Bekämpfung von Hasskriminalität: Google klagt gegen Netzwerkdurchsuchungsgesetz

06. August 2021
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Hasskommentare über Laptoptastatur

Google hat Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen eine Neuerung im Netzwerkdurchsuchungsgesetz (NetzDG) eingereicht. Der neue § 3a NetzDG sieht vor, dass Plattformbetreiber wie Facebook oder YouTube strafbare Inhalte an das Bundeskriminalamt melden müssen. Dadurch sollen Straftaten wie beispielsweise Volksverhetzung oder Kindesmissbrauchsdarstellungen auf Social-Media-Plattformen effizienter bekämpft werden. Datenschützer befürchten jedoch, dass dabei auch personenbezogene Daten von Nutzern gespeichert werden könnten, die lediglich rechtmäßige Inhalte veröffentlichen.

Das Netzwerkdurchsuchungsgesetz (NetzDG) beinhaltet Regeln für die Anbieter sozialer Netzwerke in Bezug auf den Umgang mit Nutzerbeschwerden über Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte im Internet. Es sieht unter anderem eine vierteljährliche Berichtspflicht für Anbieter sowie einen Anspruch auf Auskunft über Bestandsdaten des Verletzers für Opfer von Persönlichkeitsverletzungen im Internet vor. Das Gesetz reagiert damit auf die zunehmende Verbreitung von Hasskriminalität und anderen strafbaren Inhalten in sozialen Netzwerken wie Facebook, YouTube und Twitter.

Seit dem Inkrafttreten des NetzDG am 1. Oktober 2017 stößt das Gesetz immer wieder auf Kritik. Nun hat das US-amerikanische Technologieunternehmen Google Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen das NetzDG eingereicht. Vor dem Verwaltungsgericht Köln sind aktuell zwei Verfahren von Google gegen die Bundesrepublik Deutschland anhängig: Anhand einer Feststellungsklage und eines vorgelagerten Antrags im Eilverfahren möchte Google speziell gegen § 3a NetzDG „und die Pflichten von Google zur massenhaften und automatischen Ausleitung von Nutzerdaten an das Bundeskriminalamt“ vorgehen.

Google befürchtet Konflikt mit dem Datenschutz

§ 3a NetzDG sieht eine Pflicht für Anbieter sozialer Netzwerke vor, mögliche strafbare Inhalte an das Bundeskriminalamt (BKA) zu übermitteln. Zu diesem Zweck wird den Anbietern auferlegt, ein wirksames Verfahren für die Meldung strafbarer Inhalte vorzuhalten. Die zu übermittelnden Inhalte sind in § 3a Abs. 2 NetzDG aufgelistet. Erfasst sind beispielsweise Inhalte, die dem Anbieter gemeldet worden sind, die er entfernt hat oder zu denen er den Zugang gesperrt hat. Voraussetzung für eine solche Meldung sind konkrete Anhaltspunkte für die Erfüllung eines Straftatbestands wie zum Beispiel Volksverhetzung und Gewaltdarstellung nach §§ 130, 131 StGB, das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86a StGB oder die Verbreitung kinderpornographischer Inhalte nach §§ 184b, 184d StGB.

Nach Ansicht von Google steht die Regelung des § 3a NetzDG in Konflikt mit dem Datenschutz, der deutschen Verfassung und mit dem Europarecht. Google kritisiert insbesondere, dass die BKA-Zentralstelle erst nach der Übermittlung der Daten durch ein Unternehmen wie YouTube prüft, ob der Beitrag tatsächlich strafbar ist. Dementsprechend müssten Nutzer, die rechtmäßige Inhalte veröffentlichen, dennoch befürchten, dass ihre personenbezogenen Daten in Datenbanken der Polizei gespeichert werden. Nach § 3a NetzDG müssen Plattformbetreiber beim Verdacht eines strafbaren Inhalts unter anderem die IP-Adresse und den Nutzernamen des Verfassers übermitteln, bevor das BKA den in Frage stehenden Inhalt auf seine strafrechtliche Relevanz hin prüft.

Justizministerium betont öffentliches Interesse an Datenverarbeitung

Die Pflicht zu der Datenweiterleitung nach § 3a NetzDG gilt ab dem 1. Februar 2022. Bereits zuvor waren die Plattformbetreiber zur Löschung entsprechender Inhalte verpflichtet gewesen. Google kritisiert nun nicht das NetzDG als Ganzes, sondern richtet die Klage konkret gegen die neue Zentralstelle beim BKA, die sich um die Fälle kümmern soll. Dem Unternehmen gehe es nicht darum, das gesamte Gesetz zu stoppen. Vielmehr unterstützt Google nach eigenen Angaben die Ziele des Netzwerkdurchsuchungsgesetztes und eine effiziente Strafverfolgung. Der Konzern komme bereits seit vielen Jahren Auskunftsersuchen nach und arbeite mit deutschen Behörden zur Strafverfolgung und Gefahrenabwehr zusammen.

Die Gründung einer BKA-Zentralstelle, wie sie in § 3a NetzDG vorgesehen ist, verstößt nach Auffassung von Google jedoch gegen die Verfassung und europarechtliche Vorgaben. Hoheitliche Aufgaben dürften nicht ohne rechtsstaatliche Kontrollen auf private Unternehmen übertragen werden. Das Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz geht dagegen davon aus, dass die von Google angegriffenen Vorschriften des NetzDG europarechtskonform sind. Das Europarecht sehe vor, dass Mitgliedstaaten IT-Unternehmen „Melde- und Übermittlungspflichten im Hinblick auf mutmaßlich rechtswidrige Tätigkeiten“ auferlegen könnten. § 3a NetzDG verfolge ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel und stehe in einem angemessenen Verhältnis zur Datenverarbeitung.

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