BGH: Ursula Sarrazins „Hexenjagd“ darf nicht weiter vertrieben werden
Ursula Sarrazin, die Ehefrau des umstrittenen Politikers und Autors Thilo Sarrazin, arbeitete seit 1999 als Grundschullehrerin in Berlin. Sie ging im Schuljahr 2010/11 vorzeitig in den Ruhestand, 2012 erschien ihr Buch, in dem sie sich selbst als Mobbingopfer ihrer Schüler und deren Eltern bezeichnet. Die Autorin schildert in ihrem Buch unter anderem einen Vorfall, bei dem eine ihrer Schülerinnen die zweite Klasse überspringen sollte. Sarrazin war dagegen und es kam zum Konflikt zwischen ihr und der Mutter des Mädchens. Im Zuge der Darstellung dieses Konflikts nennt Sarrazin dabei nicht nur den vollen Namen der Schülerin, sie bezeichnet das Kind außerdem als „Möchtegernüberspringerin“ und „Pseudo-Hochbegabte“.
Das Mädchen, das bei Erscheinen des Buches erst 12 Jahre alt gewesen war, klagte daraufhin vor dem OLG Köln. Dieses wies die Klage jedoch mit Hinweis auf die Meinungsfreiheit ab. Der BGH hob nun das Urteil des OLG Köln auf. Sarrazin verletze mit der Nennung der Klägerin deren Persönlichkeitsrechte. Jedes Kind habe ein Recht auf „ungestörte kindgemäße Entwicklung in erheblichem Maße“. Es sei der Autorin insbesondere möglich gewesen, die Schülerin zu anonymisieren, die Meinungsfreiheit überwiege daher nicht. Ferner könne sich die Ex-Lehrerin nicht auf die Kunstfreiheit berufen. Ihr Buch sei als Bericht über nachweisbare Fakten und Tatsachen zu werten, es stelle gerade keine Kunst dar.
Der BGH verbot daher den weiteren Vertrieb des Buches. Außerdem trifft die Beklagte eine Pflicht, auf Dritte einzuwirken, soweit ihr dies rechtlich und tatsächlich möglich ist. Dies hat im Hinblick auf bereits an den Handel ausgelieferte Exemplare Relevanz.
Sarrazin und Randomhouse-Verlagsgruppe müssen außerdem zwei Drittel der Prozesskosten und die Anwälte der Schülerin bezahlen.