurteilt wird,

1. es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen, auf der Website www.j….de ein Profil mit Namen und Fachrichtung des Klägers sowie Anschrift und Telefonnummer seiner Praxis zu veröffentlichen, auf welchem Bewertungen durch angebliche Patienten des Klägers eingestellt werden können, und dabei gleichzeitig

a) zahlenden Kunden in größerem Umfang als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil von ihnen angebotene Leistungen anzugeben, wenn dies geschieht wie in Anlage K 5 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder

b) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil ein Portraitbild zu hinterlegen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 6 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder

c) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil individuelle Inhalte und Bilder zu präsentieren, wenn dies geschieht wie in Anlage K 7 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder

d) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil die Adresse ihrer eigenen Praxis-Homepage anzugeben und zu verlinken, wenn dies geschieht wie in Anlage K 8 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder

e) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, Fachartikel auf ihrem Profil zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 9 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder

f) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil ein Video einzustellen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 10 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder

g) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich von der Beklagten interviewen zu lassen und das Interview auf ihr Profil einzustellen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 11 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder

h) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, individuelle Bewertungskriterien abzufragen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 12 (Hervorhebungen in Rot) wiedergegeben und/oder

i) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, ihr Profil von der Beklagten erstellen und pflegen zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 13 (Hervorhebungen in Rot) wiedergegeben und/oder

j) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, für die Texte auf ihrem Profil die Dienste professioneller Texter in Anspruch zu nehmen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 14 (Hervorhebungen in Rot) wiedergegeben und/oder

k) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, Artikel auf der Unterseite „Experten-Ratgeber“ zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 15 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder

l) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich von der Beklagten interviewen zu lassen und das Interview auf der Unterseite „Experten-Ratgeber“ zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 16 wiedergegeben und/oder

m) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich bei Suchanfragen zu speziellen Suchbegriffen auffälliger darstellen zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 18 wiedergegeben.
2. den Kläger von der Forderung der H. Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von weiteren 443,22 € freizustellen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt der Kläger 1/5 und die Beklagte 4/5. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung hinsichtlich Ziffer I. 1 durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Im Übrigen kann der jeweilige Vollstreckungsschuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.

Tatbestand

I.Der Kläger, praktizierender Facharzt für Orthopädie, nimmt die Beklagte auf Löschung personenbezogener Daten sowie Unterlassung der Veröffentlichung eines zur Person des Klägers angelegten Profils auf dem Ärztebewertungsportal www.j….de in Anspruch. Er verweist insbesondere darauf, dass die Beklagte denjenigen Ärzten, die kostenpflichtige „Premium-Pakete“ in Anspruch nähmen, eine Vielzahl von Vorteilen gegenüber den ohne oder gegen ihren Willen erfassten Ärzten wie dem Kläger einräume, die sie zumindest zum Teil nicht offen kommuniziere.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes und der Anträge in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Landgerichts München I vom 06.12.2019 (Bl. 115/126 d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage nur teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, sämtliche in der Datenbank der Website www.j….de zu dem Kläger gespeicherten Daten sowie die zu seiner Person abgegebenen Bewertungen zu löschen. Daneben hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, auf der vorgenannten Website ein Profil des Klägers zu veröffentlichen, auf welchem Bewertungen durch angebliche Patienten des Klägers eingestellt werden können, und dabei gleichzeitig auf dem Profil des Klägers Artikel von anderen zahlenden Kunden zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie in Anlage K1 wiedergegeben. Außerdem wurde die Beklagte verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 480,16 € freizustellen. Im Übrigen – hinsichtlich weiterer 20 Unterlassungsanträge und Freistellung von weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten – hat das Landgericht die Klage dagegen abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Unterlassung der Verarbeitung seiner Daten aus § 823 Abs. 2, § 1004 BGB analog i.V.m. Art. 6 Abs. 1 f) Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nur teilweise zu, da die nach Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO vorzunehmende Abwägung seiner Interessen mit denen der Beklagten sowie der Nutzer des Portals nur zum Teil zu seinen Gunsten ausfalle. Das Handeln der Beklagten falle in den Anwendungsbereich der Datenschutzgrundverordnung. Insbesondere könne sich die Beklagte auch nicht nach Art. 85 DSGVO i.V.m. Art. 38 BayDSG auf das sog. Medienprivileg berufen, da schon tatbestandlich keine Datenverarbeitung zu „journalistischen Zwecken“ vorliege.

Im Rahmen der Abwägung müssten die berechtigten Interessen der Beklagten hinter den Schutz der personenbezogenen Daten des Klägers dann zurücktreten, wenn die Art und Weise der Veröffentlichung, das Layout des Profils und die darin enthaltenen Angaben dazu geeignet seien, den zahlenden Kunden im Gegensatz zu dem nichtzahlenden Kläger verdeckte Vorteile zu gewähren, ohne dass dies für einen Durchschnittsrezipienten des Portals erkennbar sei. Bei der Einzelfallabwägung zwischen den genannten grundrechtlich geschützten Positionen sei von den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.02.2018 (Az. VI ZR 30/17) auszugehen. Der dort genannte Prüfungsmaßstab sei auch unter Geltung der Datenschutzgrundverordnung entscheidend. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei für die Frage, ob die Beklagte mit der jeweiligen Darstellung personenbezogener Daten auf ihrer Plattform ihre grundsätzlich geschützte Position als „neutrale“ Informationsmittlerin verlasse und damit die betreffenden Daten nicht ohne Einwilligung der betroffenen Person verarbeiten dürfe, eine differenzierte Prüfung vorzunehmen. Zunächst sei zu prüfen, ob Basis-Kunden auf dem Portal der Beklagten als Werbeplattform für Premium-Kunden benutzt würden. Des Weiteren sei zu prüfen, ob Premium-Kunden durch die konkrete Form der Darstellung ein Vorteil gewährt werde, der aus Sicht des durchschnittlichen Nutzers „verdeckt“ erfolge, mithin für diesen nicht erkennbar sei und zudem bei diesem zumindest potentiell eine Fehlvorstellung über die Ursache der unterschiedlichen Darstellung/Behandlung hervorrufen könne. In einem solchen Fall der Gewährung eines „verdeckten Vorteils“ durch die Art der Werbung/Gestaltung diene das Portal der Beklagten nicht mehr allein dem Informationsaustausch zwischen (potentiellen) Patienten, womit den Interessen der ohne ihre Einwilligung aufgenommenen Basis-Kunden schlussendlich der Vorrang einzuräumen sei. Ob dies der Fall sei, müsse für jede streitgegenständliche Fallgestaltung gesondert geprüft werden.

Ausgehend von diesen Grundsätzen stehe dem Kläger ein Unterlassungsanspruch zu, wenn auf seinem Profil Artikel von anderen zahlenden Kunden der Beklagten veröffentlicht würden, und dies bei zahlenden Ärzten, jedenfalls auf den Profilen von Platin-Kunden, unterbleibe. Denn hierdurch werde das Profil des Klägers und damit dessen durch die Datenschutzgrundverordnung geschützten Daten als nicht zahlender Arzt als Plattform für eine verdeckte Werbung für zahlende Ärzte in gemäß Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO nicht zulässiger Art und Weise benutzt. Der Kläger stehe zu den Verfassern dieser Artikel sowohl fachlich als auch örtlich in einem Konkurrenzverhältnis.

Hinsichtlich der weiteren streitgegenständlichen Ausgestaltungen des Bewertungsportals der Beklagten (Klageanträge II. 2-21) stehe dem Kläger dagegen kein Unterlassungsanspruch zu, da diese die durch die Datenschutzgrundverordnung geschützten Daten des Klägers weder im Einzelnen noch in der Gesamtschau als Plattform für eine „verdeckte Werbung“ für zahlende Ärzte in nicht zulässiger Art und Weise benutzten. Soweit auf dem Profil des Klägers auf eine Liste mit Ärzten für spezielle Behandlungsgebiete verwiesen werde, fehle es an einem Konkurrenzverhältnis zum Kläger und damit an einer erheblichen Beeinträchtigung des Klägers. Dasselbe gelte, soweit auf dem Profil des Klägers auf eine Liste mit Ärzten und Heilpraktikern für spezielle Behandlungsgebiete unter besonderer Herausstellung anderer Ärzte verwiesen werde. Auch hinsichtlich der Werbung für Drittunternehmen fehle es bereits an jeglichem Konkurrenzverhältnis; ebenso wenig sei ersichtlich, dass Nutzer den Kläger aufgrund der Schaltung von Werbung auf seinem Profil für weniger kompetent halten könnten als Ärzte, auf deren Profil keine Werbung geschaltet sei. Auch soweit die Beklagte zahlenden Kunden in größerem Umfang als dem Kläger die Möglichkeit einräume, das eigene Profil aufzuwerten, habe der Kläger keinen Unterlassungsanspruch. Die Beklagte dürfe zahlenden Premium-Kunden durchaus ein erweitertes Leistungsspektrum anbieten. Diese Möglichkeiten stellten ebenso wie die verbesserten Möglichkeiten der Kontaktaufnahme mit der Beklagten keinen verdeckten Vorteil der zahlenden gegenüber den nicht zahlenden Ärzten dar, insbesondere da diese Vorteile nicht die Profilseite des Klägers als Werbeplattform benutzten. Auch in der Gesamtschau handele es sich nicht um unzulässige „verdeckte Vorteile“. Letztlich liefe das Begehren des Klägers, diese Vorteile zu untersagen, auf ein nahezu vollständiges Verbot der bezahlten Leistungen der Beklagten hinaus, was das grundsätzlich zulässige und gesellschaftlich gewünschte Geschäftsmodell der Beklagten ad absurdum führen würde.

Der geltend gemachte Löschungsanspruch gemäß Art. 17 Absatz 3 d) DSGVO bestehe, weil die Beklagte personenbezogene Daten des Klägers unrechtmäßig verarbeitet habe. Ferner habe der Kläger Anspruch auf anteilige Freistellung von den entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 480,16 €.

Ergänzend wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 127/137 d.A.) verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der er die vom Landgericht abgewiesenen Unterlassungsanträge und den Antrag auf Freistellung von weiteren Rechtsanwaltskosten weiterverfolgt. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus:

Das Landgericht habe sich schon nicht an seine selbst formulierten Prüfungskriterien gehalten. Dass ein Konkurrenzverhältnis zwischen den betroffenen Ärzten bestehen müsse, habe das Landgericht in seiner vorangestellten Prüfungsreihenfolge nicht vorgesehen. Dieser Argumentationsmangel habe seine Ursache in einem falschen Verständnis des Denkansatzes im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.02.2018 (Az. VI ZR 30/17). Der Bundesgerichtshof formuliere in Rn. 17 einen Obersatz, wonach keine Neutralität des Portalbetreibers mehr bestehe, sofern er durch die den zahlenden Kunden angebotene Werbung verdeckte Vorteile gewähre. Werbung für Konkurrenten werde dagegen vom Bundesgerichtshof nicht vorausgesetzt. Die Werbung für Konkurrenten sei vielmehr der damalige Sachverhalt gewesen, den der Bundesgerichtshof rechtlich aufgrund der mangelnden Offenlegung als Grund für den Verlust der Neutralität gewertet habe.

Das Landgericht gehe im Übrigen in unzulässiger Weise davon aus, dass im Hinblick auf die Verweise auf Ärzte zu speziellen Behandlungsgebieten kein Konkurrenzverhältnis gegeben sei. Vor allem gehe das Landgericht von den in den Anlagen vorgelegten Screenshots wie feststehende Gebilde aus. Das sei nicht sachgerecht. Die Beklagte tausche die entsprechenden Elemente, beispielsweise die Fachartikel und auch die hervorgehobenen Ärzte in den Suchlisten, von Zeit zu Zeit aus. Somit könne es hier jederzeit zu einer Konkurrenzsituation kommen.

Die Entscheidung des Landgerichts kranke darüber hinaus daran, dass sich der Kriterienkatalog als solcher nicht aus den vom Bundesgerichtshof herausgearbeiteten Grundsätzen ergebe. Das Landgericht habe auch insoweit die Begründung des Bundesgerichtshofs nicht sauber in rechtliche Voraussetzungen und Subsumtion getrennt. Denn nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs sei der Verlust der Neutralität der Plattform nicht nur in den Fällen gegeben, in denen das Basisprofil als Werbeplattform benutzt werde. Vielmehr entfalle die Neutralität deswegen, weil der verdeckt gewährte Vorteil dazu führen solle, dass Patienten zu den Profilen von Premium-Kunden gelenkt würden und sich nicht zahlende Ärzte zur Vermeidung dieses für sie negativen Effekts veranlasst sähen, zahlende Kunden der Beklagten zu werden.

Der Unterlassungsanspruch sei in Bezug auf sämtliche im Klageantrag formulierten Verletzungsformen gegeben. Denn es handele sich um verdeckte Vorteile für die zahlenden Kunden der Beklagten, die die vom Bundesgerichtshof benannten Effekte bewirkten und somit zu einem Verlust der Neutralität führten. Der Bundesgerichtshof habe sich in seiner Entscheidung ausdrücklich auf den Beitrag von Wolfgang Büscher (GRUR 2017, 433, 439) bezogen, der von einem Verlust der Neutralität des Portalbetreibers bereits ausgehe, wenn dieser gegen Entgelt aktiv durch Werbung oder Optimierung der Präsentation einzelner Unternehmer zu deren Gunsten am Wettbewerb teilnehme. Danach käme es noch nicht einmal auf „verdeckte“ Vorteile an, die hier aber jedenfalls gegeben seien.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 17.11.2020 den Löschungsantrag Ziffer I zunächst für erledigt erklärt (Bl. 200 d.A.), dies jedoch mit Schriftsatz vom 23.11.2020 widerrufen (Bl. 215 d.A.).

Der Kläger beantragt zuletzt,
die Beklagte unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 06.12.2019 (Az. 25 O 13978/18) wie folgt zu verurteilen:

I. Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche in der Datenbank der Webseite www.j…..de zu dem Kläger gespeicherte Daten – Name, Fachrichtung, Anschrift und Telefonnummer der Praxis sowie die zu dem Kläger abgegebenen Bewertungen – zu löschen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen, auf der Webseite www.j….de ein Profil mit Namen und Fachrichtung des Klägers sowie Anschrift und Telefonnummer seiner Praxis zu veröffentlichen, auf welchem Bewertungen durch angebliche Patienten des Klägers eingestellt werden können, und dabei gleichzeitig

1. auf dem Profil des Klägers Artikel von anderen zahlenden Kunden zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 1 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) und/oder

2. auf dem Profil des Klägers auf eine Liste mit Ärzten für spezielle Behandlungsgebiete zu verweisen, während auf den Profilen zahlender Kunden ein solcher Verweis unterbleibt, wenn dies geschieht wie in Anlage K 2 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) und/oder

3. auf dem Profil des Klägers auf eine Liste mit Ärzten und Heilpraktikern für spezielle Behandlungsgebiete zu verweisen, auf der andere Ärzte und Heilpraktiker gegen Entgelt besonders herausgestellt werden, wenn dies geschieht wie in Anlage K 3 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) und/oder

4. auf dem Profil des Klägers Werbung für Drittunternehmen einzublenden, während solche Werbung auf den Profilen zahlender Kunden unterbleibt, wenn dies geschieht wie in Anlage K 4 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) und/oder

5. zahlenden Kunden in größerem Umfang als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil von ihnen angebotene Leistungen anzugeben, wenn dies geschieht wie in Anlage K 5 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) und/oder

6. zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil ein Portraitbild zu hinterlegen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 6 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) und/oder

7. zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil individuelle Inhalte und Bilder zu präsentieren, wenn dies geschieht wie in Anlage K 7 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) und/oder

8. zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil die Adresse ihrer eigenen Praxis-Homepage anzugeben und zu verlinken, wenn dies geschieht wie in Anlage K 8 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) und/oder

9. zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, Fachartikel auf ihrem Profil zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 9 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) und/oder

10. zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil ein Video einzustellen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 10 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) und/oder

11. zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich von der Beklagten interviewen zu lassen und das Interview auf ihr Profil einzustellen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 11 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) und/oder

12. zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, individuelle Bewertungskriterien abzufragen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 12 (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) wiedergegeben und/oder

13. zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, ihr Profil von der Beklagten erstellen und pflegen zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 13 (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) wiedergegeben und/oder

14. zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, für die Texte auf ihrem Profil die Dienste professioneller Texter in Anspruch zu nehmen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 14 (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) wiedergegeben und/oder

15. zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, Artikel auf der Unterseite „Experten-Ratgeber“ zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 15 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) und/oder

16. zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich von der Beklagten interviewen zu lassen und das Interview auf der Unterseite „Experten-Ratgeber“ zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 16 wiedergegeben und/oder

17. zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich bei Suchanfragen zu speziellen Fachgebieten auffälliger darstellen zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 17 wiedergegeben und/oder

18.zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich bei Suchanfragen zu speziellen Suchbegriffen auffälliger darstellen zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 18 wiedergegeben und/oder

19. zahlende Kunden anders als dem (sic!) Kläger auf der j…-Startseite anzuzeigen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 19 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot durch Uz.) und/oder

20. zahlenden Kunden anders als dem Kläger einen persönlichen Ansprechpartner im Unternehmen der Beklagten zur Seite zu stellen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 20 wiedergegeben und/oder

21 .zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, mit der Beklagten über eine kostenlose Hotline in Kontakt zu treten, wenn dies geschieht wie in Anlage K 21 wiedergegeben.

III. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Forderung der H. Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 923,38 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt im Wesentlichen das angegriffene Urteil und hebt insbesondere im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.02.2018 (Az.: VI ZR 30/17) hervor, dass der Bundesgerichtshof durchwegs das Wort „neutraler“ (vor „Informationsmittler“) in Anführungszeichen gesetzt habe. Diese Schreibweise schränke erkennbar die Bedeutung des Begriffs „neutral“ ein und bringe zum Ausdruck, dass keine Neutralität in dem Sinne gemeint sei, dass die Beklagte ihren zahlenden Kunden gar keine Vorteile gewähren dürfe. Der Bundesgerichtshof nehme auch nicht den ganzen Artikel von Büscher in Bezug, sondern ausschließlich eine einzelne Seite aus dem Artikel, nämlich GRUR 2017, 433, 440. Die Passage des Artikels, auf welche sich der Kläger stützen möchte, habe der Bundesgerichtshof dagegen gerade nicht in Bezug genommen. Insofern werde die Rechtsauffassung der Beklagten gestützt, dass die Interessenabwägung nur dann zu einem Überwiegen der Interessen des Klägers führen könne, wenn ein verdeckter Werbevorteil vorliege, welcher auch zu einer sich für den Kläger negativ auswirkenden, bzw. für dessen Geschäft relevanten Fehlvorstellung auf Nutzerseite führe.

Der Bundesgerichtshof werde nicht müde zu betonen, dass der Betrieb eines Bewertungsportals eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfülle. Die Zulässigkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten des jeweiligen Arztes stelle daher die Regel und ein Überwiegen der Interessen des Arztes die Ausnahme dar.

Von einem fehlenden berechtigten Interesse an der Datenverarbeitung gemäß Art. 6 Abs. 1 f) DS-GVO sei nur dann auszugehen, wenn die schützenswerten Interessen des Klägers die Interessen an der Datenverarbeitung überwögen. Habe der Kläger keine fühlbaren Nachteile durch einen gewährten Vorteil, sei dies nicht der Fall. Insoweit sei das sachliche und örtliche Konkurrenzverhältnis durchaus von Bedeutung.

Die Liste mit Ärzten für spezielle Behandlungsgebiete am Ende des Profils des Klägers beeinträchtige diesen nicht erheblich, da keines der verlinkten Behandlungsgebiete einen Bezug zu der Tätigkeit des Klägers aufweise. Auch sei eine Irreführung der Nutzer hier nicht erkennbar.

Bei der Werbung für Drittunternehmen handele es sich um normale Bannerwerbung, die im Internet allgegenwärtig sei, so dass Nutzer diese nur noch unterbewusst wahrnehmen würden. Eine Fehlvorstellung oder Irreführung auf Seiten des Nutzers sei nicht denkbar, da dieser wisse, dass Werbefreiheit erkauft werden müsse. Die Drittunternehmen stünden in keinem Konkurrenzverhältnis zum Kläger.

Durch die abweichende Ausgestaltung eines Premium-Profils werde das Profil des Klägers nicht beeinträchtigt. Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Klägers finde auf dem Profil des Premium-Kunden nicht statt. Allerdings habe die Beklagte hier zwischenzeitlich ihre Plattform überarbeitet. Es werde nunmehr innerhalb des „Schattenrisses“ auf den Basisprofilen klargestellt, dass ein Profilbild nur von Premium-Kunden eingestellt werden könne.

Mit Schriftsatz vom 12.11.2020 (Bl. 176/198 d.A.) hat die Beklagte zu weiteren Änderungen auf ihrer Bewertungsplattform vorgetragen. Insbesondere seien die Einblendung „Ärzte für spezielle Behandlungsgebiete“, die Darstellungen im Profil des Klägers „Sie sind Dr. …? Buchen Sie jetzt ein j… Premium-Paket, um diese und viele weitere Funktionen nutzen zu können.“ sowie das Feature „individuelle Bewertungskriterien“ nicht mehr existent. Im Hinblick auf die vorgenommenen Änderungen sei der Anspruch auf Löschung entfallen.

Zur Anwendbarkeit des Medienprivilegs trägt die Beklagte ergänzend vor, dass sie den redaktionellen Rahmen für die Bewertungsabgabe vorgebe. Erst durch diesen Rahmen werde die inhaltliche Relevanz und die Vergleichbarkeit der Bewertungen gewährleistet. Somit trage auch die konkrete Ausgestaltung des Angebots der Beklagten zur Meinungsbildung der Patienten bei und sei damit im Sinne der EuGH-Rechtsprechung als journalistische Tätigkeit anzusehen. Die Beklagte führe zwar keine inhaltlichen Kontrollen der Bewertungen vor deren Veröffentlichung durch, prüfe jedoch mit hohem technischen und personellen Aufwand, ob die jeweiligen Bewertungen manipuliert sein könnten. Soweit eine Aufklärung nicht erfolge, würden die Nutzer über den Verdacht von Manipulationen per Warnhinweis informiert. Solche Warnhinweise seien als zulässige Verdachtsberichterstattung einzuordnen. Neuerdings würde die Beklagte auch Klarstellungen der Bewerter, die sie im Prüfverfahren kommuniziert hätten, in Bewertungen per Kommentar den Nutzern kenntlich machen.

Der Kläger ist diesen Ausführungen mit Schriftsatz vom 17.11.2020 (Bl. 200/205 d.A.) entgegengetreten. Hinsichtlich der Neugestaltung der Bewertungsplattform müsse die Gesamtwirkung berücksichtigt werden, die darin bestehe, die Profile von nicht zahlenden Kunden „als Absprungplattform hin zu bezahlten Profilen zu lenken“, was als solches schon die Unzulässigkeit begründe. Dieser Effekt werde durch die streitgegenständlichen Elemente gefördert. Transparenz allein genüge hier nicht, um eine Interessenverschiebung zu Gunsten der Beklagten herzustellen. Die Änderungen hätten auch keine Auswirkungen auf das Bestehen des Unterlassungsanspruchs, solange die Beklagte die Wiederholungsgefahr nicht ausräume. Im Hinblick auf die Anwendbarkeit des Medienprivilegs werde mit Nichtwissen bestritten, ob und in welcher Form oder in welcher Intensität die Beklagte entsprechende Überprüfungen durchführe. Es sei auch unbekannt, in welchem Umfang Warnhinweise durch die Beklagte ausgesprochen würden.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in zweiter Instanz wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 10.02.2020 (Bl. 148/162 d.A.), 17.11.2020 (Bl. 200/205 d.A.) und 23.11.2020 (Bl. 215 d.A.), die Schriftsätze der Beklagten vom 06.03.2020 (Bl. 165/173 d.A.), 12.11.2020 (Bl. 176/198 d.A.), 17.11.2020 (Bl. 206/207 d.A.) und 20.11.2020 (Bl. 208/214 d.A.) sowie das Sitzungsprotokoll vom 24.11.2020 (Blatt 216/218 d. A.), jeweils mit den zugehörigen Anlagen, verwiesen.

Entscheidungsgründe

II. Die zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Dem Kläger stehen gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung der Veröffentlichung eines ihn betreffenden Profils im tenorierten Umfang nach § 823 Abs. 2, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO zu. Die nach Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO vorgegebene Abwägung der widerstreitenden Interessen fällt hinsichtlich der Anträge zu Ziffern II. 5-16 und 18 zugunsten des Klägers aus, so dass entgegen der Ansicht des Landgerichts die Verarbeitung der Daten des Klägers insoweit rechtswidrig ist. Darüber hinaus ist der Kläger in Höhe eines Betrages von weiteren 443,22 € von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten freizustellen. Im Übrigen, d.h. hinsichtlich der geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß den Anträgen zu Ziffern II. 2-4, 17 und 19-21 bleibt die Berufung des Klägers hingegen ohne Erfolg.

Eine Entscheidung über die vom Landgericht bereits zugesprochenen Anträge (Löschungsantrag gemäß Ziffer I, Unterlassungsantrag gemäß Ziffer II. 1 und anteilige vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 480,16 €) ist nicht mehr veranlasst. Diese sind bereits rechtskräftig geworden, nachdem die Beklagte weder Berufung noch Anschlussberufung eingelegt hat. Die mit Schriftsatz des Klägers vom 17.11.2020 abgegebene (Teil-)Erledigterklärung zum Löschungsantrag geht damit unabhängig von ihrem etwaigen Widerruf ins Leere.

1. Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO findet im Streitfall grundsätzlich Anwendung.

a) Die Beklagte ist als juristische Person des privaten Rechts Verantwortliche im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO und verarbeitet personenbezogene Daten des Klägers (Art. 4 Nr. 1 DSGVO) in einem Dateisystem (Art. 4 Nr. 6 DSGVO).

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten steht einer uneingeschränkten Anwendung der DSGVO auch nicht das Medienprivileg nach Art. 85 Abs. 2 DSGVO i.V.m. Art. 38 BayDSG entgegen. Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Landgericht und dem Oberlandesgericht Köln in seinen Urteilen vom 14.11.2019 (Az. 15 U 89/19, AfP 2020, 59, juris Rn. 37 ff., und Az. 15 U 126/19, juris Rn. 31 ff.) davon aus, dass vorliegend schon tatbestandlich keine Datenverarbeitung zu „journalistischen Zwecken“ im Sinne der vorgenannten Vorschriften gegeben ist.

Zwar bestimmt Erwägungsgrund Nr. 153 der DSGVO im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Datenschutz-Richtlinie (vgl. EuGH, Urteil vom 14.02.2019 – C-345/17, NJW 2019, 2451, juris Rn. 51), dass der Begriff „Journalismus“ weit ausgelegt werden muss, um der Bedeutung des Rechts auf freie Meinungsäußerung Rechnung zu tragen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind „journalistische Tätigkeiten“ solche Tätigkeiten, die zum Zweck haben, Informationen, Meinungen oder Ideen, mit welchem Übertragungsmittel auch immer, in der Öffentlichkeit zu verbreiten (vgl. EuGH a.a.O., juris Rn. 53 m.w.N.). Dabei kann dem Gerichtshof zufolge allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass jegliche im Internet veröffentlichte Information, die sich auf personenbezogene Daten bezieht, unter den Begriff der „journalistischen Tätigkeiten“ fällt (vgl. EuGH a.a.O., juris Rn. 58). Erwägungsgrund Nr. 153 behält zudem den Verweis auf die Ausschließlichkeit der journalistischen Zweckbestimmung, die in Art. 9 der Datenschutzrichtlinie vorgesehen war, bei. Hieraus wird zum Teil abgeleitet, dass an diesem Erfordernis festzuhalten ist, auch wenn dies in den Wortlaut des Art. 85 DSGVO und des Art. 38 BayDSG nicht übernommen wurde und eine absolute Bindungswirkung an die Erwägungsgründe bei der Rechtsauslegung nicht besteht (so OLG Köln, Urteil vom 14.11.2019 – 15 U 89/19, AfP 2020, 59, juris Rn. 40 m.w.N.).

Ausschlaggebend erscheint letztlich, dass eine eigene journalistische Tätigkeit der Beklagten nicht ersichtlich ist, soweit sie sich die meinungsbildenden Beiträge Dritter auch zur Meidung einer eigenen Haftung gerade nicht zu eigen macht und sich auf die von der Rechtsprechung verlangten Schutzmechanismen gegen einen Missbrauch der Bewertungsplattform, insbesondere Prüf- und Kontrollverfahren, sowie auf die Vorgabe gewisser Formalien für die Bewertungsabgabe beschränkt (vgl. auch OLG Köln a.a.O., juris Rn. 41). Eine solche, allenfalls vermittelnde Rolle kann nicht als eine eigene, im Kern meinungsbildende Tätigkeit aufgefasst werden, vielmehr bietet ein nur nach den Mindestanforderungen der Rechtsprechung operierendes Portal nach der weiterhin herrschenden Meinung lediglich einen Hilfsdienst zur Verbreitung von Informationen an (vgl. OLG Köln a.a.O. m.w.N.; Michel, ZUM 2018, 836, 840). Der zu § 41 BDSG a.F. ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die bloße automatische Auflistung von redaktionellen Beiträgen noch nicht eine eigene journalistisch-redaktionelle Gestaltung darstellt und die meinungsbildende Wirkung prägender Bestandteil des Angebots und nicht nur schmückendes Beiwerk sein muss (BGH, Urteil vom 23.06.2009 – VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328, Rn. 21, spickmich), ist daher nach wie vor zuzustimmen.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 17.11.2020 (dort S. 10 f.; Bl. 185 f. d.A.) auf von ihr installierte Verfahren zur Überprüfung von Manipulationen und etwaige Warnhinweise verweist und dies unter Zeugenbeweis stellt. Der Kläger hat dieses Vorbringen mit Schriftsatz vom 17.11.2020 (dort S. 4; Bl. 203 d.A.) bestritten, so dass der Vortrag bereits gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO und gemäß §§ 530, 521 Abs. 2, § 296 Abs. 1 ZPO als verspätet anzusehen ist. Unabhängig davon dürfte aber auch mit den geschilderten Maßnahmen nach wie vor noch kein hinreichendes Maß an journalistisch-redaktioneller Tätigkeit und Kontrolle erreicht, sondern lediglich ein Mindestmaß an Authentizität zum Schutz gegen Missbrauch gewährleistet sein.

Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass es vorliegend um die Frage der Ausgestaltung des Bewertungsportals durch die Beklagte im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Daten des Klägers ohne bzw. gegen dessen Willen geht und nicht die Meinungsfreiheit der einzelnen Portalnutzer im Streit steht. In Übereinstimmung mit der vom Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Hinweis vom 11.09.2020, Az. 894/19, vertretenen Auffassung (vgl. Anlage B 2) ist insoweit der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.11.2019 (1 BvR 16/13, BVerfGE 152, 152, Rn. 83 ff., Recht auf Vergessen I) von Bedeutung, mit dem bezogen auf die nationalen Grundrechte das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als eigene Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Verhältnis zu den äußerungsrechtlichen Schutzgehalten des Persönlichkeitsrechts (neu) bestimmt wurde. Gemessen daran nimmt der Kläger den Schutzgehalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung in Anspruch und wendet sich nicht gegen die Verbreitung bestimmter Informationen über ihn, die geeignet sind, sich abträglich auf sein Ansehen, insbesondere sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken. Damit erscheint aber auch eine Datenverarbeitung fraglich, die nach Art. 85 Abs. 2 DSGVO, Art. 38 BayDSG als eine solche zu journalistischen Zwecken angesehen werden könnte.

2. Soweit es für den vorbeugenden Unterlassungsschutz keine gesonderte Anspruchsgrundlage in der DSGVO gibt, bleibt im Hinblick auf die Vorgaben des Art. 79 DSGVO ein Rückgriff auf § 823 Abs. 2, § 1004 BGB analog möglich, um Schutzlücken zu vermeiden (vgl. Gola DS-GVO/Nolte/Werkmeister, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 17 Rn. 73; Spindler/Schuster/Spindler/Dalby, 4. Aufl. 2019, DS-GVO Art. 79, Rn. 17; Kühling/Buchner/Bergt, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 79, Rn. 1; differenzierend: Sydow/Kreße, 2. Aufl. 2018, DSGVO Art. 79, Rn. 10 ff.).

3. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass sie zwischenzeitlich einzelne Änderungen an ihrem Bewertungsportal vorgenommen habe, so dass die vom Kläger mit seinen Klageanträgen angegriffenen Gestaltungsformen teilweise nicht mehr aktuell seien, steht dies Unterlassungsansprüchen des Klägers nicht entgegen. Insbesondere ist festzuhalten, dass durch etwaige Abänderungen die Wiederholungsgefahr nicht entfallen ist und der Kläger grundsätzlich Unterlassung jeder einmal getätigten rechtswidrigen Datenverarbeitung verlangen kann. Denn im Fall eines rechtswidrigen Eingriffs in ein geschütztes Rechtsgut des Betroffenen besteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr (vgl. BGH, Urteil vom 04.12.2018 – VI ZR 128/18, AfP 2019, 153, Rn. 9 m.w.N.). An die Entkräftung der Vermutung sind strenge Anforderungen zu stellen, im Regelfall bedarf es hierfür der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung gegenüber dem Gläubiger des Unterlassungsanspruchs (BGH a.a.O.). Eine solche hat die Beklagte hier nicht abgegeben. Allein die einseitig vorgenommenen Änderungen, die jederzeit wieder rückgängig gemacht werden können, vermögen die tatsächliche Vermutung nicht zu entkräften.

4. Ob die Verarbeitung der streitgegenständlichen Daten des Klägers zulässig ist, bestimmt sich nach Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO. Danach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, soweit dies zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist und nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen. Erforderlich ist mithin eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung und Abwägung der widerstreitenden Interessen des Klägers auf der einen Seite sowie der Beklagten und der Portalnutzer auf der anderen Seite.

a) Zu beachten ist, dass im Bereich des unionsrechtlich vollständig vereinheitlichten Datenschutzrechts nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich allein die Unionsgrundrechte und nicht die Grundrechte des Grundgesetzes maßgeblich sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.11.2019 – 1 BvR 276/17, BVerfGE 152, 216 Rn. 32 ff., Recht auf Vergessen II). Die Grundrechte der Charta (GRCh) können einzelfallbezogen in das Privatrecht hineinwirken; im Ergebnis kommt den Unionsgrundrechten für das Verhältnis zwischen Privaten eine ähnliche Wirkung zu, wie sie das deutsche Recht mit der Lehre der „mittelbaren Drittwirkung“ kennt (vgl. BVerfG a.a.O., Rn. 96 f.).

b) Auf Seiten des Klägers sind die Grundrechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 7 GRCh und auf Schutz personenbezogener Daten aus Art. 8 GRCh einzustellen, die eng aufeinander bezogen sind und – jedenfalls soweit es wie hier um die Verarbeitung personenbezogener Daten geht – eine einheitliche Schutzverbürgung bilden (vgl. BVerfG a.a.O., Rn. 98 f. m.w.N.). Art. 7, Art. 8 GRCh schützen vor der Verarbeitung personenbezogener Daten und verlangen die „Achtung des Privatlebens“. Unter personenbezogenen Daten werden dabei – wie nach dem Verständnis des deutschen Verfassungsrechts zu Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG – alle Informationen verstanden, die eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person betreffen. Demnach ist das Recht auf Achtung des Privatlebens nicht eng zu verstehen und beschränkt sich insbesondere nicht auf höchstpersönliche oder besonders sensible Sachverhalte. Insbesondere wird die geschäftliche und berufliche Tätigkeit hiervon nicht ausgeschlossen (BVerfG a.a.O., Rn. 100 m.w.N.).

Darüber hinaus ist auf Seiten des Klägers sein durch Art. 15 GRCh geschütztes Recht auf freie Berufsausübung zu berücksichtigen.

c) Auf Seiten der Beklagten ist ihr Recht auf unternehmerische Freiheit aus Art. 16 GRCh einzustellen. Die unternehmerische Freiheit gewährleistet die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen durch das Angebot von Waren und Dienstleistungen und umfasst die Freiheit, eine Wirtschafts- oder Geschäftstätigkeit auszuüben, ferner die Vertragsfreiheit und den freien Wettbewerb (vgl. BVerfG a.a.O., Rn. 103 f. m.w.N.).

Darüber hinaus kann sich die Beklagte insoweit auf die durch Art. 11 GRCh geschützte Kommunikationsfreiheit berufen, als sie Meinungsäußerungen ihrer Nutzer, die auf ihrem Portal Bewertungen abgeben, verbreiten und damit weitergeben will. Ferner sind in die Abwägung die durch Art. 11 GRCh verbürgten Rechte der Nutzer auf freie Meinungsäußerung und freie Information einzustellen, da über diese Rechte notwendigerweise mitentschieden wird (vgl. BVerfG a.a.O., Rn. 106 ff.).

d) Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung geht der Senat – ebenso wie das Landgericht und das Oberlandesgericht Köln in der oben zitierten Entscheidung vom 14.11.2019 (15 U 89/19) – von den Grundsätzen aus, wie sie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.02.2018 festgehalten und konkretisiert hat (vgl. BGH, Urteil vom 20.02.2018 – VI ZR 30/17, AfP 2018, 230, Rn. 14 und 15 ff., Ärztebewertung III). Die damals zu § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG a.F. entwickelten Grundsätze lassen sich auf die im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO vorzunehmende Abwägung übertragen, da beide Vorschriften eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen im Rahmen der Prüfung eines schutzwürdigen bzw. eines überwiegenden Interesses des Betroffenen erfordern und unterschiedliche Maßstäbe im Hinblick auf den zu gewährleistenden Grundrechtsschutz nicht ersichtlich sind.

aa) Der Bundesgerichtshof zitiert in der vorgenannten Entscheidung vom 20.02.2018 unter Rn. 14 zunächst weitgehend aus seinem Urteil vom 23.09.2014 (Az. VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242, Ärztebewertung II). Danach sei ein Arzt durch seine Aufnahme in das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal angesichts der erheblichen Breitenwirkung des Portals und der damit verbundenen Missbrauchsgefahr nicht nur unerheblich belastet. Allerdings berührten die von der Beklagten erhobenen und gespeicherten Informationen den (dortigen) Kläger nur in seiner Sozialsphäre, auch sei er den Gefahren des Bewertungsportals nicht schutzlos ausgeliefert, sondern könne gegen unwahre Tatsachenbehauptungen und beleidigende oder sonst unzulässige Bewertungen – notfalls gerichtlich – vorgehen. Die Beeinträchtigungen der berechtigten Interessen des Klägers wögen nicht schwerer als das Recht der Beklagten auf Kommunikationsfreiheit. Auszugehen sei von dem ganz erheblichen Interesse, das die Öffentlichkeit an Informationen über ärztliche Dienstleistungen habe. Auch komme der Möglichkeit, Bewertungen anonym abgeben zu können, gerade im Falle eines Ärztebewertungsportals besonderes Gewicht zu.

bb) An diesen Grundsätzen, insbesondere der Einschätzung, dass das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal im Ausgangspunkt eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt, hält der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 20.02.2018 fest. Er schränkt dies aber dahin ein, dass die Beklagte in dem am 23.09.2014 entschiedenen Fall „neutraler“ Informationsmittler gewesen sei. Nach den damals maßgeblichen Feststellungen habe sich das Bewertungsportal der Beklagten darauf beschränkt, in Profilen die „Basisdaten“ des einzelnen Arztes zusammen mit von Patienten bzw. anderen Internetnutzern vergebenen Noten oder verfassten Freitextkommentaren zu veröffentlichen. Der hier zu entscheidende Fall – der die Einblendung einer Werbeanzeige für konkurrierende Ärzte der gleichen Fachrichtung im näheren Umfeld nur auf dem Profil der nicht zahlenden Ärzte mittels eines Querbalkens betraf – liege anders. Hier wahre die Beklagte ihre Stellung als „neutraler“ Informationsmittler nicht. Denn sie verschaffe durch die Art der Werbung, die sie Ärzten auf ihrem an potentielle Patienten gerichteten Bewertungsportal anbiete, einzelnen Ärzten verdeckte Vorteile (vgl. BGH, Urteil vom 20.02.2018 – VI ZR 30/17, AfP 2018, 230, Rn. 15-17 m.w.N. Ärztebewertung III). Auf Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts würden die Daten der ohne oder gegen ihren Willen gespeicherten und bewerteten Ärzte durch die Einblendung einer werbenden Anzeige als Werbeplattform für die zahlenden Konkurrenten genutzt, wohingegen bei letzteren, ohne dass dies dort hinreichend offengelegt werde, keine werbende Anzeige der örtlichen Konkurrenten eingeblendet werde. Mit diesem Verfahren sollten ersichtlich potentielle Patienten stärker zu „Premium“-Kunden der Beklagten gelenkt werden. Durch ihr Geschäftsmodell suche die Beklagte die ohne ihren Willen und nur mit ihren Basisdaten aufgenommenen Ärzte gezielt dazu zu bewegen, sich der Gruppe der zahlenden Ärzte anzuschließen, um nicht durch eine weniger vorteilhafte Darstellung und Werbeeinblendungen benachteiligt zu werden (vgl. BGH a.a.O., Rn. 18). Mit der vorbeschriebenen Praxis verlasse die Beklagte ihre Stellung als „neutraler“ Informationsmittler. Nehme sich die Beklagte aber in dieser Weise zugunsten ihres Werbeangebots in ihrer Rolle als „neutraler“ Informationsmittler zurück, dann könne sie ihre auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit gestützte Rechtsposition gegenüber dem Recht der Klägerin auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten (Recht auf informationelle Selbstbestimmung) auch nur mit geringerem Gewicht geltend machen. Das führe auch bei nochmaliger Würdigung der – insbesondere im Senatsurteil vom 23.09.2014 angeführten – Belange der Beklagten hier zu einem Überwiegen der Grundrechtsposition der Klägerin (vgl. BGH a.a.O. Rn. 19).

cc) Der Bundesgerichtshof stellt damit im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung in erster Linie darauf ab, ob die Beklagte durch die Ausgestaltung ihres Portals ihre Rolle als „neutraler“ Informationsmittler im Einzelnen dadurch verlässt, dass sie durch die Art der angebotenen Werbung einzelnen Ärzten (zahlenden Premium-Kunden) verdeckte Vorteile gewährt. Unter diesen Obersatz subsumiert der Bundesgerichtshof sodann den konkreten, ihm zur Entscheidung vorliegenden Sachverhalt, wobei er die (verdeckten) Werbevorteile dadurch charakterisiert, dass potentielle Patienten durch diese stärker zu Premium-Kunden gelenkt und nicht zahlende Ärzte bewegt werden sollen, selbst Premium-Kunden zu werden. Vor diesem Hintergrund kann es – entgegen der Ansicht des Landgerichts, das insoweit dem Oberlandesgericht Köln folgt – aus Sicht des Senats nicht als zwingend erforderlich angesehen werden, dass das Profil der nicht zahlenden Ärzte – wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Sachverhalt – als Werbeplattform für die zahlenden Premium-Kunden genutzt wird. Ein solches (zusätzliches) Erfordernis, das in jedem Fall zu beachten wäre, vermag der Senat der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht zu entnehmen. Vielmehr erscheint die Aufgabe der „neutralen“ Mittlerrolle der Beklagten durch Gewährung verdeckter Werbevorteile nicht nur bei einer solchen – der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Sachverhaltskonstellation und daher von ihm im Rahmen der Subsumtion erwähnten – Darstellungsform denkbar. Hierfür sprechen aus Sicht des Senats auch die Verweise des Bundesgerichtshofs auf den Aufsatz von Büscher, GRUR 2017, 433, 440 [richtig wohl: 439] und das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 12.07.2011 – C-324/09 L’Oréal SA/eBay International AG, Rn. 113 ff., die der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.02.2018 unter Rn. 17 im Zusammenhang mit der Gewährung verdeckter Vorteile zitiert.

Auch soweit die Beklagte ihre Rolle als „neutraler“ Informationsmittler verlässt, nimmt der Bundesgerichtshof allerdings eine nochmalige Würdigung der widerstreitenden Belange der Beteiligten vor, die in dem von ihm entschiedenen Fall weiterhin zugunsten der Klägerin ausfällt (vgl. BGH a.a.O., Rn. 19 a.E.).

e) Unter Zugrundelegung der vorstehenden Maßstäbe führt die für einen Unterlassungsanspruch maßgebliche Abwägung im Streitfall dazu, dass hinsichtlich der mit der Klage angegriffenen Gestaltungsformen des Bewertungsportals die Grundrechtsposition des Klägers zum Teil überwiegt und zwar im Hinblick auf die den Anträgen zu Ziffern II. 5-16 und 18 zugrunde liegende Ausgestaltung des Portals. Bezogen auf diese Gestaltungsformen ist die Datenverarbeitung in Form der Veröffentlichung eines Profils des Klägers mithin rechtswidrig (Art. 6 Abs. 1 Nr. 1 f) DSGVO) und ist ein Unterlassungsanspruch des Klägers zu bejahen. Im Übrigen begegnet die Datenverarbeitung dagegen keinen Bedenken (Anträge zu Ziffern II. 2-4, 17 und 19-21).

Im Einzelnen ist hinsichtlich der Ausgestaltung des Portals in der Reihenfolge der Anträge Folgendes festzuhalten:

aa) Soweit auf dem Profil des Klägers auf eine Liste mit Ärzten für spezielle Behandlungsgebiete verwiesen wird, während auf den Profilen zahlender Kunden ein solcher Verweis unterbleibt (Antrag Ziffer II. 2, Anlage K 2), fällt die Abwägung zugunsten der Belange der Beklagten aus. Ein Unterlassungsanspruch des Klägers gemäß § 823 Abs. 2, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO besteht mithin nicht.

(1) Zweifelhaft erscheint bereits, ob die Beklagte durch die vorliegend angegriffene Gestaltungsform ihre Stellung als „neutraler“ Informationsmittler durch die Gewährung verdeckter Werbevorteile im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überhaupt verlässt.

So handelt es sich auch nach dem Vorbringen des Klägers bei der auf seinem Profil angezeigten Liste mit Ärzten für spezielle Behandlungsgebiete nicht um solche Ärzte, die in einem (fachlichen) Konkurrenzverhältnis zum Kläger stehen. Vielmehr werden Rubriken wie Brustvergrößerung, Haartransplantation, Zahnersatz, Zahnimplantate und Wurzelbehandlung angezeigt (vgl. Klageschrift S. 11 f.; Bl. 11 f. d.A. und Anlage K 2).

Zwar wendet der Kläger in seiner Berufungsbegründung vom 10.02.2020 (S. 11; Bl. 158 d.A.) ein, dass das Landgericht zu Unrecht von den in den Anlagen vorgelegten Screenshots wie feststehende Gebilde ausgehe und die Beklagte die entsprechenden Ärzte in den Suchlisten von Zeit zu Zeit austausche, wodurch es zu einer (nicht näher dargelegten) Konkurrenzsituation kommen könne. Auf Nachfrage hierzu hat die Klägervertreterin dies in der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2020 noch dahin konkretisiert, dass sich diese Ausführungen auf die Unterlassungsanträge Ziffern II. 1, 2 und 3 bezögen (Bl. 217 d.A.). Dem steht jedoch das Vorbringen der Beklagten entgegen, die mit Blick auf die speziellen Behandlungsgebiete eine mögliche Konkurrenzsituation zum Kläger als Orthopäden bestreitet (vgl. S. 6 f. der Berufungserwiderung vom 06.03.2020; Bl. 170 f. d.A.) und nur im Hinblick auf die Fachartikel eine mögliche Konkurrenzsituation, in fachlicher nicht aber in örtlicher Hinsicht, eingeräumt hat (vgl. S. 5 des Schriftsatzes vom 20.11.2020, Bl. 212 d.A.).

Fehlt es aber an einer möglichen fachlichen Konkurrenzsituation bzw. ist eine solche mit Blick auf die aufgelisteten speziellen Behandlungsgebiete weder hinreichend dargelegt noch ersichtlich, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass potentielle Patienten des Klägers durch die Liste stärker zu Premium-Kunden gelenkt werden und Druck auf den Kläger ausgeübt wird, sich der Gruppe der zahlenden Ärzte anzuschließen. Denn ein potentieller Patient des Klägers, der einen Orthopäden sucht, wird nicht an dessen Stelle einen Spezialisten etwa für Brustvergrößerung, Haartransplantation oder Zahnbehandlungen konsultieren und damit auch nicht vom Kläger abgelenkt und zu diesen anderen Ärzten hingelenkt werden.

(2) Selbst wenn man aber im Sinne einer großzügigeren Auslegung einen verdeckten Vorteil annehmen wollte, kann angesichts der vorstehenden Erwägungen – insbesondere der nur geringfügigen Beeinträchtigung des Klägers durch diese Darstellungsform und der grundsätzlich von der Rechtsordnung gebilligten und gesellschaftlich erwünschten Funktion des von der Beklagten betriebenen Ärztebewertungsportals – jedenfalls nicht mehr von einem Überwiegen der Grundrechtsposition des Klägers ausgegangen werden. Vielmehr tritt diese sodann im Rahmen einer nochmaligen Gesamtwürdigung hinter die Belange der Beklagten zurück.

bb) Die vorstehenden Ausführungen gelten in gleicher Weise für den Antrag Ziffer II. 3, Anlage K 3, mit dem sich der Kläger ebenfalls gegen den Verweis auf seinem Profil auf die Liste mit Ärzten für spezielle Behandlungsgebiete wendet, wobei er insbesondere die besondere Herausstellung dieser Ärzte auf der Liste gegen Entgelt angreift. Auch insoweit ist auf die fehlende fachliche Konkurrenzsituation im Verhältnis zum Kläger zu verweisen; dessen Grundrechtsposition tritt – wie oben dargelegt – spätestens im Rahmen der Gesamtwürdigung hinter die Belange der Beklagten zurück.

cc) Nichts anderes gilt im Hinblick auf den Antrag Ziffer II. 4, Anlage K 4. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte, es zu unterlassen, auf seinem Profil Werbung für Drittunternehmen einzublenden, während solche Werbung auf den Profilen zahlender Kunden unterbleibt, besteht nicht.

Es handelt sich insoweit um Werbung für Drittunternehmen, z.B. den ADAC oder BMW (vgl. Anlage K 4 (1) und (2)), so dass es sich nicht einmal um Werbung für Ärzte, geschweige denn um Konkurrenten des Klägers handelt. Die streitgegenständliche Werbung ist entweder als Anzeige gekennzeichnet oder befindet sich als Werbebanner am Bildschirmrand. Das Landgericht verweist zutreffend darauf, dass nicht ersichtlich sei, dass Portalnutzer als potentielle Patienten – soweit diesen überhaupt auffalle, dass beim Kläger anders als bei zahlenden Konkurrenten Werbung für Drittfirmen geschaltet sei – den Kläger für weniger kompetent als seine Konkurrenten halten und damit stärker zu diesen gelenkt werden könnten oder hierdurch Druck auf den Kläger ausgeübt werden könnte, selbst Premium-Kunde zu werden. Hinzu kommt, dass Internetnutzer, die nicht kostenpflichtige Angebote im Internet wie hier das Bewertungsportal der Beklagten in Anspruch nehmen, mit Werbung rechnen müssen und hieran gewöhnt sein dürften.

Sofern man unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte wiederum nicht bereits einen verdeckten Vorteil im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verneint, fällt jedenfalls die Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen zugunsten der Beklagten aus.

dd) Entgegen der Ansicht des Landgerichts stehen dem Kläger hingegen Unterlassungsansprüche zu, soweit es um die ausschließlich zahlenden Kunden gewährte Möglichkeit geht, ihr eigenes Profil durch zusätzliche Informationen und Hilfestellungen der Beklagten bei der Profilgestaltung aufzuwerten, während dies ohne ihren Willen aufgenommenen Ärzten wie dem Kläger nicht erlaubt ist (Anträge Ziffern II. 5-14, Anlagen K 5-14). Hiermit verschafft die Beklagte den zahlenden Ärzten verdeckte Werbevorteile und verlässt ihre Rolle als „neutraler“ Informationsmittler. Da es sich hierbei um Vorteile von einigem Gewicht handelt, die den Kläger nicht nur unerheblich beeinträchtigen, ist auch bei nochmaliger Würdigung der für die Beklagte streitenden Belange im Rahmen der Abwägung in diesen Fällen von einem Überwiegen der Grundrechtsposition des Klägers auszugehen.

(1) Während die Beklagte Ärzten mit einem sog. Basis-Zugang nur die Möglichkeit gibt, auf ihrem Profil 5 Leistungen anzugeben, auf die sie spezialisiert sind und für die sie gefunden werden möchten, beträgt diese Zahl bei Kunden mit einem Premium-Profil Gold 10 und mit einem Premium-Profil Platin 20 Leistungen (vgl. Anlage K 5 (1)). Solange der Kläger bei der Leistungsübersicht nichts eingetragen hat, wird auf seinem Profil dazu vermerkt: „Noch keine Leistungen von Dr. S… hinterlegt. Sind Sie Dr. S…? Hinterlegen Sie jetzt ihre Leistungsübersicht.“ (vgl. Anlage K 5 (3)). Bei der Möglichkeit einer deutlich erweiterten Leistungsbeschreibung, die den Eindruck einer fachlich größeren und besonderen Kompetenz des jeweiligen Arztes erweckt und zugleich dessen Auffindbarkeit verbessern soll, handelt es sich um einen nicht nur unerheblichen verdeckten Werbevorteil. Jedenfalls der mit dem Geschäftsmodell der Beklagten nicht vertraute Internetnutzer kann hierdurch den unzutreffenden Eindruck gewinnen, der im Bewertungsportal aufgefundene (nicht zahlende) Arzt biete nur wenige bzw. weniger Leistungen an oder sei – bei fehlender Eintragung von Leistungen – an einer Eintragung entweder nicht interessiert oder hierzu nicht ausreichend befähigt. Diese Unterschiede in der möglichen Präsentation der Ärzte werden von der Beklagten nicht hinreichend offen gelegt, so dass sich zugleich ein verzerrtes, irreführendes Bild ergibt. Sie übt damit unangemessenen Druck auf den Kläger aus, ebenfalls zahlender Kunde zu werden und ein Premium-Paket abzuschließen.

(2) Auch durch die zahlenden Kunden – anders als dem Kläger – eingeräumte Möglichkeit zur Hinterlegung eines Portraitbilds verletzt die Beklagte ihre Neutralitätspflicht und gewährt einzelnen Ärzten verdeckte Werbevorteile (Antrag Ziffer II. 6). So erscheint auf dem Profil des Klägers anstelle eines Fotos nur ein grauer Schattenriss verbunden mit dem Text „Dieser Arzt hat leider noch kein Portrait hinterlegt“ (Anlage K 6 (3)). Auch diese Darstellung ist irreführend und verschweigt, dass für nicht zahlende Ärzte die Möglichkeit zur Einstellung eines Portraitbilds und damit zu einer optisch individuellen, deutlich ansprechenderen Darstellung nicht besteht. Hierdurch wird bei einem durchschnittlichen Internetnutzer wiederum der unzutreffende Eindruck hervorgerufen, der einzelne Arzt sei an der Einstellung eines Bilds und damit einer positiven Präsentation nicht interessiert oder hierzu nicht imstande. Dies zielt darauf ab, potentielle Patienten, die sich auf Arztsuche bzw. hier speziell auf der Suche nach einem Orthopäden befinden, in höherem Maße zu zahlenden Konkurrenten des Klägers zu lenken und Druck auf den Kläger auszuüben, ebenfalls zahlender Kunde zu werden.

(3) Die vorstehenden Erwägungen gelten gleichermaßen im Hinblick auf die ausschließlich für zahlende Kunden bestehenden Möglichkeiten, auf ihrem Profil individuelle Inhalte und Bilder zu präsentieren, die Adresse der eigenen Praxis-Homepage anzugeben und zu verlinken, Fachartikel auf ihrem Profil zu veröffentlichen oder dort ein Video einzustellen (Anträge Ziffern II. 7-10). Auf dem Profil des Klägers ist dagegen unter der Überschrift „Weitere Informationen über Dr. S…“ vermerkt: „An dieser Stelle können sich Ärzte persönlich bei Patienten vorstellen, indem sie z.B. ihren Lebenslauf, Behandlungsschwerpunkte sowie ihr gesamtes Leistungsspektrum präsentieren. Sind Sie Dr. S…? Vervollständigen Sie jetzt Ihr Profil und geben Sie so neuen Patienten einen Eindruck von Ihnen und Ihrer Praxis“ (Anlage K 7 (4)). Hinter dem Wort „Homepage“ ist angegeben „noch nicht hinterlegt“ (Anlage K 8 (3)), unter der Überschrift „Artikel von Dr. S…“ finden sich die Worte „Sind Sie Dr. S…? Jetzt Artikel verfassen.“ (Anlage K 9 (3)) und unter der Überschrift „Bilder“ die Worte „Leider noch keine Bilder hinterlegt“ (Anlage K 10 (4)). Auch hierbei handelt es sich um nicht nur unerhebliche verdeckte Werbevorteile bzw. -nachteile. Der Kläger wird jeweils so dargestellt, als sei er an einer aussagekräftigen Präsentation gegenüber den Portalnutzern nicht interessiert oder hierzu nicht befähigt. Dies erfolgt, ohne gegenüber den Nutzern hinreichend offen zu legen, dass es sich hierbei um entgeltliche Leistungen handelt, die nur zahlenden Kunden angeboten werden. Dem steht nicht entgegen, dass an den vorgenannten Stellen zum Teil sog. Mouse-Over-Texte hinterlegt sind, die auf die mögliche Buchung eines j…-Premium-Pakets zur Nutzung der einzelnen Funktionen verweisen. Denn der Nutzer, der sich auf dem Profil eines Arztes befindet, wird sich durch die an diesen gerichteten Aufforderungen zur Vervollständigung seines Profils nicht angesprochen fühlen und auch keine Veranlassung sehen, den Cursor zwecks Erhalt näherer Informationen an diese Stelle zu bewegen.

(4) Im Hinblick auf die nur zahlenden Kunden eingeräumte Möglichkeit, sich von der Beklagten interviewen zu lassen und das Interview auf ihrem Profil einzustellen (Antrag Ziffer II. 11) verlässt die Beklagte ihre „neutrale“ Mittlerrolle bereits dadurch, dass sie nur für Premium-Kunden als Interviewer selbst aktiv wird. Demgegenüber geht der durchschnittliche Portalnutzer davon aus, dass die Beklagte den jeweiligen Arzt wegen seiner Expertenstellung und damit wegen besonderer Fachkunde ausgewählt und interviewt hat. Dass es sich hierbei um eine Leistung handelt, die Teil eines kostenpflichtigen Premium-Pakets ist und Ärzten wie dem Kläger nicht eröffnet ist, wird nicht hinreichend offengelegt.

(5) Die nur gegen Bezahlung gewährte Möglichkeit, auf einem Profil individuelle Bewertungskriterien abzufragen (Antrag Ziffer 11.12, Anlage K 12), ist von der Beklagten ebenfalls zu unterlassen. Auch wenn diese optionalen Bewertungskriterien nicht in die Gesamtnote einfließen, können zahlende Premium-Kunden mithilfe dieser Wahlmöglichkeit für sie ungünstige optionale Kriterien durch solche ersetzen, bei denen sie mit einer überwiegend positiven Bewertung rechnen, ohne dass diese Möglichkeit nach außen hin offengelegt wird. Dies kann zu Verzerrungen und fehlender Vergleichbarkeit bei der Darstellung und Bewertung der einzelnen Ärzte verbunden mit ganz erheblichen Werbevorteilen im Einzelfall führen. Auch hierdurch wahrt die Beklagte ihre „neutrale“ Stellung nicht mehr.

(6) Dem Kläger steht auch insoweit ein Unterlassungsanspruch zu, als die Beklagte zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einräumt, ihr Profil von der Beklagten erstellen und pflegen zu lassen oder für die Texte auf ihrem Profil die Dienste professioneller Texter in Anspruch zu nehmen (Anträge Ziffern II. 13 und 14). Ebenso wie bei der nur für zahlende Kunden bestehenden Interviewmöglichkeit nimmt die Beklagte in diesem Fall eine aktive Rolle ein und gestaltet die Profile ihrer „Premium“-Kunden im Sinne einer ansprechenderen Gestaltung aktiv mit, ohne dies hinreichend offen zu legen. Es handelt sich mithin nicht lediglich um Geschäftsinterna, sondern um die Gewährung erheblicher verdeckter Werbevorteile, durch die die Beklagte ihre Rolle als „neutraler“ Informationsmittler verlässt.

ee) Die Beklagte hat es ferner zu unterlassen, zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, Artikel auf der Unterseite „Experten-Ratgeber“ zu veröffentlichen (Antrag Ziffer II. 15). Es handelt sich um einen verdeckten Werbevorteil, den die Beklagte ausdrücklich damit bewirbt, dass neue Patienten über die Fachgebiete, Spezialisierungen des jeweiligen Arztes oder aktuelle Themen informiert und dadurch noch mehr Patienten auf den jeweiligen Arzt aufmerksam werden sollen (Anlage K 15 (1)). Da die Artikel zudem nach Themen geordnet und damit leicht auffindbar sind (Anlage K 15 (2)), kommt ihnen im Rahmen einer Informations- und Arztsuche nicht nur unerhebliche Bedeutung zu. Eine Offenlegung auf der Unterseite „Experten-Ratgeber“, dass nur zahlende Kunden Artikel veröffentlichen dürfen, erfolgt nicht. Hierdurch entsteht der unzutreffende Eindruck, dass diese – anders als nicht zahlende Ärzte wie der Kläger – über besondere Fachkunde verfügen bzw. aufgrund dieser ausgewählt wurden und zum Kreis der „Experten“ zählen, die besondere Hilfestellung geben könnten.

ff) Als begründet erweist sich ferner der Klageantrag Ziffer II. 16, es zu unterlassen, zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich von der Beklagten interviewen zu lassen und das Interview auf der Unterseite „Experten-Ratgeber“ zu veröffentlichen (Anlage K 16). Auf die vorstehenden Ausführungen zu den Anträgen Ziffer II. 11 und 15 wird Bezug genommen. Der durchschnittliche Internetnutzer geht mangels hinreichender Offenlegung davon aus, dass die Beklagte den jeweiligen Arzt wegen seiner Expertenstellung und nicht wegen seiner Stellung als zahlender Premium-Kunde ausgewählt und interviewt hat.

gg) Ein Unterlassungsanspruch des Klägers besteht nicht, soweit die Beklagte zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einräumt, sich bei Suchanfragen zu speziellen Fachgebieten auffälliger darstellen zu lassen (Antrag Ziffer II. 17). Wie sich aus den Anlagen K 17 (1) und (2) ergibt, handelt es sich dabei um die Möglichkeit, einen Anzeigenplatz oberhalb der Ergebnisliste bei Suchanfragen zu speziellen Fachgebieten zu buchen. Der Eintrag des inserierenden Arztes wird dabei durch eine farbliche (hellblaue) Unterlegung und einen gelben Hinweis „Anzeige“ links oben gekennzeichnet. Damit findet eine hinreichende Abgrenzung zu den übrigen Listeneinträgen und eine ausreichende Kennzeichnung als Werbeanzeige statt, die üblicherweise auch aus Sicht eines durchschnittlichen Internetnutzers mit Kosten verbunden ist. Ein verdeckter Werbevorteil ist daher nicht anzunehmen.

hh) Anderes gilt im Hinblick auf den Antrag Ziffer II. 18, es zu unterlassen, zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich bei Suchanfragen zu speziellen Suchbegriffen auffälliger darstellen zu lassen. Die Klage erweist sich insoweit als begründet. Wie sich aus Anlage K 18 (2) ergibt, befindet sich die Werbeanzeige wiederum oberhalb der Ergebnisliste, ist allerdings weder farblich unterlegt noch durch einen farblichen Hinweis als Anzeige gekennzeichnet. Die Worte „Anzeige“ finden sich lediglich in kleiner Schrift ohne jegliche Hervorhebung am rechten oberen Rand. Zudem erscheint eine Erstreckung dieses Hinweises auf sämtliche der oben abgebildeten Ärzte zweifelhaft. Die Gestaltung als Werbeanzeige ist damit nicht hinreichend deutlich gemacht und leicht zu übersehen, so dass von einer nicht ausreichenden Kennzeichnung und einem verdeckten Werbevorteil auszugehen ist. Zwar betrifft die vom Kläger vorgelegte Anlage den Suchbegriff „Fettabsaugung“ und damit keinen Begriff aus dem Fachgebiet des Klägers. Allerdings steht nach dem Vorbingen der Parteien nicht im Streit, dass die angegriffene Werbemöglichkeit auch für andere Suchbegriffe (etwa im Bereich der Orthopädie) eröffnet ist, so dass auch eine erhebliche Beeinträchtigung des Klägers anzunehmen ist.

ii) Kein Unterlassungsanspruch des Klägers besteht im Hinblick auf die nur zahlenden Kunden eingeräumte Möglichkeit, auf der j…-Startseite mit einer positiven Bewertung angezeigt zu werden (Klageantrag Ziffer II. 19, Anlage K 19). Ein verdeckter Werbevorteil ist angesichts des offensichtlichen Werbecharakters – bei Aufruf der Startseite des Bewertungsportals noch vor einer konkreten Arztsuche und unabhängig von einer Konkurrenzsituation – nicht anzunehmen.

jj) Ebenso wenig bestehen Unterlassungsansprüche des Klägers hinsichtlich der Bereitstellung eines persönlichen Ansprechpartners und einer kostenlosen Hotline nur für zahlende Kunden (Klageanträge Ziffern II. 20 und 21). Diese Möglichkeiten betreffen lediglich die zulässige Ausgestaltung des Vertragsinnenverhältnisses zwischen der Beklagten und ihren zahlenden Kunden. Ein verdeckter Werbevorteil ist mit den verbesserten Kontaktaufnahmemöglichkeiten per se (noch) nicht verbunden.

5. Der Kläger kann außerdem Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe eines weiteren Betrages von 443,22 € verlangen. Zusammen mit dem erstinstanzlich bereits rechtskräftig zuerkannten Freistellungsanspruch in Höhe von 480,16 € ergibt sich damit die vom Kläger begehrte Freistellung in Höhe von insgesamt 923,38 €.

Der Kläger macht vorliegend aus einem Gegenstandswert von 50.000 € wegen hälftiger Anrechnung auf die Verfahrensgebühr lediglich Freistellung in Höhe von 923,38 € (0,65-Geschäftsgebühr zuzüglich Pauschale und Umsatzsteuer) geltend. Zwar ist der Gegenstandswert richtigerweise mit 46.000 € anzusetzen, da die vorgerichtliche Abmahnung (Anlage K 42) nur im Hinblick auf den Löschungsantrag (25.000 €) und 14 der insgesamt 21 Unterlassungsanträge (14 × 1.500 € = 21.000 €) berechtigt erfolgte. Mangels Gebührensprung bleibt es jedoch insoweit bei dem Betrag von insgesamt 923,38 €.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Nach dem gesonderten Streitwertbeschluss vom 19.01.2021, auf den Bezug genommen wird, ist von einem Streitwert in Höhe von 56.500 € für die erste Instanz und von 30.000 € für die Berufungsinstanz auszugehen. Für den Löschungsanspruch wurden dabei 25.000 € und für die insgesamt 21 Unterlassungsansprüche jeweils 1.500 € angesetzt. Die Kosten waren daher entsprechend dem Anteil des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens wie ausgesprochen zu quoteln.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO. Bei der Bemessung der Höhe der Sicherheitsleistung in der Hauptsache war im Rahmen eines möglichen Vollstreckungsschadens ein empfindliches Ordnungsgeld zuzüglich der Kosten des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen, so dass eine Sicherheitsleistung von 15.000 € angesetzt wurde. Hinsichtlich der Kosten findet § 709 Satz 2 ZPO Anwendung.

3. Der Senat lässt die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO zu, weil die Rechtssache sowohl grundsätzliche Bedeutung hat als auch die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert. Die streitentscheidende Frage, unter welchen Voraussetzungen der Betreiber einer Bewertungsplattform Daten eines Betroffenen ohne dessen Willen verarbeiten darf, stellt sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen und wird vom Senat in mehreren Punkten abweichend von der Auffassung des Oberlandesgerichts Köln (Urteile vom 14.11.2019 – 15 U 89/19 und 15 U 126/19) beantwortet. Ausgangspunkt ist jeweils die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.02.2018 (VI ZR 30/17), die sich nur mit einer speziellen Gestaltungsform des Bewertungsportals der Beklagten befasst, noch vor Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung ergangen ist und unterschiedlich ausgelegt wird.

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