EuGH zur Beurteilung des Umfangs der ernsthaften Benutzung einer Marke
Europäischer Gerichtshof
Urteil vom 12.07.2018
Az.: T -41/17
„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung einer Unionsbildmarke, die Koalas darstellt – Ältere nationale dreidimensionale Marke ‚KOALA-BÄREN Schöller lustige Gebäckfiguren‘ – Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 47 Abs. 2 und 3 der Verordnung [EU] 2017/1001) – Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke – Abänderungsbefugnis“
In der Rechtssache T‑41/17
Lotte Co. Ltd mit Sitz in Tokyo (Japan), Prozessbevollmächtigte: (…),
Klägerin,
gegen
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch (…) als Bevollmächtigte,
Beklagter,
andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:
Nestlé Unternehmungen Deutschland GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: (…), (…) und (…),
betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 28. Oktober 2016 (Sache R 0250/2016‑5) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Nestlé Schöller GmbH & Co. KG und Lotte
erlässt
DAS GERICHT (Neunte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten (…) sowie der Richter (…) (Berichterstatter) und (…),
Kanzler: (…), Verwaltungsrätin,
aufgrund der am 24. Januar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,
aufgrund der am 1. Juni 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,
aufgrund der am 29. Mai 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,
auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2018,
folgendes
Urteil
Sachverhalt
Am 1. August 2007 meldete die Klägerin, die Lotte Co. Ltd, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke [ABl. 2009, L 78, S. 1] in geänderter Fassung, ihrerseits ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Gemeinschaftsmarke an.
Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um folgendes Bildzeichen:
[Abbildung]
Die Marke wurde für folgende Waren der Klasse 30 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „Gebäck gefüllt mit Schokoladencreme; Kaugummi (nicht für medizinische Zwecke); Schokolade; Zuckerwaren; Gebäck; Kekse; Kräcker; Speiseeis; Konditoreiwaren und feine Backwaren“.
Die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 4/2008 vom 28. Januar 2008 veröffentlicht.
Am 23. April 2008 erhob die Nestlé Schöller GmbH & Co. KG, Rechtsvorgängerin der Streithelferin Nestlé Unternehmungen Deutschland GmbH, nach Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 46 der Verordnung 2017/1001) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren.
Der Widerspruch wurde u. a. auf die nachstehend wiedergegebene deutsche dreidimensionale farbige Marke Nr. 1123092, angemeldet am 30. Juli 1987, eingetragen am 8. Juni 1988 und verlängert am 1. August 2007 gestützt, die folgende Waren der Klasse 30 erfasst: „Speiseeis, speiseeishaltige Zubereitungen; feine Backwaren, Dauerbackwaren und Torten, auch in tiefgekühlter Form; Lebkuchen; Konditorwaren, Schokolade, Schokoladewaren, Zuckerwaren und Füllmassen für die vorgenannten Waren; Kakao, Honig; tiefgekühlte Fertigbackmassen“:
[Abbildung]
Auf Antrag der Klägerin forderte das EUIPO Nestlé Schöller mit Schreiben vom 13. März 2009 auf, die ernsthafte Benutzung der älteren Marken nachzuweisen.
Mit Schreiben vom 6. Mai 2009 kam Nestlé Schöller dem Antrag der Klägerin auf Erbringung des Benutzungsnachweises nach und legte verschiedene Beweise vor.
Mit Entscheidung vom 30. September 2010 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch statt.
Am 26. Oktober 2010 legte die Klägerin beim EUIPO gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung eine Beschwerde nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) ein.
Mit Entscheidung vom 3. September 2012 gab die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO der Beschwerde statt. Im Wesentlichen führte sie aus, dass Nestlé Schöller den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke nach Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 47 Abs. 2 und 3 der Verordnung 2017/1001) nicht erbracht habe.
Die Streithelferin erhob Klage gegen die Entscheidung vom 3. September 2012, der das Gericht mit Urteil vom 15. September 2015, Nestlé Unternehmungen Deutschland/HABM – Lotte (Darstellung eines Koalas) (T‑483/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:635, im Folgenden: Aufhebungsurteil), stattgab. Hinsichtlich der Beurteilung der Nachweise zur ernsthaften Benutzung der älteren Marke durch die Beschwerdekammer stellte das Gericht fest, dass diese zu Unrecht angenommen hatte, dass zum einen die Abbildungen aus den mit „2003“ und „2005“ gekennzeichneten Produktkatalogen, die in Anlage 3 zum Schreiben vom 3. Juni 2014 insbesondere als „2A“, „5A“ und „5B“ identifiziert sind, in der Wahrnehmung des Publikums einen unterscheidungskräftigen Gesamteindruck erzeugten, der von dem der älteren Marke abweiche (Rn. 81 und 90), und dass zum anderen die Beweise, die für die mit „2A“ und „5A“ in besagtem Schreiben identifizierten Waren vorgelegt wurden, also u. a. die Rechnungen für die Jahre 2003 und 2005, den Umfang der ernsthaften Benutzung der älteren Marke nicht belegen könnten (Rn. 109). Das Gericht hat nämlich festgestellt, dass es, entgegen der Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, möglich sei, eine Verbindung zwischen der Abbildung der Waren auf den Auszügen aus den mit „2003“ und „2005“ gekennzeichneten Katalogen einerseits und den Preislisten und den Rechnungen für diese Jahre andererseits herzustellen (Rn. 103). Es war insoweit der Auffassung, dass die Streithelferin konkrete und objektive Umstände mitgeteilt habe, die es ermöglichten, den Umfang der Benutzung der mit „2A“ und „5A“ identifizierten Waren zu beurteilen (Rn. 105 und 107).
Mit Schriftsatz vom 11. November 2015 legte die Klägerin Rechtsmittel gegen das Aufhebungsurteil ein.
Mit Beschluss vom 7. September 2016, Lotte/EUIPO (C‑586/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:642), wies der Gerichtshof das Rechtsmittel zurück.
Das Verfahren wurde an die Fünfte Beschwerdekammer des EUIPO zurückverwiesen, die mit Entscheidung vom 28. Oktober 2016 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) die Entscheidung der Widerspruchsabteilung vom 30. September 2010 aufhob und dem Widerspruch für die von der Anmeldung erfassten Waren der Klasse 30 stattgab, mit Ausnahme von „Kaugummi (nicht für medizinische Zwecke)“, für das sie den Widerspruch zurückwies. Erstens gab die Beschwerdekammer in den Rn. 16 bis 18 der angefochtenen Entscheidung an, dass sie angesichts der Entscheidung des Gerichts „über die Beurteilung der Nachweise für die Benutzung der älteren Marke“, wonach die beigebrachten Nachweise die Benutzung der älteren Marke in einer ihre Unterscheidungskraft nicht beeinflussenden Form belegt hätten, nach Art. 65 Abs. 6 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 72 Abs. 6 der Verordnung 2017/1001) nicht mehr befugt sei, diese Schlussfolgerungen abzuändern, sondern dass sie aufgrund des Aufhebungsurteils vielmehr untersuchen müsse, ob die übrigen Voraussetzungen für die Annahme einer ernsthaften Benutzung, nämlich die Voraussetzungen hinsichtlich des Umfangs der Benutzung, erfüllt seien. Die Beschwerdekammer führte hierzu in Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung aus, dass die Anzahl der in Rede stehenden verkauften Produkte genüge, um eine ernsthafte Benutzung der älteren Marke in Deutschland zu belegen. Sie bestätigte insoweit die Entscheidung der Widerspruchsabteilung, wonach die ältere Marke nur für „Kekse“ der Klasse 30 benutzt worden sei, bei denen es sich um eine selbständige Untergruppe für bestimmte von dieser Marke erfasste Waren handele. Zweitens stellte die Beschwerdekammer fest, dass in Bezug auf die von den einander gegenüberstehenden Zeichen erfassten identischen oder ähnlichen Waren Verwechslungsgefahr bestehe.
Anträge der Parteien
Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
– den Widerspruch in vollem Umfang zurückzuweisen;
– dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.
Das EUIPO beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Die Streithelferin beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten einschließlich der Kosten aufzuerlegen, die der Streithelferin im erneuten Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO entstanden sind;
– für den Fall, dass der Klage stattgegeben wird, dem EUIPO die Kosten der Streithelferin einschließlich der ihr im erneuten Verfahren vor der Beschwerdekammer entstandenen Kosten aufzuerlegen.
Zulässigkeit
Zur Zulässigkeit des ersten und des zweiten Antrags der Klägerin
Das EUIPO trägt vor, die angefochtene Entscheidung sei dahin zu verstehen, dass der Beschwerde der Klägerin zum Teil, nämlich für „Kaugummi (nicht zum medizinischen Gebrauch)“ der Klasse 30, stattgegeben worden sei. Daraus folge, dass der erste und der zweite Antrag der Klägerin, mit denen die „[Aufhebung der] angefochtene[n] Entscheidung“ und die Zurückweisung des Widerspruchs „in vollem Umfang“ verfolgt werde, teilweise unzulässig seien.
Die Klägerin hat jedoch in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass ihre Anträge nicht auf die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung abzielten, soweit mit dieser der Widerspruch gegen die angemeldete Marke für „Kaugummi (nicht für medizinische Zwecke)“ der Klasse 30 zurückgewiesen wurde, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist. Der Gegenstand der vorliegenden Klage beschränkt sich also auf diejenigen Teile der angefochtenen Entscheidung, mit denen die Beschwerdekammer dem Widerspruch stattgegeben hat.
Zur Zulässigkeit der von der Klägerin erstmals vor dem Gericht vorgelegten Beweise
Die Klägerin legt, um ihr Vorbringen zu untermauern, als Anlagen C.6 bis C.8 zur Klageschrift Auszüge von Internetseiten vor.
Hierzu ist von Amts wegen festzustellen, dass es im Hinblick auf den Gegenstand der Klage nach Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 72 der Verordnung 2017/1001) nicht Aufgabe des Gerichts ist, im Rahmen einer solchen Klage im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen den Sachverhalt zu überprüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, EU:T:2005:420, Rn. 19).
Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, wurden die oben in Rn. 21 genannten Unterlagen, also die Anlagen C.6 bis C.8 zur Klageschrift, im vorliegenden Fall erstmals im Rahmen des vorliegenden Verfahrens vor dem Gericht vorgelegt, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist.
Daher sind diese Beweise als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass ihre Beweiskraft geprüft zu werden braucht.
Begründetheit
Die Klägerin trägt zwei Klagegründe vor, nämlich erstens einen Verstoß gegen Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001).
Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009
Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer habe die Benutzungsnachweise fehlerhaft beurteilt. Zum einen bestreitet sie das Vorliegen einer ernsthaften Benutzung der älteren Marke und zum anderen, falls eine solche Benutzung angenommen werde, deren Umfang.
Aus dem zehnten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt 24. Erwägungsgrund der Verordnung 2017/1001) geht hervor, dass der Verordnungsgeber den Schutz einer älteren Marke nur insoweit für berechtigt hielt, als sie tatsächlich benutzt wird. Im Einklang mit diesem Erwägungsgrund kann der Anmelder einer Unionsmarke nach Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung den Nachweis verlangen, dass die ältere Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Anmeldung, gegen die sich der Widerspruch richtet, in ihrem Schutzgebiet ernsthaft benutzt worden ist. Gemäß Regel 22 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. 1995, L 303, S. 1) (jetzt Art. 10 Abs. 4 der Delegierten Verordnung [EU] 2017/1430 der Kommission vom 18. Mai 2017 zur Ergänzung der Verordnung Nr. 207/2009 [ABl. 2017, L 205, S. 1]), muss sich der Nachweis der Benutzung auf Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der älteren Marke beziehen.
In der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die beiden Darstellungen der bestätigten Benutzung der Verpackung, die vom Gericht angenommen worden seien, in den Katalogen von 2003 und 2005 enthalten waren (Rn. 27). Die Beschwerdekammer hat daraus den Schluss gezogen, dass es, da die Widerspruchsführerin die Benutzung der Ware in einer ihre Unterscheidungskraft nicht beeinflussenden Form nur durch die genannten Kataloge belegt habe, in denen die Waren (Verbrauchsgegenstände) mit der Bezeichnung „Koala Schoko“ und der Artikelnummer 1460 enthalten seien, für die Würdigung des Umfangs der Benutzung ausreiche, die Rechnungen für die Jahre 2003 und 2005 zu prüfen, auf denen diese Artikelnummer gelistet sei (Rn. 28 und 29 der angefochtenen Entscheidung). Insoweit hat die Beschwerdekammer in Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich des Umfangs der Benutzung auch festgestellt, dass die Kataloge von 2003 und 2005 die Waren „Ko[a]la Schoko“ mit der Artikelnummer 1460 enthielten. In Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung hat sie dann auf die Rechtsprechung hingewiesen, wonach der erzielte Umsatz und die Zahl der unter der älteren Marke verkauften Waren nicht absolut beurteilt werden können, sondern im Zusammenhang mit anderen relevanten Faktoren wie dem Umfang der Geschäftstätigkeit, den Produktions- oder Vertriebskapazitäten oder dem Grad der Diversifizierung des Unternehmens, das die Marke verwertet, sowie den charakteristischen Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen auf dem betreffenden Markt gesehen werden müssen. Daher braucht die Benutzung der älteren Marke nicht immer umfangreich zu sein, um als ernsthaft eingestuft zu werden (Urteile vom 8. Juli 2004, MFE Marienfelde/HABM – Vétoquinol [HIPOVITON], T‑334/01, EU:T:2004:223, Rn. 36, und vom 8. Juli 2004, Sunrider/HABM – Espadafor Caba [VITAFRUIT], T‑203/02, EU:T:2004:225, Rn. 42). Am Ende von Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung führt die Beschwerdekammer aus, dass sie angesichts des Vermerks „vertraulich“ auf den entsprechenden Beweisen „lediglich bestätig[e], dass die Zahl der in Deutschland verkauften Waren ausreich[e], um eine ernsthafte Benutzung der älteren Marke zu belegen“.
Zum Vorliegen einer Benutzung
Die Klägerin macht geltend, dass entgegen der Auffassung der Beschwerdekammer die Waren „Koala Schoko“ mit der Artikelnummer 1460 nicht in den Katalogen aus den Jahren 2003 und 2005 aufgeführt seien. Daher könne nicht allein anhand der von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen nachgewiesen werden, dass die Waren mit der Artikelnummer 1460 in der Benutzungsform, die das Gericht seiner Prüfung zugrunde gelegt habe, vermarktet worden seien; diese sei auch auf den oben in Rn. 28 erwähnten Verpackungen erkennbar, die außerdem in Anlage 3 zum Schreiben vom 3. Juni 2014 unter den Identifikationsnummern 2A und 5A abgebildet seien.
Soweit die Klägerin jedoch mit ihrem Vortrag, die ältere Marke sei „nicht benutzt worden“, generell das Vorliegen einer Benutzung in Frage stellt, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung das EUIPO im Rahmen einer Klage beim Unionsrichter gegen die Entscheidung einer seiner Beschwerdekammern gemäß Art. 65 Abs. 6 der Verordnung Nr. 207/2009 die Maßnahmen zu ergreifen hat, die sich aus dem Urteil des Unionsrichters ergeben.
Das EUIPO hat also die Konsequenzen aus dem Tenor und den Gründen der Urteile des Unionsrichters zu ziehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, EU:T:2007:219, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Die Beschwerdekammer hat also, wenn sie darauf hinweist, dass die von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen die Benutzung der in den Katalogen von 2003 und 2005 abgebildeten Verpackungen belegen, lediglich die Konsequenzen aus den Gründen des Aufhebungsurteils gezogen.
Gemäß diesen Gründen hat das Gericht festgestellt, dass eine „Verbindung“ zwischen den mit den Identifikationsnummern 2A und 5A bezeichneten Waren, die in den Katalogen von 2003 und 2005 abgebildet sind, und den von der Klägerin in jener Rechtssache vorgelegten Preislisten und Rechnungen besteht, auf denen diese Ware unter der Artikelnummer 1460 gelistet ist.
Zum einen hat das Gericht in Bezug auf die Ware mit der Identifikationsnummer 2A in den Rn. 104 und 105 des Aufhebungsurteils festgestellt, dass die Abbildung des Produkts im Auszug aus dem mit „2003“ gekennzeichneten Produktkatalog den unter dem Wort „Koala“ angeordneten Wortbestandteil „Schoko“ enthielt, wobei sich diese Kombination auch bei der Ware mit der Artikelnummer 1460 als „KOALA SCHOKO 75 g (NÜ)“ auf den Rechnungen und als „KOALA SCHOKO“ auf den Preislisten wiederfand.
Zum anderen hat das Gericht in den Rn. 106 und 107 des Aufhebungsurteils in Bezug auf die Ware mit der Identifikationsnummer 5A wiederholt, dass die Abbildung der Ware im Auszug aus dem mit „2005“ gekennzeichneten Produktkatalog unter dem Wort „Koala“ den Wortbestandteil „Schoko“ enthielt, wobei sich diese Kombination für die Ware mit der Artikelnummer 1460 als „KOALA SCHOKO 75 g (NÜ)“ auch auf den Rechnungen wiederfand.
In Rn. 109 des Aufhebungsurteils hat das Gericht daraufhin festgestellt, dass „die Beweise, die für die mit ‚2A‘ und ‚5A‘ in Anlage 3 zum Schreiben vom 3. Juni 2014 identifizierten Waren vorgelegt wurden, den Umfang der ernsthaften Benutzung der in Rede stehenden älteren Marke nachzuweisen [vermochten]“.
Folglich hat das Gericht die Auffassung vertreten, dass diese Beweise zum Nachweis des Vorliegens einer ernsthaften Benutzung geeignet seien. Die Tatsache, dass die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung unzutreffend ausgeführt hat, dass in den Produktkatalogen von 2003 und 2005 die Artikelnummer 1460 erwähnt werde, ist dabei irrelevant.
Nach alledem ist nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdekammer dadurch einen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung beeinträchtigenden Fehler begangen hat, dass sie in Bezug auf die Beweise, die geeignet sind, die ernsthafte Benutzung der älteren Marke zu belegen, die Konsequenzen aus dem Aufhebungsurteil gezogen hat.
Zum Umfang der Benutzung
Zunächst ist auf die Rüge der Klägerin einzugehen, die Beschwerdekammer habe gegen ihre Begründungspflicht verstoßen, da sie sich unter dem Hinweis auf die Wahrung der Vertraulichkeit der ihr vorgelegten Beweise darauf beschränkt habe, sich auf Stückzahlen der verkauften Artikel zu beziehen, ohne zum Nachweis die entsprechenden Rechnungsnummern und ‑daten anzugeben.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Begründung auch implizit erfolgen kann, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe für die Entscheidung der Beschwerdekammer zu erfahren, und dem zuständigen Gericht ausreichende Angaben an die Hand gibt, damit es seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil vom 25. November 2014, Simba Toys/HABM – Seven Towns [Form eines Würfels mit Seiten mit einer Gitterstruktur], T‑450/09, EU:T:2014:983, Rn. 137 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Aus Rn. 44 der Klageschrift geht jedoch hervor, dass die Klägerin verstanden hatte, dass die Beschwerdekammer für die Beurteilung des Umfangs der Benutzung auf die Stückzahl der unter der älteren Marke verkauften Waren abgestellt hat und dass der Klägerin diese Verkaufsmengen bestens bekannt waren, da sie diese in Rn. 44 genau beziffert.
Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die Begründung der Beschwerdekammer es entsprechend der oben in Rn. 40 angeführten Rechtsprechung der Klägerin ermöglicht hat, die Gründe zu erfahren, aufgrund deren eine hinreichend ernsthafte Benutzung angenommen wurde, und dem Gericht erlaubt hat, seine Kontrollaufgabe wahrzunehmen.
Die auf einen Begründungsmangel gestützte Rüge ist daher zurückzuweisen.
Die Klägerin trägt vor, die sich aus den von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen ergebenden Verkaufszahlen reichten nicht aus, um eine ernsthafte Benutzung zu belegen. Zunächst macht sie geltend, dass für die Jahre 2003 und 2005 in Bezug auf die in Rede stehende Ware nur drei Rechnungen vorgelegt worden seien und sich die Verkaufszahlen auf lediglich 1 417 für das Jahr 2003 und auf 5 824 für das Jahr 2005 beliefen. Bei einer niedrigpreisigen Ware seien diese Verkaufszahlen praktisch bedeutungslos und könnten in der Süßwarenbranche nicht als gerechtfertigt angesehen werden. Auch im Hinblick auf die Größe des die Marke benutzenden Lizenznehmers, der Kuchenmeister GmbH, sei der Umfang der Benutzung verschwindend gering. Insoweit ergebe sich aus der Rechtsprechung des Gerichts, dass Rechnungen, die nur einem winzigen Teil des Umsatzes entsprächen, nicht für den Nachweis einer ernsthaften Benutzung ausreichten. Schließlich bezögen sich die Rechnungen nur auf einen äußerst kurzen Benutzungszeitraum, ja sogar auf eine punktuelle Zeitspanne, was für den Nachweis einer ernsthaften Benutzung nicht ausreiche.
Das EUIPO macht geltend, im vorliegenden Fall handele es sich um eine wiederholte Benutzung, die in fünf unterschiedlichen Monaten der Jahre 2003 und 2005 stattgefunden habe. Aus den der Klägerin bekannten Rechnungen gehe auch hervor, dass die Lieferungen der Waren an mehrere Kunden an verschiedenen Orten im Westen und Süden Deutschlands erfolgt seien. Daher sei der vorliegende Fall nicht mit den Sachverhalten vergleichbar, um die es in der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung gegangen sei.
Nach Auffassung der Streithelferin ist aus den Rechnungen ersichtlich, dass im Jahr 2004 weitere ca. 4 000 Koala-Produkte der Varianten „Schoko“ (Artikelnummer 1460) und „Milch“ (Artikelnummer 1461) verkauft wurden. Sie trägt vor, die Einwände der Klägerin „könn[t]en die Ausführungen des Gerichts zum Benutzungsumfang nicht widerlegen“; dieses habe in Rn. 109 des Aufhebungsurteils das Vorliegen des erforderlichen Benutzungsumfangs bejaht.
Nach der Rechtsprechung sind bezüglich der Prüfung des Umfangs der Benutzung einer älteren Marke insbesondere das Handelsvolumen aller Benutzungshandlungen sowie die Länge des Zeitraums, in dem Benutzungshandlungen erfolgt sind, und die Häufigkeit dieser Handlungen zu berücksichtigen (vgl. Aufhebungsurteil, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand einer umfassenden Beurteilung aller für den konkreten Fall relevanter Faktoren zu prüfen, d. h. anhand der Tatsachen und Umstände, die die tatsächliche geschäftliche Verwertung der Marke belegen können; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu halten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (Urteil vom 8. Juli 2004, VITAFRUIT, T‑203/02, EU:T:2004:225, Rn. 40).
Nach dem oben in Rn. 48 erwähnten Grundsatz der umfassenden Beurteilung aller relevanten Faktoren, die eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den berücksichtigten Faktoren impliziert, kann eine geringe Menge der unter der Marke vertriebenen Waren durch eine große Häufigkeit oder große zeitliche Konstanz der Benutzungshandlungen dieser Marke ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl. Aufhebungsurteil, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Wie die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat (vgl. oben, Rn. 28), können der erzielte Umsatz und die Zahl der unter der älteren Marke verkauften Waren nicht absolut beurteilt werden, sondern müssen im Zusammenhang mit anderen relevanten Faktoren wie dem Umfang der Geschäftstätigkeit, den Produktions- oder Vertriebskapazitäten oder dem Grad der Diversifizierung des Unternehmens, das die Marke verwertet, sowie den charakteristischen Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen auf dem betreffenden Markt gesehen werden. Daher braucht die Benutzung der älteren Marke nicht immer umfangreich zu sein, um als ernsthaft eingestuft zu werden (vgl. Aufhebungsurteil, Rn. 97 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Anhand der vorgelegten Beweise muss festgestellt werden können, ob die getätigten Verkäufe Benutzungshandlungen darstellen, die objektiv geeignet sind, für die fraglichen Waren einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern; dabei darf das Handelsvolumen dieser Waren gemessen an der Dauer und der Häufigkeit der Benutzung nicht so gering sein, dass daraus zu folgern wäre, dass es sich um eine rein symbolische, geringfügige oder fiktive Benutzung handelt, die allein der Erhaltung des Rechts an der Marke dient (Urteil vom 8. Juli 2004, VITAFRUIT, T‑203/02, EU:T:2004:225, Rn. 49).
Insoweit ist bei der Auslegung des Begriffs der ernsthaften Benutzung zu berücksichtigen, dass der Normzweck des Erfordernisses, dass die ältere Marke ernsthaft benutzt worden ist, um einer Unionsmarkenanmeldung entgegengehalten werden zu können, darin besteht, Konflikte zwischen zwei Marken zu begrenzen, soweit kein berechtigter wirtschaftlicher Grund vorliegt, der sich aus einer tatsächlichen Funktion der Marke auf dem Markt ergibt. Dagegen zielt diese Bestimmung weder auf eine Bewertung des kommerziellen Erfolgs noch auf eine Überprüfung der Geschäftsstrategie eines Unternehmens oder darauf ab, den Markenschutz nur umfangreichen Verwertungen von Marken vorzubehalten (Urteil vom 8. Juli 2004, VITAFRUIT, T‑203/02, EU:T:2004:225, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Streithelferin von einem fehlerhaften Verständnis des Aufhebungsurteils ausgeht, wenn sie behauptet, das Gericht habe in Rn. 109 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die von ihr nachgewiesene Benutzung der älteren Marke im erforderlichen Umfang erfolgt sei und die Beschwerdekammer daher den Benutzungsumfang nicht mehr habe prüfen müssen.
Das Gericht hat in Rn. 109 des Aufhebungsurteils nämlich festgestellt, dass „die [vorgelegten] Beweise, … den Umfang der ernsthaften Benutzung der in Rede stehenden älteren Marke nachzuweisen [vermochten]“. „[D]er Beurteilungsfehler der Beschwerdekammer in Zusammenhang mit den Nachweisen, die sich auf die mit ‚2A‘ und ‚5A‘ … identifizierten Waren beziehen, da die Beschwerdekammer weder den Umfang noch die Dauer der ernsthaften Benutzung der … älteren Marke in Anbetracht dieser Nachweise geprüft hat“, führe – so schließt das Gericht daraus in Rn. 110 des Aufhebungsurteils – dazu, dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben sei.
Somit hat das Gericht nicht zum Umfang der Benutzung Stellung genommen und sich darauf beschränkt, die Frage zur Beurteilung durch die Beschwerdekammer an diese zurückzuverweisen. Im Übrigen hätte das Gericht in Bezug auf diesen Aspekt auch nicht an die Stelle der Beschwerdekammer treten dürfen. Die dem Gericht nach Art. 65 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 72 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001) zustehende Abänderungsbefugnis bewirkt nämlich nicht, dass es dazu ermächtigt wäre, eine Frage zu beurteilen, zu der die Beschwerdekammer noch nicht Stellung genommen hat (Urteil vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, EU:C:2011:452, Rn. 72). Daher konnte das Gericht jedenfalls – anders als von der Streithelferin vorgetragen – nicht zum Umfang der Benutzung Stellung nehmen, da dieser Aspekt von der Beschwerdekammer in ihrer Entscheidung vom 3. September 2012 nicht geprüft worden war. Folglich war es Sache der Beschwerdekammer, die Konsequenzen aus den Gründen des Aufhebungsurteils zu ziehen und den Umfang der Benutzung der älteren Marke zu prüfen.
Zweitens ist in Bezug auf den Umfang der Benutzung zum einen festzustellen, dass es keine Anhaltspunkte für die Annahme gibt, dass die von der Streithelferin nachgewiesenen Verkaufszahlen für die betreffenden Artikel, die von der Beschwerdekammer für die Beurteilung der ernsthaften Benutzung der älteren Marke berücksichtigt wurden (Rn. 29 und 30 der angefochtenen Entscheidung), also eine Stückzahl von etwas mehr als 7 000 Artikeln, objektiv geeignet wären, im Sinne der oben in Rn. 51 angeführten Rechtsprechung „für die fraglichen Waren einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern“, und im Hinblick auf den Umfang der Geschäftstätigkeit sowie die Produktions- oder Vertriebskapazitäten des Lizenznehmers Kuchenmeister nicht nur rein „symbolisch“ sind.
Denn bei den in Rede stehenden Waren der Klasse 30 handelt es sich, wie auch aus Rn. 46 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, um an die breite Öffentlichkeit gerichtete, preisgünstige Massenkonsumgüter. Da der Markt für die betroffenen Waren von beachtlicher Größe ist, kann eine Verkaufsmenge von etwas mehr als 7 000 Kekspackungen nur als gering angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. März 2015, Naazneen Investments/HABM – Energy Brands [SMART WATER], T‑250/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:160, Rn. 35).
Zum anderen ergibt sich aus den von der Klägerin vorgelegten Rechnungen, dass sie im Jahr 2005 einen Umsatz von 3 709 Euro und im Jahr 2003 einen Umsatz von 862 Euro mit den Waren erzielt hat, die der anerkannten Benutzungsform der älteren Marke entsprechen, also mit den Kekspackungen „KOALA SCHOKO 75 g (NÜ)“. Der Leiter der Finanzabteilung von Kuchenmeister hat in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 30. April 2009 angegeben, dass sich die Umsätze, die mit den unter „der Marke KOALA“ verkauften Keksen erzielt wurden, auf mehrere Millionen Euro beliefen, nämlich auf 3 075 000 Euro für das Jahr 2003 und auf 3 390 000 für das Jahr 2005. Bei den Umsätzen, die mit den Kekspackungen erzielt wurden, für die die Benutzung der älteren Marke nachgewiesen ist, stellt „KOALA SCHOKO 75 g (NÜ)“ also höchstens 0,1 % der vom Lizenznehmer mit den unter der „Marke KOALA“ erzielten Umsätze dar. Dies ist im Verhältnis zu den gesamten Verkaufszahlen des Lizenznehmers in Bezug auf diese Marken ein verschwindend geringer Anteil und als solcher jedenfalls nur symbolisch.
Das EUIPO beruft sich insoweit, wenn es geltend macht, dass das Argument der Klägerin nicht überzeuge, wonach die in den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzzahlen im Verhältnis zu den in der eidesstattlichen Versicherung angegebenen zu gering seien, zu Unrecht auf den Umstand, dass das Urteil, auf das das Argument sich stütze (Urteil vom 15. September 2011, Centrotherm Systemtechnik/HABM – centrotherm Clean Solutions [CENTROTHERM], T‑434/09, EU:T:2011:481), aufgehoben worden sei. Denn diese Herangehensweise wurde vom Gericht in einer im Zusammenhang stehenden Rechtssache, der dieselbe streitige Entscheidung zugrunde lag (Urteil vom 15. September 2011, centrotherm Clean Solutions/HABM – Centrotherm Systemtechnik [CENTROTHERM], T‑427/09, EU:T:2011:480, Rn. 36 und 37), gebilligt und vom Gerichtshof im Urteil vom 26. September 2013, Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions (C‑610/11 P, EU:C:2013:593), nicht beanstandet. Auch das Urteil vom 8. Oktober 2014, Lidl Stiftung/HABM – A Colmeia do Minho (FAIRGLOBE) (T‑300/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:864, Rn. 76), folgte demselben Ansatz.
Im Übrigen ist das Vorbringen der Streithelferin, wonach im Jahr 2004 zusätzlich rund 4 000 „Koala“-Artikel der Sorten „Schoko“ (Artikelnummer 1460) und „Milch“ (Artikelnummer 1461) verkauft worden seien, als unerheblich zurückzuweisen. Es gibt nämlich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rechnungen aus dem Jahr 2004 der dem Aufhebungsurteil zugrunde gelegten Benutzungsform (Identifikationsnummern 2A und 5A) entsprechen, die nur in den Produktkatalogen der Jahre 2003 und 2005 abgebildet sind. Wie die Streithelferin einräumt, wurden von ihr für das Jahr 2004 weder ein Katalog noch eine Abbildung der Waren vorgelegt.
Drittens wird im vorliegenden Fall das geringe Verkaufsvolumen der unter der älteren Marke vertriebenen Waren nicht im Sinne der oben in Rn. 49 angeführten Rechtsprechung durch eine große Häufigkeit oder große zeitliche Konstanz der Benutzungshandlungen dieser Marke ausgeglichen. Denn das EUIPO macht zwar eine wiederholte Benutzung geltend, doch die sechs vorgelegten Rechnungen belegen nur sechs punktuelle Benutzungshandlungen in fünf Jahren, verteilt über einen Zeitraum von rund zehn Monaten (Januar 2003 bis März 2003 und Januar 2005 bis Juli 2005). Daher kann weder von einer großen Häufigkeit noch von einer gewissen zeitlichen Konstanz der Benutzungshandlungen dieser Marken ausgegangen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Oktober 2014, FAIRGLOBE, T‑300/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:864, Rn. 63). Der Umstand, dass die Rechnungen Verkäufe in drei Regionen Deutschlands belegen, reicht als solcher nicht aus, um das geringe Umsatzvolumen und die punktuellen Benutzungshandlungen auszugleichen, zumal alle für das Jahr 2005 vorgelegten Rechnungen den Vertrieb in Nordrhein-Westfalen betreffen und zwei der drei für das Jahr 2003 vorgelegten Rechnungen sich ausschließlich auf Bayern beziehen.
In diesem Zusammenhang kann im Hinblick auf die Bedeutung von Kuchenmeister, wie sie sich aus den Umsätzen ergibt, die allein durch den Verkauf der unter der „Marke KOALA“ vertriebenen Kekse erzielt wurden, die durch die von der Streithelferin vorgelegten Beweise belegte Benutzung der älteren Marke nicht als ernsthafte Benutzung mit dem Ziel, Marktanteile zu halten oder hinzuzugewinnen, angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2016, Sovena Portugal – Consumer Goods/EUIPO – Mueloliva [FONTOLIVA], T‑24/16, EU:T:2016:726, Rn. 44).
Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die von der Streithelferin dargetane Benutzung nicht als ernsthaft im Sinne von Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 anzusehen ist; also ist dem ersten Klagegrund stattzugeben.
Im Hinblick auf die vorstehenden Erwägungen ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit sie dem Widerspruch für „Gebäck gefüllt mit Schokoladencreme; Schokolade; Zuckerwaren; Gebäck; Kekse; Kräcker; Speiseeis; Konditoreiwaren und feine Backwaren“ der Klasse 30 stattgibt, ohne dass der auf das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gestützte zweite Klagegrund geprüft zu werden braucht. Denn nach Art. 42 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 wird der Widerspruch zurückgewiesen, wenn der Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke nicht erbracht werden kann.
Was im Übrigen den Antrag der Klägerin auf Zurückweisung des Widerspruchs und damit auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung durch das Gericht angeht, bewirkt die dem Gericht gemäß Art. 65 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 zustehende Abänderungsbefugnis zwar nicht, dass es dazu ermächtigt wäre, eine Frage zu beurteilen, zu der die Beschwerdekammer noch nicht Stellung genommen hat. Diese Befugnis kann aber in Situationen ausgeübt werden, in denen das Gericht nach Überprüfung einer von der Beschwerdekammer vorgenommenen Beurteilung auf der Grundlage der erwiesenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände die Entscheidung zu finden vermag, die die Beschwerdekammer hätte erlassen müssen (Urteil vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, EU:C:2011:452, Rn. 72).
Im vorliegenden Fall hatte die Streithelferin vor der Widerspruchsabteilung und der Beschwerdekammer bereits ausreichend Gelegenheit, Beweise für die ernsthafte Benutzung der älteren Marke innerhalb des relevanten Zeitraums vorzulegen, die Beschwerdekammer hat sich insoweit geäußert, und der Nachweis einer solchen Benutzung, die die Zurückweisung des Widerspruchs ermöglicht hätte, ist nicht erbracht worden. Das Gericht beschließt daher, die angefochtene Entscheidung nach Art. 65 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 abzuändern und den Widerspruch zurückzuweisen, soweit er „Gebäck gefüllt mit Schokoladencreme; Schokolade; Zuckerwaren; Gebäck; Kekse; Kräcker; Speiseeis; Konditoreiwaren und feine Backwaren“ der Klasse 30 betrifft.
Kosten
Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
Da das EUIPO unterlegen ist, sind ihm entsprechend dem Antrag der Klägerin seine eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.
Da die Streithelferin unterlegen ist, hat sie ihre eigenen Kosten zu tragen. Insoweit ist festzustellen, dass der Antrag der Streithelferin, ihre Kosten einschließlich der ihr im erneuten Verfahren vor der Beschwerdekammer entstandenen Kosten für den Fall, dass der Klage stattgegeben wird, dem EUIPO aufzuerlegen, nicht auf die Art. 134 und 190 der Verfahrensordnung gestützt werden kann.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Neunte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 28. Oktober 2016 (Sache R 250/2016‑5) wird aufgehoben, soweit die Beschwerdekammer darin dem Widerspruch für „Gebäck gefüllt mit Schokoladencreme; Schokolade; Zuckerwaren; Gebäck; Kekse; Kräcker; Speiseeis; Konditoreiwaren und feine Backwaren“ der Klasse 30 stattgegeben hat.
2. Der Widerspruch der Nestlé Schöller GmbH & Co. KG, Rechtsvorgängerin der Nestlé Unternehmungen Deutschland GmbH, wird für „Gebäck gefüllt mit Schokoladencreme; Schokolade; Zuckerwaren; Gebäck; Kekse; Kräcker; Speiseeis; Konditoreiwaren und feine Backwaren“ der Klasse 30 zurückgewiesen.
3. Das EUIPO trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten, die der Lotte Co. Ltd für das Verfahren vor dem Gericht entstanden sind.
4. Nestlé Unternehmungen Deutschland trägt ihre eigenen Kosten.