Kartellstrafen gegen Delivery Hero und Glovo
Hintergrund
Das Berliner Unternehmen Delivery Hero ist ein großer Dienstleister im Bereich der Essens-, Lebensmittel- und Einzelhandelsproduktslieferung und weltweit in über 70 Ländern tätig, 16 davon im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Im Juli 2018 erwarb es Minderheitsanteile am spanischen Unternehmen Glovo, das in den selben Bereichen tätig ist. Mittels schrittweiser Investitionen wurde im Juli 2022 die alleinige Kontrolle erlangt und Glovo als Tochter eingegliedert. Im Zeitraum zwischen der Erwerbung der Minderheitsanteile und der vollständigen Übernahme ist es zu den kartellrechtlichen Verstößen gekommen.
Verstöße
Es konnte nachgewiesen werden, dass die Wettbewerbsbeschränkungen durch eine Koordinierung in drei Bereichen umgangen wurden.
Einerseits vereinbarten die Unternehmen, dass Mitarbeiter des jeweils anderen nicht abgeworben würden. Dies ist insofern problematisch, als dass es die Chancen der Arbeitnehmer auf einen Arbeitsplatz sowie wettbewerbsangepasste Entlohnung verringert. Dabei wurde zunächst eine begrenzte Nichtanstellungsklausel für bestimmte Mitarbeiter unterzeichnet, die später einer allgemeinen Vereinbarung wich.
Andererseits wurden auch die verschiedenen Märkte aufgeteilt, indem Überschneidungen beseitigt und neue Märkte nur von einem Unternehmen erschlossen wurden.
Zusätzlich wurden sensible Geschäftsinformationen ausgetauscht. Darunter fallen Absprachen über Preise, Kapazitäten oder Geschäftsstrategien, wodurch die gezielte Koordinierung der Unternehmen im EWR ermöglicht wurde. Hierdurch wurden vor allem Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Geschäftspartnerinnen und -partner in ihren Möglichkeiten beschränkt und Anreize für Innovation verringert.
Die genannten Vereinbarungen wurden zwar durch die Beteiligung von Delivery Hero an Glovo begünstigt, jedoch ist herauszuheben, dass dies nicht grundsätzlich rechtswidrig ist. Jedoch sollte zukünftig beachtet werden, dass in horizontalen Verflechtungen zwischen Wettbewerbern Risiken im Bereich des Kartellrechts liegen.
Untersuchung der Kommission
Aufgrund von Hinweisen einer nationalen Wettbewerbsbehörde und des anonymen Whistleblower-Tools betrieb die Europäische Kommission eine Marktbeobachtung. Daraus ergaben sich Anhaltspunkte, die unangekündigte Nachprüfungen im Juni 2022 und November 2023 in den Geschäftsräumen der Unternehmen rechtfertigten. Dies mündete dann in der offiziellen Eröffnung der Untersuchung im Juli 2024.
Rechtslage
Konkret betroffen sind die Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens, wonach Bündnisse, die den Handel und Wettbewerb beeinträchtigen oder verhindern können, verboten sind.
In dieser Untersuchung konnten die beiden Unternehmen die Geldbußen verringern, indem sie an dem, im Juni 2008 eingeführten, Vergleichsverfahren teilnahmen. Voraussetzung dafür ist, dass die Beteiligten ihre Teilnahme an einem Kartell sowie die entsprechende Haftung anerkennen. Dies geschah und Delivery Hero vermeldete 2024, dass eine Strafe von mehr als 400 Millionen Euro im Raum stehen könnte. Die Reduzierung auf insgesamt 329 Millionen Euro (223 Millionen Euro für Delivery Hero und knapp 106 Millionen Euro für Glovo) erfolgte aufgrund der Zusammenarbeit der Unternehmen zur Aufklärung des Sachverhalts sowie der geringen Intensität der illegalen Absprachen über einige Zeiträume.