Bundesrat beschließt Gesetzesentwurf gegen Deepfakes

27. August 2024
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Der Bundesrat hat am 05. Juli 2024 einen Gesetzesentwurf zur strafrechtlichen Regulierung von Deepfakes beschlossen. Die Bundesregierung hat nun die Möglichkeit zur Stellungnahme bevor der Entwurf in den Bundestag eingebracht wird.

Die Entwicklung von künstlichen Intelligenzen erfolgt immer schneller und macht auch vor rechtlichem Schutz nicht halt. Immer häufiger sieht man vor allem in den sozialen Medien Videos oder Bilder von berühmten Persönlichkeiten, die Dinge von sich geben, die so nie geäußert wurden. Zum Schutz gegen diese sogenannten Deepfakes hat der Bundesrat nun einen Gesetzesentwurf beschlossen.

 

Was versteht man unter Deepfakes

Deepfakes sind, allgemein gesprochen, realistisch wirkende Medieninhalte, die am Computer erzeugt wurden, wobei die Verwendung von künstlicher Intelligenz sie ziemlich realitätsnah erscheinen lässt. Somit können zum Beispiel Personen bei Ereignissen erscheinen, die sie gar nicht besucht hatten. Mit Hilfe des sogenannten Voice-Cloning können, solange es genug Material von der tatsächlichen Person gibt, Stimmen nachgebaut werden. Dies führt dazu, dass Aussagen von Personen in den Umlauf gebracht werden können, die so nie getätigt wurden. Das jüngste Beispiel des Bundeskanzlers Olaf Scholz zeigt die unheimlichen Möglichkeiten, als er in einem Video, das vom Zentrum für politische Schönheit veröffentlicht wurde, den angeblichen Wunsch nach einem AfD-Verbot äußert.

 

Warum ist eine gesetzliche Regelung erforderlich?

Bereits der Kanzler mit seinen Mitarbeiter*innen hatte Schwierigkeiten gegen die Verbreitung des Videos vorzugehen. Zunächst wäre an eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu denken. Aufgrund des geringen Schutzbereichs als Person des öffentlichen Lebens schied diese Möglichkeit jedoch aus und man bediente sich des Markenrechts. Letztendlich führte die Verwendung des Flaggenstabs und Bundesadlers (auch in ihrer Verfremdung) als Insignien des Kanzlers zu einem Anknüpfungspunkt zur Löschung des Videos. Allerdings ergaben sich darüber hinaus keine strafrechtlichen Konsequenzen für die Aktivist*innen. In dieser Anwendungsart von Deepfakes lässt sich eine erhebliche Gefahr für den politischen Meinungsbildungsprozess identifizieren.

 

Weiterhin besteht ein Handlungsbedarf bei einer speziellen Untergruppe von Deepfakes, den sog. „Deepnudes“. Dabei werden häufig Frauen und Mädchen im Zuge technischer Manipulation „in einen zuvor nicht bestehenden und von den Betroffenen nicht gewollten sexuellen Kontext gesetzt“, heißt es in der Mitteilung des Bundesrats. Mit solchen Bildern und Videos werde besonders in die Intimsphäre eingegriffen und diese beschädigt, weshalb ein expliziter Schutz nötig sei. Außerdem müsse im Sinne des Kinderschutzes die Untersagung von künstlich erzeugten wirklichkeitsgetreuen Nacktaufnahmen von Kindern und Jugendlichen erreicht werden, da die Hemmschwelle der Konsumierenden gegenüber jeglicher Gewalt an Kindern und Jugendlichen herabgesetzt würde. Hinzu kommt, dass durch die Einführung eines Straftatbestandes gegen Deepfakes auch die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt begonnen würde.

 

Ein weiterer Punkt, der die Gefährlichkeit von Deepfakes unterstreicht, findet sich darin, dass mit ihrer Hilfe Straftaten begangen werden könnten. So können durch die Imitierung von Stimmen Angehöriger Schockanrufe getätigt werden und/oder Geld gefordert werden.

 

Zuletzt wird in der Begründung angeführt, dass bisher nur Teilaspekte der Deepfake-Problematik durch das bestehende Strafrecht erfasst würde.

 

Der Entwurf des Bundesrats

Es soll daher der neue § 201b StGB eingeführt werden, der den Tatbestand „Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch digitale Fälschung“ normiert.

Dabei ist einerseits eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren für denjenigen vorgesehen, der „eine computertechnisch hergestellte oder veränderte, aber wirklichkeitsgetreu wirkende Aufnahme, verbreitet und dadurch das Persönlichkeitsrecht einer anderen Person verletzt.“

Andererseits ist für die Verbreitung von Medieninhalten/Deepfakes, die den höchstpersönlichen Lebensbereich betreffen, eine Höchststrafe von fünf Jahren geplant. Darunter würden unter anderem die bereits angesprochenen sexuellen Handlungen fallen.

 

Ausnahmen der Strafbarkeit soll es zwar geben, diese halten sich jedoch in Grenzen. Lediglich für künstlerische und wissenschaftliche Anwendungen von Deepfakes soll die Strafverfolgung nicht greifen. Allerdings darf die Staatsanwaltschaft bei entsprechendem öffentlichen Interesse zunächst ermitteln und erst im Verlauf die Möglichkeit eines satirischen Kontextes miteinbeziehen.

 

Initiiert wurde der Gesetzesentwurf vom Freistaat Bayern. Unterstützung fand er vor allem durch den Ausschuss für Frauen und Jugend, der darüber hinaus bereits die Herstellung von Deepfakes unter Strafe stellen, wofür allerdings keine Mehrheit gefunden werden konnte.

 

Kritik am Gesetzesentwurf

Der Jurist Benjamin Lück sagte in einem Interview bei netzpolitik.org, dass der Gesetzesentwurf keine geeignete Abstufung bei der Betroffenheit vornimmt. Während der vorstehende § 201a StGB in Absatz 2 einen erheblichen Schaden des Ansehens von Betroffenen verlangt, ist keine ähnliche Regelung beim neuen Straftatbestand vorgesehen. Daraus ergeben sich zwei Probleme: Erstens würden durch den bereits bestehenden § 201a StGB schon Deepfakes unter Strafe gestellt, solange die Anforderung des erheblichen Imageschadens erfüllt werde. Zweitens stelle die pauschale Strafbarkeit von Deepfakes eine aktionistische Ausweitung der Strafbarkeit dar, so Lück.

Wie schon bei der Verschärfung der Strafbarkeit von Darstellungen, die sexualisierte Gewalt an Kindern zeigen, muss hier aufgepasst werden, dass die, im Entwurf beabsichtigte, Verbreiterstrafbarkeit nicht die falschen Personen erwischt.

Fraglich ist auch, ob durch den beschlossenen Gesetzesentwurf die angesprochene EU-Richtlinie tatsächlich umgesetzt werden kann, da diese bereits die Herstellung von manipuliertem Bildmaterial im Kontext von Nacktbildern und pornografischen Inhalten unter Strafe stellen möchte. Dies konnte allerdings keine Mehrheit im Bundesrat finden.

 

Weitere Entwicklungen bei Deepfakes zu erwarten

Sicher scheint allerdings, dass dies nur als eine der ersten umfassenden Forderungen zur Strafbarkeit von Deepfakes darstellen wird. Bereits im März hatte ein Regierungssprecher erklärt, dass es an Instrumenten im Kampf gegen KI-generierte Videos fehle und Handlungsbedarf bestehe.

 

Außerdem gab der Bundesrat im Zuge dieser Beschlussfassung eine Bitte an die Bundesregierung ab. Darin wird nach einer Anleitung und Unterstützung von Programmen zur Erkennung und Kennzeichnung von Deepfakes im Netz verlangt.

Dazu wird eine regelmäßige Evaluierung der Gesetze zu künstlicher Intelligenz angestrengt.

Auch schlägt der Bundesrat eine zentrale Anlaufstelle für kleine und mittlere Unternehmen vor, die sie in Fragen der Deepfake-Erkennung und -Kennzeichnung unterstützen soll.

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