Bundesverfassungsgericht liegt nun Klage gegen „Staatstrojaner-Gesetz“ vor

10. August 2018
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Trojanisches Pferd in den Farben der Bundesrepublik Deutschland

Wie bereits vor einem Jahr angekündigt, hat der Verein Digitalcourage e. V. nun Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens, auch „Staatstrojaner-Gesetz“ genannt, eingelegt. Auch weitere Bürgerrechtler wollen diesem Beispiel folgen und kündigten Klagen ihrerseits an.

Das Ausspähen von Daten nicht nur durch Vater Staat ist grundsätzlich (leider) nichts mehr Neues. Das deutsche Gesetz erlaubt dies zur Abwehr von Gefahren (insbesondere im Bereich der Terrorabwehr) bereits seit geraumer Zeit. Als vor etwa einem Jahr diese Befugnisse auch auf Bereiche der Strafverfolgung ausgeweitet wurden, wurden sogleich Stimmen laut, die eine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz anzweifelten. Schon damals hat der Verein Digitalcourage e. V. angekündigt, gegen dieses Gesetz vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen und hielt nun Wort.

Hintergrund sind sogenannte „Staatstrojaner“, die Sicherheitslücken gezielt ausnutzen, um an Informationen zu gelangen, die einen Verdächtigen einer Tat überführen könnten. Dabei wird beispielsweise eine Software heimlich auf einem Computer installiert, mittels derer man dann Zugriff auf das Gerät des Bespitzelten und den darauf enthaltenen Informationen erhält oder Datenflüsse überwachen kann. Die Vorgehensweise ist dabei vor allem bei Messenger-Diensten mitunter die, dass die Daten bereits dann abgegriffen werden, wenn noch keine Verschlüsselung erfolgt ist oder aber nachdem sie bereits wieder entschlüsselt wurden.

Damit gehe eine Einschränkung der geltenden Bürgerrechte einher, denn die Gewährung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme ist als Ausfluss des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie des Fernmeldegeheimnisses grundrechtlich geschützt. Der Eingriff in die Privatsphäre einer überwachten Person sei dabei besonders schwerwiegend. Nicht nur die über ein Gerät laufende Kommunikation, sondern auch dort hinterlegte Daten wie Fotos oder aber auch Standort-Bestimmungen können damit am laufenden Band abgerufen werden.

Als problematisch erachtet der Verein in diesem Zusammenhang insbesondere, dass die Online-Durchsuchung mittels eines Trojaners seit der Gesetzesänderung von 2017 mittlerweile viel zu weit gefasst sei. Es müsse beachtet werden, dass eine derartige Online-Durchsuchung bzw. Quellen-Telekommunikationsüberwachung nur zulässig sein dürfe, sofern ein überragend wichtiges Rechtsgut konkret gefährdet sei. Digitalcourage stützt sich dabei auch auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2008, in dem eine derartige Einschränkung festgelegt wurde.

Darüber hinaus führt die Vorgehensweise auch anderweitig zu einem Spannungsfeld und einem erhöhten Missbrauchspotential. Denn für den Einsatz der Trojaner werden Sicherheitslücken benötigt, die auch Schadprogramme nutzen, um beispielsweise Cyberattacken durchzuführen. Grundsätzlich hat der Staat aber – um seiner Schutzpflicht gerecht zu werden – darauf hinzuwirken, dass derartige Lücken schnellstmöglichen geschlossen werden. Ein solcher Eingriff ist jedoch wiederum für den Einsatz eines Trojaners hinderlich, weil das Einschleusen einer Spionagesoftware eben nur bei bestehenden Sicherheitslücken möglich ist, was im schlechtesten Fall dazu führen könnte, dass Lücken nicht umgehende gemeldet werden. Solange eine Sicherheitslücke also aufrecht erhalten bleibt, geht damit auch eine Gefährdung derjeniger einher, die von einem Daten-Abgriff gar nicht betroffen sind.

Inwiefern Digitalcourage e. V. und potentielle weitere Bürgerrechtler mit einer Verfassungsbeschwerde Erfolg haben werden, wird sich zeigen.

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