EU-Kommission leitet förmliches Verfahren gegen Temu ein

18. November 2024
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Die EU-Kommission wendet wiederum die Möglichkeiten aus dem Gesetz über digitale Dienste an, um den, als sehr große Online-Plattform eingestuften, Marktplatz Temu zu mehr Transparenz und Verbraucherschutz zu bewegen.

Am 31.10.2024 hat die EU-Kommission ein förmliches Verfahren gegen Temu auf der Grundlage des Gesetzes über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) eingeleitet. Es stehen dabei mehrere Vorwürfe im Raum, denen die Kommission nachgehen will und zu denen in der kommenden Zeit Beweise gesammelt werden.

 

Die Entscheidung resultiert dabei aus vorläufigen Analysen des Risikobewertungsberichts, den Temu Ende September 2024 vorlegte, die Antworten auf die Auskunftsverlangen der Kommission vom 28. Juni und 11. Oktober 2024, sowie aus Informationen Dritter.

 

Dass ein solches Verfahren eingeleitet werden kann, beruht auf der Einstufung von Temu als sehr große Online-Plattform (very large online plattform, VLOP) vom 31. Mai 2024. Zuvor wurden bereits ähnliche Verfahren gegen X, TikTok und AliExpress eröffnet, die ebenso als VLOP eingestuft wurden und daher strikten Sorgfaltspflichten nachkommen müssen.

 

Verschiedene Verstöße werden geprüft

Zunächst wird angebracht, dass auf der Plattform Temu rechtswidrige Produkte verkauft werden könnten, die nicht den Standards der Europäischen Union entsprächen. Dabei sollen vor allem die Systeme, die zur Verhinderung solcher Verkäufe von Temu eingerichtet wurden, beleuchtet werden. So soll es passieren, dass Händler, die bereits wegen nicht konformer Produkte gesperrt wurden, erneuten Zugang bekommen oder rechtswidrige Produkte wieder in das Angebot aufgenommen wurden.

 

Außerdem verwendet Temu Belohnungsprogramme, welche spielähnlich aufgebaut sind, was ein Risiko bezüglich der Suchterzeugung darstellen könnte. Hierbei spielen auch potenzielle negative Auswirkungen auf das körperliche und geistige Wohlbefinden der Verbraucher eine Rolle.

 

Ein weiterer Punkt sind die von Temu implementierten Empfehlungssysteme, wobei nach Art. 27 DSA die wichtigsten Parameter offenzulegen sind. Zusätzlich werden ebenfalls die Möglichkeiten für Nutzerinnen und Nutzer, eine Option, die nicht auf Profiling beruht, auszuwählen, betrachtet.

 

Zuletzt wird auch ein Verdacht geprüft, dass Forschenden kein ausreichender Zugang zu den öffentlich zugänglichen Daten von Temu gewährt wird.

 

Kritikerstimmen befürworten Vorgehen der Kommission

Von Stefan Genth, dem Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE) wurde die Entscheidung der EU-Kommission begrüßt: „Die massenhaften Rechtsverstöße vieler Händler aus Fernost, die über die Plattform Temu verkaufen, dürfen nicht hingenommen werden.“ Dabei müssen vor allen Dingen heimische Unternehmen im Sinne des Wettbewerbs geschützt werden, indem sich alle Anbieter innerhalb der EU an die gleichen Regeln halten müssen.

 

Auch Stefanie Grunert vom Verbraucherzentrale Bundesverband betont, dass über solche Online-Marktplätze immer wieder gefährliche Produkte den europäischen Binnenmarkt erreichen und dies eingedämmt werden müsse.

 

Wirtschafts-Staatssekretär Sven Giegold hob hervor, dass das entschiedene Vorgehen der EU-Kommission gegen einen unfairen Wettbewerb im Onlinehandel und der Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern durch diese Entscheidung gestärkt werde.

 

Das weitere Verfahren

Nach der Einleitung erfolgt nun die weitere Beweisaufnahme durch die EU-Kommission. Ebenso besteht die Möglichkeit weiterer Durchsetzungsmaßnahmen wie dem Erlass eines Beschlusses wegen Nichteinhaltung. Die Kommission kündigte an, die Prüfung möglicher Verstöße vorrangig zu behandeln. Es muss jedoch auch betont werden, dass die Einleitung des förmlichen Verfahrens das Ergebnis einer Untersuchung nicht vorwegnimmt.

 

Sollten sich die Verstöße gegen die Artikel 27, 34, 35, 38 und 40 DSA als gegeben erweisen, könnte Temu aus dem Gesetz über digitale Dienste haftbar gemacht werden. Dabei könnte es ein unangenehmes Bußgeld nach sich ziehen, da das Gesetz über digitale Dienste ein solches von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes erlaubt.

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