Irreführung des Verbrauchers durch die Bezeichnung eines Bieres als „Chiemseer“?

30. April 2019
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Bierkiste mit Flaschen Urteil des LG Düsseldorf vom 05.12.2018, Az: 38 O 152-16

Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass eine Brauerei keinen Anspruch gegen einen Konkurrenten auf Unterlassung des Vertreibens eines Bieres mit dem Namen „Chiemseer“ hat. Die Beklagte berief sich auf die Irreführung des Verbrauchers, da das Bier in Rosenheim und nicht am Chiemsee gebraut wird. Laut Gericht ist jedoch nicht der durch die Produktbezeichnung hervorgerufene Eindruck, sondern der Gesamteindruck maßgeblich. In diesem Fall liegt demnach insbesondere nach Änderung der Etikettengestaltung aufgrund eines Urteils des OLG München keine Irreführung vor.

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 05.12.2018

Az: 38 O 152-16

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass dem Beklagten gegenüber der Klägerin nicht der Anspruch zusteht, es zu unterlassen, Bier in der Aufmachung wie in den im Anschluss an die Entscheidungsgründe eingefügten Abbildungen 1 bis 6 dargestellt anzubieten, zu vertreiben oder in den Verkehr zu bringen, nämlich

1. das Bier „Chiemseer Hell“ 0,5l in der Aufmachung bestehend aus den in den Abbildungen 1 und 2 dargestellten Etiketten (Etiketten am Flaschenhals und auf der Flaschenvorderseite sowie Etikett auf der Flaschenrückseite),

2. das Bier „Chiemseer Braustoff“ 0,5l in der Aufmachung bestehend aus den in den Abbildungen 3 und 4 dargestellten Etiketten (Etiketten am Flaschenhals und auf der Flaschenvorderseite sowie Etikett auf der Flaschenrückseite) und

3. das Bier „Chiemseer Hell“ 0,33l in der Aufmachung bestehend aus den in den Abbildungen 5 und 6 dargestellten Etiketten (Etiketten am Flaschenhals und auf der Flaschenvorderseite sowie Etikett auf der Flaschenrückseite),

und zwar jeweils sowohl wenn sich das vorstehend genannte Bier in Bierkästen gemäß Abbildung 7 befindet als auch ohne Berücksichtigung des Bierkastens.

Die weitergehende Klage und die Widerklage werden abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 250.000 und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin braut in D am Inn zwei Sorten Bier (ein bayerisches Helles und ein als Exportbier deklariertes Märzenbier mit einem erhöhten Gehalt an Stammwürze und Alkohol), die sie unter den Bezeichnungen „Chiemseer Hell“ und „Chiemseer Braustoff“ bundesweit vertreibt. In einem von dem Beklagten gegen sie vor dem Landgericht München I und dem Oberlandesgericht München geführten Prozess wurde die Klägerin in zweiter Instanz mit Urteil vom 17. März 2016 – 29 U #####/#### unter anderem verurteilt, es „zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Bier unter der Bezeichnung Chiemseer, wie [in dem gerade bezeichneten Urteil des Oberlandesgerichts München (Anlage LSG 12; das Urteil ist veröffentlicht in GRUR-RR 2016, 272)] abgebildet, anzubieten, zu vertreiben, oder sonst in den Verkehr zu bringen, sofern das Bier in D gebraut wird“. Gestützt ist das aus §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 S. 1 MarkenG in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG hergeleitete Verbot auf die Erwägung, die Bezeichnung „Chiemseer“ stelle eine geografische Herkunftsangabe dar, die irreführe, weil das Bier nicht in einer am Chiemsee, sondern in einer in D westlich des Inns – und damit nicht nur nicht am Chiemsee, sondern sogar außerhalb des Chiemgaus – gelegenen Brauerei gebraut werde und eine hinreichende entlokalisierende Aufklärung nicht stattfinde.

Kurz darauf stellte die Klägerin dem Beklagten die von ihr geplante Änderung der Aufmachung für den Vertrieb ihres Bieres vor. Hiergegen äußerte der Beklagte grundsätzliche Bedenken (als Anlage LSG 17 vorgelegte Email vom 26. April 2016). Gleichwohl liefert die Klägerin nach Ende eines von dem Beklagten bis Ende April 2016 ausgesprochenen Vollstreckungsverzichts ihr Bier nunmehr (ausschließlich) in der neuen Aufmachung aus. Ein unter anderem darauf gestützter, von dem Beklagten im Juni 2016 gestellter und später ergänzter Ordnungsgeldantrag wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 25. September 2017 – 29 W 908/17 (Anlage LSG 34) insoweit zurückgewiesen.

Anfang Juni 2016 bemerkte die Beklagte, dass vier Abnehmer der Klägerin in ihrer Werbung Bilder verwandten, die „Chiemseer“ in der von dem Oberlandesgericht München für unzulässig gehaltenen Aufmachung zeigten. Mit Schreiben vom 9. und 10. Juni 2016 mahnte der Beklagte jeweils unter Beifügung des Entwurfes einer strafbewehrten Unterlassungserklärung diese Abnehmer ab und forderte sie auf, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Internet bzw. in Prospekten oder sonst werblich Bier mit Etiketten, Kronkorken, Bierkästen oder sonstigen Werbemitteln zu vertreiben, deren Wettbewerbswidrigkeit rechtskräftig gerichtlich festgestellt ist. Wegen der Einzelheiten dieser Schreiben wird auf die als Anlagen LSG 23 bis 26 und B12 vorgelegten Ablichtungen Bezug genommen. Wegen drei dieser Abmahnungen erwirkte die Klägerin nach zuvor unter dem 30. Juni 2016 ausgesprochener anwaltlicher Abmahnung (Anlage LSG 27) eine einstweilige Verfügung des von ihr in diesem Rechtsstreit mit dem Antrag zu V verfolgten Inhalts, die mit am 27. April 2017 verkündeten Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf – 20 U 1/17 – bestätigt wurde.

Nachdem der Beklagte im Verlaufe des Rechtsstreits erklärt hat, außer den vier der Klägerin bekannten Abnehmern keine weiteren Abnehmer abgemahnt zu haben, erklärt die Klägerin ihren ursprünglichen, auf Verurteilung des Beklagten zur diesbezüglichen Auskunftserteilung gerichteten Antrag zu III für erledigt. Sie beantragt nunmehr,

I. wie geschehen zu entscheiden;

II. festzustellen, dass der Beklagte ihr jeden Schaden zu ersetzen hat, der ihr dadurch entstanden ist, dass der Beklagte ihre Abnehmer, die ihr Bier „Chiemseer“ vertreiben, abgemahnt und die folgende Unterlassungserklärung gefordert hat:

„es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Internet oder sonst werblich Bier mit Etiketten, Kronkorken, Bierkästen oder sonstigen Werbemitteln zu vertreiben, deren Wettbewerbswidrigkeit rechtskräftig gerichtlich festgestellt ist“

und/oder

„es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Prospekten oder sonst werblich Bier mit Etiketten, Kronkorken, Bierkästen oder sonstigen Werbemitteln zu vertreiben, deren Wettbewerbswidrigkeit rechtskräftig gerichtlich festgestellt ist, insbesondere das Bier „Chiemseer Hell“

wie geschehen in den Abmahnschreiben vom 9. Juni 2016 an die Firma l H2, N, 85774 Unterföhring sowie an die Firma C H2, C-Straße n-q, 10553 Berlin, und vom 10. Juni 2016 an die Firma real,- T H2, I 51, 41065 Mönchengladbach, gemäß Anlagen LSG 23 bis 25;

III. […]

IV. den Beklagten zu verurteilen, an sie Abmahnkosten in Höhe von € 3.399,50 (1,5 Geschäftsgebühr aus dem Gegenstandswert € 250.000 zuzüglich € 20 Auslagenpauschale) zu zahlen;

V. den Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, Abnehmer der Klägerin, die ihr Bier „Chiemseer“ vertreiben, wegen des Vertriebs dieses Bieres abzumahnen und die folgende Unterlassungserklärung zu fordern:

„es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Internet oder sonst werblich Bier mit Etiketten, Kronkorken, Bierkästen oder sonstigen Werbemitteln zu vertreiben, deren Wettbewerbswidrigkeit rechtskräftig gerichtlich festgestellt ist, insbesondere das Bier „Chiemseer Hell“

und/oder

„es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Prospekten oder sonst werblich Bier mit Etiketten, Kronkorken, Bierkästen oder sonstigen Werbemitteln zu vertreiben, deren Wettbewerbswidrigkeit rechtskräftig gerichtlich festgestellt ist, insbesondere das Bier „Chiemseer Hell“

wie geschehen in den Abmahnschreiben vom 9. Juni 2016 an die Firma l H2, N, 85774 Unterföhring sowie an die Firma C H2, C-Straße n-q, 10553 Berlin, und vom 10. Juni 2016 an die Firma real,- T H2, I 51, 41065 Mönchengladbach, gemäß Anlagen LSG 23 bis 25.

Der Beklagte schließt sich der Teilerledigungserklärung an und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend – und zwar in erster Linie gestützt auf Wettbewerbsrecht und hilfsweise auf kennzeichenrechtliche Ansprüche wegen unbefugter Nutzung geografischer Herkunftsangaben – beantragt der Beklagte,

die Klägerin unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, wie aus Abbildung 8 ersichtlich zu handeln.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

A. (zur Klage)

I.

Die Klage ist zulässig.

1. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf ist für alle mit der Klage verfolgten Ansprüche jedenfalls aus § 39 S. 1 ZPO begründet. Der Beklagte hat ohne die Zuständigkeit des Gerichts zu rügen zur Hauptsache verhandelt und ein Fall des § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO, in dem gemäß § 40 Abs. 2 S. 2 ZPO die Zuständigkeit durch rügelose Einlassung nicht begründet werden kann, liegt nicht vor.

§ 14 Abs. 1 S. 1 UWG bestimmt zwar – was sich aus der Formulierung „außerdem nur“ in § 14 Abs. 2 S. 1 UWG ergibt – für Klagen von Verbänden gegen im Inland ansässige Unternehmer einen ausschließlichen Gerichtsstand. Selbst wenn man diese, den Schutz der Unternehmer bezweckende Vorschrift auf negative Feststellungsklagen des Unternehmers gegen einen Verband anwenden wollte, greift sie doch hier im Ergebnis nicht ein, weil die Klägerin Ansprüche des Beklagten in Abrede stellt bzw. eigene geltend macht, die ein im MarkenG geregeltes Rechtsverhältnis betreffen und die gemäß § 141 MarkenG selbst dann nicht im Gerichtsstand des § 14 UWG geltend gemacht zu werden brauchen, wenn sie auf Vorschriften des UWG gegründet werden. Für das Eingreifen von § 141 MarkenG genügt, wenn bei objektiver Betrachtung und unabhängig von ausdrücklich als verletzt angeführten Bestimmungen des MarkenG ein Zusammenhang mit Schutzgütern des MarkenG ersichtlich ist, ohne dass es letztlich darauf ankommt, ob überhaupt Ansprüche aus dem MarkenG geltend gemacht werden (vgl. Ströble/Hacker/Thiering, § 141 MarkenG Rn. 4). Diese Voraussetzungen sind erfüllt; die Klägerin beruft sich sogar ausdrücklich auf das Nichtbestehen markenrechtlicher Ansprüche.

2. Die Klägerin hat ein Interesse an der mit dem Antrag zu I begehrten (negativen) Feststellung wie auch an den begehrten positiven Feststellungen.

a) Für das von § 256 Abs. 1 ZPO geforderte rechtliche Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses reicht ein allgemeines Klärungsinteresse nicht aus; erforderlich ist, dass dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 – VIII ZR 351/08 [unter II 1]). Dieses Interesse muss grundsätzlich (noch) bei Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2006 – IX ZR 189/03 [unter III B 1 b]). Allerdings wird eine ursprünglich zulässig erhobene Feststellungsklage nicht dadurch unzulässig, dass im Laufe des Rechtstreits die Voraussetzungen für einen Übergang zu einer Leistungsklage eintreten (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 – I ZR 181/08 [unter B I 1 b]; Urteil vom 28. Juni 2007 – I ZR 132/04 – INTERCONNECT/T-InterConnect [unter II 1 b]; Urteil vom 11. Januar 2018 – I ZR 187/16 – Ballerinaschuh [unter B IV 1 a]).

Bei der negativen Feststellungsklage ergibt sich das Feststellungsinteresse regelmäßig daraus, dass mit ihr die Führung eines (neuerlichen) Rechtsstreits über einen Anspruch ausgeschlossen wird, der nur teilweise eingeklagt worden ist oder dessen sich der Gegner jedenfalls außergerichtlich berühmt hat (vgl. etwa BGH, Urteil vom 13. Juni 2008 – V ZR 114/07 [unter III 2 b bb]). Für eine solche Rechtsberühmung reicht es aus, wenn der Beklagte geltend macht, aus einem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen, deren Eintritt noch ungewiss sei, ein Anspruch gegen den Kläger ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2017 – I ZR 45/16 – Verhandlungspflicht [unter II 2 b]). Eine ausdrückliche Berühmung seitens des Beklagten ist nicht in jedem Fall erforderlich; ein Feststellungsinteresse kann vielmehr bereits dann gegeben sein, wenn der Kläger befürchten muss, dass ihm der Beklagte auf Grund seines vermeintlichen Rechts ernstliche Hindernisse entgegensetzen wird, was vor allem dann der Fall ist, wenn der Beklagte mit einer nach Treu und Glauben zu erwartenden eindeutigen Erklärung zurückhält (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 – VIII ZR 351/08 [unter II 2 b]). Das Feststellungsinteresse entfällt grundsätzlich, sobald eine nachfolgende Leistungsklage des Gegners mit identischem Streitgegenstand nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007 – I ZR 172/05 – EURO und Schwarzgeld [unter II 2 d aa]; Beschluss vom 15. Juli 2010 – I ZR 168/08; Beschluss vom 21. Dezember 2005 – X ZR 17/03 – Detektionseinrichtung [unter III 2 a]).

b) Danach ist das Feststellungsinteresse der Klägerin für den Antrag zu I gegeben.

aa) Der Beklagte hat sich ihr gegenüber einer Rechtsposition berühmt, die ihre wirtschaftlichen Interessen berührt, und zwar in seiner Email vom 26. April 2016. Darin hat er als Ergebnis seiner rechtlichen Prüfung mitgeteilt, die durch die Bezeichnung „Chiemseer“ hervorgerufene Irreführung werde durch die neue Etikettengestaltung nicht ausgeräumt. Außerdem hat er unter anderem die Möglichkeit einer weiteren Abmahnung in den Raum gestellt. Die damit verbundene Inanspruchnahme eines ihm gegen die Klägerin zustehenden Unterlassungsanspruchs, den er bei einer neuerlichen Beschwerde geltend machen müsse, begründet das Interesse der Klägerin an einer verbindlichen Klärung der Frage, ob dieser Anspruch besteht.

bb) Über dieses, durch die Email begründete Feststellungsinteresse geht der Antrag der Klägerin nicht hinaus. Eine – von dem Beklagten offenbar für erforderlich gehaltene – Klarstellung des Inhalts, dass mit dem Wort „Bier“ in dem Antrag zu I das Bier gemeint sei, das die Klägerin derzeit in D braut, ist nicht erforderlich.

Die – für die Auslegung des Klageantrags heranzuziehende (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 – I ZR 162/15 – Eigenbetrieb Friedhöfe [unter B II 2 a]) – Klagebegründung lässt ohne weiteres erkennen, dass Gegenstand der von der Klägerin erstrebten Feststellung (nur) die Frage ist, ob der Beklagte von ihr verlangen kann, ihr seit Mai 2016 und auch derzeit praktiziertes Vorgehen zu unterlassen, nämlich zwei von ihr in D gebraute Biersorten – ein helles untergäriges Lagerbier und ein Exportbier – in der Form als „Chiemseer Hell“ und als „Chiemseer Braustoff“ anzubieten, zu vertreiben oder in den Verkehr zu bringen, wie sie es derzeit praktiziert, also so, wie dies aus den Abbildungen 1 bis 6 ersichtlich ist, und zwar unabhängig davon, ob dabei der in Abbildung 7 darstellte Bierkasten verwandt wird. Nicht hingegen ist Gegenstand des Begehrens der Klägerin die Klärung der Frage, ob sie in der gerade beschriebenen Form überhaupt irgendwelches Bier vermarkten darf.

Aus dem von der Klägerin bestimmten Streitgegenstand – also der von ihr erstrebten Feststellung des Nichtbestehens des eben beschriebenen Rechtsverhältnisses – und den allgemeinen Grundsätzen zur Bestimmung der Reichweite der Rechtskraft, die grundsätzlich nur den geltend gemachten Anspruch in dem beantragten Umfang ergreift und in zeitlicher Hinsicht durch die Sachlage begrenzt ist, wie sie sich im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung darstellt, auf den bezogen die gerichtliche Entscheidung die Rechtslage feststellt und aus der sich die Bindungswirkung eines Feststellungsurteils erschließt (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2017 – V ZR 19/16 [unter II 1 b aa]; Urteil vom 14. Februar 2008 – I ZR 135/05 [unter II 2]; Urteil vom 23. Februar 2006 – I ZR 272/02 – Markenparfümverkäufe [unter A II 2 a]; Urteil vom 14. Februar 2006 – VI ZR 322/04 [unter II 3 b]; Urteil vom 26. Juni 2003 – I ZR 269/00, NJW 2003, 3058 [unter II 1 a]; Urteil vom 2. März 2000 – IX ZR 285/99, NJW 2000, 2022 [unter IV 1]), ergibt sich ohne weiteres, dass nach Schluss der mündlichen Verhandlung eintretende rechtliche oder tatsächliche Änderungen nicht an der Rechtskraft teilnehmen. Solche Änderungen müssen deshalb von der Klägerin bei Formulierung ihres Klageantrags nicht ausgenommen werden. Von daher hindert eine antragsgemäß ausgesprochene Feststellung den Beklagten weder, von der Klägerin zu verlangen, ihr Vorgehen zu unterlassen, wenn sich die Rechtslage ändert (etwa wenn ähnlich wie für Tabakerzeugnisse der Aufdruck einer abschreckenden Gesundheitswarnung auf Bierflaschenetiketten vorgeschrieben würde), noch, wenn sich der Sachverhalt ändert (etwa wenn die Klägerin künftig in Hamburg gebrautes Pils in die wie beschrieben aufgemachten Flaschen abfüllte).

cc) Das bereits durch die Email begründete Feststellungsinteresse bestand im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung fort.

Der Ordnungsmittelantrag und seine Bescheidung sind insoweit ohne Bedeutung.

Eine Berühmungsaufgabe des Beklagten hat nicht stattgefunden. Vielmehr hat der Beklagte Widerklage erhoben und noch in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Etikettengestaltung derzeit nicht angreifen zu wollen.

Die erhobene Widerklage ist mit der negativen Feststellungsklage nur teilweise deckungsgleich, nämlich soweit der Vertrieb des Bieres ohne Anhänger in Bierkästen betroffen ist. Auch insoweit lässt sie, obwohl der Beklagte sie nun nicht mehr einseitig zurücknehmen kann, das Feststellungsinteresse nicht entfallen, weil mit der Widerklage mehrere Ansprüche (nämlich wettbewerbsrechtliche und markenrechtliche) nicht kumulativ, sondern teils hilfsweise geltend gemacht werden. Aufgrund dieser Staffelung bleibt das Feststellungsinteresse der Klägerin solange unberührt, bis nicht die Bedingung – die Abweisung des von dem Beklagten in erster Linie verfolgten wettbewerbsrechtlichen Anspruchs – eingetreten ist. Dies ergibt sich aus den Erwägungen zum Fortbestand des Feststellungsinteresses bei nicht entscheidungsreifer Leistungsklage und zumindest im Wesentlichen zur Entscheidungsreife fortgeschrittener Feststellungsklage (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 – X ZR 17/03 – Detektionseinrichtung [unter III 2 a]), die durch eine ähnliche Interessenlage gekennzeichnet ist.

c) Für den für den Antrag zu II besteht das Feststellungsinteresse ebenfalls. Bei Klageerhebung war der Klägerin eine Leistungsklage mangels Kenntnis über Anzahl und Identität der abgemahnten Abnehmer nicht möglich. Soweit in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einmal eine Ausnahme zu dem bereits unter A I 2 a angeführten und anerkannten (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 29. September 2005 – IV ZR 82/04 [unter II 1]; Urteil vom 29. Juni 2011 – VIII ZR 212/98 [unter II 1] und die dort jeweils genannten Nachweise) Grundsatz, wonach von einer zulässigen Feststellungsklage gerade kein Übergang zur Leistungsklage erforderlich ist, erwogen wurde, liegt die Entscheidung zum einen sehr lange zurück und ist vor allem durch eine Reihe von Besonderheiten – unter anderem eine Anregung des Gegners, den Übergang vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1952 – III ZR 131/51, BeckRS 1952, 31205971 [unter I]) – gekennzeichnet, die hier nicht vorliegen. Der Beklagte hat erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz die Auffassung vertreten, der Klägerin sei nunmehr eine Berechnung ihres angeblichen Anspruchs möglich.

II.

Der Klageantrag zu I ist begründet. Dem Beklagten steht gegen die Klägerin ein Anspruch auf Unterlassung des Anbietens, Vertreibens und Inverkehrbringens des von ihr gebrauten Biers in der von der Klägerin bezeichneten Aufmachung aus § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 UWG weder in Verbindung mit §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 S. 1 MarkenG, noch in Verbindung mit §§ 3 Abs. 1, 3a UWG, § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB und Art. 7 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EU) Nr. #####/#### des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (fortan LMIV) noch in Verbindung mit §§ 3 Abs. 1, 5 UWG zu.

1. In welchem Verhältnis die verschiedenen denkbaren Anspruchsgrundlagen zueinander stehen bedarf für die Entscheidung dieses Rechtsstreits keiner abschließenden Klärung. Die Aufmachung des Biers steht mit den sich aus Art. 7 LMIV ergebenden Erfordernissen in Einklang und die übrigen genannten Vorschriften stellen keine inhaltlich über Art. 7 LMIV hinausgehenden Anforderungen auf.

a) Soweit es sich um unterschiedliche Streitgegenstände handelt – nämlich kennzeichenrechtliche Ansprüche, wie sie §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 S. 1 MarkenG darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 2016 – I ZR 86/13 – Himalaya Salz [unter B II 1 a bb]) einerseits und lauterkeitsrechtliche Ansprüche andererseits – macht die Klägerin das Nichtbestehen beider prozessualer Ansprüche geltend. Soweit verschiedene rechtliche Gesichtspunkte zur Begründung lauterkeitsrechtlicher Ansprüche in Frage kommen wendet sich die Klägerin gegen alle von dem Beklagten herangezogenen Aspekte. Von daher kann die negative Feststellungsklage nur begründet sein, wenn unter kennzeichen- und wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten – und zwar grundsätzlich unter allen in Betracht kommenden (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2018 – I ZR 121/17 – Applikationsarzneimittel [unter II 2 a]), soweit Irreführungstatbestände betroffen sind, allerdings nur den von den Parteien angesprochenen Aspekten (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2017 – I ZR 78/16 – Tiegelgröße [unter II 1 a cc und II 1 b aa]) – das zu überprüfende Handeln der Klägerin (vgl. dazu unter A I 2 b bb) nicht unzulässig ist.

b) Hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen gilt zum einen, dass § 127 Abs. 1 MarkenG unionsrechtskonform dahin auszulegen ist, dass bei der Beurteilung der Frage, ob eine Gefahr der Irreführung über die geografische Herkunft des Produkts besteht, bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln mit der geografischen Herkunft etwa verbundene besondere Qualitäts- oder Eigenschaftsvorstellungen unberücksichtigt zu bleiben haben (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 2016 – I ZR 86/13 – Himalaya Salz [unter B II 1 a cc (2)]). Außerdem gilt, dass bei einem Zusammentreffen besonderer Irreführungsverbote mit den allgemeinen Irreführungsverboten der §§ 5, 5a UWG letztere entweder durch die besondere Aspekte einer unlauteren Geschäftspraxis regelnden Vorschriften verdrängt werden (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 – I ZR 36/14 – Feuchtigkeitsspendendes Gel-Reservoir [unter II 2] zu Art. 20 Abs. 1 KosmetikVO) oder aber, soweit besondere und allgemeine Irreführungsverbote nebeneinander anwendbar sind, letztere regelmäßig – soweit nicht ein besonderes Irreführungsverbot lediglich ergänzende Wirkung entfaltet (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 – I ZR 158/14 – Der Zauber des Nordens [unter B II 2 c] für Art. 22 Abs. 1 DienstleistungsRL) – nach dem Maßstab der besonderen Regelungen auszulegen sein werden mit der Folge, dass auf der einen Seite ein dort vorgesehener strenger Maßstab ebenso auf das allgemeine Irreführungsverbot zurückwirken kann wie auf der anderen Seite die Anwendung des allgemeinen Irreführungsverbotes nicht über das Niveau einer abschließenden besonderen (Irreführungs‑)Regelung hinausgehen darf (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 – I ZR 45/13 – Himbeer-Vanille-Abenteuer II [unter II 1 b bb]; für das Verhältnis von Art. 7 UGP-Richtlinie zur LMIV; Urteil vom 6. Februar 2013 – I ZR 62/11 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil [unter B I 1] zur Einwirkung der strengen Maßstäbe von § 3 HWG auf § 5 UWG; Urteil vom 7. November 2002 – I ZR 276/99 – Klosterbrauerei [unter II 1] zur begrenzenden Wirkung einer auf abschließende unionsrechtliche Vorgaben zurückgehenden Regelung). Schließlich ist nicht ersichtlich, dass das besondere Irreführungsverbot des Art. 7 LMIV, das wie die übrigen Vorschriften der LMIV gemäß deren Art. 1 Abs. 1 und deren Erwägungsgründen 1, 3 bis 5 und 20 einen Beitrag zur Erreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus leisten und Praktiken verhindern soll, die Verbraucher bei ihrer unter gesundheitsbezogenen, wirtschaftlichen, umweltbezogenen, sozialen und ethischen Erwägungen getroffenen Auswahl irreführen könnten, in seinen Anforderungen hinter den allgemeinen Irreführungstatbeständen oder in einem für die Entscheidung des Streitfalls relevanten Maß hinter dem sich aus §§ 126 Abs. 1, 127 Abs. 1 MarkenG ergebenden Irreführungsschutz zurückbleibt. Vielmehr sind angesichts des von der LMIV und ihrem Irreführungsverbot verfolgten Zwecks, zur Erreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus beizutragen, strenge Maßstäbe an die Informationspraxis von Lebensmittelunternehmern – und damit der Klägerin – anzulegen.

c) Von daher kommt es in der Sache letztlich allein darauf an, ob die Klägerin mit ihrem Verhalten gegen § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB in Verbindung mit Artt. 8 Abs. 1, 7 Abs. 1 lit. a LMIV verstößt. Da dies – wie nachfolgend unter 2 aufgezeigt werden wird – nicht der Fall ist, folgt hieraus, dass das Verhalten der Klägerin das allgemeine Irreführungsverbot nicht verletzt. Außerdem ergibt sich – da die von dem Beklagten erhobenen Beanstandungen letztlich in dem Vorwurf münden, die Klägerin führe Verbraucher über die geografische Herkunft ihres Bieres irre und dies (sollte dem so sein) einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 lit. a LMIV darstellte – aus der Verneinung eines Verstoßes der Klägerin gegen Art. 7 Abs. 1 lit. a LMIV weiterhin, dass die Kennzeichnungspraxis der Klägerin nicht im Sinne von § 128 Abs. 1 MarkenG eine Gefahr der Irreführung über die geografische Herkunft ihres Produkts hervorruft.

2. Der Vertrieb der beiden von der Klägerin gebrauten Biersorten in ihrer derzeitigen Aufmachung verstößt nicht gegen Art. 7 Abs. 1 lit. a LMIV.

a) Gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. a LMIV dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein, insbesondere in Bezug auf unter anderem ihren Herkunftsort. Außerdem müssen sie zutreffend, klar und für die Verbraucher leicht verständlich sein, Art. 7 Abs. 2 LMIV. Das gilt auch für die Werbung und die Aufmachung von Lebensmitteln, insbesondere ihre Verpackung, Art. 7 Abs. 4 LMIV.

Ob diesen Anforderungen entsprochen ist, beurteilt sich – diese zum allgemeinen Irreführungsverbot entwickelten Grundsätze gelten allgemein für verbraucherschützende Irreführungstatbestände und damit auch für Art. 7 LMIV (vgl. allgemein etwa EuGH, Urteil vom 25. Juli 2018 – C-632/16, L Ltd und L BV ./. BSH Home Appliances NV [Rn. 56]; Urteil vom 21. Januar 2016 – C-75/15, Viiniverla Oy/Sosiaali – ja terveysalan lupa – ja valvontavirasto [Rn. 25] und zum Lebensmittelinformationsrecht BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 – I ZR 45/13 – Himbeer-Vanille-Abenteuer II [unter II 1 b]) – nach dem mutmaßlichen Verständnis eines normal informierten und verständigen Durchschnittsverbrauchers, der einer geschäftlichen Handlung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 1999 – I ZR 167/97 – Orient-Teppichmuster, GRUR 2000, 619 [unter II 2 b]; Urteil vom 8. März 2012 – I ZR 202/10 – Marktführer Sport [unter II 3 c bb]; Urteil vom 11. Oktober 2017 – I ZR 78/16 – Tiegelgröße [unter II 2 c bb]; Urteil vom 19. April 2018 – I ZR 244/16 – Namensangabe [unter B II 3 b dd (5)]; s.a. EuGH, Urteil vom 16. Juli 1998 – Rs. C-210/96, H H2 und RT ./. Oberkreisdirektor des Kreises E [Rn. 31]; Urteil vom 26. Oktober 2016 – Rs. C-611/14 Canal Digital Danmark A/S [Rn. 39]; Urteil vom 7. Juni 2018 – C-44/17, Scotch Whisky A [Rn. 45, 47, 52 und 56]). Der Begriff des Durchschnittsverbrauchers beruht nicht auf statistischen, sondern auf normativen Maßstäben und bezeichnet einen fiktiven typischen Verbraucher, dessen mutmaßliche Reaktion von den Gerichten regelmäßig aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens oder einer Verbraucherbefragung unter Berücksichtigung sozialer, kultureller und sprachlicher Faktoren durch Anwendung speziellen Erfahrungswissens festzustellen ist (vgl. Erwägungsgrund 18 der Richtlinie #####/####/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt [UGP-Richtlinie]; EuGH, Urteil vom 16. Juli 1998 – Rs. C-210/96, H H2 und RT ./. Oberkreisdirektor des Kreises E [Rn. 31 f., 35 f. und 37]; Urteil vom 26. Oktober 2016 – Rs. C-611/14 Canal Digital Danmark A/S [Rn. 39 f.]; BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 – I ZR 150/01 – Marktführerschaft [unter II 2 a]; Urteil vom 13. September 2012 – I ZR 230/11 – Biomineralwasser [unter II 2 c aa und unter II 3 a aa]; Urteil vom 18. September 2014 – I ZR 34/12 [unter II 2]). Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob die entscheidenden Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 – I ZR 150/01 – Marktführerschaft [unter II 2 b]; Urteil vom 18. September 2014 – I ZR 34/12 [unter II 2]; Urteil vom 15. Dezember 2016 – I ZR 197/15 – Bodendübel [unter II 5 b cc (2)]).

b) Unter dem danach maßgeblichen Blickwinkel des durchschnittlichen Verbrauchers sind zunächst die von der Klägerin verwandten Etiketten nicht zu beanstanden. Der Verbraucher wird nach ihrer Kenntnisnahme nicht annehmen, das in den Flaschen abgefüllte Bier sei am Chiemsee oder jedenfalls im Chiemgau gebraut worden.

aa) Allerdings mag ein solcher Eindruck bei isolierter Betrachtung der Produktnamen entstehen können. Deren jeweils erster Teil („Chiemseer“) nimmt in adjektivischer Form auf einen tatsächlich existierenden und – als flächenmäßig drittgrößter deutscher, in einer beliebten Erholungs- und Urlaubsregion gelegener – überregional bekannten See Bezug, was als Hinweis auf die geografische Herkunft des Biers angesehen werden kann.

bb) Maßgeblich ist jedoch nicht allein der durch die Produktbezeichnung hervorgerufene Eindruck. Ebenso wie sonst bei der Beurteilung geschäftlicher Handlungen nicht einzelne Aussagen für sich betrachtet werden dürfen, sondern auf den durch sie hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen ist (vgl. etwa BGH, Urteil vom 11. Oktober 2017 – I ZR 78/16 – Tiegelgröße [unter II 2 a] zu § 5 UWG sowie Urteil vom 17. Mai 2018 – I ZR 252/16 – Bekömmliches Bier [unter B IV 4 c ee (2)] und Urteil vom 10. Dezember 2015 – I ZR 222/13 – Lernstark [unter C III 4 a bb (3)] zu Angaben im Sinne der HCVO), ist im Lebensmittelinformationsrecht – sofern es, wie hier, nicht um die Werbung, sondern die Aufmachung und insbesondere die Beschriftung der Verpackung geht – maßgeblich, welchen Eindruck die Etikettierung insgesamt entstehen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 – I ZR 45/13 – Himbeer-Vanille-Abenteuer II [unter II 1 b aa]; EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 – C-195/14, Bundesverband der Verbraucherzentralen – VB l.V./Teekanne H2 & Co. KG [Rn. 41 f.]). Freilich kann dabei – wie auch sonst in der Werbung allgemein – blickfangmäßig herausgestellten Angaben eine besondere Bedeutung zukommen mit der Folge, dass eine in den Vordergrund gerückte, objektiv unrichtige Angabe selbst dann mit der Gefahr einer Irreführung des Verbrauchers verbunden sein kann, wenn an anderer Stelle zutreffend über die Eigenschaften des Produkts informiert wird und zudem davon auszugehen ist, ein normal informierter, vernünftig aufmerksamer und kritischer Verbraucher werde auch diesen Teil der Darstellung lesen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 – I ZR 45/13 – Himbeer-Vanille-Abenteuer II [unter II 1 b bb] und EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 – C-195/14, Bundesverband der Verbraucherzentralen – VB l.V./Teekanne H2 & Co. KG [Rn. 36; 38 ff.]).

cc) Vor diesem Hintergrund ist, selbst wenn man den Produktbezeichnungen einen Herkunftshinweis entnimmt, die weitere Aufmachung des Biers in die Betrachtung einzubeziehen. Bei der so vorgenommenen Würdigung der Etiketten, die angesichts des von Art. 7 LMIV verfolgten Zwecks anhand eines strengen Maßstabs vorzunehmen ist (vgl. oben unter A II 1 b a.L.), lässt sich keine Irreführung über den Herkunftsort des Biers feststellen.

(1) Unmittelbar unterhalb des Wortes „Chiemseer“ befindet sich – jeweils am Blickfang teilhabend – der Zusatz „gebraut in D am Inn“. Diese Angabe verdeutlicht dem Verbraucher bereits, dass das Bier nicht am Chiemsee gebraut wird. Hierfür bedarf es keiner Betrachtung der bei einem Durchschnittsverbraucher zu erwartenden geografischen Kenntnisse. Denn es liegt auf der Hand, dass eine Stadt nicht zugleich an einem Fluss („am Inn“) und an einem See gelegen ist. Selbst wenn der Verbraucher nicht weiß, dass der Inn weder zu den Zuflüssen des Chiemsees zählt noch sein Abfluss ist, wird er aufgrund des Zusatzes nicht davon ausgehen, das Bier entstamme einer am Chiemsee gelegenen Brauerei. Vielmehr wird er die Braustätte in der – ihm möglicherweise nicht bekannten, aufgrund ihrer Bezeichnung auf dem Etikett aber als am Inn gelegen vorgestellten – Stadt D verorten.

Hinsichtlich dieses am Blickfang teilhabenden Zusatzes unterscheidet sich die derzeitige Etikettengestaltung der Klägerin bereits maßgeblich von derjenigen, die Gegenstand des Vorprozesses der Parteien war. Dort nämlich war oberhalb des Wortes „Chiemseer“ der Zusatz „Chiemgauer Brauhaus D“ angebracht. Da diese Angabe Verbrauchern, die nicht wissen, dass D an einem Fluss gelegen ist, nicht verdeutlichte, dass das Bier nicht am Chiemsee gebraut wird, ist das Oberlandesgericht München im Vorprozess davon ausgegangen, sie ließe weiterhin Raum für das Verständnis, das Bier werde am Chiemsee gebraut, nämlich wenn man den Ort D am Chiemsee verortete (vgl. OLG München, Urteil vom 17. März 2016 – 29 U #####/####, GRUR-RR 2016, 272 [unter I b cc (2)]). Bei der neuen Etikettengestaltung liegt ein solches Verständnis jedoch fern und wird deshalb von einem Durchschnittsverbraucher mutmaßlich nicht eingenommen werden.

Ein weiterer Unterschied in der Etikettengestaltung liegt darin, dass diese nicht – wie die alte Version – die bildliche Darstellung einer Gebäudeansammlung (die als Klosteranlage oder kleinere Stadt begriffen werden kann) nahe eines Sees zeigen, sondern eine (deutlich als – altertümliche – Stadt erkennbare) Gebäudeansammlung an einem Fluss. Dies steht mit dem durch den Schriftzug „Chiemseer – gebraut in D am Inn“ geweckten Eindruck in Einklang.

(2) Ebenfalls anders als dies bei der alten Version der Etiketten der Fall gewesen sein mag, ruft die aktuelle Etikettengestaltung bei einem Durchschnittsverbraucher nicht den Eindruck hervor, das Bier werde im Chiemgau gebraut. Die früher vorhandene Bezugnahme auf das Chiemgau findet sich auf den neuen Etiketten nicht.

(3) Hinzu tritt – ohne dass es darauf nach den vorstehenden Ausführungen noch entscheidend ankäme, weil schon die Blickfangangaben keine unzutreffende Vorstellung vermitteln – dass sich auf den rückseitigen Etiketten nähere Hinweise zum Brauort einschließlich einer Übersichtskizze zu seiner geografischen Lage finden. Da der durchschnittliche Verbraucher, der an zusätzlichen Informationen über ein bestimmtes Bier interessiert ist, weiß, dass er nähere Angaben hierzu typischerweise auf den rückseitigen Etiketten findet (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2001 – I ZR 54/96 – Warsteiner III [unter II 2 c]), werden ihm diese Informationen nicht verborgen bleiben, zumal die Klägerin auf dem Vorderetikett mit einem Störer auf die Rückseite verweist.

(4) Der Name der Klägerin – S H2 – rechtfertigt keine andere Beurteilung. Soweit der Verbraucher das darin enthaltene Wort „Spezialitäten“ in seine Betrachtung einbezieht, wird er es (nur) dahin verstehen, dass die Klägerin in ihrem Namen zum Ausdruck bringen will, keine beliebige Massenware anzubieten, sondern in nicht näher bestimmter Weise herausgehobene Produkte auf den Markt zu bringen.

Eine weitergehende Bedeutung als diejenige einer allgemeinen, inhaltlich unbestimmten Anpreisung wird der Verbraucher dem Namensbestandteil „Spezialitäten“ nicht beimessen. Zwar mag die von dem Beklagten vornehmlich mit Blick auf die Beschriftung der Bierkästen entwickelte, aber auch auf die Etiketten für richtig gehaltene Sichtweise, es handele sich um einen Hinweis dahingehend, dass das Bier eine Spezialität vom Chiemsee darstelle, nicht ausgeschlossen sein. Ebenso gut kann das Wort allerdings, wenn man ihm denn überhaupt einen regionalen Bezug beimessen will, als Bezugnahme auf Bayern insgesamt (wofür das in der oberen linken Ecke des Rückenetiketts abgedruckte Siegel „BAYERISCHES BIER“ spricht) oder auf die Region D (wofür der vorangestellte Namensbestandteil „Rosenheimer“ spricht) aufgefasst werden. Genausogut aber kann dem Wort jede örtliche Bezugnahme abgesprochen und es kann als Hinweis auf eine eher als traditionell handwerklich inspiriert denn als industriell zu beschreibende Herstellungsmethode, als Hinweis auf die Qualität der verwendeten Zutaten oder als Hinweis darauf verstanden werden, dass es sich bei dem Bier um eine seltener verbreitete und deshalb erlesenere Sorte als etwa Pils handelt, die Klägerin also Feinschmeckerbiere und keine Durchschnittsware anbietet. Bereits diese Beispiele zeigen, dass der Begriff der „Spezialität“ gerade auch im Nahrungsmittelbereich unscharf ist und verschiedene Bedeutungen transportieren kann. Von daher wird der Verbraucher letztlich keine der aufgezeigten – und damit auch nicht die von dem Beklagten für richtig gehaltene – Sichtweisen einnehmen. Vielmehr wird er erkennen, dass es sich bei dem Wortbestandteil „Spezialität“ um eine Verallgemeinerung handelt, die nach ihrem Wortsinn und dem unspezifischen Zusammenhang, in dem die Klägerin sie benutzt, Raum für verschiedene Deutungen lässt mit der Folge, dass die Frage, was mit dieser Wendung gemeint ist, aufgrund einer in so hohem Maße gegebenen Abhängigkeit von subjektiven Einschätzungen und Wertungen jeder einzelne nur für sich beantworten kann und letztlich offenbleibt, worauf sich die Aussage bezieht; deshalb wird der Verkehr, dem die maßgebend subjektive und individuelle Prägung der Antwort auf die Frage nach dem Sinngehalt der mit dem unscharfen Begriff der „Spezialität“ verbundenen Aussage durchaus bewusst ist, die Bezeichnung mangels inhaltlicher Konkretisierung als allgemeine suggestive Anpreisung mit erkennbar subjektiven Gepräge verstehen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2001 – I ZR 318/98 – Das Beste jeden Morgen [unter II 1 a und b]).

c) Bezieht man den Kasten in die Betrachtung ein, ergibt sich kein abweichendes Bild.

Das gilt schon deshalb, weil der Verbraucher weiß, dass Bierkästen vornehmlich der Lagerung und dem Transport von Flaschenbier dienen, er sich deshalb bei seiner Entscheidung nicht von dem Aufdruck auf dem Kasten leiten lassen wird und auch nicht erwarten wird, auf dem Bierkasten weitergehende Hinweise zu der Braustätte des Biers zu finden (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2002 – I ZR 71/99 – Original Oettinger [unter II 2]). Diese zu §§ 126 f. MarkenG angestellten Erwägungen schließen zwar die Annahme eines Verstoßes gegen Art. 7 LMIV allein aufgrund der Gestaltung eines Bierkastens nicht von vorneherein aus, zumal die Anforderungen des Art. 7 Abs. 1 und Abs. 2 LMIV gemäß dessen Abs. 4 lit. b letztlich für die gesamten Umstände der Bereitstellung eines Lebensmittels auf dem Markt gelten, namentlich auch für die Art der Anordnung von Lebensmitteln und den Rahmen ihrer Darbietung. Ein in der Gestaltung des Bierkastens liegender Verstoß gegen das sich aus Art. 7 Abs. 1 lit. a LMIV ergebende Verbot, über den Herkunftsort des Bieres irrezuführen kommt aber gleichwohl nur in besonders gelagerten Fällen in Betracht. Ein solcher liegt hier nicht vor, da bereits bei flüchtiger Betrachtung erkennbar ist, dass die Beschriftung des Bierkastens lediglich einzelne Schlagworte der Etikettengestaltung aufgreift und nicht dazu dienen soll, zusätzliche oder gar von den Etiketten abweichende Informationen zu vermitteln.

Unabhängig davon sind die Angaben auf dem Kasten inhaltlich nicht geeignet, den Verbraucher über die Herkunft des Biers in die Irre zu führen. Auf der Stirnseite der Kästen befindet sich die Angabe „Chiemseer – D am Inn“ und auf der Längsseite die Angabe „Chiemseer – S“. Der auf der Stirnseite befindlichen Aufschrift, die dem Verbraucher in einem Getränkemarkt angesichts der dort herrschenden Aufstellgewohnheiten von Bier- und anderen Getränkekisten (nämlich mit der schmalen, den besseren Griff ermöglichenden und weniger Ausstellungsfläche beanspruchenden Seite nach vorne) als erstes ins Auge fällt, wird bei einem Verbraucher aus den bereits unter A II 2 b cc (1) im ersten und zweiten Absatz erörterten Gründen nicht den Eindruck hervorrufen, das Bier werde am Chiemsee gebraut. Für die Beschriftung der Längsseite gilt letztlich nichts anderes. Sie darf nicht isoliert betrachtet werden (vgl. oben unter A II 2 b bb), sondern muss jedenfalls zusammen mit der Stirnseite (und richtigerweise darüberhinaus den Etiketten) beurteilt werden. Schon die Zusammenschau mit der Stirnseite lässt nämlich deutlich werden, dass D nicht am Chiemsee, sondern an einem Fluss (nämlich dem Inn) gelegen ist. Dem Wort „Spezialitätenbrauerei“ wird der Verbraucher, selbst wenn er es nicht als Bestandteil der Firma der Klägerin erkennen sollte, aus den bereits unter A II 2 b cc (4) erörterten Gründen keine Bezugnahme im Sinne einer geografischen Herkunftsangabe entnehmen.

III.

Die Klage ist unbegründet, soweit sie auf die von dem Beklagten ausgesprochenen Abnehmerabmahnungen gestützt ist. Die geltend gemachten Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche stehen der Klägerin weder aus §§ 9, 3 Abs. 1, 4 Nr. 4 UWG und §§ 8 Abs. 1 S. 1 und 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 4 UWG noch wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus entsprechender Anwendung von § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB und aus § 823 Abs. 1 BGB zu.

1. Für lauterkeitsrechtliche Ansprüche fehlt es bereits an dem für solche Ansprüche notwendigen Bestehen eines konkreten – hier allein in Betracht kommenden mittelbaren – Wettbewerbsverhältnisses. Ein solches setzt ein Handeln des Beklagten im geschäftlichen Verkehr voraus, an dem es fehlt. Der Beklagte ist kein Fachverband, der die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder verfolgt und der bei einer Tätigkeit zur Förderung von Mitgliederinteressen im geschäftlichen Verkehr handelt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 – I ZR 123/06 – Fräsautomat [unter II 2 a]), sondern eine Selbstkontrollinstitution der gesamten Wirtschaft mit der Aufgabe, den Wettbewerb im Interesse der Allgemeinheit zu schützen, und dessen Handeln, soweit es wie hier in der Geltendmachung von Ansprüchen aus Rechtsverstößen durch Unternehmen besteht, im Allgemeinen nicht als geschäftliche Handlung eingeordnet wird (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 2 UWG Rn. 57 a.L.).

2. Deliktische Ansprüche scheiden ebenfalls schon vom Ansatz her aus.

a) Unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb kann die unberechtigte Verwarnung aus einem gewerblichen Schutzrecht – eine solche liegt vor, wenn der geltend gemachte Anspruch mangels Rechtsverletzung tatsächlich nicht besteht – gemäß § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichten; dies beruht auf der Erwägung, dass der notwendige Ausgleich zwischen dem durch Art. 14 GG verfassungsrechtlich geschützten Interesse des Schutzrechtsinhabers, sein Recht geltend machen zu können, und dem gleichfalls durch das Grundgesetz geschützten Interesse des Wettbewerbs, sich außerhalb des Schutzbereichs bestehender Rechte unter Beachtung der Gesetze frei entfalten zu können, nicht mehr wirksam gewährleistet wäre, wenn es dem Schutzrechtsinhaber gestattet wäre, Schutz in einem Umfang zu beanspruchen, der ihm nicht zusteht, und wenn er den wirtschaftlichen Nutzen aus einer schuldhaften Verkennung des Umfangs des ihm zustehenden Schutzes ziehen dürfte, ohne für einen hierdurch verursachten Schaden seiner Mitbewerber einstehen zu müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 15.Juli 2005 – GSZ 1/04 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung [unter B II und B III 2]; Urteil vom 11. Januar 2018 – I ZR 187/16 – Ballerinaschuh [unter B V 2 a]).

b) Eine Inanspruchnahme des Beklagten nach diesen Grundsätzen scheidet mangels ihrer Anwendbarkeit auf die von ihm ausgesprochenen Abmahnungen aus.

aa) Die Grundsätze über die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung als Eingriff an das nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sind auf die unberechtigte wettbewerbsrechtliche Abmahnung nicht übertragbar, weil sie der Gegner ohne größere Risiken unbeachtet lassen kann, da mit der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung die mit der Schutzrechtsverwarnung typischerweise verbundenen weitreichenden Beeinträchtigungen regelmäßig nicht einhergehen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 – I ZR 31/10; Urteil vom 22. Juli 2010 – I ZR 139/08 – Kinderhochstühle im Internet [unter II 4 b bb]). Außerdem fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage: die Möglichkeit, den Schutzrechtsinhaber im Falle einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung auf Unterlassung und – bei Verschulden – auf Schadensersatz in Anspruch nehmen zu können, ist das notwendige Korrelat dazu, dass er Inhaber eines Ausschließlichkeitsrechts ist, mit dem er jeden Wettbewerber von der Benutzung des Schutzgegenstandes ausschließen kann, was einen Ausgleich zwischen dem Schutz der geistigen Leistung und dem Interesse des Schutzrechtsinhabers, sein Recht geltend machen zu können, einerseits und dem Schutz des freien Wettbewerbs und dem Interesse der Wettbewerber, sich außerhalb des Schutzbereichs bestehender Rechte unter Beachtung der Gesetze frei entfalten zu können, andererseits erfordert, der nicht gewährleistet wäre, wenn es dem Schutzrechtsinhaber gestattet wäre, aus einem Schutzrecht Schutz in einem Umfang zu beanspruchen, der ihm nicht zusteht, und wenn er den wirtschaftlichen Nutzen aus einer schuldhaften Verkennung des Umfangs des ihm zustehenden Schutzes ziehen dürfte, ohne für einen hierdurch verursachten Schaden seiner Mitbewerber einstehen zu müssen; ein solches Ausschließlichkeitsrecht nimmt der Abmahnende bei einer unberechtigten wettbewerbsrechtlichen Abmahnung nicht für sich in Anspruch, weshalb es auch keiner Ansprüche auf Unterlassung oder Schadensersatz bedarf um sicherzustellen, dass der Abmahnende nicht die Grenzen des Schutzbereichs seines Ausschließlichkeitsrechts überschreitet (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 – I ZR 31/10).

bb) Ob danach einer Haftung des Beklagten aus § 823 Abs. 1 BGB schon entgegen steht, dass er seine Abmahnungen auf § 3 UWG gestützt und von wettbewerbswidrigen Handlungen gesprochen hat, kann ebenso dahinstehen wie die Frage, ob nicht doch auch bestimmte auf Wettbewerbsrecht (etwa auf § 4 Nr. 3 UWG) gestützte Abmahnungen Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB auslösen können. Der Beklagte jedenfalls hat – auch wenn man die Grundlage der Abmahnungen in §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 S. 1 MarkenG erblickt – kein Ausschließlichkeitsrecht in Anspruch genommen, da der in § 128 Abs. 1 S. 1 MarkenG allen nach § 8 Abs. 3 UWG zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten zur Durchsetzung zugewiesene kennzeichenrechtliche Schutz geografischer Herkunftsangaben nicht gewährt.

c) Für Ansprüche aus § 826 BGB fehlen jegliche Anhaltspunkte.

3. Unabhängig davon scheiden jedenfalls auf die von dem Beklagten ausgesprochenen Abmahnungen gestützte Schadensersatzansprüche aus weiteren Gründen aus.

a) So stellen die Abmahnungen keine unberechtigten Abmahnungen im Sinne der Grundsätze über die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung dar.

Eine Schutzrechtsverwarnung ist – wie bereits unter A III 2 a aufgezeigt – unberechtigt, wenn der geltend gemachte Anspruch mangels Rechtsverletzung tatsächlich nicht besteht (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2018 – I ZR 187/16 – Ballerinaschuh [unter B V 2 a]). So liegt es hier nicht. Die vier von dem Beklagten abgemahnten Unternehmen haben Anfang Juni 2016 in ihrer Werbung bzw. in ihren Webpräsenzen Bilder verwandt, die das von der Klägerin vertriebene Bier in der Aufmachung zeigen, wie sie das Oberlandesgericht München für unzulässig gehalten hat. Insoweit ist nicht erheblich, ob die Etiketten in allen diesen Werbungmaßnahmen vollständig zu lesen waren. Jedenfalls begründete die Werbung mit dem so etikettierten Bier die für die Geltendmachung eines Anspruchs des Beklagten gegen die Abnehmer aus §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 S. 1 MarkenG in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG erforderliche Begehungsgefahr eines Inverkehrbringens der so beworbenen Ware.

Die fehlende rechtliche Benennung dieses Anspruchs in den Abmahnungen ändert nichts daran, dass dem Beklagten ein Unterlassungsanspruch gegen die Abnehmer zustand und die Abmahnungen deshalb nicht in dem eben beschriebenen Sinne unberechtigt waren. Ob die Abmahnungen den von der Klägerin herausgearbeiteten Anforderungen genügen, ist dafür nicht entscheidend. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen ist von Bedeutung für die Frage, ob die Abmahnung einen Kostenerstattungsanspruch des Abmahnenden begründet oder sie dem Abgemahnten die Möglichkeit aus der Hand schlägt, im Falle einer gerichtlichen Verfolgung des Unterlassungsanspruchs durch ein alsbald erklärtes Anerkenntnis die Folgen des § 93 ZPO auszulösen. Für die Frage, ob eine Abmahnung einen Schadenersatzanspruch gegen den Abgemahnten auslöst, gelten hingegen strengere Maßstäbe. Insbesondere gilt für den Schadensersatzanspruch wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung ebenso wie für andere Schadensersatzansprüche, dass im Wege des Schadensersatzes kein Ersatz für solche Kosten beansprucht werden kann, die auch bei rechtskonformem Verhalten des Schädigers entstanden wären (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2018 – I ZR 187/16 – Ballerinaschuh [unter B IV 2]). Deshalb scheiden Ansprüche wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung aus, wenn dem Abgemahnten zwar keine Schutzrechtsverletzung unterlaufen ist, er sein Verhalten aber aus anderen Gründen nicht fortsetzen darf (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2018, a.a.O.). Entsprechendes gilt für den hiesigen Fall, in dem der Beklagte von den abgemahnten Abnehmern Unterlassung zwar möglicherweise nicht gemäß den in der Abmahnung genannten Vorschriften (§§ 8 Abs. 1 und Abs. 2, 3 UWG), aber gemäß §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 S. 1 MarkenG, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG beanspruchen konnte.

Selbst wenn man letzteres anders beurteilen wollte (und damit der Bewertung des Oberlandesgerichts München im Vorprozess nicht folgte), bestünde kein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt einer unberechtigten Abmahnung. Zwar wären die Abmahnungen in diesem Fall – da die Beurteilung des Oberlandesgerichts München nur die Klägerin und den Beklagten bindet (§§ 322 Abs. 1, 325 Abs. 1 ZPO) – unberechtigt. Den Beklagten träfe allerdings kein Verschulden, da für die kennzeichenrechtliche Beurteilung des Verhaltens der Abnehmer der Klägerin – allesamt gewerbliche Getränkehändler – dieselben Maßstäbe gelten, wie sie das Oberlandesgericht München im Vorprozess der Parteien angewandt hat.

b) Soweit Schutzrechtsverwarnungen nicht wegen Unbegründetheit – also mangels eines besonderen Rechts oder wegen Fehlens einer Rechtsverletzung – beanstandet worden sind, sondern weil sie sich wegen ihres sonstigen Inhalts oder ihrer Form nach als unzulässig darstellten (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 – I ZR 123/06 – Fräsautomat [unter II 2 b bb (2)]; Urteil vom 23. Februar 1995 – I ZR 15/93 – Abnehmerverwarnung, GRUR 1995, 424 [unter II 2 b]), handelt es sich tatsächlich nicht um eine weitere Fallgruppe, sondern (nur) um einen Unterfall der unbegründeten – nämlich der nicht vollständig begründeten – Schutzrechtsverwarnung. So ist das Rundschreiben eines vor Schutzrechtsverletzungen warnenden Verbandes beanstandet worden, weil nach seinem allgemein gehaltenen Schreiben die (tatsächlich nur begrenzte) Reichweite möglicher gegen den Hersteller einer Maschine gerichteter Unterlassungsansprüche nicht deutlich wurde und so die Gefahr einer Verunsicherung potentieller Abnehmer bestand (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 – I ZR 123/06 – Fräsautomat [unter II 2 b bb (3) bis (5)]) und es ist für unzulässig gehalten worden, dass sich ein Abmahnender eines Rechts berühmte, dass ihm in der Form in Wirklichkeit nicht zustand (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1995 – I ZR 15/93 – Abnehmerverwarnung, GRUR 1995, 424 [unter II 2 c bb]). Vergleichbar liegt es hier nicht, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen unter A III 3 a und dem Inhalt der von dem Beklagten ausgesprochenen Abmahnungen ergibt.

Die Abmahnungen mögen zwar als verhältnismäßig lieblos – und unter Umständen mit der Klägerin auch als schlampig – formuliert bezeichnet werden können. Immerhin benennen aber die Abmahnungen an die real,- T H2 und die S2 H2 (Anlagen LSG 23 und Anlage 12) konkret die beanstandete Verletzungshandlung (Zustand des online-Shops am 1. Juni bzw. Werbeprospekt für die KW 23). In den beiden anderen Fällen fehlt eine solche konkrete Benennung zwar, doch liegt, da es sich jeweils um Online-Getränkevertriebsunternehmen handelt, nahe, dass die Produktdarstellung im Internet angesprochen werden sollte. Ferner benennen alle Abmahnungen das in der Presse seinerzeit diskutierte Urteil des Oberlandesgerichts München mit dem Datum (bei einer Abmahnung ist außerdem ein weitere Einzelheiten hierzu mitteilendes Informationsblatt beigefügt) und der Angabe, dass der Vertrieb des Bieres mit einer bestimmten Etikettendarstellung – woraus sich ergibt: nicht schlechthin – verboten worden ist. Hinzu kommt, dass alle abgemahnten Abnehmer das Bier – wie die unstreitig stattgefundenen Verletzungshandlungen Anfang Juni 2016 zeigen – von der Klägerin in der alten Aufmachung bezogen haben und deshalb – ein rechtstreues Verhalten der Klägerin unterstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2016 – I ZB 34/15 [unter III 3 c, l und f]; s.a. Urteil vom 14. Dezember 2017 – I ZR 184/15 – Klauselersetzung [unter B I 1 c bb (1)]; Beschluss vom 11. Oktober 2017 – I ZB 96/16 [unter III 3 a aa, cc, dd und gg]) – von dieser bereits über die sich aus dem Urteil des Oberlandesgerichts München ergebenden Folgen unterrichtet worden waren. Bei dieser Sachlage können die von dem Beklagten ausgesprochenen Abmahnungen nicht als so mängelbehaftet angesehen werden, dass sie die Zubilligung eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin rechtfertigen könnten.

B. (zur Widerklage)

I.

Die Widerklage ist zulässig.

1. Der Antrag ist hinreichend bestimmt.

a) Ein Unterlassungs- oder Verbotsantrag muss gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO so deutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) erkennbar abgegrenzt sind, so dass sich der Beklagte erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was ihm verboten ist, nicht letztlich dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2018 – I ZR 117/15 – YouTube-Werbekanal II [unter III 1 b]). Diesen Anforderungen genügen Anträge nicht, die widersprüchlich sind, sei es, weil sich Teile des Antrags untereinander widersprechen, sei es, weil die Zielrichtung von Antrag und Begründung nicht in Einklang stehen (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2015 – I ZR 50/14 – ConText [unter II 1 b]; Urteil vom 17. Juli 2003 – I ZR 259/00 – Paperboy [unter II]). Maßgeblich ist nicht allein die Antragsformulierung; genügt ein Antrag in seiner wörtlichen Fassung nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, ist er unter Heranziehung der Klagebegründung auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2017 – I ZR 134/16 – Resistograph [unter B II 4 f]; Urteil vom 8. Mai 2014 – I ZR 217/12 [unter II 2 a]).

b) Der Antrag des Beklagten genügt den Bestimmtheitsanforderungen.

Allerdings ist der Antrag zur Widerklage so wie er schriftsätzlich angekündigt ist (darstellt in Abbildung 8) unübersichtlich abgefasst und lässt – auch aufgrund der meist nicht notwendigen Verknüpfungen der Anträge mit den Konjunktionen „und“ und „oder“ sowie der Wortkombination „und/oder“ – das Gewollte nur schwer erkennen. Jedenfalls vor dem Hintergrund der Erläuterungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung steht jedoch außer Frage, dass es dem Beklagten darum geht der Klägerin verbieten zu lassen, die beiden von ihr unter der Bezeichnung „Chiemseer“ vertriebenen Biersorten – sei es einzeln, sei es gemeinsam – in ihrer seit Mai 2016 verwendeten Aufmachung in den von ihr verwandten Bierkästen in den Verkehr zu bringen, und zwar unabhängig davon, ob und wie viele in einem Kasten untergebrachte Flaschen mit einem der von der Klägerin verwandten Anhänger versehen sind. Danach ist der Antrag so zu lesen, dass die Klägerin verurteilt werden soll, es zu unterlassen, Bier, nämlich

a) das Bier „Chiemseer Hell“ in der Aufmachung, wie sie aus dem vierten bis sechsten Bild des Widerklageantrags ersichtlich ist, sowie

b) das Bier „Chiemseer Dunkel“ in der Aufmachung, wie sie aus dem siebten bis neunten Bild des Widerklageantrags ersichtlich ist,

anzubieten, zu vertreiben und/oder in den Verkehr zu bringen, wenn dies geschieht

1. in einem Kasten, wie er in den ersten drei Bildern aus dem Widerklageantrag dargestellt ist, ohne Anhänger am Flaschenhals, sowie

2. in einem Kasten, wie er im zehnten bis zwölften Bild des Widerklageantrags dargestellt ist, mit den aus dem dreizehnten und siebzehnten Bild des Widerklageantrags ersichtlichen Anhängern am Flaschenhals einer oder mehrerer in dem Kasten aufbewahrter Flaschen.

2. Für die Widerklage ist ebenfalls die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf gegeben. Auch insoweit liegen zumindest die Voraussetzungen des § 39 S. 1 ZPO vor, nachdem die Klägerin rügelos zur Widerklage verhandelt hat. Eine ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts für die Widerklage besteht nicht, weil § 14 Abs. 1 S. 1 UWG infolge der Regelung des § 141 MarkenG nicht zur Anwendung gelangt. Unerheblich ist, dass sich der Beklagte nur hilfsweise auf Ansprüche aus dem MarkenG stützt. § 141 MarkenG würde – wie bereits unter A I 1 erwähnt – selbst dann eingreifen, wenn der Beklagte seine Widerklage ausschließlich auf Ansprüche aus dem UWG gestützt hätte.

II.

Die Widerklage ist unbegründet. Dies ergibt sich im Wesentlichen spiegelbildlich aus den Ausführungen unter A II. Soweit die Widerklage außerdem den Vertrieb des Bieres in mit dem Anhänger versehenen Flaschen zum Gegenstand hat, ergeben sich keine Abweichungen. Der Aufdruck des Anhängers übernimmt charakteristische Elemente der Vorder- und Rücketiketten verbunden mit einer noch weitergehenden Erläuterung zur geografischen Lage der Brauerei.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 91a Abs. 1 ZPO und entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Streitwert: € 500.000.

Davon entfallen je die Hälfte auf den Klageantrag zu I einerseits und die übrigen Klageeanträge zusammengerechnet andererseits.

Hinsichtlich letzterer orientiert sich die Bemessung an der im einstweiligen Verfügungsverfahren abschließend vorgenommenen Wertfestsetzung. Diese belief sich auf € 150.000 und bezog sich nur auf die vorläufige Sicherung des mit dem Antrag zu V verfolgten Anspruchs. Dieser soll hier nun endgültig durchgesetzt werden, hinzu kommen die mit den Anträgen zu II bis IV verfolgten weiteren Ansprüche.

Für den Wert des Antrags zu I ist der Wert einer gegenläufigen Unterlassungsklage des Beklagten ohne entscheidende Bedeutung. Soweit angenommen wird, der Wert einer negativen Feststellungsklage entspreche demjenigen einer gegenläufigen Leistungsklage, trifft das vornehmlich auf Zahlungs- und Herausgabeklagen zu. In solchen Fällen liegen die Interessen beider Parteien in der Tat jeweils gleich, da die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrages diesen mit eben demjenigen Wert belastet wie sie den Kläger begünstigt. Bei anderen Klagen decken sich Angriffs- und Verteidigungsinteresse hingegen nicht notwendig. So kommt es für den Unterlassungskläger auf die ihm bei Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens drohenden Nachteile an, während das Abwehrinteresse des Unterlassungsbeklagten durch die damit nicht notwendig übereinstimmenden Nachteile bestimmt wird, die er erleidet, wenn ihm die Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens verboten wird (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 – I ZR 174/11 – Beschwer des Unterlassungsschuldners [unter II 1 a]). Von daher entspricht das Interesse des zur Unterlassung verurteilten Beklagten an einer Beseitigung der Verurteilung zwar regelmäßig, aber nicht zwangsläufig dem Interesse des Klägers an dieser Verurteilung (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 – I ZR 174/11 – Beschwer des Unterlassungsschuldners [unter II 1 b aa]; Beschluss vom 24. Februar 2011 – I ZR 220/10 [unter IV 1]), sondern hängt von der mit dem Verbot einhergehenden Einschränkung seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit ab (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 – I ZR 174/11 – Beschwer des Unterlassungsschuldners [unter II 1 b bb (2)]). Das Abwehrinteresse des Beklagten kann etwa dann über das Interesse des Klägers hinausgehen, wenn der Beklagte infolge der Unterlassung mehr Kunden verliert als sie der Kläger gewinnt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Februar 2011 – I ZR 220/10 [unter IV 2 a]) oder wenn ihm die Umstellung seines Verhaltens einen erheblichen Aufwand und kostenintensive Maßnahmen erfordert (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Februar 2011 – I ZR 220/10 [unter IV 2 b]). Diese für die Bemessung der Beschwer des Unterlassungsschuldners angestellten Erwägungen gelten entsprechend für die Bemessung des Wertes einer negativen Feststellungsklage. Eine solche Klage, mit der das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs in Abrede gestellt werden soll, dient – nicht anders als ein Rechtsmittel gegen ein Unterlassungsurteil – gerade dazu, die sich aus einem bestehenden Unterlassungsanspruch ergebenden Nachteile abzuwenden. Diese Nachteile können hier zwar nicht mit einer Existenzgefährdung der Klägerin gleichgesetzt werden, da es dem Beklagten mit dem Anspruch, dessen er sich berühmt hat, nicht um ein Schlechthinverbot des Vertriebs des von der Klägerin gebrauten Biers geht. Sie gehen aber über die Nachteile, wie sie mit dem Verbot einer Werbemaßnahme typischerweise verbunden sind, deutlich hinaus, weil die Klägerin, sollte der von dem Beklagten behauptete Anspruch bestehen, zu einem (erneuten) Relaunch ihres Produktauftritts gezwungen wäre. Angesichts des nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung allein durch eine Änderung der Beschriftung der Bierkästen verbundenen Aufwands von mindestens € 80.000 erscheint die letztlich der Streitwertangabe der Klägerin zugrundeliegende Bewertung dieser Nachteile mit € 250.000 sachgerecht. Anders als bei der Änderung der Beschriftung der Kästen erfordert die Umgestaltung der Etikettierung der Flaschen zwar keinen nennenswerten Aufwand in der technischen Umsetzung. Die Etikettengestaltung müsste jedoch unter rechtlichen, gestalterischen und kaufmännischen (nämlich „marketingmäßigen“) Gesichtspunkten grundlegend durchdacht und neu konzipiert werden, was regelmäßig mit einem erheblichen Aufwand einhergeht.

Der Wert der Widerklage bleibt neben dem Klageantrag zu I gemäß § 45 Abs. 1 S. 3 GKG unberücksichtigt.

Der Beklagte wird durch diese Art der Streitwertbemessung nicht unzumutbar benachteiligt oder an der Verfolgung seiner Aufgaben gehindert, da er die Möglichkeit hat, gemäß § 51 Abs. 5 GKG die Herabsetzung des Streitwertes zu beantragen (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2018 – I ZR 26/17 – Prozessfinanzierer [unter B III 3 d aa bis cc]).

(frontseitige Etiketten Chiemseer Hell 0,5l)

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(rückseitiges Etikett Chiemseer Hell 0,5l)

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(frontseitige Etiketten Chiemseer Braustoff 0,5l)

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(rückseitiges Etikett Chiemseer Braustoff 0,5l)

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(frontseitige Etiketten Chiemseer Hell 0,33l)

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(rückseitiges Etikett Chiemseer Hell 0,33l)

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(Widerklageantrag des Beklagten)

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