Facebook-Kommentare können den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen

15. Dezember 2017
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Icon einer Sprechblase Beschluss des OLG Hamm vom 07.09.2017, Az.: 4 RVs 13/17

Angeklagt war ein Berufssoldat, der unter seinem Facebook-Profil Kommentare postete, in welchen er Flüchtlinge als „Gesochse“, „Affen“, „Ungeziefer“ und „kriminelles Pack“ bezeichnete. Hierdurch wurde der Tatbestand der Volksverhetzung verwirklicht, urteilten das Amtsgericht und Landgericht Detmold. Die Revision wurde nun als unbegründet verworfen. Während die Vorinstanzen noch festhielten, dass der Angeklagte durch die Posts seine Missachtung öffentlich kundgegeben hat, stellte das OLG Hamm fest, dass eine öffentliche Äußerung für die Verwirklichung des Tatbestands nicht unbedingt notwendig sei. Insoweit genüge eine Tathandlung, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Da sich die getätigten Aussagen auch auf die hier bereits lebenden Flüchtlinge bezieht, sei dies der Fall.

Oberlandesgericht Hamm

Pressemitteilung zum Beschluss vom 07.09.2017

Az.: 4 RVs 103/17

 

Volksverhetzung durch Facebook-Kommentare

Wer durch im Internet öffentlich abrufbare Kommentare auf der Facebook-Seite „www.facebook.com/112-magazin.de“ kriminelle Ausländer und Flüchtlinge als „Gesochse“, „Affen“, „Ungeziefer“ und kriminelles „Pack“ beschimpft, kann wegen Volksverhetzung – § 130 Abs. 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB) – zu bestrafen sein. Ausgehend hiervon hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschluss vom 07.09.2017 (Az. 4 RVs 103/17 OLG Hamm) das Berufungsurteil des Landgerichts Detmold vom 27.04.2017 (Az. 25 Ns 110/16 LG Detmold) bestätigt.

Im Januar 2016 schrieb der seinerzeit 33 Jahre alte, noch als Berufssoldat bei der Bundeswehr beschäftigte Angeklagte aus dem Kreis Höxter auf der Facebook-Seite „www.facebook.com/112-magazin.de“ mehrere öffentlich abrufbare Kommentare.

Zu einem Artikel über einen in einem Zugabteil straffällig gewordenen Flüchtling hinterließ der Angeklagte u.a. folgende Kommentare:
„Grenzen sofort schließen alle illegalen Einwanderer oder die so genannten Flüchtlinge sofort abschieben. Das Geld was aufeinander für die Affen da ist sollte lieber unseren eigenen obdachlosen oder Rentnern zugute kommen das War nie Geld für da aber auf einmal können wir die alle durchfüttern? Der große knall Wird kommen und das sehr bald.“

Wenige Minuten später fügte er ein Bild eines Transall-Flugzeuges ein und schrieb:
„Deutschland will Transall-Maschinen der Bundeswehr einsetzen, um abgelehnte Asylbewerber schneller abzuschieben. In der CSU streitet man noch, aus welcher Höhe der Abwurf erfolgen soll.“

Den wenige Tage später veröffentlichten Artikel über einen arabischen Ladendieb, der von Zeugen gestellt wurde und die Beute zurückließ, kommentierte der Angeklagte wie folgt:
„Irgendwann wird auch das kriminelle Regierungspack merken dass die Integration für dieses gesochse voll in die Hose gegangen ist und dieses Ungeziefer nur unsere Geld haben will. Denn wenn die wirklich Hilfe brauchen würden sieht Dankbarkeit meiner Meinung aber ganz anders aus.“

Wenige Minuten später schrieb der Angeklagte:
„Wieder ein so genannter bedauerlicher Einzelfall hahahahahahahaha Abschieben dieses Pack.“
Als der Angeklagte die Kommentare veröffentlichte, verfügte er über ein öffentlich zugängliches Facebook-Profil, in dem er zu seiner Person mitteilte, bei der Bundeswehr zu arbeiten.

Am 26.10.2016 verurteilte das Amtsgericht Detmold (Az. 2 Cs 670/16 AG Detmold) den – zu dieser Zeit bereits aus der Bundeswehr ausgeschiedenen – Angeklagten wegen der vorgenannten Kommentare zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 25 Euro (3.750 Euro).

Auf die Berufung des Angeklagten bestätigte die zuständige 2. kleine Strafkammer des Landgerichts Detmold die erstinstanzliche Verurteilung.
Dabei wies das Berufungsgericht darauf hin, dass die vom Angeklagten abgegebenen Kommentare den Tatbestand der Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllten. Der Angeklagte habe die Menschenwürde anderer dadurch angegriffen, dass er kriminelle Ausländer und Flüchtlinge beschimpft und böswillig verächtlich gemacht habe. Mit deren Bezeichnung als „Gesochse“, „Affen“, „Ungeziefer“ und kriminelles „Pack“ habe er seine Missachtung öffentlich kundgegeben. Durch seine Kommentare habe der Angeklagte sowohl die in den Artikeln angesprochenen Ausländer und außerdem die Gesamtheit der kriminellen Ausländer und Flüchtlinge als verachtenswert, minderwertig und unwürdig dargestellt und somit verächtlich gemacht. Dieses Vorgehen sei geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, da der Angeklagte in seinem Facebook-Profil selbst angegeben habe, bei der Bundeswehr beschäftigt zu sein. Es handele sich daher nicht um die Äußerung einer Privatperson, sondern um die eines Berufssoldaten, bei dem die Allgemeinheit davon ausgehe, dass er die verfassungsmäßigen Rechte auch von Ausländern schützte.

Die Revision des Angeklagten gegen das Berufungsurteil hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschluss vom 07.09.2017 als unbegründet verworfen. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung des Angeklagten habe, so der Senat, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Entgegen der Rechtsauffassung der Verteidigung setze der Tatbestand der Volksverhetzung keine öffentliche Äußerung voraus. Es genüge eine Tathandlung, die zur öffentlichen Friedensstörung geeignet sei. Die Tat des Angeklagten richte sich auch gegen Teile der Bevölkerung. Dieser Begriff umfasse alle Personenmehrheiten, die aufgrund gemeinsamer äußerer oder innerer Merkmale als unterscheidbarer Teil von der Gesamtheit der Bevölkerung abgrenzbar seien. Hierzu zählten auch die im Bundesgebiet lebenden Flüchtlinge.
Rechtskräftiger Beschluss des 4. Strafsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 07.09.2017 (Az. 4 RVs 103/17 OLG Hamm).

Hinweis der Pressestelle:

  • 130 Abs. 1 Strafgesetzbuch – Volksverhetzung – lautet wie folgt:

Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

  1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkümaßnahmen auffordert oder
  2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
    wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

 

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