Der EuGH und die Störerhaftung: Rechtsunsicherheit und Kritik
Die auf Vorlage des LG München I getroffene Entscheidung des EuGH hinsichtlich der Frage, ob der Inhaber eines öffentlichen WLAN-Netzes (z.B. in Cafés) weiterhin für Rechtsverletzungen von Dritten haftet, die den Internetzugang nutzen, ist weitgehend auf Kritik gestoßen. War es doch das erklärte Ziel von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bis zum Jahre 2020 in sämtlichen europäischen Städten und Dörfern flächendeckend frei zugängliches WLAN zur Verfügung zu stellen, so ist die Entscheidung des EuGH im Ergebnis ein Schritt in die andere Richtung. Denn der EuGH hält die Störerhaftung für den WLAN-Betreiber weiterhin aufrecht, indem er mit praxisfernen Anforderungen hohe Hürden aufstellt, um einer Haftung zu entgehen. So soll derjenige, der ein öffentliches Funknetz zur Verfügung stellt, dafür sorgen, dass der Zugang passwortgeschützt ist. Weiter wird verlangt, dass Nutzer vor Erhalt der Zugangsdaten ihre Identität offenlegen, wodurch Rechtsverstöße im Schatten der Anonymität künftig vermieden werden sollen. Für die Praxis bedeutet das vor allem eins: Rechtsunsicherheit. Denn der EuGH führt nicht aus, wie und in welchem Umfang die Nutzeridentifizierung von statten gehen soll, um bei Rechtsverletzungen durch Dritte vor Unterlassungsansprüchen sicher zu sein. Weiter sei es, so der Handelsverband Deutschland (HDE), unrealistisch, „allen Kunden individuelle Passwörter zur Verfügung zu stellen.“
Zwar folgt der EuGH darin der Rechtsprechung des BGH, dass zumindest Schadensersatzansprüche des WLAN-Betreibers ausgeschlossen sein sollen. Gleichwohl können aufgrund von Unterlassungsansprüchen sowie Anwalts- und Abmahnkosten weiterhin finanzielle Belastungen auf die vermeintlichen Störer zukommen.
Nun ist vor allem die Politik in der Pflicht, um mit entsprechenden Gesetzesentwürfen für praktikable Lösungen zu sorgen und gleichzeitig den europarechtlichen Vorgaben zu genügen. Neben EU-Kommissar Oettinger, der mit einer aktuellen Kampagne für mehr freies WLAN sorgen möchte, ist auch die Bundesdeutsche Politik in der Bringschuld.