BGH verhandelt über die Pflicht zur Webseitensperrung durch Internetzugangsanbieter

21. Juli 2022
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Sperrungen von Internetseiten sind laut BGH grundsätzlich möglich, doch müssen dafür einige Anforderungen erfüllt sein, sodass solche Netzsperren Ausnahmefälle bleiben. Der BGH muss nun im Streitfall zwischen mehreren Wissenschaftsverlagen und der Deutschen Telekom entscheiden, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind und die Telekom deshalb urheberrechtsverletzende Webseiten sperren muss.

Was ist passiert?

Betreiber von weltweit führenden Wissenschaftsverlagen aus Deutschland, USA und Großbritannien klagten gegen die Deutsche Telekom. Dabei verlangten die Klägerinnen von der Telekom, dass diese zwei Internetseiten sperren soll, „LibGen“ und „Sci-Hub“, da auf diesen Webseiten Artikel und Bücher ohne Zustimmung der Klägerinnen, welche die ausschließlichen Nutzungsrechte an den besagten Texten zustehen, veröffentlicht wurden.

Am 25. Oktober 2019 hatte das LG München I (Az.: 21 = 15007/18) der Klage stattgegeben, doch in der Berufung hob das OLG München (Az.: 29 U 6933/19) das Urteil mit der Begründung auf, die Klägerinnen hätten nicht alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft, gegen die Rechtsverletzung vorzugehen, wie § 7 Abs. 4 TMG verlangt.

Verhandlung vor dem BGH

Am 23.06.2022 ging der Streit in der mündlichen Verhandlung vor dem BGH (Az.: I ZR 111/21) weiter. Schon in älteren Urteilen bejahte der BGH die grundsätzliche Möglichkeit der Netzsperren. Eine solche Sperrung ist jedoch als letztes Mittel zur Durchsetzung seiner Urheberrechte anzusehen, wurde in der Verhandlung vom Vorsitzenden betont. Die Gefahr besteht nämlich, dass sonst auch der Zugang zu legalen Webseiten gesperrt werden könnte.

Die Kernfrage die der BGH zu beantworten hat ist im aktuellen Fall der Wissenschaftsverlage, ob sie alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel bereits ausgeschöpft haben. Das OLG München war nämlich der Meinung, dass die Klägerinnen sich zunächst an den in Schweden befindlichen Host-Provider der urheberrechtsverletzenden Internetseiten hätten wenden sollen. Von diesem hätten sie Auskünfte über die Betreiber der Internetseiten verlangen können, um so effektiver und gezielter gegen die Rechtsverletzung vorgehen zu können.

Die Klägerinnen behaupten, dass sie alles ihnen Mögliche bereits versucht hätten die Betreiber der Internetseiten ausfindig zu machen, jedoch erfolglos.

Die Anwälte der Beklagten brachten dagegen vor, dass eine DNS-Blockierung die Verbreitung der Inhalte nicht unterbinde und Internetzugangsanbieter, wie die Telekom, keine Einblicke in die Inhalte von Webseiten habe. Außerdem wurde zu bedenken gegeben, dass keine Klarheit darüber bestehe, welche Inhalte und für wie lange diese gesperrt werden sollen.

Entscheidung

Der BGH legte den Verkündungstermin des Urteils auf den 13. Oktober 2022. Es bleibt abzuwarten, ob das Gericht die hohen Hürden, die an die Sperrpflicht geknüpft sind als überwunden ansieht und den Anspruch der Verlage bejaht.

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