EU im Kampf gegen Kinderpornografie – zu Lasten des Datenschutzes?

12. Mai 2022
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Ein Kind mit einer Brille sitzt schockiert vor einem Laptop

Die Zahl der gemeldeten Fotos und Videos missbrauchter Kinder steigt stetig an, weshalb die EU-Kommission dieser Entwicklung mit einem neuen Gesetzesvorschlag zu entgegenwirken versucht. Unternehmen wie Facebook und Google sollen dadurch verpflichtet werden, mithilfe spezieller Technologien Missbrauchsdarstellungen zu erkennen und dagegen vorzugehen. Doch hat dieser Gesetzesvorschlag eine Massenüberwachung sowie unverhältnismäßige Eingriffe in die Privatsphäre zur Folge?

85 Millionen gemeldete Kindesmissbrauchsdarstellungen im Netz

Die Zahl von Fotos und Videos missbrauchter Kinder im Internet steigt rapide an. So wurden im Jahre 2021 85 Millionen Aufnahmen gemeldet und damit 64 % mehr als 2020, wobei von einer hohen Dunkelziffer auszugehen ist. Dieser enormen Entwicklung und dem Handel mit den Missbrauchsdarstellungen entgegenzuwirken, stellt die EU vor schwierige Herausforderungen.

Dreijährige Übergangslösung

Bis zum Dezember 2020 konnten Unternehmen wie Google und Facebook ihre Nutzer freiwillig auf Missbrauchsdarstellungen untersuchen. Mithilfe eines „digitalen Fingerabdrucks“ – auch Hash genannt – konnten dabei schon bekannte Missbrauchsbilder erkannt werden. Wurde ein solches Bild entdeckt, wurde es an das US-Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder NCMEC weitergeleitet, welches nach nochmaliger Prüfung Behörden wie das BKA einschaltete. Zwischenzeitlich wurde dieses Vorgehen jedoch aufgrund fehlender Rechtsgrundlage in der EU eingestellt. Das Europaparlament und die EU-Staaten haben deshalb eine dreijährige Übergangslösung beschlossen, welche das Aufspüren von Hashes wieder erlaubt. Auch das Scannen auf sogenanntes Grooming wurde durch die Übergangsregelung ermöglicht. Unter diesen Begriff fällt die Kontaktaufnahme von Erwachsenen mit Kindern in der Absicht missbräuchlich vorzugehen.

Neuer Gesetzesvorschlag der EU-Kommission

Da die Übergangslösung nur für drei Jahre gilt, arbeitet die EU-Kommission derzeit an einem Gesetzesvorschlag, welcher eine effektivere Durchleuchtung des Internets im Hinblick auf Kindesmissbrauch ermöglichen soll. Die genauen Inhalte des Vorschlags sind noch nicht bekannt. Vermutet wird, dass Unternehmen durch den Gesetzesvorschlag zur Erkennung und zum Vorgehen gegen sexuellen Kindesmissbrauch über ihre Dienste bzw. Plattformen verpflichtet werden sollen. Auch das Vorgehen gegen Grooming könnte verpflichtend werden.

Mögliche Technologien

Um den Eingriff in die Privatsphäre so gering wie möglich zu halten, soll die genutzte Technologie nur Inhalte, die auf Missbrauchsmaterial hinweisen, herausfiltern. Auch die Entdeckung neuer Missbrauchsaufnahmen und nicht nur bekannter Bilder und Videos soll ermöglicht werden. Hierfür käme ein EU-Zentrum in Betracht, welches Hinweise auf Missbrauchsmaterial vorsortiert und dieses dann den zuständigen Strafverfolgungsbehörden zukommen lässt. Dadurch könnte die Strafverfolgung beschleunigt und die Behörden entlastet werden, wodurch zugleich mehr Missbrauchstaten aufgedeckt werden könnten.

Kritiker befürchten unverhältnismäßige Eingriffe in die Privatsphäre

Der Gesetzesvorschlag stößt jedoch nicht nur auf Zustimmung. So haben im März 47 Organisationen einen Brandbrief verfasst, in dem sie vor schwerwiegenden und unverhältnismäßigen Kommunikationseingriffen warnen. Kritiker befürchten eine Massenüberwachung, wovon auch beispielsweise verschlüsselte WhatsApp-Nachrichten betroffen sein könnten. Sogar der Kinderschutzbund teilt diesen Verdacht und hält Scans von verschlüsselten Nachrichten aufgrund eines Generalverdachts für unverhältnismäßig.

Es bleibt abzuwarten, welche Änderungen bei der Beratung über den Vorschlag vorgenommen werden und welche endgültige Fassung das EU-Parlament und die EU-Staaten beschließen werden.

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